Protocol of the Session on April 29, 2010

Meine Damen und Herren, Sie sind dabei, das ohnehin nur rudimentär vorhandene Vertrauen von Schülerinnen und Schülern sowie von Studierenden an den Schulen und Hochschulen endgültig zu verspielen. Ich denke, die Hoffnung der Wissenschaftsministerin nach ihrer Flucht aus Marburg, Proteste in dieser Form gebe es nur dort, kann sich sehr schnell als trügerisch erweisen, wenn sie von ihren Plänen nicht Abstand nimmt.

(Beifall bei der SPD)

Wir hatten schon einmal eine Ministerin, die damit umgehen musste, dass ihre Bildungspolitik zu Protesten geführt hat, die nicht mehr beherrschbar waren. Man braucht nicht alle Protestformen zu billigen, um festzustellen, dass Ihr Spardiktat keine gute Grundlage für die Diskussion mit den Hochschulen ist. Sie wollen nicht verhandeln. Sie wollen keine Sachargumente einbeziehen. Sie wollen Bedingungen diktieren und nehmen dabei eine Verschlechterung der Bedingungen für Lehre und Forschung in Kauf.

Mittelkürzungen anzukündigen und den Anschein zu erwecken, diese könnten durch angeblich ungenutzte Rücklagen aufgefangen werden, heißt, die Hochschulen mit wachsenden Studierendenzahlen und dadurch zunehmenden Problemen in der Lehre und in Lernsituationen alleinzulassen. Eine Absenkung des Grundbudgets und eine Verschiebung von weiteren 20 Millionen c in das Erfolgsbudget, das an Forschung und Technologietransfer gebunden ist, lassen viele Hochschulen weiter ausbluten.

Statt vielen jungen Menschen die Chance auf eine hochwertige wissenschaftliche Ausbildung zu eröffnen,werden die Weichen weiter in Richtung Exzellenzförderung verschoben. Wie in der Schulpolitik wird die Frage ausgeklammert, wie möglichst viele junge Menschen eine möglichst hohe Qualifikation erreichen können.Es ist das Ziel unserer Bildungspolitik, dass möglichst viele studieren können – und dies unter Bedingungen, die ihnen ein gelungenes Studium ermöglichen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Im Gegensatz zum Wissenschaftsministerium bleibt im Ministerium von Frau Henzler noch verborgen, in welchen Bereichen die 45 Millionen c eingespart werden sollen. Bisher haben wir zumindest noch keine Antwort auf unseren entsprechenden Berichtsantrag erhalten.

Tatsache ist aber, dass diese 45 Millionen c exakt den Gegenwert von 1.000 Lehrerstellen haben. Mithilfe von Taschenspielertricks wollen Sie der Öffentlichkeit vorgaukeln, dass die Einschnitte im Bildungsetat gar nicht so schlimm sind; denn Sie schaffen gleichzeitig neue Lehrerstellen. Dabei können Sie heute schon nicht mehr darstellen, wie Sie die Versprechungen in Ihrem Koalitionsvertrag einlösen werden, da Sie die Finanzierungsfrage von Anfang an ausgeklammert und keine ausreichende Finanzierung für Ihre Vorhaben vorgesehen haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Döweling, ich will dazu ein paar Beispiele nennen. Die Lehrerversorgung mit 105 % entpuppt sich mehr und mehr als Frau Henzlers Unterrichtsgarantie plus. Da gibt

es keine Fortschritte. Immer weniger Menschen glauben daran, dass sie kommen wird.

Da sie nicht kommt, gibt es auch keine Schulsozialarbeit. Es gibt keine größeren Gestaltungsspielräume der Schulen beim Einsatz zusätzlichen Personals. Es gibt keine zusätzliche individuelle Förderung.

Über allem schwebt das Versprechen, bis zum Jahr 2015 gebe es in Hessen ein flächendeckendes Ganztagsangebot für alle Schulen. Frau Henzler, ich will mit den Zahlen ganz großzügig sein. Sie können in Ihrer Erfolgsbilanz vermerken, dass Sie das Doppelte von dem tun, was Frau Wolff während ihrer Amtszeit auf den Weg gebracht hat. Sie wissen aber auch ganz genau, dass nahezu eine Verdoppelung der bereitgestellten Lehrerstellen nicht annähernd ausreicht, um Ihr Versprechen zu erfüllen, dass sich die Ganztagsschulen in Hessen das Modell aussuchen können. Sie wollen wegkommen von dem Modell der pädagogischen Mittagsbetreuung.

Es ist bezeichnend, dass Sie dieses jetzt auch weiterhin als Einstiegsmodell favorisieren. Einst haben Sie das als Mogelpackung bezeichnet. Denn nur damit können Sie eine vorzeigbare Statistik abliefern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die Rechnung ist relativ einfach.Frau Henzler,mit den 45 Millionen c, die Sie jetzt wegstreichen wollen – angeblich sei das gar nicht so schlimm –, könnten Sie ein Ganztagsprogramm auf den Weg bringen, mit dem Sie Ihrem eigenen Ziel ein Stück näherkommen würden. Ich glaube, wenn man diese Relation sieht, sieht man, wie unsinnig es ist, jetzt bei der Bildung diese Gelder herauszustreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN)

Die Ausgaben in die Bildung sind im eigentlichen Sinne des Wortes investive Ausgaben. Damit wird in die Zukunft der Kinder und der jungen Menschen und damit auch in die Zukunft dieser Gesellschaft investiert.

Frau Habermann, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist sehr bedauerlich! Das ist ein guter Beitrag!)

Herr Präsident, ich komme sofort zum Schluss meiner Rede. – Wir brauchen zusätzliche Investitionen, um die Bildung für alle zugänglich zu machen und um sie gerecht zu gestalten. Mit Ihren Sparmaßnahmen werden Sie das Gegenteil bewirken. Ich glaube, Sie sollten noch einmal ernsthaft über Ihr Versprechen nachdenken, dem zufolge die Bildung in diesem Land Priorität haben soll.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Frau Habermann, vielen Dank. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Dr. Büger zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Diskussion wird mittlerweile relativ allgemein, zum Teil aber auch sehr emotional geführt. Deswegen will ich hier und heute einen sachlichen Blick auf die Fakten werfen. Meine Damen und Herren,ich denke,dann werden Sie erkennen, dass die Veränderungen im Finanzrahmen, die wir vornehmen werden, insgesamt moderat sein werden. Die Bildung im Allgemeinen und die Hochschulen im Besonderen werden weiterhin zu den Prioritäten dieser Koalition gehören.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich möchte ein paar Worte zum Hochschulpakt sagen.Die Finanzierung der Hochschulen in Hessen wurde unter Wissenschaftsministerin Ruth Wagner grundsätzlich neu geordnet.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ruth Wagner, das waren noch Zeiten!)

Das Land beschließt nicht mehr jede einzelne Ausgabe, wie es zuvor der Fall war. Vielmehr schließt es mit den Hochschulen auf der Basis gemeinsam verhandelter Kriterien einen Pakt.

Das ist übrigens ein richtungweisendes Modell. Frau Sorge, das ist ein Modell, das erst durch Schwarz-Gelb in Hessen ermöglicht wurde.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt doch gar nicht! Das wurde unter Rot-Grün vorbereitet!)

Den Hochschulen gibt der Hochschulpakt Planungssicherheit. Er lässt eigenverantwortliches Handeln zu.

Dass das Land einen Finanzrahmen vorgeben muss, liegt auf der Hand.Das widerspricht im Übrigen auch nicht der Tatsache, dass es sich um Verhandlungen auf Augenhöhe handelt. Damit soll den Hochschulen Planungssicherheit in schwieriger Zeit gegeben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Dürfen die Hochschulen auch Nein sagen?)

Deswegen liegt es übrigens im Interesse aller, also nicht zuletzt der Hochschulen selbst, hier umgehend zu einem Abschluss zu kommen.Wir brauchen deshalb keine Neuverhandlungen, sondern einen zügigen Abschluss dieses Paktes.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Herr Reißer hat das auch schon erwähnt: Was den Finanzrahmen angeht, bauen wir auf dem Pakt zwischen dem Land und den Hochschulen auf. Vor fünf Jahren wurde vereinbart, dass die Mittel für die Hochschulen im Verhältnis zu den Einnahmen des Landes steigen oder fallen, und zwar jeweils maximal um 1,5 %. Ich meine, das ist fair und sachgerecht. Das wurde auch von allen Hochschulen akzeptiert.

Auch das muss hier erwähnt werden: Die Regelung führte übrigens dazu, dass die Budgets in den ersten Jahren des Paktes regelmäßig angehoben wurden. Die Ausgaben des Landes für die Hochschulen bewegen sich im aktuellen Jahr 2010 mit annähernd 1,5 Milliarden c auf dem höchsten jemals erreichten Stand in der Geschichte des Landes Hessen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Leif Blum (FDP):Das muss auch einmal gesagt werden!)

Dass das so ist, ist ein Ergebnis der Politik der FDP und der CDU. Gegenüber der Zeit vor dem Regierungswechsel im Jahr 1999 sind die vom Land Hessen an die hessischen Hochschulen überwiesenen Mittel aus dem Hochschulpakt, aber auch aus Initiativen wie LOEWE, dem Hochschulbauprogramm HEUREKA und den QSL-Mitteln um insgesamt 50 % angestiegen.Unter Rot-Grün waren die Hochschulen die finanzpolitischen Steinbrüche. Das hohe Niveau, von dem aus heute manche klagen, ist ein Erfolg unserer Politik.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich habe Verständnis für jeden Vertreter der Hochschule, der in den Verhandlungen zum neuen Hochschulpakt versucht, möglichst viele Mittel für seine Hochschule zu erhalten. Ich darf aber an eines erinnern. Bei der Absenkung des Gesamtbudgets des Hochschulpakts um 30 Millionen c handelt es sich eigentlich nicht um den neuen Hochschulpakt, sondern um den Vollzug des bestehenden Hochschulpakts aus dem Jahr 2005. Denn, wie wir alle wissen, sind in den Jahren 2009 und 2010 die Einnahmen des Landes infolge der Wirtschaftskrise dramatisch zurückgegangen. Insgesamt sind sie um rund 6 % zurückgegangen. Deswegen muss es für die Jahre 2009 und 2010 zu einer Absenkung des Budgets um jeweils 1,5 % kommen. Das wären die oft zitierten 34 Millionen c. Das Land hat diesen Betrag unter Berücksichtigung der Tarifsteigerung auf 30 Millionen c begrenzt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist aber freundlich!)

Dieser Betrag stellt den Endpunkt des alten Hochschulpakts dar.Er ist damit Ausgangspunkt für den neuen Pakt.

„Pacta sunt servanda“, Verträge sind einzuhalten. Das Land ist seinen Verpflichtungen aus dem alten Pakt nachgekommen. Es hat in den letzten Jahren die Budgets noch erhöht, obwohl bereits weniger Geld in den Kassen war. Frau Habermann, ich muss Ihnen da ganz ausdrücklich widersprechen. Wir haben den Vertrag eingehalten. Vertragstreue darf aber keine Einbahnstraße sein.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

In dem neuen Pakt bieten wir an,den erreichten Stand des alten Paktes für die nächsten fünf Jahre zu garantieren. Wir haben sogar noch einen Zuschlag von bis zu 40 Millionen c für den Fall vorgesehen, dass der alte Stand der Steuereinnahmen wieder erreicht wird. Ich denke, das ist in einer Zeit, in der in den anderen Ressorts viel massiver gekürzt wird, mehr als fair. Denn die Absenkung um 30 Millionen c führt unter Einbeziehung der nicht betroffenen Mittel der Hochschulfinanzierung – das wurde bereits erwähnt – zu einem Rückgang der Budgets um einmalig 2,2 %. Das ist damit weniger, als von den anderen Ressorts erbracht werden muss.

Ein Minus in Höhe von 2,2 % nach 50 % Zuwachs gegenüber dem Jahr 1998 ist wahrlich moderat. Das Angebot des Landes ist wirklich fair. Ich halte deshalb manche überzogene Kritik in der Sache für nicht angemessen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

Ich will deshalb noch einmal Folgendes festhalten. Bildung hat für uns Priorität. Deshalb ist der Sparbeitrag,

den die Ressorts Schule und Hochschule erbringen müssen, deutlich geringer als bei den anderen Ressorts. Bei den Schulen ist es nur rund 1 %.

Bei den Hochschulen haben wir uns dafür eingesetzt, dass das Programm LOEWE fortgeführt wird. Die Qualitätssicherungsmittel in Höhe von 92 Millionen c werden erhalten bleiben. Die Mittel für den Hochschulbau, also HEUREKA, und die Mittel des Landes für den Hochschulpakt 2020, also die Mittel für die doppelten Abiturjahrgänge, werden in unveränderter Höhe bestehen bleiben. Die Landesregierung ist sogar bereit, dies als Teil des Hochschulpakts verpflichtend festzuschreiben. Das begrüßen wir ausdrücklich.