Sie haben das Beispiel der Stadtwerke München angesprochen. Die beteiligen sich an Anlagen außerhalb Münchens.
Der Vogelsbergskreis hat eine Fläche von 1.460 km2, München hat eine Fläche von ziemlich genau 310 km2. Hessen bedeckt 21.115 km2.Es ist also rund 70-mal größer als München. Wenn Sie sagen, die sollten das so machen wie die Hessen, ist das ein schlechter Vergleich, weil in einem dicht besiedelten Stadtgebiet gar nicht möglich ist, was in einem Flächenland möglich ist. Das ist also absoluter Unsinn, aber es freut mich ganz besonders, dass Sie das, was SPD, GRÜNE und Rosa Liste in München erreichen wollen, nämlich eine 100-prozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien bis zum Jahre 2015, als gutes Beispiel aufnehmen. Es wäre gut, wenn Sie ein bisschen in diese Richtung gehen würden.
Einen Punkt möchte ich noch loswerden. Wenn alle Landesregierungen vor Ort so handeln würden wie Sie, nämlich zu verhindern, statt eine ordentliche Rahmengesetzgebung zu beschließen, könnte sich niemand an Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien an anderer Stelle beteiligen. Das ist der Unterschied zu dem, was Sie machen. Sie haben bereits kapituliert, bevor es richtig losgeht. Ihre Nachhaltigkeits- und Agenda-Maxime lautet nicht, global zu denken und lokal zu handeln, sondern Ihre Maxime lautet: global einkaufen und lokal verhindern.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr.Walter Arnold (CDU):Abwarten, Herr Kollege!)
Ihr Hinweis auf die Regionalplanung ist unglaubwürdig. Jede noch so brauchbare Vorrangfläche wird doch von Ihren Parteifreunden aus dem Plan geworfen. Man schaue sich doch nur einmal den Plan für Südhessen an. Jeder vernünftige Mensch hätte da etwas für die Windenergie tun können. Sie von der FDP und der CDU haben es verhindert und den Plan völlig auseinandergenommen. Namhafte Mitglieder Ihrer Fraktion kämpfen mit Inbrunst gegen jedes Windrad.
Vielleicht ist er zwar noch nicht einmal in der Lage, einen Habicht von einem Rotmilan zu unterscheiden, aber er kämpft mit Inbrunst gegen die Windenergie vor Ort.
Dann wird das Bild von der Verschandelung der Landschaft durch Windkraftmonster an die Wand gemalt, auch wenn das noch so abgedroschen wirkt. Es gibt keine Ein
sicht.Sogar der Herr Wirtschaftsminister hat gefordert,einen Abstand von 1.000 m zur Wohnbebauung einzuhalten.Das gibt es in Nord- und in Südhessen übrigens schon. Aber egal, man schützt Mensch und Natur vor den Emissionen der Windkraftanlagen und den Gesundheitsgefahren, die durch sie entstehen.
Dieselben Damen und Herren – an dem Punkt mögen Sie bitte zuhören – fordern mit derselben Hingabe den Bau von Block 6 des Kohlekraftwerks Staudinger.Mensch und Natur spielen an der Stelle plötzlich keine große Rolle mehr.Auch dass der Abstand zur Wohnbebauung weniger als 1.000 m beträgt, ist kein Problem. Ein Kühlturm von 180 m Höhe stört dann auch nicht mehr. Emissionen, z. B. von Feinstaub, SO2, NO2, Quecksilber sowie von Dioxinen und Furanen – noch dazu im dicht besiedelten RheinMain-Gebiet –,sollen plötzlich erträglich sein.Das ist eine echte Gefährdung für Mensch und Natur und erfordert von Ihnen etwas anderes als das, was bisher gemacht worden ist.
Hier passt in Ihrem Denken und Handeln etwas nicht zusammen. Ich hätte noch Verständnis, wenn Sie sagen würden: Windkraftanlagen bei uns, ja sicher, Staudinger Block 6, ja, weil notwendig. – Aber dass Windenergieanlagen auf keinen Fall gebaut werden sollen, während es bei Atomkraftwerken „ja, sicher“ heißt, ist nicht stimmig.
Herr Kollege, das ist eine in sich gespaltene und inkonsequente Atompolitik, die Sie da betreiben, sonst gar nichts.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Walter Arnold (CDU): Nein, das ist falsch!)
An der Stelle sage ich Ihnen auch ganz deutlich: Das ist von dem Anspruch,die Schöpfung zu bewahren,ganz weit entfernt.
Das Thema erneuerbare Energien fängt im Kopf an. Bitte sorgen Sie dafür, dass Ihre Gedanken die Richtung wechseln. Herr Kollege Arnold, es nützt gar nichts, wenn Sie auf dem Weg, den viele als falsch erkennen, noch mehr Gas geben. Durch die Erhöhung des Tempos ändern Sie nicht die Richtung.
Wenn man nach dem Sinneswandel in Ihrer Energiepolitik sucht, findet man als ein weiteres Puzzleteil Ihre Haltung zur Laufzeitverlängerung von Biblis A und Biblis B. Frau Ministerin,mittlerweile haben Sie innerhalb Ihrer eigenen Partei den Kampf für noch längere Laufzeiten aufgenommen.
Das ist erstaunlich. Schließlich haben Sie immer von einer Brückentechnologie gesprochen.Wenn sich Ihre Südstaatenallianz in der Union durchsetzt, knallen bei RWE, E.ON und Co. die Sektkorken. Es wird ein rauschendes Fest gefeiert, wenn Sie sich durchsetzen. Den vier Großen in Deutschland winken über viele Jahre noch größere Milliardengewinne.
Aber der Stromkunde hat am Ende nichts davon. Der Strompreis, der an der Börse durch die sogenannte MeritOrder, angelehnt an die letzte noch produzierte Stro
meinheit, gebildet wird, wird von den vier Großen kontrolliert. Das ist Fakt in Deutschland. Sie wissen genau, dass die EU ein Verfahren gegen E.ON nur deshalb eingestellt hat, weil E.ON Kapazitäten und Netz verkaufen will. Es hätte nämlich eine prima Überschrift gegeben, wenn man herausgefunden hätte, über welchen Zeitraum E.ON die Börse so manipuliert hat, dass der Preis ständig gestiegen ist.
Was Ihre ominöse Idee betrifft, einen Fonds zur Abschöpfung der Gewinne zu gründen: Sie haben bisher noch keinen einzigen praktisch brauchbaren Vorschlag vorgelegt.
Sie verbreiten lieber das Märchen vom günstigen Atomstrom für alle. Frau Ministerin, Herr Kollege Dr. Arnold, der Stromkunde hat nur dann etwas davon, wenn das Bundeskartellamt die Preisfindung beim Atomstrom so rigoros prüft, wie die Wasserpreise bei den Kleinversorgern in Hessen kontrolliert werden. Nur dann haben wir eine Chance, dass der Endverbraucher etwas davon hat. Ansonsten haben nur die vier Großen etwas davon.
Zu dem, was die Frau Ministerin hier erzählt hat bzw. was Sie, Herr Dr. Arnold, hier erzählen wollen, sage ich: Der Stromkunde hat überhaupt nichts davon, sondern nur die Großkonzerne profitieren davon.
Aber an dieser Stelle trauen Sie sich nicht, weil der Gegner zu mächtig, die Lobby zu groß und Ihr Mut viel zu gering ist.
Nicht nur die Stadtwerke erklären das, sondern auch der VKU warnt inzwischen in Gutachten und Stellungnahmen nachdrücklich vor der Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken. Auch das Bundeskartellamt als Wettbewerbsbehörde – spätestens da sollten Sie aufmerksam werden – hat massive Bedenken dagegen angemeldet. Eine Laufzeitverlängerung hätte erhebliche Auswirkungen auf die Stromerzeugung und den Vertrieb gerade bei regionalen Unternehmen, auch bei regionalen Unternehmen in Hessen.Sie sollten aber ein Interesse daran haben, dass Ihnen die regionalen Unternehmen als Partner zur Verfügung stehen, nicht die vier Großen. Das ist der Punkt, und da sind wir auf dem richtigen Weg – wir, nicht Sie.
Nächster Punkt. Der gerade angelaufene Wettbewerb käme zum Erliegen. Es gäbe eine Zementierung dessen, was wir jahrlang hatten, nämlich eine Zementierung des Marktoligopols der vier Großen. Es würde das eintreten, was wir alle nicht wollen und was den Wettbewerb auf Dauer verzerren würde. Unabsehbare Folgen hätte das auch für den Bau innovativer Kraftwerke – ich denke, auch darauf muss man Wert legen –, die höhere Grenzkosten haben.
Auch das sollten Sie bedenken: Eine Laufzeitverlängerung würde in letzter Konsequenz den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien behindern und den notwendigen Übergang zu einer CO2-armen Energieversorgung aufhalten.
Mit der Atomenergie werden Sie nicht, wie Sie immer meinen, eine Brücke zur Nutzung erneuerbarer Energien bauen, sondern Sie werden die Brücke zur Nutzung er
neuerbarer Energien mit der Förderung der Atomenergie komplett abbrechen. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren.
Auch hier gibt es überhaupt keine Spur eines Sinneswandels. Das Gegenteil ist der Fall. Dabei ist sogar die Bundes-CDU in ihrer Programmatik weiter als die CDU in Hessen.
Wir gehen den Weg in Richtung einer zukunftsorientierten Energiepolitik, die gerade die Wirtschaftsbereiche fördert, die aus unserer Sicht eine Zukunft haben. Annähernd 300.000 Arbeitsplätze sind dadurch geschaffen worden. Mit Ihrer Brückentechnologie Atomkraft sorgen Sie dagegen nur für 30.000 Arbeitsplätze. Das ist die Aussage Ihres Bundesumweltministers. Wir stärken die hessische Wirtschaft und sichern Tausende von Arbeitsplätzen in Hessen. Sie dagegen behindern das schon seit Jahren. Das ist der Unterschied zwischen unserer und Ihrer Politik.
Wir – auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – haben in unseren Gesetzentwürfen eine ganze Reihe von guten Vorschlägen gemacht. Ich kann euch ruhig erwähnen, auch wenn ihr immer hinter uns seid.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wir können sie noch einmal machen! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das war ein kleines Späßchen am Rande. Frau Hammann, bleiben Sie ganz ruhig. – Die Vorschläge decken sich zum größten Teil mit den Handlungsempfehlungen in dem Energiebericht, den Sie vorgelegt haben. Heute legen wir,die SPD,noch einen Gesetzentwurf dazu,nämlich den Entwurf für ein Hessisches Erneuerbare-EnergienWärme-Gesetz.