Herr Schmitt, das ist die andere Konsequenz von staatlichen monetären Eingriffen zur Bewältigung von Krisen.
Herr Schmitt, das ist die Botschaft von Keynes. Ich bin gespannt, ob die SPD auch dann noch dabei sein wird, wenn es zum Schwur kommt. Herr Schmitt, ich bin gespannt, ob Sie bereit sind, daran mitzuwirken, die Schulden in Hessen abzubauen, wenn es uns wieder gut geht.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Vielleicht erklären Sie die mittelfristige Finanzplanung unter den Bedingungen von Keynes! Das möchte ich gerne erklärt bekommen! Das ist doch abenteuerlich!)
Meine Damen und Herren, wenn wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir aus der Krise wieder herausfinden, dann dürfen wir uns aber nicht nur mit den klassischen Ansätzen zufriedengeben. Ich bin sehr dafür, dass wir auch darüber diskutieren, wie wir in Deutschland die Art und Weise der Unternehmensführung und des Managements so umgestalten, dass Eigennutz und Gemeinnutz zusammenfallen.Ich möchte,dass Manager ihre Entscheidungen stärker von einer mittel- und langfristigen Erfolgsperspektive abhängig machen und dass sie ein besseres Verständnis für die Risiken unternehmerischen Handelns bekommen. Ein Unternehmer haftet mit seinem persönlichen Hab und Gut für das, was er tut. Deshalb wird er in der Regel auch nur solche Risiken eingehen, die er beherrschen kann. Das muss auch für Manager gelten.
In einigen Unternehmen ist die Haftung der Manager bereits fest verankert. Ich denke, dass sich diese Form des Risikomanagements noch ausbreiten sollte.
In einer globalen Welt ist es für den Erfolg von Unternehmen außerdem wichtig, dass sie auch die kulturelle, soziale und religiöse Vielfalt im Personalmanagement mitdenken. Ansätze dazu bietet das Konzept Diversity Management. Es gilt noch mehr, die Vielfalt einer Belegschaft als Chance zu begreifen, um soziale und kulturelle Kompetenzen der Mitarbeiter besser zu nutzen, im Interesse der Beschäftigten wie des Unternehmens.
Schließlich brauchen wir einen breiten Mix an Unternehmen, an Branchen und auch hinsichtlich der Größe von Unternehmen. Gerade zur Unterstützung von mittelständischen Unternehmen, aber auch von kleinen und Kleinstunternehmen werden wir noch viel mehr tun.
Meine Damen und Herren, die Programme wirken. Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Aber die Krise ist noch nicht überwunden. Wir brauchen breite Schultern, wir brauchen ein Wachstum, das auf breiten Schultern steht und von dem möglichst viele Menschen etwas haben, was uns besser auf kommende Krisen vorbereitet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Herr Kollege Lenders. – Als Nächste hat sich Frau Enslin für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie konnten gerade eine wundersame Wandlung des Finanzministers miterleben: vom „Ritter der traurigen Gestalt“, wie er des Öfteren in der Presse genannt worden ist, hin zum Held der mittelständischen Unternehmen und Kommunen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das war er schon immer!)
Kein Wunder, Milliardenverschuldung oder Untersuchungsausschuss sind alles andere als erquicklich.Erfolgsmeldungen zu präsentieren, ist da schon erfreulicher.
Herr Minister, wir gönnen Ihnen das von ganzem Herzen; denn der Mensch braucht auch seine Erfolgserlebnisse. Aber haben Sie da nicht ein bisschen übertrieben?
Nach den Lobeshymnen des Finanzministers ist es an der Zeit, die rosarote Brille abzunehmen und mit klarem Blick zu schauen,inwieweit das Investitionsprogramm des Landes Hessen sein Ziel erreicht hat
Dass die Zinszahlungen des Landes vollständig über den KFA abgerechnet werden und auch die Kommunen an der Tilgung beteiligt sind, ist ein erheblicher Schönheitsfehler und zeigt, dass auch die Kommunen einen Teil des Programms mittragen.
Zu Beginn des vergangenen Jahres drohten die Auswirkungen der Finanzkrise die Realwirtschaft zu erreichen, und die schlimmsten Befürchtungen – ein massiver Wirtschaftsrückgang stand im Raum – machten die Runde. Die Politik musste handeln. Neben Bankenrettungsschirm, der Vertrauen schaffen und ein Zusammenbrechen weiterer Banken nach Lehman Brothers verhindern sollte, wurde auf Bundesebene ein Konjunkturprogramm aufgelegt.
(Dr. Walter Arnold (CDU): Wir waren die Ersten, Frau Kollegin! Das hessische Programm kam vor dem Bundesprogramm! – Gegenruf des Ministers Karlheinz Weimar: Nicht so kleinlich! – Judith Lannert (CDU): Wir sehen das sehr genau! Fakten interessieren uns immer!)
Entschuldigung. – So sollte der private Nachfrageeinbruch über zusätzliche staatliche Nachfrage ausgeglichen werden. Ein schlechter Versuch war die Abwrackprämie von 5 Milliarden c. Sie löste einen wahren Boom aus und bescherte der Automobilindustrie einen Umsatzzuwachs, der für viele Käufer sogar lange Lieferzeiten bedeutete. Aber es fehlte bei diesem enormen Markteingriff die ökologische Lenkungsfunktion völlig.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Karlheinz Weimar:Alte Autos durch neue ersetzt! Das ist doch nicht schlecht!)
Vor dem Hintergrund der Klimakatastrophe war das verantwortungslos. Es kam dann nicht ganz so schlimm, weil etliche Käufer den Verbrauch stärker im Blick hatten. Aber hier wäre viel mehr möglich gewesen.
Dass der notwendige Abbau der Überkapazitäten in der Automobilindustrie durch diese Maßnahme nicht beschleunigt wurde, versteht sich von selbst. Es gab dabei auch einen weiteren Verlierer: das Handwerk. Gerade die kleinen freien Werkstätten, die das Salz in der Wettbewerbssuppe sind, haben dies zu spüren bekommen, ist doch auf lange Sicht ein Teil ihres Betätigungsfeldes weggebrochen. Das Gleiche gilt auch für Gebrauchtwagenhändler.
Zusätzlich zum Konjunkturprogramm hat das Land dann sein Hessisches Sonderinvestitionsprogramm mit einem Volumen von 1,7 Millionen c aufgelegt. Da wurde richtig geklotzt.
Milliarden, Entschuldigung. – Das übertraf alle Länderinitiativen bei Weitem. Mit enormen Summen sollte der hessischen Bauwirtschaft tatkräftig unter die Arme gegriffen werden, damit die prognostizierten Umsatzrückgänge ausgeglichen werden konnten. Das stand im Vordergrund.
Natürlich werden bei 1,7 Milliarden c Volumen Begehrlichkeiten geweckt, und die Gefahr der Korruption steigt. Unsere berechtigte Forderung nach mehr Transparenz und Offenheit in der Vergabe wurde leider nicht aufgenommen. Dass die Hessische Landesregierung dem Korruptionsschutz nur eine untergeordnete Rolle zuwies, haben wir zu Recht kritisiert.
Dass die Vergabegrenzen generös erhöht wurden und teilweise sogar noch über die der Bundesregierung hinaus
ausgedehnt wurden, birgt eine enorme Gefahr. Als gebranntes Kind aus dem Hochtaunuskreis, den die Auswirkungen einer der größten Korruptionsaffären mit erschütterten, weiß ich genau, welche Gefahren hier lauern.
Kontrolle und Transparenz sind das A und O zur Vorbeugung. Dieser Ansatz wurde zugunsten der unbürokratischen Abwicklung vernachlässigt.
Ebenso wurde versäumt, dieses Programm zielgerichtet auf notwendige Zukunftsinvestitionen auszurichten. Schnell sollte es umgesetzt werden, damit es sofort seine Wirkung entfalten kann.Wir GRÜNE haben mit unseren konstruktiven Vorschlägen versucht, es auf die richtige Schiene zu bringen.
Schiene ist ein gutes Stichwort; denn für die Schiene, sprich: ÖPNV, gab es aus diesem Programm nichts.
Hier hat die Landesregierung die Chance vertan, den dringend notwendigen Richtungswechsel in der Verkehrspolitik einzuleiten. Die einseitige Entscheidung, 200 Millionen c in den Straßenbau zu investieren, aber keinen Euro für den notwendigen Ausbau des ÖPNV oder aber die Breitbandversorgung im ländlichen Raum einzusetzen, zeigt, dass wieder in die alte Denkweise verfallen wurde.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Torsten Warnecke (SPD) – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))
Wenn man sieht, dass es aus dem Konjunkturprogramm II des Bundes im Bereich Breitbandversorgung überhaupt keinen Mittelabfluss gab, dann sollte uns das zu denken geben. Statt der Kreiselflut in Hessen, bei der einem ganz schön schwindelig werden konnte, wären neue barrierefreie Busse und Bahnen oder Bahnhöfe, die eine einladende Visitenkarte für die Orte geworden wären, ein echtes Sommermärchen gewesen.