Protocol of the Session on December 10, 2009

(Beifall des Abg. Rafael Reißer (CDU))

Meine Damen und Herren, unser Ziel muss es nun sein, diese Finanzmittel so gut und so effektiv wie möglich einzusetzen, mit den Geldmitteln also den größten Effekt zu erzielen.Dies erfordert eine leistungsorientierte Mittelzuweisung, abgekürzt LOMZ.

Wer Autonomie will, wer den Hochschulen die Freiheit des eigenen Wegs einräumen will, und das wollen wir, der muss ein Augenmerk auf das richten, was am Ende herauskommt, und dies als Steuerungsgröße benutzen. Dies beabsichtigt die LOMZ, und deshalb ist die LOMZ ein notwendiger Baustein der Hochschulautonomie.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Um leistungsorientiert Mittel zuweisen zu können, müssen wir Leistungen messen. Mir ist bewusst, dass es sehr schwierig ist, Leistungen in all ihren Facetten zu messen. Dies darf aber nicht dazu führen, keine Leistungen mehr zu messen. Denn was man nicht messen kann, das kann man auch nicht steuern. Oder, um mit Galileo Galilei zu sprechen: Was man messen kann, soll man messen, und was man nicht messen kann, soll man messbar machen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Jede Leistungsmessung muss notwendigerweise vereinfachen. Über den Grad der Vereinfachung mag man streiten. Die Messung sollte und wird sich dabei immer weiterentwickeln. Klar muss aber sein, dass bei allen Unzulänglichkeiten der einzelnen Messung der Verzicht auf die Messung jedenfalls keine Alternative sein darf. Vor diesem Hintergrund möchte ich nun die Praxis der LOMZ beleuchten.

(Wortmeldung des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Herr Kollege, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein, im Rahmen des Kontexts nicht. – Es ist zutreffend, dass aktuell nur die Zahl der Studenten in der Regelstudienzeit betrachtet wird.Das wurde erwähnt.Klar ist,dass die Zahl der betreuten Studenten ein Leistungskriterium ist. Klar ist auch, dass die Studiendauer ein weiteres Kriterium ist. Als ich im Übrigen persönlich in rot-grüner Zeit Student war, stiegen die Finanzmittel nicht mit der Zahl der Studierenden.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Das tun sie jetzt auch nicht!)

Dies war unfair, und es war vom Grundsatz her leistungsfeindlich.

(Beifall bei der FDP)

Seit der Regierungsperiode Koch/Wagner gilt der Grundsatz: Geld folgt Student. Dass wir diesen Grundsatz haben, ist auch gut so.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Die aktuelle Regelung, die aktuelle LOMZ, differenziert nicht bis ins Letzte aus. Es werden, wie richtig gesagt wurde, Cluster von Fächern mit ähnlichen Kostenstrukturen gebildet. Die Zahl der Cluster ist aus Gründen der Überschaubarkeit begrenzt und gilt für die jeweiligen Hochschultypen. Die angesetzte Studierendenzahl, die sogenannte Leistungszahl, wird dabei mit einer gewissen Verzögerung angepasst.

Natürlich – das ist mir klar – ist die Steuerungswirkung stärker, wenn die Leistungszahl schneller angepasst wird. Allerdings ist auch festzuhalten, dass eine Hochschule Planungssicherheit benötigt, da sie ihre Kosten, im Wesentlichen Personal, auch bei sinkenden Studierendenzahlen nicht von einem auf den anderen Tag anpassen kann. Wir wissen auch, wie die entsprechenden Verträge sind.

(Dr.Thomas Spies (SPD): Sie haben die ganze Antwort nicht gelesen!)

Aber um Gottes willen. – Zu den Verwerfungen der Statistik, die Sie auch angesprochen haben, kann man nur sagen: Sie ist insbesondere auf die zeitweise eingeführten Studienbeiträge zurückzuführen. Davon war besonders die Universität Frankfurt betroffen. Wenn man von diesem Sondereffekt in der Statistik absieht, halten sich die Differenzen zwischen den tatsächlichen Werten und den Leistungszahlen auch in Grenzen. Herr Spies, wenn Sie sich die Zahlen genau angeguckt haben, dann wissen Sie das auch.

(Dr.Thomas Spies (SPD): 25 %!)

Schwieriger als in der Lehre ist es im Übrigen – auch diesen Punkt will ich erwähnen, auch wenn er noch nicht angesprochen wurde –, die Forschungsleistung zu messen. Die Zahl von Promotionen und Habilitationen, die Zahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die Güte der Zeitschriften, in denen die Publikationen erscheinen, und die Häufigkeit,in der eine einzelne Arbeit von anderen zitiert wird, geben Anhaltspunkte für erbrachte Forschungsleistungen. Auch eingeworbene Drittmittel können ein Ausweis für gute Forschung sein.

Dabei ist uns bewusst, dass jeder Faktor, alleine betrachtet, letztlich zu irreführenden Resultaten führen kann. So sind die Möglichkeiten der Einwerbung von Drittmitteln von Fach zu Fach unterschiedlich.Auch das bestreitet nie

mand.Der wissenschaftliche Gehalt zweier Publikationen kann sogar in derselben Zeitung unterschiedlich sein.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Was hat das mit den Heizkosten zu tun? Das ist doch das Problem!)

Deshalb gibt es aber derzeit zu Recht eine Diskussion zwischen der Landesregierung und den Hochschulen über eine gemeinsame Strategie zur Bewertung von Forschung. Das unterstützen wir sehr. Klar sollte in diesem Zusammenhang auch sein:Auch Forschung lässt sich messen. Bei jedem Berufungsverfahren werden die Forschungsleistungen der Bewerber sehr genau gemessen und verglichen, ohne dass dies die Freiheit der Forschung einschränkt. Dieses Argument steht immer wieder im Raume. Dies muss letztlich auch für Institute und Hochschulen möglich sein.

(Beifall des Abg.Wolfgang Greilich (FDP))

Meine Damen und Herren, als Land, das diese Forschung finanziert,haben wir ein Anrecht darauf,zu überprüfen,in welchem Umfang und mit welcher Qualität geforscht wird. Lassen Sie mich vor diesem Hintergrund zusammenfassen.

Meine Damen und Herren, wer die Freiheit autonomer Hochschulen will – und wir wollen das –, der muss den Hochschulen die Freiheit über den Weg lassen, der muss aber auch die Möglichkeit haben, das auf diesem Weg erzielte Ergebnis zu bewerten. Die leistungsorientierte Mittelzuweisung ist daher ein notwendiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung.Sie ist aber sicherlich noch nicht die Endausbaustufe.

Die hessischen Hochschulen sind vor diesem Hintergrund auf einem guten Weg. Das Hochschulgesetz gibt weitgehend Autonomie. Der Hochschulpakt bietet finanzielle Sicherheit. Die leistungsorientierte Mittelzuweisung ist eine sinnvolle Qualitätssicherung. Mit diesem Dreisprung sind wir auf einem richtigen Weg. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Büger. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Sorge das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal versuche ich,den Zuschauerinnen und Zuschauern zu erklären, worum es geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben vor etwa zehn Jahren die Hochschulfinanzierung umgestellt. Die Finanzierung der Hochschulen erfolgt im Wesentlichen über drei Säulen.

Dies ist erstens das sogenannte Globalbudget. Die Finanzierung erfolgt hierbei über Clusterpreise. Das heißt, es kommt darauf an, um welchen Studiengang es geht; denn Studiengänge sind unterschiedlich teuer. Den Hochschulen werden also in Abhängigkeit von den Studiengängen Mittel zugewiesen.

Außerdem bekommen die Hochschulen Fördermittel beispielsweise in Abhängigkeit vom Anteil der Professorinnen bei den Naturwissenschaften; denn wir wollen för

dern, dass Frauen eine Professur in Bereichen innehaben, in denen bisher oftmals Männer vertreten sind.

Ferner gibt es das sogenannte Innovationsbudget, mit dem wir besonders herausragende Leistungen und neue Ideen an den Hochschulen finanzieren wollen.

Diese Mittel werden den Hochschulen global zur Verfügung gestellt. Idealerweise soll innerhalb einer Hochschule ausgehandelt werden, wie dieses Geld eingesetzt wird; denn es soll nicht mehr vom Staat aus im Detail vorgeschrieben werden,was wie bezahlt werden soll.Wir wollen den Hochschulen diese Freiheit lassen. Dieses Modell geht in die richtige Richtung und wird auch von weiten Teilen dieses Hauses befürwortet. Wir haben uns damals mit großer Mehrheit im Wissenschaftsausschuss auf dieses Modell geeinigt. So viel zum theoretischen Überbau.

In einer Großen Anfrage der SPD wird nun nach den Auswirkungen dieser von uns allen eher positiv bewerteten Idee gefragt. Bei der einen oder anderen Auswirkung lohnt es sich, etwas näher hinzuschauen.

In den Haushaltslesungen hören wir regelmäßig, dass sich die Clusterpreise gemäß irgendwelchen Voodoo-Zahlen – oder wie auch immer gewürfelt – ändern, sodass wir als Parlamentarier überhaupt nicht mehr die Möglichkeit haben, realistisch nachzuvollziehen, nach welchen Kriterien dies passiert.

Beim Erfolgsbudget ist es genauso. Es gibt eine Bepreisung pro Leistung, wie dies beispielsweise bei einer Professorin im naturwissenschaftlichen Bereich der Fall ist. Diese Leistung, die mit einem Eurowert beziffert ist, unterliegt einem sogenannten Punktwert, der diesen Eurowert etwas geringer oder noch geringer macht. Wir haben es also mehr oder weniger mit Voodoo zu tun.

Dieser Voodoo geht aber noch weiter. An dieser Stelle wird es politisch und auch dramatisch. Herr Kollege Dr. Büger sagte gerade,Geld folge Studierenden.Schauen wir doch einmal, welchen Studierenden das Geld folgt und wohin es wandert. Es stellt sich beispielsweise die Frage, wie viele Studierende eine Hochschule ausbildet und wie viele Studierende damit finanziert werden. Schauen wir uns deshalb einmal an, wer Mittel für mehr Studierende bekommt, als er ausbildet, und wer Mittel für wesentlich weniger Studierende bekommt, als er ausbildet.

Uns liegen nun die Zahlen für die Universitäten vor. Die TU Darmstadt bildet 594 Studierende mehr aus, als ihr Mittel zugewiesen werden. Bei der Universität Frankfurt liegt dieser Wert bei minus 1.290. Das heißt, die Universität Frankfurt bekommt für wesentlich mehr Studierende Geld, als sie faktisch ausbildet.

Für die Universität Gießen liegt dieser Wert bei 2.449. Das heißt, die Universität Gießen bildet wesentlich mehr Studierende aus, als sie entsprechende Mittel hierfür bekommt. Bei der Universität Kassel beläuft sich dieser Wert auf 2.478. Das ist ungefähr vergleichbar mit der Situation in Gießen. Für die Universität Marburg liegt dieser Wert bei 2.255.

Wenn ich als Frankfurterin dies der Kasseler Wissenschaftsministerin sage, dann ist das schon einmal etwas. Wir beobachten ganz eindeutig eine finanzielle Benachteiligung der nord- und mittelhessischen Universitäten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Büger, ich möchte, dass Sie sich damit einmal auseinandersetzen. Die Theorie stimmt zwar, aber in der Praxis klafft eine Gerechtigkeitslücke.

Bei den Fachhochschulen wiederholt sich das im Übrigen. Ich möchte Sie jetzt aber nicht mit Zahlen langweilen.Die Fachhochschule Gießen-Friedberg beispielsweise bildet mehr als 1.000 Studierende mehr aus, als ihr Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dieses Muster zeigt sich also auch bei den Fachhochschulen.

Schauen wir uns nun noch einmal die Ziele an, die wir mit der neuen Hochschulfinanzierung verfolgt haben.Wir haben beispielsweise festgelegt, dass wir nur noch Studierende fördern, die innerhalb der Regelstudienzeit studieren. Unser Ziel war, die Hochschulen dazu zu bringen, dass sie mehr Studierende innerhalb der Regelstudienzeit ausbilden. Die Ministerin hat kurz nach ihrem Amtsantritt gesagt, dass es eines ihrer Ziele sei, die Zahl der Studierenden, die innerhalb der Regelstudienzeit studieren, zu erhöhen.

Schauen wir uns einmal anhand der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage an,wie sich die faktische Entwicklung zeigt, ob dieses Instrument, das wir nutzen, überhaupt das richtige ist. Wir stellen fest, dass sich die Zahl der Absolventen, die innerhalb der Regelstudienzeit studiert haben, kaum verändert hat. Das verwundert auch nicht; denn die nord- und mittelhessischen Universitäten bekommen wesentlich weniger Geld, als sie Studierende ausbilden.Von welchem Geld sollen sie denn ein besseres Lehrangebot schaffen? Wenn sich die Studierendenzahlen erhöhen, verschlechtern sich die Studienbedingungen immer weiter.