Protocol of the Session on March 2, 2010

Frau Kultusministerin.

Herr Abg. Merz – –

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja?)

Man wird wenigstens vor einer Antwort noch einmal nachdenken dürfen.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, nach meiner Erinnerung ist diese Aussage nicht ganz zutreffend. Ich denke, da liegt vielleicht ein Missverständnis vor.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde für heute abgeschlossen.

(Dr.Thomas Spies (SPD): Das ist auch gut so! – Die Fragen 206, 208 bis 211, 214 bis 216 und die Antworten der Landesregierung sind als Anlage 2 beigefügt. Die Fragen 207, 212 und 213 sollen auf Wunsch der Fragestellerin und der Fragesteller in der nächsten Fragestunde beantwortet werden.)

Ich rufe vereinbarungsgemäß Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung der Hessischen Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz be

treffend „Energie 2020: Versorgung sichern – Schöpfung bewahren – Wirtschaft stärken“

Frau Ministerin,die unter den Fraktionen vereinbarte Redezeit beträgt 20 Minuten – Ihr Orientierungspunkt. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Versorgung sichern,Schöpfung bewahren,Wirtschaft stärken – dieser Dreiklang ist die Leitlinie, an der sich die Energiepolitik der Hessischen Landesregierung orientiert.

In einem ökonomisch starken Land wie Hessen gilt es zunächst, die Versorgung mit Energie selbstverständlich 24 Stunden am Tag sicherzustellen – für die privaten Haushalte genauso wie auch für die Wirtschaft.

Die Schöpfung zu bewahren gilt für uns heute und für alle Generationen nach uns, denn wir wissen auch: Die Natur gehört uns nicht, sie ist uns anvertraut.

Drittens ist und bleibt es eine wichtige Aufgabe für die Hessische Landesregierung, durch unser Energiekonzept Potenziale für Handwerk und Industrie in Hessen zu heben und damit Arbeitsplätze langfristig zu sichern sowie im Bereich der erneuerbaren Energien sogar weitere dazuzugewinnen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Auch wenn Kopenhagen für viele nicht die erhofften Erfolge gebracht hat, bleibt der Klimawandel eine der größten Herausforderungen für die nächsten Jahrzehnte.

Unsere Energiepolitik muss einen Beitrag dazu leisten, Kohlendioxid zu verringern. Deswegen setzen wir mit unserer Politik konsequent auf die Einsparung fossiler Brennstoffe. Denn der beste Klimaschutz besteht selbstverständlich immer noch darin, dass fossile Energieträger im Boden bleiben und gar nicht erst als Kohlendioxid in die Luft gehen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben uns in unserem gemeinsamen Koalitionsvertrag ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: 20 % erneuerbare Energien bis zum Jahr 2020.

Zugegebenermaßen haben wir es uns damit nicht leicht gemacht. Denn wir haben den Endenergieverbrauch zugrunde gelegt, nicht den Primärenergieverbrauch und auch nicht das Thema Stromerzeugung. Das heißt, unser Blick richtet sich sowohl auf den Strom wie auch ausdrücklich auf den Wärmebereich. Das ist eine der großen Herausforderung. Sie wurde so konkret noch in keinem der Partei- oder in anderen Programmen formuliert.

Ein Blick zur Deutschen Energie-Agentur GmbH, der dena, macht schnell deutlich, dass der Ansatz richtig ist. Auch nach Auffassung der dena liegen die größten Einsparpotenziale in Deutschland und damit auch in Hessen beim Gebäudebestand. Bestehende Gebäude brauchen im Schnitt drei- bis zehnmal so viel Energie zur Beheizung wie Neubauten. Außerdem werden – so die Zahlen der dena – 87 % des gesamten Energiebedarfs in privaten Haushalten allein für Heizung und Warmwasser benötigt. Das sind Zahlen für den Bestand.

Deswegen haben wir den Endenergieverbrauch als Grundlage genommen, um gerade an diesen Punkten ansetzen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben den Endenergieverbauch ohne den Verkehr in Hessen zugrunde gelegt. Wir wissen: Das Thema Verkehr spielt in der Zukunft ein wichtige Rolle. Wir haben dem Verkehr als einem eigenen Projekt innerhalb unserer Nachhaltigkeitsstrategie mit dem Thema der Elektromobilität einen eigenen Bereich gewidmet. Als Verkehrsdrehscheibe im Herzen Deutschlands hat Hessen einen besonders hohen, einen höheren Anteil am Verkehr als alle anderen Bundesländer. Das macht schon alleine der Flugverkehr aus.

Deshalb bleibt das Thema emissionsfreier Verkehr in Hessen bei uns auf der Tagesordnung, gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Modellregion für Elektromobilität.

Darüber hinaus werde ich in Abstimmung mit Herrn Kollegen Posch schon jetzt beginnen, die Rahmenbedingungen für Elektromobilität zu verbessern. Gerade die jüngst getroffenen Vereinbarungen für Elektrofahrzeuge zwischen Opel und dem Stromversorger HSE zeigen sehr deutlich, dass auch hessische Unternehmen ihren Teil dazu beitragen wollen.

(Zuruf des Abg.Timon Gremmels (SPD))

Unser Ziel ist es, als erstes Bundesland Regelungen anzupassen und damit schon auf die neuen Herausforderungen der Elektromobilität zu reagieren. Hier gilt es z. B., bereits heute Parkflächen und Ladeanschlüsse für Elektromobile vorzubereiten und umzusetzen.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit unserer Energiepolitik wollen wir vor allem die Chancen erneuerbarer Energien nutzen und die Energieeffizienz steigern.

Dazu habe ich im Juni 2009 ein Expertengremium ins Leben gerufen, das unter meiner Leitung und unter der des Unternehmers Martin Viessmann Eckpunkte erarbeitet hat. Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, 17 an der Zahl, haben gemeinsam mit dem Umweltministerium diese Eckpunkte erarbeitet. Ganz wichtig war uns von Anfang an, dass alle Experten dort die gesamte Bandbreite in den Bereichen Energieversorgung und Energieeffizienz abdeckten.

Rund 80 Gutachten und Studien wurden ausgewertet – von der Biomassepotenzialstudie über die Publikationen des Öko-Institutes und der hessischen Universitäten bis hin zur Publikation des Sachverständigenrates für Umweltfragen.Dabei ging es vor allem darum,Potenziale und Hemmnisse einzelner Energieformen festzustellen und eine Bestandsaufnahme vorzulegen.

Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle auch noch einmal ganz herzlich bei allen Mitwirkenden des Energie-Forums bedanken, die geholfen haben, die Energiedebatte für die erneuerbaren Energien zu versachlichen. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Unser Ziel war es immer, aus den ideologischen Gräben herauszukommen, die sicher auch zwei Wahlkämpfe in Hessen gerissen haben.

(Zuruf des Abg.Timon Gremmels (SPD))

Sie wollen vielleicht nicht aus diesen Gräben hinaus.Für uns gehört das mit dazu.

(Zurufe von der SPD und der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Gegenruf der Abg. Judith Lannert (CDU): Hören Sie doch einmal zu!)

Nur keine Aufregung.Anscheinend haben wir Ihnen dabei zu viel erarbeitet – wenn Sie sich jetzt schon wieder so sehr aufregen müssen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zwangsvorgaben, wie viele Windkrafträder oder wie viele Wasserkraftanlagen pro Landkreis neu zu errichten sind, haben nicht nur zu Unruhe in einem Teil dieses Hauses, sondern im größten Teil dieses Hauses geführt. Herr Scheer hat sicher nicht dazu beigetragen, diese Gräben zuzuschütten.

Wir wollten mit dem Energie-Forum eine vernünftige Faktenlage schaffen, die schlicht für alle nachvollziehbar ist und die zeigt, wie wir unser Ziel, 2020 in Hessen 20 % des Endenergieverbrauchs ohne Verkehr umzustellen, in zwei Schritten erreichen werden: erstens durch Energieeinsparung, zweitens durch den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Wenn man sich die Datengrundlage betrachtet,dann sieht man sehr deutlich, welche Dimension die Herausforderungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien dort haben. Der Endenergieverbrauch in Hessen ohne den Verkehr macht 133 Milliarden kWh pro Jahr aus.

Um die Dimension deutlich zu machen,weil sich die meisten Menschen unter dieser Zahl nichts vorstellen können: Ein großes Stahlwerk in unserem Land braucht ca. 420 Millionen kWh Strom im Jahr. Der Autobauer Opel benötigt alleine am Standort Rüsselsheim 300 Millionen kWh Strom im Jahr. Das zeigt die Größe der Herausforderung, vor der wir stehen – und dass es nicht reicht, wenn sich Opel wie private Haushalte mit Solarenergie oder Geothermie aus dem eigenen Garten selbst versorgen würde. Denn das, was dort pro Jahr an Strom verbraucht wird, brauchen allein die privaten Haushalte der vier großen und mittleren hessischen Städte Darmstadt, Fulda, Wetzlar und Bad Homburg mit mehr als 300.000 Einwohnern. Die verbrauchen ungefähr die gleiche Menge Strom wie ein Autobauer in Rüsselsheim.

Wir sehen, welche Anstrengungen allein dort unternommen werden. Eine Fotovoltaikdachflächenanlage, die zurzeit in Rüsselsheim gebaut wird, eine der größten überhaupt, wird es gerade schaffen, 3,5 % des Jahresstrombedarfs von Opel zu produzieren. Das soll ausdrücklich die Investition des Unternehmens nicht herunterreden. Die ist wirklich vorbildlich.

Die Zahlen zeigen, vor welchen Herausforderungen wir stehen: die erneuerbaren Energien auszubauen und gleichzeitig verlässlich die Stromversorgung in dieser Größenordnung für private Haushalte und Industrie abzudecken.

Deswegen haben wir klar gesagt:Wir wollen auf der einen Seite die Chancen der Energieeffizienz nutzen:durch eine breit angelegte Offensive bei der Effizienz durch Förderung, gesetzliche Anreize, aber eben auch durch intensive Aufklärung. Denn Energieeffizienz ist ein Thema, das bei vielen Menschen immer wieder eine Rolle spielt; aber in

der Umsetzung sind nach wie vor viele unsicher, vom privaten Haushalt bis zum Unternehmen.

Energieeffizienz ist der Ersatz von fossilem Brennstoff durch Technik und Wissen. Es ist in der Tat fossiler Brennstoff, der eingespart wird, weil die meisten Gebäudeheizungen heute noch mit Heizöl oder Gas betrieben werden.