Aber wenn ich die Presseerklärung richtig interpretiere, Frau Kultusministerin, kann ich zunächst einmal nur sagen: Na also, es geht doch, Frau Kultusministerin.
Meine Damen und Herren,die SPD-Landtagsfraktion begrüßt ausdrücklich, dass die Landesregierung unserer Argumentation im Ausschuss vom vergangenen Freitag so prompt gefolgt ist und die angekündigten Klassenzusammenlegungen zumindest in der Grundschule weitgehend stoppt. Es wäre ein Treppenwitz gewesen, Frau Kultusministerin, die versprochene Verkleinerung der Klassen in der Eingangsstufe zulasten der Kinder zu finanzieren, die in die 2. und 3. Klasse kommen. Denn es ist niemandem begreiflich zu machen, warum eine Klasse, die weniger als 25 Kinder hat, durch Zusammenlegung im nächsten Schuljahr auf 28 anwachsen soll, wenn gleichzeitig das erklärte Ziel dieser Landesregierung heißt, alle Klassen in Hessen zu verkleinern.
Selten ist das Thema der Aktuellen Stunde „Klarheit schaffen“ so vorauseilend aufgenommen worden. Noch im Ausschuss am vergangenen Freitag war mit dieser Klarheit nicht zu rechnen. Denn Staatssekretär Brockmann gab ausweichende Antworten und verwies auf fehlende Zahlen. Auf die Frage in unserem Berichtsantrag, wie viele Klassen zusammengelegt würden, welche davon über 25 Kinder haben würden und welche Schulen davon betroffen seien, konnte er keine Antwort geben.
Umso erstaunlicher ist es, dass innerhalb von drei Werktagen jeder Einzelfall geprüft werden konnte, den man nach eigenen Aussagen noch gar nicht kannte, und dann auch im Dialog mit Schulämtern und Eltern – so hat Herr Brockmann das angekündigt – die Klärung herbeigeführt werden konnte. Entweder wurden uns im Ausschuss Informationen vorenthalten, oder das Kultusministerium hat in den letzten Tagen ein geradezu rasantes Arbeitstempo vorgelegt.
Beides will ich nicht unterstellen. – Deswegen drängt sich die Interpretation auf, dass die abgeschlossene Einzelfallprüfung vorgeschoben ist, um das Gesicht der Kultusministerin zu wahren.
Es war wohl eher die späte Einsicht, dass Sie Ihre eigenen Versprechen konterkarieren. Es waren der Protest der Eltern und der Druck der SPD, die Sie zu dieser Entscheidung bewogen haben.
Frau Kultusministerin, das Ergebnis ist zumindest gut, denn es gibt den Eltern Gewissheit, dass ihre Kinder nach den Ferien nicht in einer neuen größeren Klasse sitzen und eventuell auch noch mit einem Lehrerwechsel konfrontiert werden. Die SPD-Fraktion begrüßt dies ausdrücklich.
Sie haben sich in letzter Minute eine weitere Blamage erspart, Frau Kultusministerin. Ich rate für die Zukunft: vorher nachdenken und nicht nur auf Druck reagieren. Das würde die Glaubwürdigkeit Ihrer Bildungspolitik erheblich erhöhen.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Heute weiß man, dass es auf den Anfang ankommt. Deshalb rückt die Grundschule zu Recht immer mehr in den Fokus der Bildungspolitik. In keinem anderen Lebensalter sind Kinder so aufnahmefähig wie im Alter bis zehn Jahre. In keinem anderen Alter lassen sich herkunftsbedingte Unterschiede so gut ausgleichen wie in den ersten vier Klassen. Hier wird die Einstellung zum Lernen und zur Leistung geprägt, und hier werden auch die Weichen für die weitere Bildungskarriere gestellt.
Völlig zu Recht prüfen Eltern deshalb, wem sie ihr Kind anvertrauen, und fragen nach der Qualität der Grundschule.Wir wollen die Qualität der Bildung von Anfang an stärken, und deshalb muss in dem sensiblen Bereich beim Thema Klassengröße bzw. der sich daraus entwickelnden Frage etwaiger Klassenzusammenlegungen mit Sorgfalt gewaltet werden.
Schon immer gab es bei Problemfällen vonseiten des Kultusministeriums eine intensive Prüfung, um den Kindern in Hessen Lernbedingungen zu ermöglichen, die den Grundstein für deren erfolgreiche Zukunft legen. Wir brauchen diese Feinsteuerung, um Härtefälle zu vermeiden. Deshalb ist Flexibilität erforderlich, die alle vorhandenen Bewegungsspielräume ausnutzt. Flexibilität kennzeichnet auch die hier nicht angesprochene, sonst aber auch thematisierten Lehrerfeuerwehr. Sie springt ein, wenn Klassenlehrkräfte für längere Zeit ausfallen. Es ist deshalb gut und richtig, dass diese mobile Vertretungsreserve in den Grund- und Förderschulen, die in Hessen gut 150 Pädagoginnen und Pädagogen umfasst, an den Stützpunktschulen auch in Zukunft auf Abruf bereitsteht. Das Problem ist also gelöst, und es ist im Interesse der Betroffenen gut gelöst.
Sehr geehrte Damen und Herren, eine weitere Schwierigkeit ist dank jüngster Entscheidungen des Kultusministeriums ebenfalls gelöst.Wenn ich Politik auch als Problemlösen verstehen darf, dann hat die Politik ihre Aufgabe hier erfüllt. Denn in den letzten Wochen war in vielen Grundschulen ein Stein des Anstoßes, dass auf Anordnung der Schulbehörde im neuen Schuljahr die Klassengrößen nach der geltenden alten Gesetzeslage bis zu 28 Schülerinnen und Schüler auszuschöpfen seien. Das ist diese Sternchenregelung. Dies hätte zur Folge gehabt, dass es in manchen Klassen eben zu Zusammenlegungen gekommen wäre. Aus pädagogischer Sicht ist das sicherlich nicht unproblematisch,wenn Schulklassen,die bereits zusammengewachsen sind, getrennt werden.
Als ungerecht wird dies von den betroffenen Eltern vor allem auch deshalb empfunden, weil im CDU/FDP-Koalitionsvertrag ab dem kommenden Schuljahr die Eingangsklassen maximal 25 Schülerinnen und Schüler umfassen sollen. Das ist aus Sicht der Betroffenen ein Aufreger. Da
hilft es auch nicht, wenn internationalen Bildungsstatistiken zum Primar- und Sekundarbereich zufolge kein Zusammenhang zwischen Klassengröße und Lernerfolg besteht. Der Lernerfolg wird offensichtlich vielmehr auch von anderen Faktoren wie der Motivation oder dem sozialen Lernen stark beeinflusst. Dessen ungeachtet gilt jedoch, dass auch wir als CDU aus unterschiedlichen Gründen den Einstieg in kleinere Lerngruppen als sinnvoll und richtig erachten.
Wir begrüßen es also ausdrücklich, dass die Schwierigkeit der praktischen Umsetzung in dieser Übergangsphase – die neuen Regelungen für die Eingangsklassen und die alten Klassenteilerregelungen für die höheren Klassen – erkannt wurde, dass schnell gehandelt wurde und damit die Politik ihrem Auftrag der Problemlösung nachgekommen ist.
Mitte der Woche wurde den Staatlichen Schulämtern ein entsprechender Erlass übermittelt. Nach gründlicher Prüfung ist es dem Hessischen Kultusministerium in Abstimmung mit den Fraktionen der CDU und der FDP gelungen, eine Lösung im Sinne der Kinder zu finden. Mit der erzielten Lösung wird gewährleistet, dass die Lernbedingungen der betroffenen Kinder – das ist der Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft – weiter optimiert werden. Wir freuen uns, dass im kommenden Schuljahr alle Eingangsklassen maximal 25 Schülerinnen und Schüler groß sein werden und es weitestgehend keine Klassenzusammenlegungen ab dem 2. Schuljahr an Hessens Grundschulen geben wird.
In den wenigen Einzelfällen, in denen eine Zusammenlegung der Klassen unvermeidlich ist, wird gewährleistet werden, dass die Klassengröße von 25 Schülerinnen und Schülern nicht überschritten wird.Das ist der pädagogisch sinnvolle Wert. Das ist ein wichtiger Punkt aus unserem Koalitionsvertrag, der damit umgesetzt wird. Frau Ministerin Henzler, das haben Sie gut gemacht.
Herr Kollege Bauer, vielen Dank. – Das Wort erhält nun Herr Abg. Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Habermann hat schon darauf hingewiesen,dass es sich um
eine außerordentlich erfolgreiche Aktuelle Stunde handelt. Weil es sich um eine außergewöhnliche Aktuelle Stunde handelt, will ich auch drei außergewöhnliche Sachen sagen.
Erstens. Ich will ausdrücklich einen Dank für eine parlamentarische Initiative einer anderen Fraktion dieses Hauses aussprechen, nämlich die der SPD.Aufgrund der Initiative der SPD konnten wir das Problem an den Grundschulen im Ausschuss sehr sachlich diskutieren. Faktisch hatten wir schon in der Diskussion im Ausschuss zwischen allen Fraktion die Lösung gefunden, die Frau Kultusministerin Henzler jetzt auch vorgestellt hat. Aber es soll trotzdem noch einmal gesagt werden: Herzlichen Dank für diese Initiative.
Zweitens möchte ich – das ist für das Mitglied einer Oppositionsfraktion eher ungewöhnlich – die Frau Kultusministerin loben.
Es scheint eine gute Lösung gefunden worden zu sein. Ich bitte Sie aber, noch eine Frage zu beantworten. Die Antwort ist nämlich wichtig.Wo kommen die Stellen für diese gute und richtige Maßnahme her? Frau Ministerin, können Sie ausschließen, dass diese Stellen aus der Lehrerfeuerwehr für die Grundschulen genommen werden? Wenn das so wäre, hätten Sie ein Problem gelöst, aber ein anderes geschaffen. Wenn Sie das heute Morgen auch noch ausräumen könnten, wäre Ihnen unsere Unterstützung bei dieser Thematik sicher.
Ich habe das in früheren Reden auch schon gesagt: Wenn Sie das Richtige tun, wenn Sie die Fehler der zehn Jahre Bildungspolitik der CDU korrigieren, haben Sie die Unterstützung des Hauses. Insofern habe ich davon heute Morgen auch nichts zurückzunehmen.
Ich komme zum dritten ungewöhnlichen Punkt. Ich will etwas Ungewöhnliches tun, nämlich die Redezeit nicht ausschöpfen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Die Bildungspolitik hat heute einen guten Anfang. Ich hoffe sehr, dass es bei der Beratung zur Änderung des Schulgesetzes eine gute Fortsetzung gibt. Frau Henzler, auch dazu gibt es einen guten Änderungsantrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD. Wir stimmen Ihnen heute zu. Tun Sie das nachher vor der Mittagspause auch bei unserem Änderungsantrag. Damit würden wir unsere Schulen ein gutes Stück voranbringen. – Herzlichen Dank.
Herr Kollege Wagner, vielen Dank. – Das Wort erhält nun Frau Abg. Cárdenas für die Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es scheint heute die Aufgabe der LINKEN zu sein, doch ein bisschen Wasser in den Wein zu gießen.
Sonst machen es auch oft die anderen. – Bei der letzten Landtagswahl versprachen sich augenscheinlich viele Menschen ein besseres Bildungskonzept von einer schwarz-gelben Koalition, vielleicht kein gutes, aber doch ein besseres,als es das zu Zeiten der christdemokratischen Alleinregierung gab. Was aber geschieht im Moment im vermeintlichen Bildungsland Nummer eins Hessen? An einer Reihe von Standorten sollten Klassen zusammengelegt und damit größer werden. Das wäre wider jede pädagogische Vernunft. Dabei hatte die FDP doch im Wahlkampf versprochen – ich zitiere von der Homepage von Frau Henzler –: