Protocol of the Session on September 16, 2009

Sie sind auch nicht ehrlich, wenn es um den Klimaschutz geht und um das, was man da machen kann.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Ich lese in den Programmen der GRÜNEN jedenfalls nicht, wie Sie es bewerkstelligen wollen, woher die 80 % oder meinetwegen die 70 % kommen sollen. Liebe Kollegin Hammann, die kommen nicht einfach aus der Steckdose, sondern Energie muss umgewandelt werden und dann in die Steckdose kommen.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Dafür brauchen Sie auch die restlichen 70 % – ob aus Kohle oder aus Kernenergie, ob sie in Deutschland oder an anderer Stelle erzeugt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Tarek Al-Wazir.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich finde, dieses Thema ist zu ernst, um damit so flapsig, wie das gerade vonseiten der Regierung und der Mehrheit hier im Haus geschehen ist, zu sagen, das sei alles nur Wahlkampf.

(Axel Wintermeyer (CDU):Was denn sonst?)

Frau Ministerin, Sie haben die Frage gestellt, warum kein Bundesumweltminister der GRÜNEN z. B. auf die Zustände in Asse hingewiesen habe. Das ist relativ einfach erklärt.

Asse wurde als sogenanntes Forschungsbergwerk betrieben, und zwar nicht nach dem Atomrecht, sondern nach dem Bergrecht, am Ende als Helmholtz-Gesellschaft. Als Aufsichtsbehörde zuständig war immer das Bundesforschungsministerium.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern ist es ein bisschen schwierig, dafür Herrn Gabriel verantwortlich zu machen – eigentlich war es in den letzten vier Jahren Frau Schavan.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Es kam dann dazu, dass man merkte, dass man die Situation dort offensichtlich nicht mehr beherrschen kann. Diese Zustände sind Wassereinbrüche – obwohl immer gesagt wurde, das sei bei einem Salzstock unmöglich, genau darin bestehe eigentlich die Sicherheit. Dann gibt es die Einsturzgefahr für das gesamte Bergwerk. Dort liegen um die 160.000 Fässer radioaktiven Mülls, und zwar nicht ordentlich gestapelt,sondern – wie es die Arbeiter dort sagen – gepökelt,d.h.die haben die Fässer in eine Grube geworfen und dann Salz darüber gekippt: eingepökelt.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Wenn das die sichere Endlagerung ist, die Sie meinen – um Gottes willen, es graust die Sau.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Zum Zweiten behaupten Sie, wir sagen nicht, woher der Strom kommt.Dazu muss ich sagen:Die GRÜNEN-Fraktion hat ihr Energiekonzept im Januar 2007 vorgelegt – auf Ihres, liebe Ministerin, warten wir immer noch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

Schauen wir einmal, wann es kommt und was darin steht. Es ist evident: Nach zehn Jahren Regierungszeit müssen Sie diese Frage beantworten.

Herr Stephan, im Übrigen ist der Anstieg des Anteils der erneuerbaren Energien, von dem Sie gesprochen haben, trotz der Hessischen Landesregierung geschehen, nicht wegen ihr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das war schlicht das Erneuerbare-Energien-Gesetz auf Bundesebene. Was die erneuerbaren Energien angeht, sind wir in Hessen inzwischen bundesweit auf dem vorvorletzten Platz. Es gibt nur noch zwei relevante Flächenländer, Bayern und Baden-Württemberg, die noch schlechter sind als wir.Wir stehen auf Platz 10.

Schlechter als wir sind nur noch die drei Stadtstaaten – das ist relativ einfach durch Flächengründe zu erklären, die für Windanlagen, Biomasse usw. benötigt werden. Schlechter als wir ist noch das Saarland, und dann gibt es noch zwei wirkliche Flächenstaaten, die schlechter sind als wir, nämlich Bayern und Baden-Württemberg.

Liebe Frau Ministerin, ich glaube, es ist kein Zufall, dass diese beiden Länder gemeinsam mit Hessen genau diejenigen sind, die den formal höchsten Atomstromanteil haben. Das heißt, die Atomenergie ist keine Brücke in die erneuerbaren Energien, sondern die Atomenergie blockiert die erneuerbaren Energien.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Sie haben gesagt,unsere Atomkraftwerke seien sicher.Ich konnte mir nicht vorstellen,dass vor zwei Jahren in Krümmel bei dem Reaktor eine Notabschaltung aus einer verrauchten Leitwarte von Leuten mit übergestülpten Gasmasken durchgeführt wurde. Das konnte selbst ich mir vorher nicht vorstellen.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass im Jahr 2007 fast durchgehend sechs Atomkraftwerke stillstanden – Biblis A und B gehörten dazu.

Ehrlicherweise konnte ich mir nicht vorstellen, dass unsere Strategie der erneuerbaren Energien so erfolgreich ist, dass – obwohl die Atomkraftwerke im Jahr 2007 stilllagen – Deutschland unter dem Strich Exportland für Strom war, Exportland.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Inzwischen liegt nämlich der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bei 15 %.

(Peter Stephan (CDU): Wegen der Wirtschaftskrise!)

Herr Stephan,im Jahr 2007 hatte das nichts mit der Wirtschaftskrise zu tun. Herr Stephan, damals hatten wir noch hohe Wachstumsraten. Im Übrigen hat die Wirtschaftskrise bisher relativ wenige Auswirkungen auf den Stromverbrauch gehabt.

Frau Ministerin, ich will ein Letztes sagen. Am Samstag habe ich eine schöne Radtour mit bayerischen und hessischen GRÜNEN gemacht: Karlstein, ehemaliger Versuchsreaktor von RWE – nicht mehr da –, und dann über Staudinger ins Rhein-Main-Gebiet. Da war etwas ganz Verrücktes zu sehen. Staudinger stand an diesem Samstagmorgen nämlich still,und zwar alle Blöcke.Das konnte man sehen, das sieht man bei Staudinger.

(Horst Klee (CDU): Die wussten, dass Sie kommen!)

Herr Klee, die wussten, dass wir kommen und haben dankenswerterweise die Blöcke stillgelegt, bevor wir kamen. – Da habe ich mir gedacht: Es ist Samstagvormittag, Biblis A liegt still, Biblis B liegt still, Staudinger liegt still

offensichtlich scheint es die Stromlücke in Hessen nicht zu geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

Sie malen hier eine Schimäre an die Wand, die mit der Realität nichts zu tun hat. Sie haben deswegen so viel herumfilibustert und über Herrn Gabriel geredet,weil Sie ein Problem damit haben, dass eine Mehrheit der Bevölkerung Ihre Energiepolitik durchschaut hat und etwas anderes will – und Sie wollen jetzt noch zehn Tage lang bis zur Bundestagswahl möglichst nicht darüber reden, was Sie eigentlich vorhaben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das finde ich der Sache wirklich nicht angemessen. – Vielen herzlichen Dank. Ich wünsche mir gehaltvolle Energiedebatten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Kollege Frank Sürmann für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Al-Wazir, wenn Sie davon reden, was wir in Hessen produzieren und dass es einen Überschuss gibt usw., dann sollten Sie die nackten Zahlen kennen. Das ist immer ganz hilfreich.

Im Jahre 2007 wurden 16.000 Terawattstunden produziert, davon 900 Terawattstunden aus Kernenergie. Wenn wir die Kernenergie und die Steinkohlekraftwerke nicht hätten, wären wir heute Importeur von Energie. Wenn man die Energie aus Kernkraft und aus Kohle herausrechnet, dann ergibt sich für 2007, dass wir überhaupt nur 8 Terawattstunden produziert haben, davon 4,5 t von Gas. Dies muss man dem Nettostromverbrauch in Hessen von 41,3 Terawattstunden gegenüberstellen. Das heißt, wir hätten eine Importabhängigkeit in Höhe von 80 % des Stromverbrauchs.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unsinn!)

Herr Kollege Al-Wazir hat Gelegenheit zur Antwort.

Herr Sürmann,ich glaube,ich weiß,was Sie sagen wollten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich erkläre Ihnen die Zahlen.Sie haben richtigerweise das Jahr 2007 genannt. Im Jahre 2007 sahen die Zahlen so aus, weil in Biblis die Dübel aus der Wand gefallen sind und die beiden ach, so sicheren Atomkraftwerke das ganze Jahr über stilllagen. Herr Sürmann, das ist ein Beweis dafür,dass zu viel Atomenergie die Energieversorgung nicht sicherer macht, sondern im Gegenteil unsicherer macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Volker Hoff (CDU): Panikmache! Es ist zehn Jahre gar nichts gemacht worden! Zehn Jahre haben Sie alles blockiert! – Clemens Reif (CDU): So ein Schwachsinn!)