Protocol of the Session on October 7, 2009

(Beifall bei der FDP und des Abg. Axel Winter- meyer (CDU))

Im Übrigen ist klar: Bei den Einraumkneipen scheidet ein Zutrittsrecht für unter 18-Jährige aus. Das ist eine wichtige Schutzmaßnahme, die wir übernommen haben.

Ein weiterer Punkt. Ja, wir haben darauf geachtet, dass dieses Gesetz in vielen Fällen lebensnah wird. Denn in den letzten Jahren haben wir gemerkt – nicht nur in Hessen,sondern fast überall in Deutschland –,dass das Gesetz sehr unterschiedlich ausgelegt wird. Deshalb haben wir gesagt: Ja, wir wollen nicht nur die kalten Speisen zulassen, sondern wir haben uns an der Definition der sogenannten Straußwirtschaften orientiert und wollen, dass die einfach zubereitete warme Speise zugelassen wird.

Jetzt kann man fragen:Warum soll das so sein?

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) und Dr. Thomas Spies (SPD): Was ist das denn? – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD):Warmer Kartoffelsalat!)

Das ist in dem Gesetz zu den Straußwirtschaften definiert.Wer die Pressekonferenz verfolgt hat, hätte das mitbekommen können.

(Günter Rudolph (SPD): So wichtig seid ihr auch nicht! – Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Das ist in Hessen in einer langen Verwaltungspraxis geübt. – Herr Kollege Dr. Spies, ich bin froh, dass Sie dazwischenrufen – die Debatte ist gerade etwas erlahmt, deshalb: danke schön.

(Zurufe der Abg. Norbert Schmitt (SPD) und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will Ihnen sagen, warum wir das gemacht haben. Ich möchte nicht, dass der Gesetzgeber definieren muss, bis wie viel Grad eine Bulette eine kalte Speise ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte nicht, dass das Ordnungsamt in Marburg mit dem Thermometer in die Bulette sticht und sagt: Diese Bulette hat mehr als 20°, das ist leider schon eine warme Speise. – Meine Damen und Herren, das wollen wir nun doch wirklich gemeinsam nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb kann man dem, was wir hier vorschlagen, nur zustimmen.

Meine Damen und Herren, an diesem Punkt sehen Sie: Wir haben uns gemeinsam mit den Kollegen von der CDU darauf verständigt, dass sich dieses Gesetz an der Realität messen lassen muss. Es muss vor Ort umsetzbar sein. Für Gäste und für Wirte – die das als Beruf betreiben – muss es so sein, dass sie dabei leben können. Aber es muss auch einfach umzusetzen sein. Das, was wir in den letzten Monaten und Jahren gesehen haben, war, dass vieles aus dem bisherigen Gesetz unterschiedlich ausgelegt worden ist. Das wollen wir nicht mehr. Wir wollen eine einheitliche Regelung für alle Bürgerinnen und Bürger in unserem Bundesland, die anwendbar ist.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Axel Winter- meyer (CDU))

Meine Damen und Herren,mit diesem Gesetz werden wir eine lange, kontroverse Debatte beenden.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Ich freue mich – und sehe dem Kollegen Al-Wazir an, dass er mir zustimmt –, dass wir mit diesem Gesetz das Thema endgültig ad acta legen.

Jetzt sage ich Ihnen eines: Eine Zeitung hat auf die Kritik einiger Oppositionskolleginnen und -kollegen hin geschrieben, die Luft bei diesem Thema ist wirklich raus.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Aber nicht rein!)

Es mag ja sein, dass heute hier noch einmal ein theoretischer Fundamentalismus nach dem Motto bewiesen wird: Das darf alles nicht sein. – Meine Damen und Herren, das aber, was wir hier in Hessen machen, machen auch andere Bundesländer. Das machen sogar Sozialdemokraten, wo man sie noch findet.

(Dr.Thomas Spies (SPD): Nein!)

Zum Beispiel in Rheinland-Pfalz, Herr Kollege Dr. Spies. Dort gibt es eine Regelung – kurz hinter der Rheinbrücke hier –, die in vielen Fällen sehr praxisnah angewendet wird.

(Zuruf des Abg.Wolfgang Greilich (FDP))

Die wird auch von den Bürgerinnen und Bürgern anerkannt. Ich habe das Gefühl – und fordere Sie auch dazu auf –, dass wir heute diesen Zwiespalt zwischen Rauchern und Nichtrauchern, dieses Kriegsbeil endlich einmal begraben sollten.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Axel Winter- meyer (CDU))

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch gemeinsam dazu beitragen, heute dieses Kriegsbeil bei diesem hoch emotionalen Thema – von dem ich weiß, dass wir nicht alle dabei befriedigen können – begraben und mit diesem Gesetz wirklich Frieden in die Kneipen und Gaststätten bringen. Das wird dazu führen, dass dieser emotionale Konflikt zwischen Rauchern und Nichtrauchern irgendwann einmal ein Ende hat.

Denn eines ist doch wirklich klar: Beiden Extrempositionen, wie sie teilweise auch im Landtag vertreten werden, werden wir nicht gerecht werden können. Wir haben versucht, auf der Basis der Entscheidung des Verfassungsgerichts einen ordentlichen Mittelweg zu finden, der praxisnah und lebensnah ist und beiden Seiten gerecht werden kann, wenn es die Menschen annehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Günter Rudolph (SPD): Freiheit fürs Rauchen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Ich darf Frau Schulz-Asche für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Landtag hat mit sehr großer Mehrheit im Jahr 2007 ein Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet, das das Rauchen in öffentlichen Gebäuden und Räumen untersagt. Damit ist es nach einer sehr langen Debatte gelungen, Besucher und Gäste ebenso vor gesundheitlich schädlichem Passivrauchen zu schützen wie das Personal.

Heute ist es völlig normal, dass in Rathäusern und Kindergärten nicht mehr geraucht wird. Wenn man bedenkt, dass dieses Gesetz erst zwei Jahre alt ist, dann ist das erstaunlich.Aber ich bin froh, dass es so ist, und freue mich darüber.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich muss es Ausnahmen geben, nämlich dann, wenn der Aufenthaltsort nicht frei gewählt werden kann.

Uns allen ist klar, dass jemand, der im Gefängnis sitzt, nicht einfach vor die Tür gehen kann, um eine Zigarette zu rauchen. Genauso ist es im Maßregelvollzug, bei allen therapeutischen Fragen, die dadurch berührt werden: Man kann dort nicht einfach vor die Tür gehen und eine rauchen. Das kann man in der Kneipe tun, nicht aber im Maßregelvollzug oder im Gefängnis. Deswegen begrüßen

wir die Regelungen, die hier seitens CDU und FDP für diesen Bereich vorgeschlagen werden.

Eine ähnliche Situation sehen wir auch bei den polizeilichen Verhören.Auch das ist sicher eine oft nicht freiwillig erlebte Stresssituation, und dort können wir eine solche Regelung durchaus unterstützen.

Meine Damen und Herren, wissenschaftliche Studien belegen, dass das Risiko für bestimmte Krankheiten in der Bevölkerung durch einen konsequenten Nichtraucherschutz auffallend sinkt. Festzustellen ist – gerade auch durch die Debatte, die wir hier in den letzten Jahren geführt haben –, dass jetzt die ersten Erfolge sichtbar werden. Wir haben einen deutlichen Rückgang bei jugendlichen Rauchern. Rauchen ist out, und das ist auch gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Die Zustimmung der Bevölkerung insgesamt zum konsequenten Nichtraucherschutz ist inzwischen auch für den Gaststättenbereich auf fast 75 % gestiegen. Der Kollege Rentsch hat es schon angesprochen: drei Viertel der Bevölkerung möchten eine bundeseinheitliche Regelung. Das haben wir schon mehrfach versucht, sind aber leider damit gescheitert, dies über den Arbeitsschutz bundesweit zu regeln.Vielleicht ergeben sich hier neue Möglichkeiten – obwohl ich aufgrund der restlichen Regelungen von CDU und FDP da eher schwarzsehe.

Meine Damen und Herren,die anderen Regelungen nämlich, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf vorschlagen, sehen wir mit äußerster Skepsis.

Herr Kollege Rentsch, mich hat etwas gewundert, warum Sie z. B. die Tatsache gar nicht erwähnt haben, dass Sie Spielkasinos aus der bisherigen Regelung ausnehmen wollen. Es ist nicht besonders einsichtig, warum gerade Spielkasinos einen Sonderstatus erhalten sollen. Das ist einer der Punkte, die Sie in Ihrem Gesetz vorschlagen. Ich weiß nicht, ob es in einem Spielkasino keine Nebenräume geben kann, in die man sich zurückziehen kann. Mir ist überhaupt nicht klar, warum Sie Spielkasinos einen Sonderstatus einräumen wollen.

Ebenso auffällig ist es, dass Sie die Discos nicht aufgenommen haben – ein Bereich, dessen Regelung das Bundesverfassungsgericht eindeutig verlangt hat: dass nämlich in Räumen mit Tanzflächen nicht geraucht werden darf. Da fragt man sich schon: Was ist eigentlich das Besondere an Spielkasinos und Discos, dass dort Ausnahmeregelungen getroffen werden und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht beachtet werden soll? Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich glaube, das ist eine ganz blinde Lobbypolitik, die Sie hier auf Kosten der Mitarbeiter und Gäste durchsetzen wollen, und zwar sowohl der rauchenden als auch der nicht rauchenden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ebenso problematisch erscheint mir Ihr Begriff der geschlossenen Gesellschaft. Nicht zufällig fühle ich mich dabei an den gleichnamigen Roman von Sartre erinnert – der heißt „Geschlossene Gesellschaft“. Lesen Sie das nochmals nach, dann bekommen Sie vielleicht eine Ahnung von dem, was Sie der Bevölkerung in diesem Land vorschlagen.

Sie wollen Familienfeiern ausnehmen. Meine Damen und Herren, davon abgesehen, dass jeder von uns Familienfeiern kennt, zu denen er nicht freiwillig gegangen ist: Wenn man Familienfeiern außerhalb des Hauses durch

führt, dann finden sie aus besonderen Anlässen statt. Dann sind das sehr viele Gäste, und es gibt einen hohen sozialen Druck, daran teilzunehmen, beispielsweise bei Hochzeiten oder Jubiläen.

Meine Damen und Herren, mit der Erlaubnis des Rauchens bei solchen Veranstaltungen werden Schwangere und Familien mit Kindern ausdrücklich ausgegrenzt;es sei denn, sie nehmen ein hohes gesundheitliches Risiko in Kauf. Das widerspricht nicht nur allen Grundsätzen eines konsequenten Nichtraucherschutzes, sondern auch eines gesellschaftlichen Schutzes von Kindern und Jugendlichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die zweite Form, die man sich bei geschlossenen Gesellschaften vorstellen kann, z. B. Empfänge oder parlamentarische Abende, ist überhaupt nicht einsehbar, warum es eine besondere Regelung geben soll.Auch da ist es nach der jetzigen gesetzlichen Regelung durchaus möglich,in Nebenräumen zu rauchen.Von daher ist überhaupt nicht deutlich, was Sie mit Ihren geschlossenen Gesellschaften meinen.