Protocol of the Session on December 10, 2009

Ich hinterfrage das noch nicht einmal unter dem Gesichtspunkt, dass ich sage: Ich halte das für völlig ausgeschlossen. – Ich frage dann aber etwas hinsichtlich des Verwaltungsdirektors. Das Budget- und Personalrecht ist das Einzige, was der Verwaltungsrat hat. Es bleibt dann zu fragen, ob auch da der Vorschlag des Herrn Beck wie bei der Wahl des Chefredakteurs gelten soll, dass man da dann eine Dreifünftelmehrheit gegen den Vorschlag des Intendanten braucht.

Ich sage dazu: Macht es doch ehrlicher und so, wie es die hessische Regelung für den Intendanten vorsieht. Dort sind die Benennungsrechte des Intendanten sehr viel prinzipieller und sehr viel weitergehend, als das beim ZDF der Fall ist. Da kann der Intendant das alles alleine machen. Das kann man tun. Ich halte das nicht zwingend für sinnvoller.

Die wahre Frage, die dahinter steht, ist doch eine andere. Das haben Herr Hoff und Herr Al-Wazir ein Stück weit tangiert. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in unserem Land als Basis Gesetze und Staatsverträge.

Wenn beim Privatfernsehen Fragen der redaktionellen Struktur entschieden werden, entscheiden es dort die Eigentümer. Es gibt aber keine Eigentümer beim öffentlichrechtlichen Fernsehen. Vielmehr ist das irgendwie der Souverän, also die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland.

Jetzt kann man nicht sagen: Weil es dort keinen Eigentümer gibt, hat außer dem, der dort angestellt ist, niemand etwas zu sagen. – Das sagt auch niemand.

Also kommen wir zur dritten spannenden Frage,die wir in der Tat hier gemeinsam diskutieren können:Wer ist denn der Richtige und Berufene, der den Souverän Volk, der der Träger ist, weil es keinen Eigentümer gibt, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk repräsentiert, damit die Angestellten dort nicht alles allein machen? – Auf diese Frage muss man eine Antwort finden.

Man kann da die Antwort finden, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund, die deutschen Unternehmer, die katholische und evangelische Kirche, der Tierschutzbund, der Verbraucherschutzverband und weiß der Himmel wer sonst die Geeigneteren als die Repräsentanten des Staates in seinen Institutionen, nämlich Land und Bund, oder der Parteien, in Gestalt der Fraktionen, die in den Deutschen Bundestag gewählt wurden,sind.Dieser Auffassung kann man sein. Ich finde, man sollte dann aber auch konsequent sein.

Ich bin nicht dieser Auffassung. Aber ich bin bei dieser Frage vergleichsweise entspannt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat doch sogar Sie mehr betroffen als uns.

In der Vergangenheit hatten die Ministerpräsidenten in Ihrem Namen und dann in Verhandlungen mit Ihnen als Vertreter des Parlamentes eine substanzielle Verantwortung für die Höhe der Gebühren gehabt. Das ging nach dem Motto:Was ist sozial verträglich? – Es ging auch nach dem Motto:Was sind die Randbedingungen, also das, was man dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Rundfunk an Geld für Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen will?

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Politik damit nichts mehr zu tun haben soll. Das bedeutet schlichtweg:Wir verhandeln nicht mehr darüber. Das entscheidet jetzt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten gemeinsam mit den Intendanten nach Kriterien,die man nachschauen kann.Die haben auch ihre Flexibilität und enthalten politische Setzungen.

Dort wird das jetzt entschieden. Wir Ministerpräsidenten zeichnen das dann ab.Wir verhandeln darüber nicht mehr. Das sehen Sie.Warum sollten wir auch?

Wir legen es Ihnen dann mit dem Hinweis vor, dass Sie laut Verfassungsrecht nur eine Möglichkeit haben, nämlich zuzustimmen. Die öffentlich-rechtlichen Institute haben sich in ihrer Finanzierung durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weitgehend der öffentlichen Verantwortung der Parlamente und der Regierung entzogen und verselbstständigt.

Jetzt kann man der Meinung sein, das soll hinsichtlich der Organisation auch noch geschehen. Dann soll das

Bundesverfassungsgericht – oder wer auch immer – das am Ende entscheiden. Wir können das auch mit einem Staatsvertrag machen, falls das eine Mehrheit will. Nur sollte man es sich dreimal überlegen, ob man permanent die Debatte führen will, das habe etwas mit Demokratie zu tun, dass sozusagen alle das machen könnten, die weniger als die Politiker aus den Parteien, den Fraktionen und den Regierungen durch Wahlen des Volkes legitimiert sind. Denn die Politiker werden von den Parlamenten gestellt.

Ich sage für mich: Ich nehme in Anspruch, dass ich durch Wahl eine genauso große Legitimation, die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands in öffentlich-rechtlichen Systemen zu vertreten, erworben habe wie der Präsident des Deutschen Gewerkschaftsbundes oder des Deutschen Tierschutzbundes durch seine Wahl. Ich diskriminiere ihn nicht nur nicht, sondern ich räume ausdrücklich ein, dass es sinnvoll ist, dass sie in solchen Gremien die Mehrheit haben.

Aber uns, die wir hier im Rund sitzen – das kann jeden treffen –, werden die Legitimation und die moralische Qualität abgesprochen. Dabei wollen wir nicht die Unterschiedlichkeit unserer politischen Positionen vergessen. Wir sind dabei keine Eunuchen.Wir haben auch in diesen Gremien unterschiedliche Positionen, weil wir dort alle plural vertreten sind. Gemeinsam wollen wir da für eine solche Institution Gutes.

Dann wird erklärt, das sei bei Politikern unmöglich.Aber wenn das Vertreter anderer Verbände sind – sonst kann es keiner werden –, dann soll das legitim sein. Das ist eine Selbstkasteiung, die ich für mich nicht akzeptiere. Ich nehme für mich in Anspruch, anders zu arbeiten.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Deshalb sage ich als Konsequenz dazu nur:Wir wollen das durchaus diskutieren. Aber ich finde, man muss am Ende eine konsequente Entscheidung treffen. Wir aus der Politik müssen sagen, was wir wollen, und wenn es jemand anruft, muss das Verfassungsgericht sagen, was es will. Jeder muss sehen, welche Verantwortung er dabei hat.

Ich glaube, das gilt für jeden Ministerpräsidentenkollegen auch. Ich könnte damit leben, nicht Mitglied des Verwaltungsrates des Zweiten Deutschen Fernsehens zu sein. Das ist doch nicht die Frage. Das ist weder finanziell noch zeitlich, noch in sonstigen Aspekten eine besonders spannende Tätigkeit. Es ist eine Tätigkeit, bei der man Verantwortung hat, die man wahrnimmt. Da geht es auch um ein Handwerk mit sehr vielen fachlichen Aspekten. Da kann man möglicherweise auch etwas lernen. Aber es ist keine Tätigkeit, von der ein Ministerpräsident glauben muss, er würde ein Stück an Möglichkeiten oder Legitimation verlieren, wenn er dort nicht mehr vertreten ist.

Da das so ist,könnten wir auch dort herausgehen.Aber eines geht nicht. Solange es diesen Staatsvertrag gibt, der eine Ordnung schafft, die ich inhaltlich für gut halte, weil dort Menschen aus der Politik und aus den freien Verbänden gemeinsam berufen werden und weil dort nicht steht, dass die demokratisch Legitimierten des Volkes von dieser Aufgabe ausgeschlossen sind und alle anderen aus ihren Systemen berufen werden können, solange es diese Aufgabenteilung gibt, bestehe ich allerdings auch darauf, dass ich sie mit der entsprechenden Verantwortlichkeit wahrnehme.

Es geht aber nicht, auf einmal zu behaupten, das Gremium,das in Parität zu Intendanten Personalentscheidungen trifft, sei verfassungswidrig, weil einmal in zehn Jahren eine Entscheidung strittig getroffen wurde. Das hat mit der Qualität des Systems nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Herr Ministerpräsident, ich sage Ihnen das als Hinweis: Die Redezeit der Fraktionen ist erreicht.

Ich werde mich daran halten. – Ich will nur auf ein Zweites hinweisen. In der Diskussion um den Staatsvertrag ist jetzt eine weitere Frage aufgetaucht. Sie lautet:Wer nominiert die Verbände? – Ich finde, dass auch darüber ein Gespräch sehr gut möglich ist.

Bisher ist es so: Die Verbände nominieren, formal entsenden dann die Ministerpräsidenten.

Man muss eines wissen: In den letzten zehn Jahren haben wir keine einzige Berufung korrigiert. Mehr als die zehn Jahre habe ich nicht im Überblick,aber die schon,weil das keine unbedeutende Frage ist. Wir haben keine einzige Berufung korrigiert. Es wurde immer der erste Vorschlag des Verbandes genommen.

Die Ministerpräsidenten haben allerdings einstimmig in den letzten zwei Jahren die Verbände darauf hingewiesen, dass, wenn sie immer nur Männer als Erstes vorschlagen, wir irgendwann einmal den zweiten oder dritten Vorschlag auswählen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich will das an dieser Stelle sagen. Man kann das aufheben. Wenn es so wäre, wie es Herr Beck vorschlägt, wäre der ZDF-Fernsehrat ein reiner Männerklub. Das kann ich Ihnen aufgrund der Vorschläge sagen. Dafür kann er nichts.Vielmehr wäre das die Folge davon, dass jeder Verband nur einen benennen kann und der dann entstehende Konflikt noch nach altem Verständnis gelöst wird.

Wir haben eine Chance gehabt, das ein Stück zu verändern.Was will ich damit sagen? – Erstens.Wir alle miteinander sind in der Lage, auch über die Frage von Staatsvertragsänderungen zu reden. Worüber wir nicht reden können, ist, nach einer einzelnen Entscheidung des Verwaltungsrats des ZDF trickreich zu versuchen, parteipolitische Fahnen einer Gegnerschaft bei einer institutionellen Debatte hochzuhalten.

(Günter Rudolph (SPD): Trickreich – das können Sie besser!)

Wer will,dass die Politiker aus den Gremien herausgehen, der muss das sagen. Dann müssen wir gemeinsam darüber diskutieren, wer das in Zukunft machen soll. Wir sollten dabei aufpassen,dass wir Politiker uns nicht gegenseitig in ein Licht rücken, in dem wir uns gegenseitig bestätigen, dass wir die Einzigen sind, die nicht im Interesse des Volkes arbeiten. Das halte ich für eine ziemlich abenteuerliche Konstruktion, die man dabei hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In der konkreten Sachentscheidung habe ich die große Hoffnung, dass der Verwaltungsrat des Zweiten Deut

schen Fernsehens heute eine gemeinsame Entscheidung aufgrund des Vorschlags des Intendanten in wichtigen Fragen treffen wird und dass es so bleiben wird, wie ich es beschrieben habe.Wir müssen auch die Kraft haben, in einer Einzelfrage unterschiedlicher Meinung zwischen Intendant und Verwaltungsrat zu sein; sonst ist die Pluralität dieser Gremien Unsinn und Zeitverschwendung für alle Beteiligten.Wir müssen dann wieder in der Lage sein,vernünftig zusammenzuarbeiten.

Mein Eindruck ist, dass das der Verwaltungsrat des Zweiten Deutschen Fernsehens mit all seinen 14 Mitgliedern kann, wenn ein bisschen der politische Ton an anderer Stelle heruntergeht, wenn zum Schluss eine Sachdebatte geführt wird. Dazu lade ich ein. Ich nehme auch 35 Staatsrechtslehrer sehr ernst. Nur eines nehme ich nicht ernst, wenn Staatsrechtslehrer die Behauptung aufstellen: Die Gründe, die Koch anführt, sind offensichtlich nicht die Gründe, die er meint, deshalb ist sein Verhalten verfassungswidrig.

Die Juristen, die hier im Saal sitzen, haben von der Ausbildung her gelernt, für einen Juristen, der keine Argumente mehr hat, gibt es nur eine Chance. Er muss den Sachverhalt gestalten.

Das ist in der Tat die Aufgabe.Von einem frei definierten Sachverhalt komme ich zu jeder beliebigen Rechtsfolge, auch wenn ich nicht Professor bin. Diese Art von Debatte ist Politik und ist nicht Sache. Ich würde mich gern auf die Debatte in der Sache einlassen. Dann muss man aber zur Sache argumentieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank,Herr Ministerpräsident.– Zur weiteren Aussprache hat sich Herr Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion gemeldet. Sechs Minuten Redezeit stehen zur Verfügung.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist in der Tat am Dienstagabend ein sehr gutes Ergebnis gewesen. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Das ist nicht unser Thema.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Koch, ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich gern mit Ihnen in der Sache über Medienpolitik und die Konsequenzen aus den letzten Monaten reden würde. Dazu muss man sich aber erst einmal ehrlich machen. Genau das ist der Punkt, wo ich Ihnen nach wie vor vorhalte, dass Sie das in der Debatte nicht tun. Sie sind eben auch konsequent unter den Vorhaltungen und Einwürfen, die nicht ganz aus der Luft gegriffen zu sein scheinen, weil sich relativ viele, in der Sache auch häufig sehr kundige Menschen daran beteiligt haben.

Insofern ist das, was Sie versucht haben, als ersten Punkt zu beschreiben – ich habe eine Aufgabe im Verwaltungsrat, die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung des ZDF zu begleiten –, überhaupt nicht zu hinterfragen, das ist so. Das ist nach der derzeitigen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages Ihre Aufgabe. Das hat niemand bestritten.

Was bestritten wurde, ist, ob die Argumente in der Art und Weise, wie Sie sie eingeführt oder auch herausgearbeitet haben, vor den eigentlichen Motiven noch glaub

würdig sein können, die man dahinter zu vermuten hat. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Dahinter tauchen Sie ab. Sie sagen dazu nichts, weil ganz offensichtlich nicht nur die wirtschaftliche Verantwortung für das Unternehmen ZDF, für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an dieser Stelle ausschlaggebend für die Personalentscheidung Brender war. Das ist der entscheidende Punkt. Dazu sagen Sie nichts.Wenn das so ist, dann ist Ihr Hinweis zu Punkt eins nicht glaubwürdig und das, was danach folgt, nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver.

(Günter Rudolph (SPD): Genau so ist es!)

Ich würde gern über den zweiten Teil mit Ihnen reden, weil viele der Fragen, die Sie angesprochen haben, in der Tat richtig sind. Nun will ich einmal sagen: Die Sozialdemokratie, aber auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und im Übrigen auch die Medienexperten der FDP auf der Bundesebene

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auf der Bundesebene!)