Deswegen sage ich:Wundert es denn, dass diejenigen, die gut mit der ersten Stufe gefahren sind und die zweite Stufe noch nicht kennen,nicht sofort rufen:„Ja,wir möchten sofort die zweite Stufe haben“? Ich denke, das wäre übermenschlich. Aber politisch klar ist auch: Weil die Stufe zwei offensichtlich erfolgreich war, werden wir bei der Ausgestaltung der Autonomie nicht dauerhaft auf Stufe eins stehen bleiben, sondern die anderen Hochschulen nachziehen lassen. Genau das tun wir mit dieser Novelle. Deshalb ist sie der richtige Schritt zur richtigen Zeit.
Meine Damen und Herren,diese Novelle bietet auch viele Entwicklungschancen. Das ist mein dritter Punkt. Dabei haben wir aus der Anhörung etliche Anregungen aufgegriffen. Ich will nicht all die wiederholen, die Herr Reißer bereits erwähnt hat. Ich will nur noch einmal ausdrücklich auf die kooperativen Promotionen für die Fachhochschulen hinweisen, ein ganz zentrales Anliegen der Fachhochschulen, das wir gestärkt haben, auf die Flexibilisierung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen, ausdrücklich der Universität Frankfurt, und auf die stärkere Stellung der Studentenwerke.
Auch auf Bitte der Studentenschaft haben wir ausdrücklich wieder ein Kontrollorgan, quasi ein Rechnungsprüfungsgremium, beigefügt, wobei ich an der Stelle erwähnen will, dass es auch bei dem ersten Entwurf möglich gewesen wäre, dies durch die Studentenschaft selbst einzuführen.
Dass aber nun Studentenvertreter öffentlich die Novelle deswegen kritisieren, weil sie den Studierenden mehr Freiheiten lässt, ihre Angelegenheiten selbst zu organisieren, das ist mir als ehemaligem Mitglied eines Studentenparlaments bis heute nicht erklärlich. Ich befürchte, dass es Einzelne gibt, denen ich es, egal was ich hätte tun können, gar nicht hätte recht machen können.
Meine Damen und Herren, so gibt es natürlich noch ein ausführendes Organ, nur muss es nicht mehr AStA heißen.Aber wenn dies das einzige Problem ist, dann, denke ich, hat man kein Problem damit.
Meine Damen und Herren, die Novelle bereitet unsere Hochschulen auf den internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe vor. Dazu benötigen wir Autonomie. Die Kehrseite der Autonomie ist die Verantwortung. Die freien Hochschulen müssen deswegen ihr Handeln, ihren Weg, auch ihren Erfolg mit der Gesellschaft diskutieren. Eine solche Plattform ist der Hochschulrat, zuständig für die strategische Ausrichtung.
Eine solche Plattform ist auch notwendig. Wer sich erlaubt, bei Hochschulen nach ihrer Ausrichtung, nach ihrer Leistung und auch nach ihrer Effizienz zu fragen, der hilft und der optimiert Forschung und Lehre. Er macht die Hochschule damit mitnichten zu einem Unternehmen.
Deswegen will ich Ihnen zurufen – damit komme ich auch zum Schluss –: Sehen Sie sich diesen Entwurf, den wir haben, in Ruhe an. Betrachten Sie die Situation in Frankfurt und Darmstadt. Gestehen Sie sich ein, dass beide Hochschulen sich unter den gegebenen gesetzlichen Bedingungen hervorragend entwickelt haben. Dann lassen Sie sich überzeugen, dass wir nicht dauerhaft mit deutlich unterschiedlichen Geschwindigkeiten Hochschulpolitik betreiben dürfen und die guten und bewährten Perspektiven allen hessischen Hochschulen eröffnen müssen.
Herr Kollege Dr. Büger, was Sie gerade gesagt haben, ist fast schon „goldisch“. Zum Schluss sagen Sie, wir sollten uns den Gesetzentwurf in Ruhe angucken.Ich kann Ihnen im Gegenzug nur empfehlen: Gucken Sie sich doch einmal die Anhörungsunterlagen in Ruhe an.
Ich habe hier gesagt, dass mich ein Satz aus den schriftlichen Anhörungsunterlagen besonders beeindruckt hat, nicht etwa deshalb, weil er besonders toll war, sondern deswegen, weil er von den Liberalen Hochschulgruppen kam und ich eine solche Kritik an einem Gesetzentwurf einer unter anderem von den Liberalen getragenen Regierung nicht erwartet hätte,ihn aber unterstütze.Dass ich ihn in der Anhörung zitiert habe, das stimmt, weil er mich zu diesem Zeitpunkt sehr beeindruckt hat und ich es gut fand, dass der Rest der Welt auch erfährt, was der Landesverband Liberaler Hochschulgruppen zu diesem Gesetzentwurf sagt.
Ich kann Ihnen nur empfehlen – das ist nicht aus dem Zusammenhang gerissen –, die Anhörungsunterlagen durchzulesen. Das haben Sie offensichtlich nicht getan. Das erklärt auch, warum Sie so viele Anregungen aus den Anhörungsunterlagen nicht aufgenommen haben.
Herr Kollege Dr. Büger, die Stellungnahme des Landesverbandes Liberaler Hochschulgruppen befindet sich in Teil 5 der Anhörungsunterlagen. Das ist die Nr. 44, Seite
270 ff.Wenn Sie sich das zu Gemüte führen würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar, weil Sie dann merken, was die Leute aus den eigenen Reihen zu einem solchen Gesetzentwurf sagen.
Wo ich jetzt noch 20 Sekunden Gelegenheit habe, etwas zu sagen, will ich gerne noch einen Aspekt zu den Rechten der Studierenden, von denen Sie eben gesprochen haben, beleuchten. Dazu hat sonst die Redezeit nicht ausgereicht. Sie haben die 25-%-Hürde nicht direkt abgeschafft, aber Sie ermöglichen es den Studierendenschaften, dies per Satzung abzuschaffen, aber nur dann, wenn das nicht überall, an allen zwölf Hochschulen des Landes abgeschafft wird. Da merkt man wirklich, dass Sie nicht nachdenken, sondern teilweise auf die Studierendenproteste reagieren, teilweise auf Argumente reagieren,
aber den Sachverhalt offensichtlich nicht so prüfen, dass Sie wirklich überlegen, was Sinn und Verstand hätte.
Liebe Frau Sorge, lassen Sie mich an dieser Stelle kurz erwidern. Nicht nur, dass ich diese Unterlagen gelesen habe, ich stehe sogar in engem Kontakt mit dem Vorsitzenden der Liberalen Hochschulgruppen,wo ich im Übrigen viele Jahre lang Mitglied war.Ich habe mich sowohl vor der Anhörung als auch insbesondere danach sehr eng mit ihm abgestimmt und unterhalten. Ich kann an dieser Stelle sagen, dass er mir ausdrücklich noch einmal bestätigt hat, dass die Liberalen Hochschulgruppen mit der Gesamtausrichtung dieses Gesetzentwurfs sehr zufrieden sind und dass dieser Satz so zu verstehen ist – ich gebe Ihnen jetzt die Interpretation des Autors –, dass Universität natürlich mehr ist als rein wirtschaftliche Ausrichtung.
Selbstverständlich, das ist sie immer. Das war sie für Liberale schon immer. Die Universitas war immer eine allumfassende allgemeine Bildung. Selbstverständlich äußert man Ängste im Sinne von: Wenn es in diese Richtung ginge, wäre es bedenklich. – Aber mit diesem Gesetz gehen wir nicht in diese Richtung. Deswegen ist das an dieser Stelle überhaupt kein Widerspruch.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wird immer schlimmer! – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))
Noch ein Punkt zu der 25-%-Regelung, die Sie angesprochen haben. Es hat eine Logik, dass wir es den Studenten freistellen, sie im Rahmen einer neuen Ordnung herauszunehmen, weil genau dies ein Schritt der Autonomie ist,
zu sagen: Bitte schön, wenn ihr eure Angelegenheiten selbst bestimmen könnt, dann sollt ihr auch darüber bestimmen können.
Das zeigt nur:Wenn wir sehr deutlich unter 25 % fallen – das ist nur eine Merkposition –, dann bekommen wir irgendwann eine Schieflage der demokratischen Legitimation. Vor diesem Hintergrund ist der Punkt noch im Gesetz enthalten. Aber es steht den Studentenschaften frei,ihn herauszunehmen.Die Hoffnung ist natürlich,dass wir weiterhin hohe Wahlbeteiligungen haben, und davon gehe ich auch aus. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung wurde von allen Betroffenen Kritik geäußert, vor allem aber vonseiten der Studierenden und der Mitarbeiter. Herr Reißer und Herr Büger, wenn Sie heute sagen, es hätte keine Kritik vonseiten der Hochschulen gegeben, dann ist das Realitätsverleugnung, was Sie hier betreiben. Dann habe ich das Gefühl, Sie haben überhaupt nicht zugehört, was Ihnen die Menschen in dieser Anhörung gesagt haben.
Die Beschäftigten der TU Darmstadt, die vor dem Gebäude standen, waren nicht dazu da, um Sie zum TUDarmstadt-Gesetz zu beglückwünschen. Es waren Beschäftigte, die demonstriert haben, die gegen das Gesetz waren. Die Studierenden, die vor zwei Tagen hier in der Bannmeile waren und zu denen Sie über Megafon gesprochen haben, Herr Reißer, waren auch – falls Sie es nicht mitbekommen haben – gegen das Gesetz. Das war keine Jubelveranstaltung für die Landesregierung.
Wer wollte, konnte sich anhören, was die Studierenden zu sagen hatten und was ihre Forderungen sind. Die zuständige Ministerin wollte es nicht.
Schon in der ersten Lesung habe ich darauf hingewiesen, dass mit dem Gesetzentwurf die Entdemokratisierung und die Kommerzialisierung der Hochschulen vorangetrieben werden. Deswegen haben wir auch einen Änderungsantrag vorgelegt, der zur dritten Lesung eingebracht wird und der sich am Leitbild einer demokratischen Hochschule mit guten Lern-, Lehr-, Forschungs- und Arbeitsbedingungen orientiert.
Dazu hat der Kollege Reißer eine Pressemeldung mit einem, wie ich finde, sehr denkwürdigen Titel für einen CDUler gemacht. Der Titel lautet: „Sommer, Sonne, Sozialismus – das reicht nicht“. – Damit haben Sie natürlich absolut recht, Herr Reißer. Aber es ist doch ein Anfang, oder?
Wir dachten uns, es müssen ja nicht immer Maximalforderungen sein. „Sommer, Sonne, Sozialismus“ – wir hören
Ich will zu einigen Punkten des Hessischen Hochschulgesetzes kommen. Unter dem Deckmantel der Autonomie – es wurde schon gesagt – wird die Entdemokratisierung der Hochschulen vorangetrieben. Im Gesetzentwurf werden die Kompetenzen des Hochschulrates wieder erweitert. Das lehnen wir ab, und das lehnt im Übrigen auch ein Großteil der Hochschulen ab. Das haben wir bei der Anhörung gehört.
Die Hochschulräte sind demokratisch nicht legitimiert. Sie sind niemandem rechenschaftspflichtig, und deshalb dürfen sie auch keine Entscheidungskompetenzen haben.
Die Hochschulräte als Schnittstelle zwischen Hochschule und Gesellschaft sollen beratende Funktion haben, und deshalb müssen die Hochschulräte die Gesellschaft im Ganzen abbilden und dürfen nicht einseitig mit Wirtschaftsvertretern besetzt sein.
Wir lehnen es ab, dass das Ministerium seine Kompetenzen direkt an die Hochschulräte und damit an die Wirtschaft abgibt.Das ist nicht sinnvoll.Es ist sinnvoll,dass die Politik Einfluss auf das nimmt, was an den Hochschulen passiert.
Wir wollen die Rechte der Studierenden stärken. Das bedeutet: Weg mit der 25-%-Klausel. Es ist ein völliger Irrsinn, die Mittel für die Studierendenvertretungen an die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Studierendenparlament zu knüpfen. Man stelle sich einmal vor, das würden wir bei einer Bürgermeisterwahl machen. Wir haben in vielen Kommunen eine Wahlbeteiligung, die um und unter 25 % liegt. – Die Regelung im Gesetz ist irrsinnig. Natürlich müssen die Mittel an die gesetzlichen Aufgaben gebunden sein.