Protocol of the Session on September 17, 2009

Herr Minister, da kann ich nur sagen: Na, na, na!

Meine Damen und Herren, das war die letzte Wortmeldung zu dem Punkt. Die erste Lesung hat stattgefunden.

Der Gesetzentwurf wird zur Vorbereitung der zweiten Lesung dem Rechtsausschuss überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung der Aufgaben des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung – Drucks. 18/1053 –

Vereinbart ist: ohne Aussprache. Der Gesetzentwurf wird von Herrn Innenminister Bouffier eingebracht.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich bringe für die Landesregierung das eben vom Präsidenten zitierte Gesetz ein.Wir haben vor fünf Jahren eine der größten Veränderungen in der Landesverwaltung vorgenommen, die es bis dahin gegeben hat. Es ging um die Frage: Können wir eine jahrzehntelange Forderung der Kommunalen Spitzenverbände, der kommunalen Familie mit den Interessen des Landes übereinbringen, indem wir die Teilung von staatlichen Bediensteten und kommunalen Bediensteten – in der Regel beim Kreis und bei den kreisfreien Städten – aufgeben? Die entsprechenden Mitarbeiter – immerhin auf einen Schlag 1.700 – in die kommunale Verantwortung zu übergeben, war das Ziel der ganzen Angelegenheit, um so eine Effizienzsteigerung dadurch zu erreichen, dass die Kreise und kreisfreien Städte nicht mehr in staatliche und kommunale Verwaltung geteilt sind.

Seinerzeit wurde das engagiert diskutiert. Es ist im Ergebnis mit breiter Mehrheit beschlossen worden. Dieses Gesetz steht jetzt durch Fristablauf zur Novellierung an.

Ich kann Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass es im Vorfeld gelungen ist, mit der gesamten kommunalen Familie Einvernehmen zu erzielen. Bei der notwendigen Prüfung, ob sich das Gesetz bewährt hat, hat z. B. der Landkreistag in seiner Stellungnahme mitgeteilt, das Gesetz habe sich außerordentlich bewährt – auch die Städte, was nicht unwichtig ist, Herr Kollege.

(Lachen des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was sollen die anderes sagen?)

Es ist nicht schlecht, wenn man ein Gesetz macht und die Betroffenen anschließend mitteilen: Ja, es hat sich bewährt.

(Günter Rudolph (SPD):Was? Ich kann mir das gar nicht vorstellen!)

Das gilt für alle Seiten. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich einmal in der Bundesrepublik umschauen, sehen sie, es gibt ungefähr ein Dutzend Organisationsmodelle, wie Landes- und Kommunalverwaltung in irgendeiner Weise zusammenwirken. Entscheidend ist nicht die Theorie. Entscheidend ist, ob das in der Praxis klappt.

Wenn man sich das anschaut – mittlerweile über fünf Jahre –,muss man sagen,dass sich das in der Praxis sowohl aus der Sicht des Landes als auch aus der Sicht der Kommunen bewährt hat. Es ist durch eine gewisse Dynamisierung der Personalkostenentgelte, die das Land an die Kommunen bezahlt, auch gelungen, bestimmte Unebenheiten zwischen verschiedenen Kreisen bzw. Kommunen auszugleichen.

In dem von mir jetzt eingebrachten Gesetzentwurf werden Sie sehen, dass wir für die Landkreise 1,6 Millionen c sozusagen als Spitzenabdeckungsbetrag zusätzlich haben, der den Sinn verfolgt, eine auffällige Ungleichverteilung der staatlichen Verwaltung abzufangen, wie sie sich in Hessen 55 Jahre lang nämlich mit der Folge ergeben hat, dass in Nordhessen mit wenigen Einwohnern in der Regel die staatliche Verwaltung breit aufgestellt war, im RheinMain-Gebiet und Südhessen mit vielen Einwohnern eher schmal.

Es ist nicht gelungen, das in den zurückliegenden Jahren unter den Kommunen auszugleichen. Mit diesem Mechanismus, den wir seinerzeit gefunden haben, sind wir ein gutes Stück weitergekommen. Wenn Sie schauen, werden Sie weder öffentlich noch in der Verbandsdiskussion große Unebenheiten festgestellt haben.

Das gilt für die Kreise. Ein ähnliches System haben wir jetzt mit etwas erhöhten Beträgen auch für die Städte fortgeschrieben, sodass man unter dem Strich sagen kann, diese Reform hat sich in der Sache bewährt.

Uns war insbesondere auch sehr wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die früher im Landesdienst waren, auch in ihrer persönlichen Entwicklung nicht aufgehalten wurden, sondern dass sie mit den ursprünglichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kreises in einem vernünftigen Wettbewerb stehen und dort auch ihre Chancen finden. Das hat sich nach allem, was ich Ihnen berichten kann, erfüllt.

Unter dem Strich: Das Gesetz hat sich bewährt. Die Anpassungen reduzieren sich auf notwendige Veränderungen. Ich bitte das Haus um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Bouffier. – Damit ist das Gesetz eingebracht. Es gibt keine Aussprache.

Wir überweisen den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung und Vorbereitung der zweiten Lesung dem Innenausschuss. – Keine Bedenken, dann machen wir das so.

Auf den Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Neuanfang für Opel – Grundstein für eine hessische Traditionsmarke gelegt, Drucks. 18/1110. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Der Dringliche Entschließungsantrag unter Tagesordnungspunkt 79 kann, wenn dem keiner widerspricht, nach der Aktuellen Stunde zu dem Thema der Tagesordnungspunkte 62 und 63 aufgerufen und ohne Aussprache abgestimmt werden. Können wir das so machen? – Altes Verfahren, jawohl, dann ist das so beschlossen.

Dann rufe ich Punkt 16 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen – Drucks. 18/ 1054 –

Aussprache: fünf Minuten je Fraktion. Eingebracht wird von Herrn Staatssekretär Saebisch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bringe heute für die Landesregierung die Verlängerung der Geltungsdauer des ÖPNV-Gesetzes ein. Diese Verlängerung ist notwendig, weil das ÖPNV-Gesetz zum Ende dieses Jahres ausläuft. Wir schlagen Ihnen vor, die Geltungsdauer dieses Gesetzes erst einmal um zwei Jahre zu verlängern, ohne dass wir tief gehende verkehrspolitische Weichenstellungen vornehmen wollen. Wir wollen dies deswegen tun, weil wir die zweijährige Übergangszeit nutzen wollen,um mit allen Interessierten und Beteiligten die bestehenden Regelungen sachgerecht zu bewerten und die daraus resultierenden Änderungsvorschläge angemessen zu berücksichtigen.

Es ist auch deswegen notwendig, weil die Bundesregierung bisher leider nicht in der Lage war, die ihr obliegende Novellierung des Bundes-Personenbeförderungsgesetzes vorzunehmen. Diese ist aber dringend notwendig, da am 3. Dezember dieses Jahres die neue EG-Verordnung in Kraft tritt und wir somit in Hessen in einer Situation sind, dass wir beihilferechtlich keine konformen Regelungen ohne die entsprechende Gesetzesänderung auf Landesebene hätten.

Die Länder, die auch für die Zeit nach dem 03.12. unmittelbar das Bundesrecht oder andere Regelungen außerhalb der Verordnung anwenden wollen, sind daher darauf angewiesen, dass diese Regelung rechtzeitig und auflagenfrei von der EU-Kommission notifiziert wird. Ansonsten besteht für solche Ausgleichsleistungen – hierauf hat die Bundesregierung bereits ausdrücklich hingewiesen – ein konkretes Auszahlungsverbot.

Damit ist klar,alle jene,die behaupten,dass sich durch das neue Europarecht die Rahmenbedingungen im ÖPNV nicht änderten, irren. Ich sage aber ausdrücklich für die Landesregierung:Wir fühlen uns durch das, was die Kommission vorgelegt und in Kraft gesetzt hat, ausdrücklich in unserer Strategie des hessischen Weges bestätigt.

So verzichten die Verkehrsunternehmen in Hessen in der Praxis bereits heute zum größten Teil auf freiwilliger Basis auf besondere Ausgleichsleistungen, weil sie einen angemessenen Ausgleich von den ÖPNV-Aufgabenträgern erhalten.In der Anhörung zum Kabinettsentwurf im Rahmen der Beratungen der Landesregierung haben die hessischen Unternehmensverbände darauf hingewiesen, dass sich dieses Modell in Hessen bewährt hat, da sich die meisten Verkehrsunternehmen bereits in der Vergangenheit für einen freiwilligen Vertragsabschluss entschieden haben.

Um diese Ausgleichspraxis beihilfsrechtskonform fortführen zu können, wurde im vorliegenden Gesetzentwurf eine entsprechende landesrechtliche Ausgleichsregelung getroffen. Als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung haben wir die verbindliche Anwendung des Verbundstarifs benannt.

Im Respekt vor der Zuständigkeit der Kommunen für den ÖPNV haben wir aber als Landesregierung darauf verzichtet, die Höhe eines landeseinheitlichen Ausbildungstarifs gesetzlich zu regeln. Daher haben die Kommunen ausreichend Spielraum, Ermäßigungen für Auszubildende so zu gestalten, dass eine Finanzierung über die pauschalierten Landesmittel weiterhin möglich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen kurz die Schwerpunkte dieses Gesetzentwurfs dargestellt.

Dieser Entwurf ist sorgfältig vorbereitet worden. In der schon erwähnten Kabinettsanhörung haben die Aufgabenträger, die Kommunalen Spitzenverbände, die Verkehrsverbünde, die lokalen Nahverkehrsorganisationen, die Verbände des Verkehrsgewerbes und weitere Institutionen umfangreiche Stellungnahmen abgegeben. Deswegen freue ich mich sehr auf die sachliche Debatte mit Ihnen im Ausschuss und danke ganz herzlich für Ihr Interesse.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Ich eröffne die Aussprache. Zuerst hat sich Frau Abg. Karin Müller (Kassel) für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Uns wird heute ein ÖPNV-Gesetz vorgelegt, das Rechtssicherheit – Herr Saebisch hat es gerade gesagt – im Hinblick auf die Verordnung (EG) 1370/2007 schaffen soll. Damit wurde aber aus unserer Sicht wieder einmal eine Chance vertan, den hessischen ÖPNV nach vorne zu bringen. Zum anderen wird die Rechtssicherheit, die Sie hier einklagen, noch nicht einmal durch diese Vorlage geschaffen.

Ich nenne hier nur zwei Beispiele – es ist die erste Lesung, und wir können im Ausschuss nochmals darüber reden.

Bei den Möglichkeiten der Direktvergabe wird jetzt die Aufgabenträgerorganisation und nicht mehr der Aufgabenträger als zuständige Behörde benannt. Das kann im Hinblick auf die Kontrollfunktion zu Irritationen und Rechtsunsicherheit führen.

Des Weiteren haben Sie eben auch die Ausgleichszahlungen für die Ausbildungstarife genannt. Auch hier sehen wir eine ganz klare Rechtsunsicherheit, da nicht mehr die gesetzliche Grundlage für diese Ausgleichszahlungen besteht – das Personenbeförderungsgesetz –, sondern dies nur aufgrund von Verträgen mit den Aufgabenträgern ausgehandelt wird, der Verbundtarif jedoch angewendet werden muss.

Das sind Details. Unsere grundsätzliche Kritik jedoch bezieht sich auf den Umgang mit diesem Gesetz und damit auf die Steuerungsmöglichkeiten durch Landesregierung und Gesetzgeber.

Das bisherige Gesetz wurde nicht evaluiert. Sonst hätten Sie wahrscheinlich gemerkt, dass das Gesetz nicht zu mehr Wettbewerb geführt hat – was Sie eigentlich wollten, als Sie bei der Veränderung 2005 den ganzen „grünen Schnickschnack“, wie Herr Posch und Herr Lübcke das damals genannt haben, rausgeworfen haben –, sondern eher dazu geführt hat, dass weniger Wettbewerb stattfindet und viele kleine und mittlere Unternehmen dem Wettbewerb nicht mehr standhalten konnten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wird auch durch ein Gutachten belegt, das die Busunternehmer in Auftrag gegeben haben. Keine Spur von klaren Rahmenbedingungen und fairem Wettbewerb.Der Billigste gewinnt, aber das ist niemals der Kunde. Die Sicherheit der Arbeitnehmer, jene Unternehmer, die noch aus Überzeugung und mit Werten ihr Geschäft betreiben, oder gar die Umwelt – das alles gehört bei Ihnen zu dem „grünen Schnickschnack“.

Jetzt, da die Welt davon redet, der Klimaschutz sei der Weg aus der Krise – ich zitiere hier Claudia Kempfert;und selbst Siemens hat erkannt, dass sich mit intelligenten und umweltfreundlichen Verkehrssystemen Geld verdienen lässt –, in Zeiten, in denen es für die großen Ballungsräume zwingend notwendig ist, einen zukunftsfähigen ÖPNV zur Verfügung zu stellen,da hätte man hoffen können, dass auch die Hessische Landesregierung aufwacht. Aber nichts. Es wird weiter investiert in Luftverkehr und Straßenbau, und was in der Welt passiert, wird ignoriert.

Über den Klimaschutz redet man zwar, wirklich passiert ist nichts.Wir hören auch immer von Frau Lautenschläger: Der Verkehr gehört nicht zu Ihrem Klimaschutzprogramm – obwohl auch dazu jeder sagt, gerade im Verkehrsbereich nimmt der CO2-Ausstoß zu, in Hessen noch einmal mehr als im Bundesdurchschnitt, selbst wenn man den Flugverkehr außen vor lässt.

Wenn man also wirksam etwas tun will, muss man im Verkehrsbereich ansetzen und seine Steuerungsinstrumente nutzen. Das tun Sie nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Sie investieren lieber in diverse Projekte: staufreies Hessen; Verkehrsmanagement, ohne dadurch den ÖPNV zu stärken,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wenn ich nicht im Stau stehe, freue ich mich!)