Protocol of the Session on January 27, 2010

Diese Spitzenstellung wollen wir auch behalten. Deshalb investieren wir auch in Zeiten wie diesen, in denen wir sehr wohl auch sparen müssen, in unsere Sicherheitsarchitektur.Wir statten die dort tätigen Beamten nicht nur mit entsprechender Ausrüstung, sondern auch mit den nötigen Gesetzen aus.

Die Unterstützung, von der ich sprach, gilt für die materielle und personelle Ausstattung der Polizei und andere Elemente unserer Sicherheitsarchitektur genauso wie für die rechtlichen Rahmenbedingungen. Dabei verweise ich gerne auf das gerade angepasste HSOG, das sogenannte Polizeigesetz.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist langsam abenteuerlich – dass das ein tolles Gesetz ist! – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Das passt,ich erkläre Ihnen das gerne.– Das,was wir mit der Mehrheit in diesem Hause beschlossen und in Paragrafen umgesetzt haben, kostet nicht immer Geld, ist aber meines Erachtens sehr wertvoll für die innere Sicherheit und auch mitverantwortlich für diese hohen Aufklärungsquoten, über die wir uns wohl alle freuen.

(Beifall bei der CDU)

Stellvertretend nenne ich hier die automatischen Kennzeichenlesegeräte, die akustische und optische Wohnraumüberwachung für entsprechend gelagerte Fälle bei schweren Verdachtsmomenten, aber auch die QuellenTKÜ, Videoüberwachung, verdachtsunabhängige Kontrollen und die Ausweitung der DNA-Analysen.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Wenn wir heute in Hessen einen Gesamtbestand von über 74.000 Einträgen in der DNA-Datenbank haben,dann bedeutet dies auch 1.713 Treffer im Jahr 2009, durch die erst entsprechende Straftäter überführt werden konnten.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig! – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

All dies ist mitverantwortlich für die tollen Ergebnisse in der PKS.

(Günter Rudolph (SPD): Sie müssen die Statistik schon richtig auswerten!)

All das, was ich hier angesprochen habe – insofern kann ich schon die Aufregung der Opposition verstehen –, sind Themenbereiche, die von der Opposition kritisch begleitet wurden, unseres Erachtens aber von großer Bedeutung sind.

Bei Ihnen gab es beispielsweise kein Gewaltschutzgesetz, durch das häusliche Gewalt erst erfasst und bekämpft werden kann. 53.000 Fälle allein dazu sind in der PKS über die Jahre ausgewiesen, seit dem Jahr 2002, als dieses Gesetz eingeführt wurde.

Bei Ihnen gab es keine Schleierfahndung. Allein 128.000 Kontrollen im letzten Jahr, auch das zeigt die Statistik, deckten über 11.600 Straftaten auf. Die hätten nicht aufgedeckt werden können, wenn wir diese verdachtsunabhängigen Kontrollen nicht eingeführt hätten.

(Nancy Faeser (SPD): Es geht nicht um Aufdeckung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch der aktuelle Haushalt zeigt in monetärer Hinsicht, dass wir es nach wie vor bei der Bedeutung und die Priorisierung belassen, die dem Bürger zugutekommt.

(Beifall bei der CDU)

So hat dieser Einzelplan, über den wir hier ja sprechen – auch nahezu folgerichtig, denn das sind die Ergebnisse dieser Investition –, mit 1,8 Milliarden c auf der Ausgabenseite das zweithöchste Volumen aller Ressorthaushalte. Dadurch kann die personelle Ausstattung umgesetzt werden – ich sage hier nur: 550 zusätzliche Kommissaranwärter im Jahr 2010, wie schon 2008 und 2009; aber auch 42 zusätzliche Stellen bei der Wachpolizei und zusätzliche Spezialkräfte, um neue Kriminalitätsformen zu bekämpfen.

(Beifall bei der CDU)

Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang natürlich auch die Sachinvestitionen, die Millionenbeträge für neue Dienstpistolen, Schutzwesten, Helme, aber auch der Austausch von 15 Livescannern zur digitalen Erfassung der Fingerabdrücke und Ähnliches mehr. Das sind alles Investitionen, die eben dafür sorgen, dass sich die PKS auch in Zukunft entsprechend erfreulich präsentieren wird. Auf der anderen Seite gibt es – weil wir eben auch immer die Prävention im Auge haben – Aussteigerprogramme und zahlreiche Netzwerke gegen Gewalt, die auch durch Landesmittel unterstützt werden, aber auch die finanzielle Ausstattung des Verfassungsschutzes mit 24 zusätzlichen Stellen, um auch hier nicht nur Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Bekämpfung des Extremismus zu haben, sondern auch vorbeugend agieren zu können.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich werden wir uns – das zeigen die eben dargestellten Zahlen – auf diesen Erfolgen nicht ausruhen. Ganz im Gegenteil: Neue Kriminalitätsfelder, der technische Fortschritt, die internationale Mobilität – auch der Verbrecher – erfordern beständige Wachsamkeit und die Weiterentwicklung bei der Bekämpfung von Kriminalität. Kriminalitätsfelder wie Wohnungseinbrüche, wo wir mit einem Anstieg konfrontiert werden, die Zunahme bei der Internetkriminalität, die politisch motivierte Kriminalität und Einbrecherbanden, die international unterwegs sind, aber auch die Intensivtäter, die wir teilweise in Hessen haben, zeigen, dass wir in diesen Bereich weiterhin investieren müssen.

Daher bleibt es für uns als CDU dabei, dass die Innere Sicherheit ein zentrales Feld unserer Politik in Hessen ist und dass dies auch in Zukunft unserem Land und seinen Bürgern guttut. Rückgänge in der Kriminalität und Steigerungen bei den Aufklärungsquoten beweisen dies eindrucksvoll. Die CDU bedankt sich bei allen, die bei dieser wichtigen Aufgabe mitgearbeitet haben und auch zukünftig mitarbeiten werden, und wir bitten das gesamte Haus um Zustimmung, wenn es nachher um unseren Entschließungsantrag geht. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat Frau Kollegin Öztürk für die Fraktion der GRÜNEN.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich begrüßen wir es als GRÜNE, wenn Bürgerinnen und Bürger in Hessen von weniger Kriminalität betroffen sein sollten. Das wird zumindest in der Statistik behauptet; ob dem so ist, können wir nachher schauen. Ich möchte diese Debatte erst einmal dazu nutzen, den Polizistinnen und Polizisten in Hessen ausdrücklich für ihre engagierte Arbeit zu danken, die sie täglich – ohne Rücksicht auf Wochenenden und Feiertage – zu leisten hatten, und das wahrlich nicht immer unter ganz einfachen Umständen.

(Allgemeiner Beifall)

Diesen herzlichen Dank möchte ich noch einmal im Namen meiner Fraktion aussprechen, und auch ganz persönlich.

Es kann nicht geleugnet werden, dass die Polizei diese hervorragende Leistung nicht wegen, sondern trotz dieser Landesregierung erbringt.

(Lachen des Abg.Wolfgang Greilich (FDP))

Sie ist seit elf Jahren im Amt, und die Bedingungen waren für die Polizisten, wie gesagt, wahrlich nicht immer einfach.Wir denken da an massive Überstunden und an dauerhafte Stellenunterversorgung. Meine Damen und Herren, das haben die Polizistinnen und Polizisten hier leisten müssen, trotz dieser Landesregierung.

Ich möchte zunächst einmal kurz festhalten, dass ich den Umgang mit dem Parlament schon sehr befremdlich finde, denn uns Parlamentariern lag bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik dieselbe überhaupt nicht vollständig vor – auch nicht, wie die Koalition von CDU und FDP ihren Auftrag, den sie vom Wähler bekommen hat, eigentlich bewertet. Hält sie es nicht für notwendig, erst einmal nach den vollständigen differenzierten und aufgeschlüsselten Zahlen zu fragen, bevor sie die Arbeit der Landesregierung in den Himmel lobt? Ist das ihre Aufgabe? – Das finde ich nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Günter Rudolph (SPD): Nein, das könnte nur hinderlich sein!)

Uns Parlamentariern – sagen wir einmal, uns normalsterblichen Parlamentariern – liegen die vollständigen Zahlen nicht vor. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich kann Ihre Lobreden von daher beim besten Willen nicht nachvollziehen.Also, das tut mir leid.

Die vollständigen Zahlen liefern einige Rückschlüsse.Auf diese möchte ich kurz eingehen; und Sie haben in Ihrem Entschließungsantrag die einen oder anderen Punkte angesprochen. Darin sagen Sie z. B., Hessen sei eines der sichersten Bundesländer, wie es Minister Bouffier behauptet. Aber – mit Verlaub – das ist mitnichten so. Sie behaupten das, doch das ist Augenwischerei, denn wenn Sie sich die Zahlen genau anschauen, stellen Sie fest: Mit einer Aufklärungsquote von 57,8 % liegen wir im Bundesvergleich auf Platz 7 und nicht auf Platz 1. Meine Damen und Herren, das ist lediglich Mittelfeld.Wenn Sie hier ein Mittelklassespiel als Spitzenleistung bezeichnen wollen, dann können Sie das gern machen. Das ist aber nicht unser Verständnis. Wer hat denn eine höhere Aufklärungsquote? Wenn man sich die Zahlen anschaut, stellt man fest: In Bayern sind es 64,7 %, in Thüringen sind es 64,5 % und beim rheinland-pfälzischen Nachbarn sind es 62,3 %.

Das sind alles Zahlen, die viel höher sind als unsere angeblich höchste Aufklärungsquote.

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Zahlen ganz ehrlich anschaut, dann muss man zugeben, dass sie eher stabil sind. Die Situation hat sich weder verschlechtert noch verbessert. Auch kleine Verbesserungen, so behaupten es die Fachleute, sind Standardabweichungen. Diese hier wieder als großen Erfolg zu verkaufen – meine Güte, haben Sie es nötig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bezweifle auch, was Sie unter Punkt 5 Ihres Antrags behaupten, dass diese Statistik in der Lage ist, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wiederzugeben.Ich würde es natürlich begrüßen, wenn das so wäre, denn die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Freiheit ist für uns GRÜNE ein sehr wichtiges Anliegen. Wir wollen aber gern wissen:Wie können Sie behaupten, dass der massive Anstieg von unaufgeklärten Wohnungseinbrüchen bei der Bevölkerung nicht eine größere Verunsicherung hervorruft, als es der Rückgang der Straßenkriminalität überhaupt aufwiegen kann? Ich möchte, um die Statistik besser einordnen zu können, vor allen Dingen vom Herrn Minister wissen: Wie hoch ist die Anzahl der Kontrolldelikte, Herr Minister, also der Delikte, deren Auftreten überhaupt erst durch Kontrollen der Polizei festgestellt wird? Diese Delikte haben nämlich die gute Eigenschaft, dass sie bei der Feststellung auch sofort die Aufklärung mitliefern,

(Minister Volker Bouffier: Ist doch klar!)

wie beispielsweise bei Schwarzfahrern, oder wenn Sie der Oma die Katze vom Dach runterholen. Ich möchte gern wissen: Wie viele dieser Fälle sind Kontrolldelikte, und wie viele sind ganz einfach zu lösende Delikte gewesen? Das kann ich diesen Zahlen nicht entnehmen, meine Damen und Herren. Ich glaube nicht, dass die hessischen Bürgerinnen und Bürger ein höheres Sicherheitsempfinden haben würden, wenn die Ahndung der Schwarzfahrer sehr hoch ist. Das möchte ich hier ganz offen ansprechen, und da sind Sie uns noch eine Antwort schuldig, Herr Innenminister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Volker Bouffier: Sagen Sie doch einfach einmal: Ist das ein gutes Ergebnis oder nicht?)

Offen bleibt z. B. auch die Frage, wie hoch die Aufklärungsquote bei Delikten der Wirtschaftskriminalität ist oder wie es bei der Internetkriminalität aussieht. Herr Bellino hat es angesprochen, dass man da noch etwas machen muss. Ich hätte mir gewünscht, dass man es schon in den letzten zehn Jahren gemacht hätte, denn in Fachkreisen wird der Anstieg der Kriminalität in diesen Bereichen eindeutig kritisiert.

(Holger Bellino (CDU): Wer hat die Kommissare denn eingeführt? – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD):Nachdem Sie es jahrelang verschoben haben!)

Ich würde gern wissen, wie viele Steuerhinterzieher oder wie viele Hacker Sie eigentlich gefangen haben. Dazu kann ich den Zahlen leider nichts entnehmen, und deswegen wundert es mich sehr, dass die CDU-FDP-Koalition diese Lobreden hält.

Sehr verehrte Damen und Herren von der CDU und der FDP, nun zu den „angemessenen Rahmenbedingungen“, die Sie unter Punkt 6 Ihres Antrags ansprechen. Wir wis

sen ganz genau,dass die massiven Stellenstreichungen der letzten Jahre eigentlich nicht zu vertreten waren,und es ist makaber, dass Sie in Anbetracht dieser Situation hier von „angemessen Rahmenbedingungen“ sprechen. Das ist eine Ignoranz ohnegleichen. Damit tun Sie der Polizei unrecht. Sie haben jahrelang massive Überstunden und Stellenabbau hinnehmen müssen. Davon sagen Sie gar nichts, sondern reden hier von „angemessenen Rahmenbedingungen“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Zum Schluss wundert es einen natürlich nicht,dass Sie die umstrittene Novelle des HSOG als sehr erfolgreich bezeichnen und sich dazu auch noch beglückwünschen. Da frage ich mich wieder einmal: Was kann diese Landesregierung eigentlich mehr, außer ihre eigene Arbeit in den Himmel zu loben? – Wie gesagt, anscheinend haben Sie es nötig.

Einige kritische Punkte des HSOG möchte ich aber unerwähnt lassen, denn darüber haben wir im Ausschuss ausreichend diskutiert. Ich möchte hier ganz klar festhalten: Wir bezweifeln es ganz massiv,dass sich die Sicherheit und das Sicherheitsempfinden der hessischen Bevölkerung durch Maßnahmen wie Rasterfahndung, Kennzeichenerfassung oder Wohnraumüberwachung überhaupt steigern lassen.

Meine Damen und Herren, dazu haben wir ein Beispiel, wenn wir uns den jüngst in den USA vereitelten Flugzeuganschlag anschauen. Das hat gezeigt: Es gibt ausreichend Daten, diese liegen vor. Es stellt sich nur die Frage, ob sie auch von kompetenten Personen ausgewertet werden und ob die Behörden ausreichend vernetzt sind. Tun Sie von daher nicht so,als ob die Datensammlerei eine höhere Sicherheit bringen würde.