Protocol of the Session on March 2, 2010

aus dem hervorgehe, wie das Ziel erreicht werden könne, im Jahr 2020 einen Anteil erneuerbarer Energien von 20 % zu erreichen. Fehlanzeige. Das ist Ihre Politik, Frau Ministerin Lautenschläger. Das ist absolut kritikwürdig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist aber auch kein Wunder. Ich habe mir die Mühe gemacht, im Plenarprotokoll nachzulesen. Wer bei einem Passivhausstandard von einem 10-Liter-Haus spricht, der weiß wirklich nicht, was Energiepolitik bedeutet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wie sieht es denn in Hessen aus? Der Ausbau der Windenergie wird doch immer noch behindert. Im Bereich der Biomasse, Ihrem Steckenpferd, sind wir doch überhaupt keinen Schritt weitergekommen. Wie gesagt, wir dümpeln immer noch bei 6 % herum.

In den Presseerklärungen der CDU findet man kaum mehr die Worte „Vogelschredderanlagen“ und „Windkraftmonster“. Bei der CDU dreht sich auch nicht mehr der Magen bei dem Wort „Windkraft“ um.

Sie wollen aber nicht die Windkraft in Hessen ausbauen. Sie wollen, dass Windkraftanlagen irgendwo in der Nordsee gebaut werden. Dort soll künftig umweltfreundlich Strom erzeugt werden. Das Atomkraftwerk in Biblis kann aber natürlich weiter betrieben werden – mit allen Risiken, die mit einem Atomkraftwerk zusammenhängen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daran wird erkennbar, dass es Ihnen am notwendigen Willen fehlt, all das zu tun, was in Hessen möglich wäre.

(Dr.Walter Arnold (CDU): Das ist nicht wahr!)

Diese Landesregierung mit ihrer sogenannten Umweltministerin ist nicht gewillt, diesen Weg zu gehen. Sie haben heute in Ihrer Regierungserklärung davon gesprochen, dass Sie für den Abbau von Hürden bei der energetischen Sanierung sind. Wie sieht aber die Realität aus? Wir haben in Hessen über das Nachbarrechtsgesetz gesprochen. Wir GRÜNEN haben hierzu einen Gesetzentwurf eingebracht. Dabei sind Sie aber nicht mitgegangen. Sie haben nicht den Hauseigentümern tatsächlich die Möglichkeit einräumen wollen, bei einer beidseitigen Grenzbebauung eine Wärmedämmmaßnahme aufzubringen. Das haben Sie nicht umgesetzt.

(Peter Beuth (CDU):Das ist doch Käse! Das haben wir doch gemacht!)

Sie können hier zwar große und vielversprechende Worte schwingen, die Wahrheit sieht am Ende aber ganz anders aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Eine Zwischenfrage würde ich gern am Ende zulassen. Ansonsten komme ich jetzt aus dem Fluss heraus. Das können wir aber gern nachholen.

Das von Frau Lautenschläger als ehrgeizig bezeichnete Ziel, einen Anteil erneuerbarer Energien von 20 % bis zum Jahr 2020 zu erreichen, kann man angesichts der gro

ßen Herausforderungen im Energie- und Klimaschutz nicht als ambitioniert bezeichnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist falsch, wenn Sie den Verkehrsbereich außen vor lassen. Ebenso ist es falsch, das Gesamtenergiepotenzial nur unzureichend zu berücksichtigen.

Wir GRÜNEN werden Ihnen erneut eine Hilfestellung geben. Wir werden in Kürze ein Energie- und Klimaschutzkonzept vorlegen, das darstellen wird, wie der Anteil erneuerbarer Energien an der Gesamtenergieerzeugung – d. h. inklusive Wärme – bis zum Jahr 2020 deutlich über 20 % gesteigert werden kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir zeigen Ihnen auch, wie der Kohlendioxidausstoß um 40 % bis zum Jahr 2020, bezogen auf das Jahr 1990, reduziert werden kann. So könnten Sie erkennen, was ein wirklich ambitioniertes Ziel ist und wie es auch erreicht werden kann.

Frau Ministerin, Sie haben ein Expertenteam zur Hand. Wir können Sie nur auffordern, dieses zu nutzen und sich für ein ambitionierteres Ziel im Energiebereich einzusetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit kommen wir zu dem dritten Punkt im Titel Ihrer Regierungserklärung: „Wirtschaft stärken“. Nur gehen wir ganz anders heran als Sie. Wo wir GRÜNEN das Handwerk, den Mittelstand und Unternehmen wie beispielsweise Wagner Solar in Cölbe oder SMA in Niestetal bei Kassel stärken wollen, verstehen Sie darunter nur die Stärkung der großen vier Stromkonzerne RWE, EnBW, Vattenfall und E.ON.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Auftritt in Berlin zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke – ich habe es mir angesehen – konnte einem nur die Tränen in die Augen treiben. Seit’ an Seit’ sah man dort Frau Lautenschläger, Herrn Söder und Frau Gönner sich für den Erhalt der Milliardengewinne für RWE einsetzen.

(Dr.Walter Arnold (CDU): Das ist doch Unsinn!)

Dabei ist es Frau Lautenschläger egal, dass das Atomkraftwerk in Biblis nicht dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Wir haben mittlerweile über 800 Störungen nach der Störfallmeldeverordnung. Wir haben 1987 einen Beinahe-GAU zu verzeichnen gehabt. Es ist ihr egal, dass das Atomkraftwerk nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist.

Meine Damen und Herren, ich halte es auch für falsch, sich in Berlin für die Atomkraftwerke einzusetzen und auf der anderen Seite nicht dagegen zu protestieren, dass die Solarförderung so drastisch reduziert werden soll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Michael Boddenberg (CDU): 170 Millionen t, Frau Kollegin!)

Frau Ministerin Lautenschläger, Sie haben an dieser Stelle sogar gesagt,diese Reduktion sei gelungen.– Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Ministerin, haben Sie nicht auch die Notsignale der hessischen Solarbranche gehört? Ich möchte Ihnen beispielsweise eines nennen. SMA in Niestetal habe ich eben schon erwähnt. Herr Cramer sagt in einer Presseerklärung:

Die überzogene Förderkürzung gefährdet einen der wichtigsten Job- und Wirtschaftsmotoren für unser Land.Wertschöpfung bei der Produktion von PV-Modulen muss auch weiter in Deutschland stattfinden können.

Weiter sagt Herr Cramer:

Wenn die zusätzlichen Kürzungspläne im zweistelligen Prozentbereich Gesetz würden, dann wird die Klimapolitik der Bundeskanzlerin zur Makulatur. Dann stehen Dutzende deutsche Solarunternehmen vor der Insolvenz oder wären gezwungen, ihre Produktion aus Deutschland zu verlagern.

Meine Damen und Herren,das,was nun auf Bundesebene von CDU, CSU und FDP beschlossen wird, könnte deshalb in einem Desaster enden. Es besteht die Gefahr – ich sage das ganz deutlich –, dass es der deutschen Solarbranche genauso ergeht wie der Biokraftstoffbranche.Von der deutschen Pflanzenölbranche ist nichts mehr zu sehen, und die mittelständische Biodieselindustrie wurde schwer beschädigt.

Frau Lautenschläger, kommen wir zu einem weiteren Punkt Ihrer Ausführungen. Sie verweisen auf die energetische Sanierung, auf Anreize in Form von Förderprogrammen. Erstens vermisse ich Ihre Förderprogramme, und zweitens frage ich Sie, Frau Ministerin: Wo ist Ihr Widerspruch zur Halbierung der KfW-Mittel für das Gebäudesanierungsprogramm des Bundes? Dort gab es einmal 2 Milliarden c. Heute, im Haushaltsjahr 2010, sollen nur noch 1,1 Milliarden c dafür zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein absolut falscher Schritt, wo Sie doch selbst gesagt haben, dass hier die großen Potenziale zu heben sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Ministerin, ich frage Sie auch: Wo haben Sie öffentlich gegen die geplante drastische Kürzung der Forschungsmittel für die Fotovoltaik von 32,5 Millionen c auf nur noch 25 Millionen c protestiert? Dies ist doch genau das Gegenteil dessen, was man bräuchte, um die Solarstromkosten schneller senken zu können. Stattdessen beabsichtigt jetzt Schwarz-Gelb – das muss man laut sagen –, mehr Mittel für die Kernfusion bereitzustellen.Wie mit der Kernfusion, dem Traum aller Atomfans, der längst zu einem finanziellen Albtraum wurde, Strompreise gesenkt werden können, das wird für uns immer ein Rätsel bleiben.

Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, hier sind Ihr Einsatz und auch der der Hessischen Landesregierung gefordert. Ich sage auch ganz deutlich: Dieser Einsatz kann nicht in der Beschaffung von Milliardengewinnen für RWE bestehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie sprechen von einer Brückentechnologie, obwohl über diese Brücke ein Großteil der Bevölkerung überhaupt nicht gehen will. Sie sprechen von Brückentechnologie, obwohl zahlreiche Studien belegen, dass die Atomkraftwerke unnötig sind, ein Weiterbetrieb die Uranimportabhängigkeit weiter verstärkt und die strahlenden Atommüllmengen vervielfacht werden.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Sagen Sie etwas zum Thema Versorgungssicherheit!)

Sie sprechen von Brückentechnologie, obwohl Sie wissen, dass die Strompreise dadurch nicht fallen werden, da die wahren Abzocker in den Chefetagen der Stromkonzerne sitzen und nicht die erneuerbaren Energien die Preistreiber sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Walter Arnold (CDU): Wie ist das mit der Versorgungssicherheit?)

Die wenigen Mehrkosten pro Haushalt und Monat – Sie wissen, es sind 2 Cent/kWh – für die erneuerbaren Energien haben alleine im Jahr 2008 fossile Brennstoffe im Wert von 7,8 Milliarden c eingespart und Umwelt- und Gesundheitsschäden im Umfang von 9,2 Milliarden c vermieden. Dabei sind 280.000 Arbeitsplätze entstanden.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung dargestellt – ich habe mir auch die „FAZ“ herausgeholt; da gaben Sie ein Interview dazu –, wir bräuchten eine Versorgungssicherheit, wir hätten Unternehmen,die einen großen Energiehunger hätten.Da steht zu lesen, ein großer deutscher Automobilhersteller benötige 300.000 MWh im Jahr, das seien 300 Millionen kWh, so viel,wie die privaten Haushalte usw.benötigten.Das alles hatten Sie eben dargestellt.

In Ihrer heutigen Regierungserklärung war auch zu hören, welchen Automobilkonzern Sie meinen. Sie sprechen von Opel. Frau Ministerin, schauen Sie einmal hin, welche Energieversorgung Opel zurzeit hat: 1999 wurde ein hochmodernes GuD-Kraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 100 MWh dort installiert. Wärme wird ausgekoppelt, wird ebenfalls im Betrieb genutzt. Der Energieüberschuss,der entsteht,wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Sie haben dort eine Anlage mit einem Wirkungsgrad von 88 % stehen.

(Ministerin Silke Lautenschläger: Das ist vorbild- lich!)

Ein Atomkraftwerk hat dagegen gerade einmal 31 % und eine Menge Probleme.