Die mehrheitliche Übernahme der Opel-Anteile durch den Autozulieferer Magna... bietet die Chance, aus Opel eine zukunftsweisende Marke zu machen, …
Und dann kommt wiederum Herr Pfeil und macht genau das Gegenteil von dem, wofür er eigentlich von der Landesregierung in diesen Beirat der Opel-Treuhand entsandt worden war.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Herr Hahn, ich wünsche Ihnen etwas. Zu Weihnachten haben Sie ein bisschen Zeit – kaufen Sie sich einen Bestseller von Richard David Precht:„Wer bin ich – und wenn ja wie viele?“
Das hat nichts mit Frustration zu tun, sondern damit – genau deswegen haben wir unseren Änderungsantrag eingebracht –, dass wir eine verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik betreiben müssen, die keine unvertretbaren Risiken für den Staat eingeht und gleichzeitig die Chancen,die wir haben,wirklich nutzt.Lieber Herr Hahn,liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dazu gehört, dass man nicht jeden Tag eine andere Meinung vertritt.
Herr Ministerpräsident,ich glaube,dass wir diese Debatte auch dazu nutzen sollten, dass von Ihnen einmal ein klares Wort dazu gesagt wird, was Herr Pfeil eigentlich in dem Beirat der Opel-Treuhand gemacht hat. Ich sage es noch einmal: Entweder stimmt es, was Herr Pfeil jetzt erzählt, dann hätten wir wirklich ein Problem; oder es stimmt nicht, dann ist in dieser Frage ein klares Wort des Ministerpräsidenten gefragt. Angela Merkel hat dieses klare Wort gegenüber Herrn Wennemer gesprochen – ich zitiere wortwörtlich –:
Ich warte immer noch auf ein klares Wort des Hessischen Ministerpräsidenten. Herr Ministerpräsident, wenn das nicht kommt, liegt der Verdacht nahe, dass es Ihnen offensichtlich nur darum geht, irgendetwas über den 27. September hinauszutragen. Wir wollen von Ihnen hier und jetzt ein klares Wort zu dieser Frage hören. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Kollege Al-Wazir, vielen Dank. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Ankündigung von GM, mit Magna verhandeln zu wollen, sichert noch keinen einzigen Arbeitsplatz, um das einmal sehr klar zu sagen. Noch ist nichts entschieden, und GM stellt in diesen Verhandlungen Bedingungen, die einigen Zündstoff bergen und die Verhandlungen durchaus scheitern lassen können. Darüber ist heute gar nichts gesagt worden.
Klar ist aber, dass Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Opel ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Daher halte ich diesen Jubel für völlig unangebracht; und ich halte es auch für verfrüht, in große Danksagungen zu verfallen. Viele Beschäftigte haben mit Magna die Hoffnung auf den Erhalt ihrer Arbeitsplätze verbunden – leider in vielen Fällen zu Unrecht, denn Magna will europaweit ein Fünftel der 50.000 Stellen abbauen, allein in Deutschland 4.300, und damit mehr als bisher angekündigt.
Ich hätte mir gewünscht, dass die SPD etwas zu der Äußerung von Ludwig Stiegler gesagt hätte, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag, dass er den Stellenabbau bei Opel Deutschland – über die angekündigten 3.000 Jobs hinaus – für unumgänglich halte. Das klingt mir nicht so, als würde die SPD nach der Bundestagswahl bei Opel um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Stiegler hat offensichtlich immer noch nicht verstanden, dass Arbeitsplatzabbau keine Arbeitsplätze sichert.
Magna ist nicht die Caritas, auch wenn der Magna-Gründer, Frank Stronach, immer wieder sagt, man wolle Opel helfen. Magna ist vor allem an den Staatshilfen und am technischen Know-how interessiert, denn Magna steckt selbst in Schwierigkeiten. Im ersten Quartal 2009 hat sich der Umsatz fast halbiert.Der Nettoverlust betrug 150 Millionen c.Zeitarbeiter wurden entlassen, und die Angestellten wurden gedrängt, auf einen Teil ihres Gehalts zu verzichten. Magna will die Mehrheit bei Opel zusammen mit der staatlich kontrollierten Sberbank übernehmen,
die derzeit unter hohen Kreditausfällen leidet. Das ist eigentlich ein schlechter Zeitpunkt, um bei Opel einzusteigen und Kapital zu binden.
Aber die russische Regierung will sich dadurch Zugang zu dem technischen Know-how von Opel verschaffen, und deshalb hat sie an der Allianz mitgewirkt. Industrieller Partner des Konsortiums ist der russische Automobilhersteller GAZ, der ebenfalls hoch verschuldet ist, der im laufenden Jahr einen Absatzrückgang von 60 % hinnehmen musste und dessen Mitarbeiter massive Lohnkürzungen erfahren haben. Schon jetzt stützt die russische Regierung dieses Unternehmen mit Staatshilfen. Die „FAZ“ kommt zu dem Schluss – ich darf zitieren –:
Ich fasse zusammen: Ein angeschlagener Zulieferer und eine angeschlagene Bank übernehmen einen angeschla
genen Autohersteller. Warum sich dieser jetzt über eine große Zukunft freuen soll, kann ich nicht nachvollziehen. Ich halte dieses ganze Konstrukt für nicht tragbar. Es wird nicht standhalten.
Auch die Beschäftigten sollen zu 10 % an Opel beteiligt werden. Im Gegenzug erwartet Magna 1,5 Milliarden c Lohnverzichte in den nächsten fünf Jahren. Die Beschäftigten können mit einem Anteil von 10 % wenig Einfluss nehmen. Sie tragen aber das Risiko des Verlusts, denn bei einer Insolvenz kann sich ihre Beteiligung in Luft auflösen.
Für dieses Jahr werden bei Opel Verluste in Höhe von 2,4 Milliarden c erwartet, aber schon im Jahr 2014 will Magna mit Opel einen Gewinn in Höhe von 1,2 Milliarden c machen, unter anderem durch erhebliche Kosteneinsparungen beim Personal. Die Pläne sind mehr als ambitioniert, gerade angesichts der Tatsache, dass durch die Beteiligung von GM die Absatzmärkte von Opel beschränkt sind. Der wachsende asiatische und der nordamerikanische Markt sind für Opel tabu. Warum ist Opel für Magna attraktiv? – Die Antwort hierauf gibt nicht Magna, sondern Ripplewood, ein anderer Investor, der ebenfalls im Gespräch war. Ich möchte zitieren, und zwar schreibt die „FAZ“:
In den harten Nachtverhandlungen für die OpelRettung ist ein Satz gefallen, der entlarvenden Charakter hat. Er gibt eine Antwort auf die Frage, wer eigentlich das Risiko der Opel-Rettung trägt. Der Finanzinvestor Ripplewood wurde gefragt, warum er trotz geringer Erfahrungen mit dem Autobau an Opel Interesse habe. Der ehrliche Satz: „Wir haben uns die asymmetrische Risikoverteilung angesehen und dann entschieden, auf diese Wette können wir eingehen.“
Opel ist für Magna ein Schnäppchen; die Risiken trägt der Steuerzahler in Form von Staatsgarantien über 4,5 Milliarden c. Magna ist kein Käufer im eigentlichen Sinne des Wortes, denn sie wollen mehr Geld, als sie selbst investieren.
Die Bundesregierung und die Länder einigten sich auf Staatsgarantien für den zukünftigen Investor – ohne Bedingungen, weder für die Standorte noch für eine bestimmte Anzahl von Arbeitsplätzen. Die Große Koalition hat erklärt, sie habe keine verbindlichen Garantien verlangen können, weil es dem EU-Wettbewerbsrecht widersprochen hätte. Das ist meiner Meinung nach ein völlig unzulässiger Versuch der Bundesregierung, ihre Verantwortung nach Brüssel abzuschieben; denn das Beihilfeverbot schließt nur staatliche Beihilfen aus, die den Wettbewerb verfälschen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.
Aber hätte es denn den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt, wenn man im Gegenzug für die Staatshilfen eine Beschäftigungs- und Standortgarantie für alle europäischen Standorte verlangt hätte, anstatt nur national zu denken?
Während vom vereinigten Europa gesprochen wird, wird hier reinster Standortnationalismus betrieben. Die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften sind sicherlich gut beraten,wenn sie über die Grenzen und Standorte hinweg gemeinsam Druck machen, wenn sie an die Öffentlichkeit und auf die Straßen gehen und wenn sie sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. „Kampf um jeden Arbeitsplatz“, das kann jetzt nur das Motto sein.
Es hätte eine Alternative gegeben. Die Regierung ermöglicht, dass mithilfe des Steuerzahlers Tausende Arbeitsplätze zerstört werden, statt ihre Hilfe an klare Bedingungen zu knüpfen, nämlich an den Erhalt aller Arbeitsplätze und Standorte und an eine Lohngarantie. Und: Keine öffentlichen Mittel ohne öffentliche Kontrolle, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Als Gegenleistung für Steuergelder müssen Bund und Länder reale Einflussmöglichkeiten erhalten, und zudem müssen die Beschäftigten beteiligt werden.
Das VW-Gesetz zeigt, dass eine staatliche Beteiligung an Automobilherstellern möglich ist und dass ein Unternehmen erfolgreich sein kann.Auch der Betriebsrat von Opel hatte zunächst gefordert, dass es einen Staatseinstieg bei Opel gibt.
Wir brauchen ein Zukunftskonzept für Opel, hin zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln im Rahmen einer zukunftsgewandten Verkehrspolitik. Da gilt der alte Satz: Wer die Produktionsmittel besitzt,bestimmt auch,was damit produziert wird, z. B. umweltfreundlichere Autos oder eben eine Alternative zum Auto.
Opel könnte so der Vorreiter für den sozial-ökologischen Umbau der gesamten Automobilbranche werden. Diese Chance will die Bundesregierung nicht nutzen.
DIE LINKE hat als einzige Fraktion im Hessischen Landtag der vermeintlichen Opel-Rettung nicht zugestimmt, weil wir nicht wollen, dass der Abbau von Arbeitsplätzen auch noch mit Steuergeldern subventioniert wird.
Ich komme zum Schluss. Ich denke, dass diese Krise die Notwendigkeit einer grundsätzlich anderen demokratischen Wirtschaftsordnung aufzeigt. Es ist nicht allein das Versagen einzelner Manager oder Aufsichtsräte, welches diese Krise ausgelöst hat. Es ist ein Fehler, der im System angelegt ist. Deshalb finde ich, dass Opel ein Schritt wäre, wo man an die Eigentumsverhältnisse herangehen könnte, um die Arbeitsplätze und Standorte zu sichern und dann auch den Umbau ermöglichen zu können.
Vielen Dank,Frau Kollegin Wissler.– Ich begrüße nun auf der Besuchertribüne die Mitglieder der U.S. Army, die