Protocol of the Session on September 16, 2009

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Volker Hoff (CDU): Panikmache! Es ist zehn Jahre gar nichts gemacht worden! Zehn Jahre haben Sie alles blockiert! – Clemens Reif (CDU): So ein Schwachsinn!)

Herr Hoff, selbst ich konnte mir nicht vorstellen, dass in deutschen Kernkraftwerken die Leute, die da die Sicherheitsnachrüstungen machen, nicht in der Lage sind – –

(Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU) – Unruhe)

Herr Al-Wazir, entschuldigen Sie bitte ganz kurz. – Herr Kollege Hoff, seien Sie bei den Zwischenrufen bitte ein bisschen zurückhaltender, sodass der Redner noch zu verstehen ist. Herzlichen Dank.

(Volker Hoff (CDU): Wenn hier so ein Schwachsinn erzählt wird, muss man auch etwas dazwischenrufen! Er erzählt nur Schwachsinn hier!)

Herr Kollege Hoff, ich darf Sie jetzt noch einmal bitten, sich mit Ihren Zwischenrufen zurückzuhalten, diesmal auch inhaltlich. Wir wollen doch, wenn wir uns hier auseinandersetzen, dies im parlamentarischen Tonfall tun. Herzlichen Dank. – Herr Kollege Al-Wazir hat das Wort.

(Volker Hoff (CDU): Frau Präsidentin, ich erwarte, dass Sie das nächste Mal auch Herrn Al-Wazir darauf hinweisen!)

Vielen Dank,Frau Präsidentin.– Lieber Volker Hoff,es ist ungesund. Deswegen lass es.

(Volker Hoff (CDU): Das ist sehr gesund!)

Selbst ich konnte mir nicht vorstellen, dass in den angeblich so sicheren deutschen Atomkraftwerken bei Nachrüstungen die Leute noch nicht einmal in der Lage sind, den Dübel so in die Wand zu schrauben,dass er hält.Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sollte auch Ihnen zu denken geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Volker Hoff (CDU): Natürlich hat er gehalten! Das stimmt doch nicht, was Sie sagen! Er lügt, ohne rot zu werden! – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Die Zukunft der Energieversorgung ist erneuerbar, sie setzt auf Effizienz, und sie ist vor allem dezentral. Herr Kollege Sürmann, je dezentraler eine Energieversorgung ist, umso weniger Probleme haben Sie, wenn einmal eine einzelne Anlage ausfällt. Weil wir in Hessen bisher das Problem haben, dass unsere Energieversorgung vor allem von zwei Großstandorten abhängt, nämlich von Biblis und Staudinger, haben wir genau solche Zahlen, wie Sie sie vorgetragen haben, wenn eine oder gar beide dieser Anlagen einmal stehen. Auch das ist eigentlich ein Argument – wenn Sie einmal ein bisschen darüber nachdenken – für unser Konzept der Energieversorgung. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Peter Beuth (CDU): Wie lange darf Herr Al-Wazir hier reden? Es ist unglaublich!)

Vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Kollege Schmitt für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Umweltministerin war etwas forsch bei dem Vorgang der Sumpfsiebe. Es war, wie oftmals bei der Landesregierung, nur die halbe Wahrheit. Ich will das hier noch einmal entwickeln, damit klar wird, was hier gespielt wird. RWE hatte also in der Tat beantragt, etwas an diesen Sumpfsieben zu tun, aber nicht während der laufenden Revision. Die Anträge waren gestellt. Hätte man die Revision abgeschlossen, wäre das eigentliche Problem mit den Sumpfsieben nicht behoben gewesen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Genau!)

Angesichts der Restlaufzeit von Biblis B, die nur noch wenige Monate beträgt, war verhältnismäßig klar, dass es hier ein Komplott zwischen RWE und dieser Landesregierung gab:

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Sache wird nicht gemacht. Wenn die politischen Mehrheiten dafür gegeben sind, dass es bei der vereinbarten Abschaltung bleibt, wird diese Nachrüstung nicht mehr erfolgen. – Da ist Gabriel eingetreten und hat gesagt: Freunde, so geht es nicht. Diese Nachrüstung, die bereits beantragt ist, wird in dem laufenden Revisionsverfahren gemacht, sonst wird das Atomkraftwerk nicht angefahren.

(Horst Klee (CDU): Verschwörungstheorie! – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Frau Umweltministerin, das haben Sie wieder verschwiegen. Damit wird klar, es handelt sich um ein übles Zusammenspiel zwischen der Atomindustrie und der Aufsichtsbehörde in Hessen. Das ist der eigentliche Punkt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg.Clemens Reif (CDU))

Natürlich haben wir Probleme mit den Sumpfsieben. Wir haben sie schon sehr lange, und wir wissen das auch schon sehr lange. Frau Ministerin, warum wurde in Ihrer ursprünglichen Planung und in Ihren ursprünglichen Auflagen nicht angeordnet, dass diese Nachrüstung in dem laufenden Revisionsverfahren durchzuführen ist?

(Clemens Reif (CDU): Passen Sie auf, dass Ihre Sicherung nicht durchbrennt!)

Zweiter Punkt.Wenn Sie die Kosten ansprechen, machen Sie sich ebenso lächerlich. Zu den Kosten der Atomenergie. Die Frau Ministerin kritisiert die Studie von Greenpeace. Denn dort sind Kosten aus dem Osten hineingerechnet worden. Wissen Sie, wie hoch die Summe war? Greenpeace hat eine Gesamtbelastung von 260 Milliarden c ausgerechnet, die der Steuerzahler für die Atomenergie trägt. Wissen Sie, welche Summe für Morsleben und alles andere hineingerechnet worden ist? Das waren unter 10 Milliarden c. Da bleiben immer noch 250 Milliarden c.Wenn Ihr Kritikpunkt ist, dass Dinge zu Unrecht hineingerechnet worden sind: Die Summe von unter 10 Milliarden c ist auch eine Summe, aber in der Gesamtsumme völlig unbedeutend. Wenn das der einzige Kritikpunkt von Ihrer Seite an der Greenpeace-Studie ist, dann

ist klar erwiesen, wie teuer die Atomenergie in Deutschland für den Steuerzahler ist. Das muss an dieser Stelle auch einmal gesagt werden. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Jetzt hat sich die Landesregierung in Form der Umweltministerin Lautenschläger noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Kollege Al-Wazir,ich muss schon sagen,dass Sie sich nach den Anträgen, die Sie in den letzten Wochen gestellt haben, hierhin stellen und sagen, wir müssten jetzt einmal eine ernsthafte energiepolitische Debatte führen, grenzt schon an Unverfrorenheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich könnte jetzt auch noch lange weiter über die Frage der erneuerbaren Energien und der Versorgungssicherheit sowie über verschiedene Zahlen reden.

(Peter Beuth (CDU): Das ist dem Unsinn angemessen, den ihr eben erzählt habt! Wieder Ordnung!)

Wir sollten vielleicht einmal im Detail im Ausschuss diskutieren, wie viele Terawattstunden in Hessen pro Jahr verbraucht werden, wo die Energie herkommt, über welche Karos wir uns hier eigentlich unterhalten und wie klein wir das Karo machen wollen,oder ob wir endlich anfangen,Energiepolitik in einem wesentlich größeren Rahmen zu debattieren.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Darauf warten wir seit zehn Jahren! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollten die Diskussion über die Energiepolitik nämlich nicht nur auf ein Bundesland bezogen führen. Sie wissen ganz genau, dass man Energiepolitik heute eigentlich grundsätzlich mindestens im europäischen Rahmen diskutieren muss. Das gilt insbesondere, wenn wir über Versorgungssicherheit, über Netzstabilität und über das Thema der erneuerbaren Energien sprechen.

(Zurufe der Abg.Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Denn wenn Biblis abgeschaltet ist, bedeutet das nicht, dass auf einmal kein Strom mehr bei Ihnen aus der Steckdose kommt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie noch etwas Konkretes?)

Der Strom fließt, wie Sie alle wissen, durch Netze und kommt so hierher. Er kann in dem Moment aus dem Ausland kommen, er kann aber auch von einer anderen Stelle in Deutschland kommen.

Sie tun so, als könnte man alle erneuerbaren Energien einfach hochrechnen. Man muss aber jeweils auch schauen, zu welcher Tageszeit die erneuerbaren Energien gerade verfügbar sind.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Sie wissen ganz genau, dass wir keine einfache Linie ziehen können, dass der Strom regelmäßig da ist. Das sind die großen Herausforderungen, die wir in den nächsten Jahren noch lösen müssen. Jedenfalls wir als Landesregierung haben ein großes Interesse an der Lösung, damit wir eine Verfügbarkeit zu jeder Tages- und Nachtzeit haben. Das heißt, dass das Thema Speicherung, aber auch das Thema Biomasse eine Rolle spielt.Andere sind wiederum grundlastfähig – die können Sie immer haben. Es ist die Frage, wie Sie das mit Wind oder Sonne kombinieren. Wenn Sie die Zahlen nennen, was in Deutschland erneuerbar erzeugt worden ist, dann tun Sie nicht so, als wäre das zu jeder Zeit verfügbar gewesen. Das dient nicht einer vernünftigen Debatte zur Energiepolitik.

Herr Kollege Schmitt, ich will Sie nur noch einmal darauf hinweisen: Sie versuchen, hier einen riesigen Bohei um das Thema Sumpfsiebe zu machen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Hören Sie doch einfach erst einmal zu, bevor Sie wieder dazwischenschreien.Am Mikrofon bin ich doch lauter.Ich weiß, dass Sie sich gerne aufregen.Wir versuchen, das einfach noch einmal zu klären.

Es hat im Jahr 2004 eine Nachbesserung gegeben, um das umzusetzen.Dann gab es unterschiedliche Gutachten,wie damit umgegangen wird und was dort gemacht werden muss. Das hessische Umweltministerium hat das natürlich prüfen lassen,damit wir hohe Sicherheitsstandards haben.

Wir haben zu dem Thema „Wie können auch noch so große Lecks sicherheitstechnisch vernünftig gehandhabt werden?“ Gutachten in Auftrag gegeben.Wir wollten aus dem Thema Sumpfsiebe – das will ich hier deutlich sagen – kein Wahlkampfthema machen, sondern uns mit dem Bundesumweltministerium vernünftig und ergebnisoffen über die vorliegenden Gutachten abstimmen. Das haben wir in einem Termin getan, um den wir gebeten hatten.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ergebnisoffen? Sie wollen die Zustimmung zum Antrag! Das ist nicht ergebnisoffen!)

Das hat überhaupt nichts mit irgendwelchen Weisungen zu tun. Sie wissen auch – das ist vorhin in der Debatte schon gesagt worden –, dass RWE das nicht hätte machen müssen. Es geht nicht um Weisungen, sondern wir sind mitten im Genehmigungsverfahren. Das haben wir, je nachdem, wie weit die verschiedenen Dinge handhabbar waren und die Genehmigungen vorlagen, umgesetzt.

Deswegen ist es unredlich, und es bleibt auch beim Rest der Debatte unredlich, Herr Kollege Schmitt, wenn Sie ein Getöse veranstalten wollen, das schlichtweg nicht zutreffend ist. Wir werden auch in Zukunft Sicherheitsstandards hochhalten und gleichzeitig auf die Umsetzbarkeit achten. Ich habe Ihnen vorhin vorgetragen, dass ein Bereich umgesetzt ist und für den anderen Bereich die Genehmigungsverfahren laufen. Wenn sie abgeschlossen sind, wird auch dies umgesetzt.

(Norbert Schmitt (SPD): Vor oder nach der Stilllegung?)