Es ist weiter ein offenes Geheimnis Ihrer Finanzakrobatik, wie Sie Steuersenkungen für Reiche und Großunternehmen und das Betätigen Ihrer – nicht unserer – Schuldenbremse schaffen wollen.
Gleichzeitig werden gegenüber den Großbanken bestenfalls rhetorische Keulen der merkelianischen Finanztransaktionssteuer geschwungen und strukturelle Vorschläge zur Behebung des Finanzmarktkapitalismus als linksextremer Populismus diffamiert. Gleiche Vorschläge aus dem Munde des amerikanischen Präsidenten Barack Obama finden dagegen Applaus. Meine Damen und Herren, wer so wie Sie agiert, der verspielt durch neoliberale Ökonomie Bund und Land und das letzte bisschen an Verstand.
Zum hessischen Konjunkturprogramm stellen wir als Fraktion fest, dass Hessen neben Baden-Württemberg, Niedersachen und Hamburg eines der wenigen Länder war, das zusätzlich ein Landesprogramm finanziert hat. Das unterstützen wir, auch wenn wir gezielte Investitionen in Ganztagsschulen, öffentlichen Nahverkehr und Soziales vermissen.
Wir sehen, dass die Antragsverfahren, anders als es in anderen Bundesländern der Fall ist, zügig von der Verwaltung gemeinsam mit den Kommunen bearbeitet werden, damit das umgesetzt wird.Dazu hat Herr Schmitt alles Erforderliche gesagt. Es gab eine einigermaßen funktionierende Kooperation der Landesverwaltungen und der kommunalen Verwaltungen. Ausdrücklich will ich auch hier die Arbeit der Clearingstellen nennen.
Außerdem stellen wir fest, dass auf Druck der Opposition eine weniger schlechte Verteilung der Zinsen des Investitionsprogramms auf die hessischen Kommunen gefunden wurde. Das war es denn aber auch schon an guten Botschaften. Denn auch gutes Handwerkszeug macht den Schmied noch nicht zum Meister.
Dennoch bleiben die wesentliche Probleme Hessens ungelöst. Durch die Haushaltkrise der Kommunen haben sich die Probleme potenziert.
Erstens. Trotz dieses umfänglichen Konjunkturprogramms werden nur lange unterlassene Investitionen nachgeholt. Eine Studie des Deutsches Instituts für Urbanistik führt an, dass den Kommunen deutschlandweit 700 Milliarden c für Investitionen fehlen.
Zweitens. Die Beschäftigungseffekte können im Verhältnis zum Einbruch der Wirtschaft nur als Lückenbüßer dienen. Die strukturellen Probleme des Fahrzeug- und des Anlagenbaus bleiben ungelöst – siehe z. B. Opel. Darauf hat Herr Schmitt schon hingewiesen.
Drittens. Trotz der erneuerten öffentlichen Infrastruktur wird das sichtlich benötigte Personal von dieser Landesregierung verweigert.
Viertens. Die ersten Ausläufer der Krise erreichen die öffentlichen Kassen des Landes und der Kommunen.
Auch ist diese Landesregierung weiterhin auf einem Ohr taub, nämlich dann, wenn es um die Bekämpfung der Korruption bei der Vergabe der öffentlichen Aufträge geht. Herr Lenders hat immerhin etwas Positives angedeutet. Er sagte, dass man sich das hinterher ansehen werde. Wir werden sicherlich genau darauf schauen müssen.
Noch nicht einmal ansatzweise wurden die sozialen Mindeststandards und die Mindestlohnstandards bei der Vergabe der öffentlichen Aufträge berücksichtigt. Die von uns vorgetragene Kritik der fehlenden öffentlichen Kontrolle, und dass bei den kommunalen Investitionen an den örtlichen Parlamenten vorbei Politik gemacht wird,wurde vollkommen ignoriert.In den Beratungen wurde uns zwar versprochen, dass dies im Prozess irgendwie umgesetzt werden wird, aber ein tatsächliches Handeln ist diesen Versprechungen nicht gefolgt.
Festzustellen bleibt: Dieses Programm hilft der Bauwirtschaft kurzfristig in der Krise. Aber wird es auch danach wirken, im Jahr 2011, wenn die öffentlichen Investitionen einen historischen Tiefstand erreichen? Wie wird es dann der Bauwirtschaft gehen? – Genau deshalb muss die öffentliche Hand das Investitionsniveau beibehalten und auch dafür sorgen, dass den neuen Schulbauten auch die Lehrerinnen und Lehrer sowie eine gute Schule für alle folgen.
Geradezu närrisch wirkt dann Ihr Ausspruch, Sie würden mit den wahrlich enormen Investitionen in die Schulen und Kindertagesstätten eine nachhaltige Bildungspolitik betreiben. Sie sind da aber auch einmal realistisch, weil Sie selbst von der notwendigen Auflösung des Bildungsstaus sprechen. Ja, auch das ist wahr: Jetzt tragen Sie Ihre Sparpolitik in der Bildung ab. Jetzt gleichen Sie aus.
Aber auch dieser hehre Anspruch der Investitionen in die Bildungsinfrastruktur als Zukunftsressource hält einer Tauglichkeitsprüfung nicht stand. Was helfen denn neue Mensen und Schulräume,wenn an den hessischen Schulen immer noch Personal fehlt, die Essenszubereitung unterfinanziert bleibt und diese Regierung tagtäglich Bildungschaos produziert?
Nehmen wir als Beispiel Wiesbaden. Einen Tag nach der Verabschiedung des Haushalts wurden Projekte wie „Gesunde Schule“ und „Grüne Schule“ sowie Schulveranstaltungen, Schulfeiern, Schüleraustausch und anderes von der Stadt nicht mehr gefördert bzw. unterstützt. Frei werdende Stellen in den Schulsekretariaten und bei Hausmeistern werden – zumindest sechs Monate lang – nicht wieder besetzt.
Während einerseits Schulen aufwendig saniert werden, werden anderseits die Voraussetzungen für die Arbeit in der Bildung dramatisch verschlechtert. Wer meint, das Bildungssystem so verbessert zu haben, irrt gewaltig. Wenn es uns nicht gelingt, nach der Sanierung der Bildungsinfrastruktur diese Einrichtungen effektiv zu nutzen und für gute Rahmenbedingungen an allen hessischen Schulen zu sorgen, dann bleibt von diesem Milliarden Euro schweren Investitionsprogramm nicht mehr als ein paar Hochglanzbroschüren und, allerdings meist nur männliche, dankbare Handwerker übrig, denen über den
Das Beispiel der Stadt Wiesbaden muss uns allen eines verdeutlichen:Die Kommunen müssen und dürfen bei der finanziellen Bewältigung der Sonderinvestitionen und der Wirtschaftskrise nicht alleine gelassen werden. Allein 2010 werden die hessischen Kommunen durch die Steuergeschenke der großen Koalition und durch die schwarzgelben Steuergeschenke mehr als 500 Millionen c an Steuereinnahmen verlieren. Aufgrund der Senkung des Kommunalen Finanzausgleichs müssen sie auf weitere 400 Millionen c verzichten. Herr Finanzminister, dass Sie den Kommunen trotzt latenter Haushaltskrise im kommenden Jahr auch noch weitere 400 Millionen c wegnehmen wollen, ist ein Schlag in das Gesicht der so anheimelig angeredeten kommunalen Familie.
Die Kommunen tragen die Hauptlast der Folgekosten des Investitionsprogramms und der Auswirkungen der steigenden Arbeitslosigkeit. Sie dürfen nur beschränkt neue Kredite aufnehmen. Herr Weimar, wenn Sie uns schon nicht glauben wollen, dann schenken Sie doch Ihrem ehemaligen Staatssekretär Dr.Arnold Glauben, der zu Recht das Ablassen von der Bereicherungspolitik zulasten der Kommunen fordert.
Herr Minister, wenn es den Menschen nach der Wirtschaftskrise besser gehen soll, dann sorgen Sie bitte dafür, dass die soziale Infrastruktur nicht über den Jordan geht und dass die Bürgerinnen und Bürger nicht allein mit höheren Abgaben,Gebühren und Kommunalsteuern bei parallel stattfindenden Streichorgien die Kosten der Krise tragen. Es reicht also nicht, hier von einem Schulterschluss mit den Kommunen zu sprechen, da Sie genau jenen mit Steuerdumping und Kürzungen bei den Finanzen den haushaltspolitischen Notstand verordnen.
Beantworten Sie uns doch bitte die Frage, wie die Kommunen in den kommenden Jahren trotz steigender Sozialausgaben, wachsender Verpflichtungen beim Krippenausbau und drastischer Steuereinbrüche Gelder für die kommenden Investitionen in die soziale Infrastruktur vorhalten sollen.Wir sind auf die Antwort gespannt.
Es bleibt dabei: Die Kommunen brauchen eine solide Finanzausstattung, damit die Investitionen in die Bildung wirklich zum Tragen kommen.
Lassen Sie uns deshalb die Stärkung der Einnahmeseite anpacken, bei der nach dem Vorbild Frankreichs, der USA oder Großbritanniens auch die Vermögenden und Banken angemessen beteiligt werden. Die Vermögensteuer ist dabei genauso ein Muss wie die Einführung einer Sondersteuer auf Boni in Millionen-Euro-Höhe und die Zockereien der Banken.
Herr Minister, allein das schnelle Ausgeben des Geldes ist kein Kriterium für ein nachhaltig wirkendes Investitionsprogramm. Das gilt erst recht, da ökologische und soziale Maßstäbe in diesem Programm eher Randnotizen darstellen. Bezeichnend ist deshalb eine Ihrer Aussage. Sie haben die ökologischen und beschäftigungspolitischen Effekte dieses Programms als „gewaltig“ beschrieben. Sie sehen alles mit einer rosa Brille als gut, gut und nochmals gut. Wir hätten uns gewünscht, dass wir eine qualifizierte Debatte über die Wirkungen des Investitionsprogramms an einer Wirkungsstudie führen würden, wie sie beispielsweise in Hamburg vorgelegt wurde. Stattdessen bekommen wir gleich das weimarsche Mantra mit den Worten gut, toll, super serviert, das jeglichen Anspruch an Seriosität vermissen lässt.
Statt einer sachlichen Auseinandersetzung mit den Fakten finden die Debatten auf der Grundlage von Behauptungen und Deutungen statt.
Lassen Sie mich eines noch kurz sagen. Nötiger denn je sind die Stärkung der Binnennachfrage, eine konsequente Regulierung des Marktes durch öffentliche Kontrolle und demokratische Mitbestimmung sowie der Ausbau öffentlicher Dienstleistungen als Investition in die Zukunft.
Kurzum: Auch wenn dieses Konjunkturprogramm zügig umgesetzt wurde und neuer Beton und bunte Farben vorgezeigt werden, geht es doch frei nach dem Gießkannenprinzip. Es ist zu ungenau, nicht sozial, ökologisch nicht nachhaltig und wird die dramatische Verschuldung der Kommunen verstärken.
Wer hier gestärkt aus der Wirtschaftskrise herausgeht, ist immer noch nicht klar. Zumindest sind es nicht die Beschäftigten, nicht die Kommunen und nicht die öffentlichen Haushalte. Statt sich mit Regierungserklärungen ins rechte Licht zu rücken, sollten Sie lieber die Probleme der Menschen ernst nehmen und die drastische Unterfinanzierung der öffentlichen Hand bekämpfen. Schutzschirme für Menschen und Beschäftigte sind deshalb eher gefragt als Investitionsprogramme zulasten kommender Haushalte mit fraglichen nachhaltigen Wirkungen.
Es bleibt, wie es ist: Dieser Landesregierung reicht der Status quo. Das mag für Sie ausreichend sein. Den Menschen in Hessen und für die Lösung anstehender Probleme reicht dies allemal nicht aus. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zusammen mit vielen Kollegen der CDU und der FDP sehr geduldig den Reden der Opposition zu diesem Thema zugehört.