Protocol of the Session on March 5, 2009

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Neuordnung der Finanzmärkte – Vernunft statt Populismus“ beantragt. Bevor die berühmten Reaktionen kommen, die ich mit Sicherheit vonseiten der SPD erwarte – hoffentlich nicht vonseiten der GRÜNEN –, möchte ich mich mit zwei indirekten Zitaten beschäftigen.

Die Europäische Kommission hat sich dafür ausgesprochen, auf neue gesetzliche Regelungen und damit verbundene Belastungen für Unternehmen so weit wie möglich zu verzichten, und sie hat erklärt – wörtlich –, „dass sie Kosten und Nutzen neuer gesetzlicher Regelungen abwägen werde und so weit wie möglich die Entstehung neuer wirtschaftlicher Lasten vermindern wolle“.

Etwas früher, vor ca. drei oder vier Wochen, hat sich die Kommission schon einmal geäußert, unter der – sinngemäß zitierten – Überschrift „Finanzmärkte, die am meisten regulierten Märkte auf dieser Welt“.

Gleichzeitig müssen wir aber erleben und lesen – eine brandaktuelle Diskussion dazu ist gestern im Koalitionsausschuss in Berlin zu einem richtigen oder vorläufigen, wie auch immer,Abschluss gekommen –, dass man genau diesen Ratschlag der Europäischen Kommission doch nicht ernst genug nimmt.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte versuchen, das an zwei Beispielen klarzumachen.

Bei dem einen Beispiel geht es um den berühmten Punkt. Das ist eigentlich schon eine bemerkenswerte Angelegenheit. Mit diesem Papier sagt die SPD, Manager – übrigens ergibt sich da schon die Frage, wer ein Manager ist – sollten verpflichtet werden, das Unternehmenswohl anzustreben.

Dieser Satz bedeutet im Klartext, dass fast alle, die sich am ökonomischen Geschehen beteiligen, dies aus Eigennutz und aus eigennützigen Motiven tun und nicht in dem Sinne, dass sie ihr Interesse darauf ausrichten, das Unternehmen voranzubringen, ihre Mitarbeiter zu motivieren und fair und gerecht zu entlohnen.Was geschieht denn eigentlich landauf, landab, bis auf ganz wenige auch von uns und mir zu beklagende Ausnahmen, die wir alle kennen, für die es aber genügend Regularien gibt? Denn ohne das Bestehen dieser Regularien wäre das nicht aufgedeckt worden.

(Beifall bei der FDP)

Was ist denn die Botschaft, die damit verbreitet wird?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn die Botschaft Ihrer Rede?)

Herr Kollege Krüger, seien Sie bitte so lieb, das Rednerpult ein bisschen nach oben zu fahren. Das wurde mir gerade signalisiert.

(Zurufe: Herunterfahren!)

Mir wurde gesagt, er solle es nach oben fahren. Er kann es aber auch hoch- und herunterfahren.

Sie können testen, ob Sie es dann hören.Wir hören es immer gleich. Versuchen Sie es jetzt einmal. Wenn Sie es nicht hören, fährt er das Rednerpult wieder herunter. – Herr Kollege Krüger, Sie haben das Wort.

Vielleicht liegt es weniger an dem Hoch- und Herunterfahren des Pultes. Vielleicht liegt es etwas mehr daran, dass die Technik mehr auf den Menschen ausgerichtet und weniger Selbstzweck sein sollte.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die einzige Botschaft, die wir seit gestern Abend kennen und die in die Welt hinausgeht, ist die, dass wir in Deutschland mittlerweile wissen, dass die moralische Verpflichtung irgendwo zwischen dem angestrebten Mindestlohn von 7,80 c pro Stunde – bei einer gewissen Stundenzahl sind das 1.100 bis 1.200 c – und 500.000 c liegt. Ich sehe schon förmlich, wie alle am Geschehen der Finanzmärkte Beteiligten in New York, Tokio, London und überall auf dieser Welt diese Botschaft aufnehmen werden und wie das auch insbesondere die in den über 300 Banken in Frankfurt Beschäftigten aufnehmen werden. Damit kann man nicht die Finanzmärkte sichern. Damit kann man nicht sichern. Damit kann man das nicht vom Pfad der Krise in die richtige Richtung steuern. Vielmehr würde man damit zusätzliche Regulierungen schaffen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Darüber hinaus lernen wir noch, dass man das „großartige“ Instrument der Börsenumsatzsteuer wieder einführen müsse, das, Gott sei Dank, abgeschafft wurde. Die Börsenumsatzsteuer gibt es ausschließlich in London und sonst nirgendwo auf der Welt. Da ist doch die Frage berechtigt: Wann und wie würde sich das auf die Finanzmärkte auswirken? Wann und wie würde sich das auf den Standort Frankfurt auswirken?

Herr Kollege Krüger, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Ich möchte nicht versäumen, auf einen positiven Aspekt des Steinmeier/ Steinbrück-Papiers hinzuweisen. Dort steht, man müsse eine engere institutionelle und örtliche Verzahnung der BaFin und der Bundesbank in Frankfurt am Main fordern. Das ist der einzige und wichtige Punkt aus dem gesamten Papier, den wir zur Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt ernst nehmen und aufgreifen sollten.

Ansonsten steht in diesem Entwurf nichts anderes, als dass Gesetzesbrechern damit gedroht werden sollte, dass man ein Gesetz verabschieden müsste, dass sie sich an die Gesetze zu halten haben. Ich sage es noch einmal mit anderen Worten: Das ist der größte politische Leerverkauf, den es jemals gegeben hat. – Ich bedanke mich.

(Anhaltender Beifall bei der FDP – Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Krüger, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Norbert Schmitt von der SPD-Fraktion.

(Zuruf von der FDP: Das ist noch so ein Leerver- kauf!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Neuordnung der Finanzmärkte – Vernunft statt Populismus“ lautet die Überschrift. Ich bin Ihnen in der Tat dankbar, dass Sie diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Denn dann können wir seitens der SPD einmal deutlich machen, was „Vernunft statt Populismus“ für uns bedeutet.

Das bedeutet für uns nämlich soziale Marktwirtschaft statt Deregulierung. Das bedeutet für uns Verantwortung übernehmen statt unverantwortlichem Liberalismus. Um es auf den Kern zu bringen, „Vernunft statt Populismus“ bedeutet für die SPD Begrenzung der unmoralischen Managergehälter statt unverantwortlicher Gier.

(Beifall bei der SPD)

„Vernunft statt Populismus“ bedeutet für die SPD auch, dass es nachhaltige Anreizsysteme statt einer Unterstützung der Zocker- und Abzockermentalität bei den Managern geben muss.

(Beifall des Abg. Lothar Quanz (SPD) – Zuruf von der SPD: So ist es!)

„Vernunft statt Populismus“ bedeutet für uns, dass es zu einer Verschärfung der Regeln hinsichtlich des Eigenkapitals insbesondere für die Banken kommen muss, die Kredite an Hedgefonds bzw. Private-Equity-Fonds vergeben. Sehr geehrter Herr Krüger, das ist wichtiger als weniger Kontrolle. Herr Krüger und die Mitglieder der FDP, d. h. für uns auch, dass es eine Aufsicht für alle Märkte, für alle Finanzprodukte und alle Akteure statt Liberalismus undWegschauen pur geben muss,was Sie anscheinend anstreben.

„Vernunft statt Populismus“ bedeutet für uns auch, die Steueroasen auszutrocknen und den Steuerbetrug zu bekämpfen, anstatt ihm auch noch politisch Vorschub zu leisten, wie das die FDP in diesem Lande vielfach getan hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

„Vernunft statt Populismus“ bedeutet auch, dass es durch die Einführung einer Börsenumsatzsteuer zu einer gerechten Lastenverteilung kommen muss, und zwar anstelle der unverantwortlichen Versprechen der Steuererleichterungen.

Was unterscheidet denn die FDP von der Linkspartei? Das ist nicht viel.

(Lachen bei Abgeordneten der FDP und der LIN- KEN – Florian Rentsch (FDP): Das sagt der ideologische Kopf von Rot-Rot-Grün! – Weitere Zurufe)

Die Linkspartei hat für die von ihr geforderte Steuerpolitik und für die von ihr verkündeten sozialen Wohltaten ungedeckte Schecks in Höhe von 55 Milliarden c in die Welt gesetzt. Die FDP hat für ihre steuerpolitischen Vorschläge ungedeckte Schecks in Höhe von 40 Milliarden c verbal ausgestellt. Angesichts der Summen, über die wir momentan reden, kann man sagen, dass die Differenz nicht sehr groß ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben 40 Milliarden c ungedeckte Schecks. Meine Damen und Herren der FDP, dann reden ausgerechnet Sie von Populismus.Ausgerechnet Sie tun das.

(Florian Rentsch (FDP): Gnadenlos gescheitert!)

Die internationale Staatengemeinschaft steht vor der historischen Aufgabe, die weltweit vorhandenen Finanzmärkte jetzt so zu reformieren und neu zu ordnen, dass es nicht wieder zu einer ähnlichen Situation kommt, wie sie sich momentan darstellt. Sie ist mit einem erheblichen Verlust an Wohlstand verbunden. Sie bringt den Menschen Arbeitslosigkeit. Sie reden davon, es müsse nichts getan werden. Natürlich muss an vielen Stellen etwas getan werden.

Das betrifft jetzt die Orientierung der Manager und damit auch die Orientierung der Unternehmen. Wir müssen dazu kommen, dass die Orientierung an einer kurzfristigen Renditeerwartung, die es gab, aufgegeben wird. Denken Sie nur an die Orientierung bei der Deutschen Bank. Sie wollte 26 % Rendite erzielen. Das war nicht nur bei der Deutschen Bank so. Es geht um die falsche Orientierung nur an den Quartalsberichten und um die falsche Orientierung nur an den kurzfristigen Zielen.Es war übrigens einmal die Stärke der Manager der deutschen Wirtschaft, dass sie sich langfristig orientiert haben.

(Florian Rentsch (FDP): Wer regiert denn in Berlin?)

Deswegen müssen wir sowohl über das Aktienrecht als auch über die Managervergütungen dazu beitragen, dass die langfristige Orientierung bei den Unternehmen wieder Vorrang vor den kurzfristigen Renditeerwartungen erhält, die uns in die Situation gebracht haben, vor der wir heute stehen und für die die Steuerzahler Milliarden Euro aufbringen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Krisenmanagement der verantwortungsvollen Staaten, das es gibt, das es nämlich in Amerika und auch in Deutschland gibt, ist richtig. Aber es belastet die Steuerzahler heute massiv und wird das auch in Zukunft tun. Meine Damen und Herren der FDP, Sie bleiben die Antwort schuldig, wie Sie das am Ende finanzieren wollen. Dazu sagen wir, dass die Börsenumsatzsteuer, die kommen soll, ein Instrument sein könnte, um diejenigen an der Finanzierung des Staates wieder zu beteiligen, die dazu finanziell in der Lage sind.

Es geht um ein Instrument, um diejenigen an der Finanzierung des Krisenmanagements zu beteiligen, die dazu auch einen finanziellen Beitrag von ihrer Stärke her leisten können. Da ist die Börsenumsatzsteuer ein kleines, aber sinnvolles Glied.

Es ist eine Kapitalverkehrssteuer. Es ist also keine Steuer von der Art, wie Sie das immer darstellen. Diese Art von Steuer existiert in London bzw. in England seit dem 17. Jahrhundert. Sie wird am Ende dazu beitragen, dass ein bisschen mehr in die Kasse des Staates kommt.

Herr Kollege Schmitt, Sie müssen zum Schluss kommen. Seien Sie so lieb.

Dann komme ich zum letzten Satz.