Protocol of the Session on November 18, 2009

Im positiven Sinne kann man das beim ErneuerbareEnergien-Gesetz sehen, im negativen Fall an der Verhinderung des Baus von Windkraftanlagen durch die von der CDU dominierte Regionalplanung.

Dass die Landesregierung Wirtschafts- und Standortpolitik macht, ist ihre Pflicht. Dass diese Politik aber nur an den Profitinteressen der Klientel ausgerichtet ist und sich nicht an den übergeordneten umweltpolitischen Zielen orientiert, kann zur Überlebensfrage für Millionen Menschen werden. Deshalb nenne ich diese Politik zum wiederholten Male menschenverachtend.

(Zuruf von der CDU:Ach du lieber Gott!)

Das nächste Debakel in dieser unsäglichen Reihe hat sich bereits angekündigt. Dabei geht es um den öffentlichrechtlichen Vertrag, den Herr Dietzel am letzten Tag seiner Amtszeit als Umweltminister in wirtschaftspolitischer Mission mit Kali + Salz und dem Land Thüringen geschlossen hat. Dieser an allen Parlamenten der Anrainerländer von Werra und Weser vorbei geschlossene Vertrag – auch an unserem vorbei – gibt Kali + Salz die Möglichkeit, Hessen und Thüringen in der Umweltpolitik zu erpressen. Ohne Not wurde in diesem Vertrag eine Zusicherung für die Laugenentsorgung aus der Kaliproduktion gegeben, mit dem die Umweltgesetzgebung unterlaufen werden soll.

Es ist absehbar, dass die Vertragserfüllung an den berechtigten Interessen der anderen Anrainer der Werra und der Weser und der EG-Umweltgesetzgebung scheitert. Dank des Vertrages hat Kali + Salz dann die Möglichkeit, Regressforderungen an die Länder Hessen und Thüringen zu stellen.

Die Gewinnerin ist Kali + Salz. Der Konzern konnte mit den durch die Nichteinhaltung der Umweltschutzstandards gesparten Millionen Euro die Konkurrenz in Amerika aufkaufen. Das gibt Kali + Salz jetzt die Möglichkeit, die Produktionsstandorte gegeneinander auszuspielen. Das haben wir unlängst erlebt. Da mussten wir uns sagen lassen: Wenn es nicht so geht, wie sie es sich vorstellen, dann wird das eben zugemacht.

Die von der Landesregierung geforderte Nichteinhaltung der Umweltschutzstandards sowie die von Kali + Salz genutzten Globalisierungseffekte gefährden somit die Arbeitsplätze im Kalirevier.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist das Ergebnis der Wirtschaftspolitik à la CDU und FDP und einer Umweltpolitik, die Ressourcen- und Naturschutz als Belastung für die Firmengewinne ansieht und, wenn überhaupt, nur nachsorgenden Umweltschutz kennt. Am besten soll das per Pipeline ins Nachbarland oder direkt in die Nordsee gepumpt werden. Das ist von einer ökologischen Industriepolitik so weit entfernt wie die katholische Kirche von der Wahl einer Päpstin.

(Beifall des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ein zunehmend wichtiger Bereich des Umweltschutzes ist der Lärmschutz. Sie alle sollten die Lärmkartierung und die erarbeiteten Lärmaktionspläne für die Ballungsräume kennen. Diese Ausarbeitungen haben die Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung nachdrücklich aufgezeigt.

Ganz vorne stehen die Lärmbelastungen durch Straßenund Luftverkehr sowie durch Bahnlinien. Doch anstelle einer transparenten Strategie zur Umsetzung der geforderten Maßnahmen wird die Gesundheit der betroffenen Menschen zum Spielball des Gerangels um Verantwortlichkeiten der Kommunen, des Landes, des Bundes, der Fraport AG und der Bahn. Menschen werden mit leeren Versprechungen verschaukelt.

Lassen Sie mich dazu zwei Beispiele nennen. Der frühere CDU-Minister Rhiel hat anlässlich des Spatenstiches zum sechsspurigen Ausbau der Autobahn 661 durch das Frankfurter Stadtgebiet Landesmittel zur Lärmminderung angekündigt. Der schwarz-grüne Magistrat der Stadt Frankfurt hatte eigene Mittel angekündigt.Das kann alles in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 22. April 2009 nachgelesen werden.

Bereits jetzt fahren täglich 75.000 Autos durch die Wohnbebauung. 150.000 sollen es werden. Gutachten im Auftrag der Stadt Frankfurt haben gezeigt, dass zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte kein Weg an einer Einhausung des Teils der Autobahn im Stadtgebiet vorbeiführt.Allein dieses Projekt wird über 10 Millionen c kosten.

Auch bei anderen Projekten, z. B. dem dringend notwendigen Lärmschutz im Rheintal oder bei der A 5, hält die Landesregierung die Bevölkerung mit dem Verweis auf die Zuständigkeiten nur hin. Ich frage die Regierung: Wo stehen in Ihrem Haushaltsentwurf die von der CDU-geführten Regierung angekündigten Mittel für den Lärmschutz an der A 661? Wie sieht die Mitteleinstellung dafür für die nächsten Jahre aus? In Ihrem Haushaltsentwurf haben wir für den Lärmschutz an Verkehrswegen ganze 3 Millionen c gefunden. Das Land kommt seinen Aufgaben beim Lärmschutz nicht nach.

(Beifall bei der LINKEN)

Das zweite Beispiel zum Thema Lärmschutz ist noch skandalöser – der Versuch, das gerichtlich eingeforderte Nachtflugverbot auf dem Frankfurter Flughafen durch die Änderung des Luftverkehrsgesetz des Bundes auszuhebeln, und das durch diejenigen, die im Wahlkampf mit einer Vertrauenswürdigkeit geworben haben: „Unser Wort gilt“, und: „Einen Flughafenausbau wird es nur mit Nachtflugverbot geben.“ – CDU und FDP wollen das Problem im Umwelthaus wegmoderieren. Dafür gibt es Haushaltsmittel.

Da helfen auch die Beteuerungen der Herren Posch und Koch nichts, dass die Rechtsprechung die Regelungen für die neue Landebahn nicht mehr beeinflussen wird. Können wir also davon ausgehen, wir bekommen noch eine Landebahn, für die das dann gilt? – Bei wem Tricks und Lügen zum politischen Alltag gehören,

(Rafael Reißer (CDU): Jetzt ist es aber gut!)

der braucht sich um seine politische Glaubwürdigkeit auch nicht mehr zu kümmern. Wie in der vorherigen Haushaltsdebatte stellt DIE LINKE ein Investitionsprogramm für den Lärmschutz entgegen, welches aber leider die Verfehlung der Landesregierung in den genannten Politikfeldern nicht auffangen kann. Ich fürchte, wir werden das im nächsten Jahr wiederholen müssen, und es wird zur Standardformulierung werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit großer Skepsis sind die zweifelhaften Bemühungen der Landesregierung für Nachhaltigkeitsstrategien zu betrachten. Erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategien für Hessen müssen sich in naher Zukunft materialisieren, und zwar in Tonnen eingespartem CO2. Das ist die harte Währung des Klimawandels und der Indikator,der über Erfolg und Misserfolg eines Projektes Auskunft gibt. Das kann nur gelingen, wenn in allen Haushaltsbereichen Strategien einer nachhaltigen Entwicklung unterlegt sind und nicht nur in einer Spezialveranstaltung in der Staatskanzlei.

Als Resümee bleibt für mich, es gibt entscheidend zu wenig Investitionen im umweltrelevanten Bereich – Klima, Lärm, Natur, Biodiversität und Ressourcenschutz werden wie Renditekiller behandelt.

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

In seiner Ausbildung ist der Haushaltsentwurf den Herausforderungen aus der Finanz-, Wirtschafts- und ökologischen Krise nicht gewachsen. Mit dieser Ausrichtung sind Klimaschutzziele nicht zu erreichen. Der Verbraucher- und Naturschutz werden finanziell ausgetrocknet. Mittel für Umweltschutz werden überwiegend nach privatwirtschaftlichen Kriterien verteilt.Wenn die Landesregierung diese Politik für die nächsten Jahre beibehält, wird es für die Gesundheit und das Überleben vieler Menschen auf unserem Planeten zu spät sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Lautenschläger.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Schwerpunkt in diesem Bereich liegt auf den Zukunftsherausforderungen, mit denen sich sicher alle beschäftigen. Es ist das entscheidende Thema des Klimaschutzes und der Energiepolitik: erneuerbare Ressourcen erschließen und so einsetzen, dass sie gleichzeitig auch dem Klimaschutz dienen.

Wir haben sehr ehrgeizige Ziele. Das sind Ziele, die momentan alle und nicht nur den Hessischen Landtag beschäftigen, wenn es darum geht, für den Klimaschutz in Deutschland bis 2020 40 % des CO2-Ausstoßes gegenüber 1990 einzusparen. Es geht um die Ziele, bei denen nach wie vor alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um sie in Kopenhagen tatsächlich zu erreichen.

Es geht dabei um nichts weniger als um die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen, die Bewahrung der Schöpfung und die Erarbeitung der unterschiedlichsten Bereiche von Klimaschutzkonzepten über Energiekonzepte bis hin zu einer ausgereiften Nachhaltigkeitsstrategie, die alle Bereiche betrifft.

Mir ist es an dieser Stelle sehr wichtig,deutlich zu machen, dass es nicht darum geht, Ökologie und Ökonomie als zwei gegeneinander laufende Pole zu verstehen, sondern dass Ökologie in einem Konzept gemeinsam in einer Marktwirtschaft in einem Ordnungsrahmen so verankert sein muss,dass Ökonomie und Ökologie zwei Seiten einer Medaille sind, die zusammengehören. Unter diesen Gesichtspunkten müssen die Konzepte für die Zukunft entwickelt und ausgebaut werden.

Das Klimaschutzkonzept in Hessen steht auf drei Säulen. Da ist zum einen die regionale Anpassung. Da ist zum Zweiten die CO2-Vermeidung durch Innovationsstrategien,und da ist zum Dritten auch der internationale Emissionshandel, den wir mit eigenen Strategien und Handelsmöglichkeiten mit unterstützen, weil wir der Auffassung sind, dass er einen vernünftigen Ordnungsrahmen darstellt, der weiter ausgebaut und der weit über die Europäische Union hinaus ausgedehnt werden muss.

Innerhalb unserer Nachhaltigkeitsstrategie gehört zum Klimaschutzkonzept, dass wir im Bundesland Hessen unterschiedliche Programme auflegen. Wir werden deswegen das Thema Klima e-hoch-3 aufrufen, d. h. Klimaschutz bei Produktionsverfahren und Produktionsprozessen, also ein Thema für die Wirtschaft als ein HightechProzess, der Arbeitsplätze nicht nur dauerhaft sichert,

sondern der schlichtweg Investitionen in Zukunftstechnologien unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes bedeutet.

Gleichzeitig werden wir ein regionales Klimaschutzprogramm auflegen, um Anreize zu setzen, dass in den Regionen und in den Landkreisen Klimaschutz so getätigt wird, dass in jeder Region etwas dazu getan werden kann, indem vor Ort Konzepte aufgestellt werden und nachweislich umgesetzt werden. Fachzentrum Klimawandel, Forschungsstellen in Hessen an unterschiedlichsten Universitäten,Anpassungsstrategien – das alles gehört dazu.

Zum Energiekonzept will ich eine Anmerkung machen. Es wurde immer wieder gefragt, wann es kommt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es schon sehr häufig gefragt. Wir haben Ihnen immer wieder das Gleiche geantwortet, dass wir es am Ende diesen Jahres vorlegen, wenn es gemeinsam mit der Expertenkommission erarbeitet ist. Herr Kollege Görig, genau das werden wir auch machen.

Hierzu gehört ein ordentliches Fundament und nicht einfach etwas, was irgendwie in die Welt gesetzt wird. Deswegen haben wir uns dazu die Zeit genommen,Gutachten auszuwerten und festzustellen, welchen Beitrag wir in Hessen leisten, wie wir Hessisches so darauf ausrichten können, dass das einen Beitrag zur Förderung von Unternehmensstrategien über die Innovationen leisten kann, und wie Klimaschutz und erneuerbare Energien zusammengebunden werden können.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben das Thema Bioregio genauso wie die Solarenergie oder das Thema Wind angesprochen. Wir werden alles in einem Konzept gemeinsam vorlegen und sehen,an welchen Orten was seinen Platz hat.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Wann?)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, beim Zuhören sind Sie immer noch nicht besser geworden. Es bleibt bei Ende dieses Jahres, und das ist immer noch der Monat Dezember, wenn die Expertenkommission zu einem Ergebnis gekommen ist.

(Günter Rudolph (SPD): Sie sind auch oberlehrerhaft geblieben! – Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Kollege Rudolph, das muss manchmal sein. Das brauchen Sie wahrscheinlich so.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD: Ui!)

Ich will einige Punkte innerhalb der Nachhaltigkeitsstrategie nennen: die 100 Kommunen, die 100 Schulen, aber auch die 100 Unternehmen für den Klimaschutz genauso wie die Verankerung unserer Zukunftsfragen, wenn wir davon ausgehen, wie in Zukunft bäuerliche Landwirtschaft betrieben wird. Ich will deutlich machen, dazu haben wir in diesem schwierigen Jahr einen ganz wichtigen Beitrag geleistet, indem wir Ausgleichszulagen bis an die Höchstfördersätze ausgereizt haben und die Möglichkeiten geschaffen haben, in der schwierigen Situation die Betriebe mit zu unterstützen.

Selbstverständlich ist für uns, dass das Thema Biodiversität in Zukunft eine noch stärkere Rolle spielt. Deshalb haben wir diesen Punkt in der Nachhaltigkeitsstrategie verankert und werden ihn kontinuierlich und – nicht nur als Strohfeuer – über die nächsten Jahre gemeinsam umsetzen.

Diese Säulen – Klimaschutz, Energiepolitik, natürliche Lebensgrundlagen, Ressourcen in der Landwirtschaft, aber auch die Biodiversität – sind die Punkte, die wir nicht nur fördern, sondern ausbauen, für die wir Strategien entwickeln und die weiteren Rahmenbedingungen für die Umweltpolitik in diesem Land in den nächsten Jahren festlegen werden.

Ich lade Sie dazu ein, machen Sie an den unterschiedlichsten Stellen mit. Frau Kollegin Hammann, Sie haben festgestellt, wir haben jetzt in der Stiftung Hessischer Naturschutz die Stiftungsmittel erhöht. Und wir werden dazu übergehen, größere Projekte gemeinsam auszubauen. All das gehört mit in eine Strategie, in der wir Dinge angehen und gemeinsam entwickeln. Wenn wir an einzelnen Punkte, wie z. B. bei FSC, vielleicht noch über Punkte streiten, dann ist mir ganz wichtig,dass sich zumindest alle darauf verständigen, dass sie mehr für den Naturschutz beim Thema Wald machen können, und dass wir nur noch darüber streiten, wie das umgesetzt wird und wie wir es in der Waldwirtschaft in der Nachhaltigkeit weiter verankern können.

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Auch das ist ein wichtiges Ziel: Wie können wir die Umwelt für die nächsten Generationen vernünftig erhalten? Darüber kann man streitig diskutieren. Das heißt aber nicht, dass wir in der Nachhaltigkeitskonferenz nicht gemeinsame Wege finden können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)