Protocol of the Session on March 4, 2009

Stattdessen denkt der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport zurzeit darüber nach, seine bei der Frachtabfertigung Beschäftigten in Kurzarbeit zu schicken; das hänge davon ab, wie sich das Aufkommen beim Verkehr mit Gütern entwickle. Wenn wir uns die globale Entwicklung im Frachtverkehr ansehen, dann müssen wir davon ausge

hen, dass wir auch am Frankfurter Flughafen eine Flaute erleben.In dieser Zeit den Flughafen auszubauen,ist auch ökonomisch nicht sinnvoll.

Bereits vor dieser Krise wollte Fraport die Personalkosten senken. Ich zitiere aus dem Geschäftsbericht der Fraport AG von 2004. Dort heißt es – ich zitiere –:

Bei gleichbleibend hoher Qualität der Dienstleistungen wurden die Geschäftsprozesse optimiert,sodass eine etwas geringere Zahl von Beschäftigten das deutlich höhere Verkehrsaufkommen bewältigte... Der Personalaufwand ging leicht zurück.

Als personalintensives Unternehmen können wir nur dann die bestehenden Arbeitsplätze sichern

es ist also nicht von neuen Arbeitsplätzen die Rede –,

wenn wir unsere Personalkostenquote verbessern. Geplant sind unter anderem bedarfsorientierte und flexiblere Arbeitszeiten, längere Wochenarbeitszeiten ohne Lohnausgleich, ein verstärkter Einsatz von Fremdpersonal, keine Tarifsteigerungen in den nächsten Jahren sowie eine Überprüfung der betrieblichen Sozialleistungen.

Statt massenhafter Neueinstellungen sucht man bei Fraport eher nach Einsparpotenzialen beim Personal. Das Personal wird stärker belastet, geringer bezahlt und zu schlechteren Arbeits- und Lohnbedingungen außertariflich beschäftigt. Minijobs,Teilzeit- oder Schichtarbeit: nur 22 % der Arbeit am Flughafen wird in Regelarbeitszeit geleistet. Ich frage mich: Hilft diese Art neuer Arbeitsplätze der Region und den hier lebenden Menschen wirklich?

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Den erheblichen Zugeständnissen der Mitarbeiter hinsichtlich längerer Arbeitszeiten,Verzicht auf Urlaubstage und Lohnerhöhungen steht lediglich die Zusage gegenüber, dass es bis 2010 keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll. Nun denkt das Management über Kurzarbeit nach. Ich frage Sie:Wie sollen denn da neue Arbeitsplätze entstehen? Das Arbeitsplatzargument dient ausschließlich der Rechtfertigung des Ausbaus, den betriebswirtschaftlichen Zielen von zwei Großunternehmen, nämlich Fraport und Lufthansa. Ihre „Jobmaschine“ entpuppt sich bei näherer Betrachtung als leeres Versprechen. Das ist reiner Populismus. Damit wollen Sie die Menschen in der Region kaufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zu den Argumenten gegen den Ausbau. Erstens. Der Flughafen ist ein Klimakiller. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe ist ein weiterer Anstieg des Luftverkehrsaufkommens nicht zu verantworten. Es hilft auch nicht, in Sonntagsreden von Nachhaltigkeit und Energiewende zu schwadronieren, wenn man gleichzeitig den Ausbau des Frankfurter Flughafens forciert.

Zweitens. Der Flughafen zerstört die Umwelt im RheinMain-Gebiet. 350 ha besonders wertvollen und schützenswerten Bannwaldes wurde für den Ausbau zur Abholzung freigegeben. Im Kelsterbacher Wald wurde mit den Rodungen begonnen. Die Region verliert damit einen überlebensnotwendigen Schadstoffbinder und Klimaregulator.

Drittens. Der Flughafen gefährdet die Gesundheit der Menschen. Die mit dem Ausbau einhergehenden gesundheitlichen Belastungen Hunderttausender Menschen

durch Lärm und Schadstoffe werden billigend in Kauf genommen.

Viertens. Der Frankfurter Flughafen ist ein Sicherheitsrisiko. Die Zunahme der Zahl der Flugbewegungen und die daraus resultierende Verdichtung im Luftraum erhöhen das Risiko von Abstürzen. Darüber sollte sich die Regierungsfraktionen einmal Gedanken machen. Ihnen liegt ja sonst die Sicherheit der Menschen angeblich so am Herzen.

Fünftens. Es gibt keine Notwendigkeit für den Ausbau. Deutschland hat die höchste Flughafendichte Europas. 18 internationale Flughäfen sind über die ganze Republik verteilt. Die Rhein-Main-Region ist mit dem größten deutschen Flughafen überversorgt. Mehr als die Hälfte der Passagiere nutzten den Flughafen zum Umsteigen oder für Nahverbindungen. Mit dem Bau leistungsfähiger Netze könnte der Verkehr stärker auf die umweltfreundliche Schiene verlegt werden. Wenn man die ausbauen würde, könnte man rund 24.000 Starts auf dem Flughafen Rhein-Main überflüssig machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt den Frankfurter Flughafen weiter aufzublähen, sollten wir die Schiene fördern – als umweltfreundlichen Beitrag zum Klimaschutz. Der Ausbau des Frankfurter Flughafens ist weder verkehrstechnisch noch wirtschaftlich sinnvoll.

Die LINKE steht deshalb an der Seite der Menschen in der Region.Wir fordern:Kein weiterer Ausbau des Frankfurter Flughafens!

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen den Klimaschutz voranstellen,und wir fordern ein Nachtflugverbot, das diesen Namen verdient. Auf Drängen von Fraport ist die Nachtruhe auf 23 Uhr bis 5 Uhr verkürzt worden. Weltweit gilt die Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr als Nacht. Nach einer Vielzahl gebrochener Versprechen der verschiedenen Landesregierungen zum Thema Flughafenausbau – ich erinnere an: „Kein Baum wird mehr fallen“ – hat Ministerpräsident Roland Koch noch einen obendrauf gesetzt. Das reicht von „nicht verhandelbarem Nachtflugverbot ohne Interpretationsspielraum“ bis zu „regelmäßigen Nachtflügen im 20-Minuten-Takt“. Sie stehen nicht zu Ihren eigenen Zusagen. Das Nachtflugverbot war ein klares Versprechen gegenüber den Menschen in der Region, und Sie haben es gebrochen.

Der Widerstand gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens geht quer durch alle Bevölkerungsschichten und alle Altersgruppen. Wir stehen auf der Seite der Bürgerinitiativen.Wir waren beim Widerstandscamp im Kelsterbacher Wald.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Wir waren in den Bürgerinitiativen aktiv. Wir stehen an der Seite der Menschen, die sich gegen den Flughafenausbau, für eine lebenswerte Umwelt und die Lebensqualität in den Kommunen einsetzen. DIE LINKE steht an der Seite dieser Menschen, weil für uns die Menschen wichtiger sind als Profite. Die Region gehört den Menschen – nicht Fraport und Lufthansa.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Herr Rentsch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! CDU und FDP haben heute Morgen dieses Thema gesetzt – das will ich noch einmal ausdrücklich sagen, weil vorhin von den GRÜNEN so munter hereingerufen wurde –,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo ist die CDU?)

weil das Thema eine existenzielle Bedeutung für unser Bundesland Hessen hat. Wir wollen uns dieser Verantwortung politisch stellen. Wir sind aber auch in der Lage, rechtliche Tatsachenentscheidungen zu bewerten und zu akzeptieren. Das scheint uns von Ihnen zu unterscheiden.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Kaufmann, weil ich nur wenig Redezeit habe, möchte ich ganz kurz auf Ihre Ausführungen eingehen. Die GRÜNEN definieren sich mittlerweile einzig und allein – das ist das letzte Thema, das Ihnen geblieben ist – über die Ablehnung des Frankfurter Flughafens.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist für Sie eine Existenzfrage geworden. Das ist in Ordnung. So haben Sie ein Thema gefunden, und die Leute wissen, dass sie an der Stelle bei Ihnen mehr oder weniger gut aufgehoben sind.

Mich wundert aber – das möchte ich in Richtung der Kollegen Schäfer-Gümbel und Rudolph sagen –, dass die Sozialdemokraten an dieser Stelle so mitziehen. Es muss doch auch der SPD klar sein, dass in dieser Frage die rechtliche Entscheidung von der politischen Entscheidung zu trennen ist. Herr Kollege Frankenberger, Sie haben gerade wörtlich gesagt: „Lösen Sie das Versprechen ein.“ Das sagt alles. Sie haben es nicht verstanden. Dieser Landtag kann das Versprechen nicht einlösen, weil es nicht in unserer Hand liegt, das zu tun. Es ist eine Entscheidung der Planungsbehörde auf der einen und der Gerichte auf der anderen Seite.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wenn Sie über die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sprechen,will ich Ihnen sagen:Das ist eine summarische, überschlägige Entscheidung. Wir werden die Entscheidung in der Hauptsache abwarten und dann sehen, ob diese Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht Bestand hat.

(Zurufe von der SPD)

Es gibt an der Stelle eine sehr unterschiedliche Rechtsprechung. Ich bin schon sehr verwundert, und die Zwischenrufe zeigen es wieder einmal: Die SPD scheint ein merkwürdiges Verhältnis zur dritten Gewalt zu haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich habe das letztens bei Herrn Thierse beobachtet, als er eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in Berlin als „asozial“ bezeichnet hat.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir werden an dieser Stelle die Entscheidung in der Hauptsache abwarten.Dann werden wir schauen, ob diese Entscheidung vom Bundesverwaltungsgerichts bestätigt oder korrigiert wird. Erst dann wissen wir in der Sache mehr.

Herr Kollege Al-Wazir, ich kann Ihnen nur sagen: Hier zu erklären, diese Eilentscheidung sei für das gesamte Verfahren maßgebend, ist – aus juristischer Sicht zu einem Politologen gesagt – völlig falsch. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Schäfer-Gümbel, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Rentsch, wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Sie den Setzpunkt heute Morgen versenkt haben, dann war es Ihr letzter Redebeitrag. Sie stellen die Argumente wirklich auf den Kopf.

(Beifall bei der SPD)

Der Verwaltungsgerichtshof – das ist von allen Beteiligten durchgängig so kommentiert worden – hat die Positionen, die der Hessische Landtag in vielen Entscheidungen vertreten hat,nämlich dass es zu einem Ausbau unter den Bedingungen der Mediation kommen kann und soll, ausdrücklich bestätigt.

Herr Rentsch, Sie haben ein Jahr lang keine Gelegenheit ausgelassen, die Sozialdemokratie dafür zu beschimpfen,

(Günter Rudolph (SPD): So ist er!)