Protocol of the Session on July 8, 2009

Der zweite Punkt betrifft den Länderfinanzausgleich.Wir haben in den letzten Jahren etwa 25 Milliarden c in den Länderfinanzausgleich eingezahlt. Das ist doppelt so viel, wie wir in demselben Zeitraum an Krediten aufnehmen mussten: Das waren 12,75 Milliarden c.

Die Steuerkraft der Kommunen wird im Länderfinanzausgleich zu 64 % angerechnet. Beim Land kommen – zum Teil über die Gewerbesteuerumlage – nur 28 % an. Das ist ein Punkt, über den wir sehr offen diskutieren müssen. Wir müssen fragen, wie da ein Ausgleich ermöglicht werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Was die Pro-Kopf-Belastung im Vergleich zu anderen Bundesländern anbelangt: in Baden-Württemberg 39 c, in Bayern 70 c und in Hessen 128 c. Ich glaube, das zeigt sehr deutlich, dass eine umfassende Reform des Länderfinanzausgleichs notwendig ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie waren doch stolz darauf, dass Sie es nicht verhandelt haben! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Schäfer-Gümbel, das ist etwas, was sich die Hessische Landesregierung vorgenommen hat. Sie täten gut daran, wenn Sie – die SPD und die Opposition insgesamt – dieses wichtige Vorhaben der Landesregierung unterstützen und positiv begleiten würden.

(Beifall bei der CDU)

Kommen wir zu der Behauptung, wir hätten die Kommunen durch den Kommunalen Finanzausgleich ausgeblutet. Die Leistungen des Landes im Kommunalen Finanzausgleich sind von 2,5 Milliarden c im Jahr 1999 auf 3,3 Milliarden c im Jahr 2009 gestiegen.

(Zurufe von der SPD)

Bei keinem anderen Land sieht die Verteilung zwischen Bund und Land so aus wie in Hessen. 1999 verblieben beim Land noch 52,1 %, während die Kommunen 47,9 % erhielten. Im Jahr 2008 war das Verhältnis 50,5 % zu 49,5 %. Das ist eine Verschiebung um etwa 2 Prozentpunkte. Es ist wichtig, das zu wissen; denn das spielt im Zusammenhang mit den 400 Millionen c eine Rolle.

Dass sich die Leistungen im Kommunalen Finanzausgleich zugunsten der Kommunen und zulasten des Landes verschoben haben, wird sogar von den Kommunalen Spitzenverbänden anerkannt. Das wird nicht bestritten. Dort sind Veränderungen notwendig.

Die GRÜNEN weisen in ihrem Änderungsantrag darauf hin. Aber konkrete Vorschläge machen die GRÜNEN in ihrem Papier nicht.

Zu diesen drei Punkten haben wir als Regierungsfraktionen gemeinsam mit der Landesregierung Lösungsvorschläge erarbeitet. Wir haben das Konjunkturprogramm zur Stärkung der Wirtschaft aufgelegt, um mittelfristig wieder zu vernünftigen Steuereinnahmen zu kommen und die Wirtschaft anzukurbeln.

(Beifall bei der CDU)

Wir betrachten die Reform des Länderfinanzausgleichs als notwendig. Auf Dauer kann es nicht sein, dass drei Bundesländer die restlichen 13 finanzieren.

(Beifall bei der CDU und der FPD)

In unserer Koalitionsvereinbarung steht, wir müssen im Kommunalen Finanzausgleich über die Spitzabrechnung bei der Gewerbesteuerumlage reden. Dafür haben wir ab 2011 im Kommunalen Finanzausgleich eine Absenkung von 400 Millionen c vorgeschlagen. Das entspricht etwa den 2 Prozentpunkten, von denen Kommunen in den letzten Jahren stärker im Kommunalen Finanzausgleich profitiert haben; 1 Prozentpunkt entspricht 216 Millionen c. Für die umfassende Strukturreform des Kommunalen Finanzausgleichs ist bereits eine Kommission eingesetzt, die an diesem Vorhaben arbeitet.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben der kommunalen Familie ein Gesprächsangebot gemacht – das steht auch in unserem Antrag –, um über die Finanzausstattung der Kommunen zu reden und eine für das Land und die kommunale Familie gerechte Lösung herbeizuführen.

Im Fazit komme ich zu dem Ergebnis: Die Konfliktstrategie der SPD ist nicht zielführend.Wir sind mit dem vorgeschlagenen Konzept und den vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten nach unserer Auffassung auf dem richtigen Weg, und wir fordern Sie alle dazu auf, parteiübergreifend mit uns gemeinsam diesen Weg zu gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Axel Wintermeyer (CDU): Sehr konstruktiv!)

Schönen Dank, Herr Kollege Schork. – Für DIE LINKE hat jetzt Herr Schaus das Wort. Bitte schön, Herr Schaus.

(Günter Rudolph (SPD):Wir hatten am Montag einen Antrag von Ihnen im Kreistag, der war aber nicht gut, deswegen mussten wir ihn ablehnen! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Der Bergsträßer Antrag war gut!)

Ich warte gern, bis Sie mit Ihrer Diskussion fertig sind. Ich höre auch gern zu.

(Günter Rudolph (SPD): Herr Schaus, Sie stören uns nicht!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPDFraktion hat diesen Antrag als Setzpunkt gesetzt, der sich im Wesentlichen auf drei Aspekte bezieht:

Erstens. Die Aufgabenübertragung vom Land an die Kommunen erfolgt in vielen Fällen ohne ausreichenden finanziellen Ausgleich. Das Konnexitätsprinzip, das wir in der Landesverfassung festgeschrieben haben, steht dort gut – die Realität sieht in vielen Fällen anders aus. Das ist richtig, und das muss kritisiert werden.

Die SPD kritisiert ferner die Streichung von Landeszuschüssen an kommunale Projekte. Hierzu hat meine Vorrednerin Frau Enslin schon mit Recht darauf hingewiesen, dass soziale Projekte, deren Bezuschussung von der Landesregierung durch die „Operation düstere Zukunft“ reduziert wurde, von den Kommunen aufgefangen werden mussten, weil man sie nicht hätte sterben lassen dürfen. Eigentlich wäre es notwendig, in diese sozialen Projekte auch von Landesseite mehr zu investieren,um damit die Kommunen zu entlasten.

(Beifall bei der LINKEN)

Der dritte und zentrale Punkt ist die Kritik an der geplanten Absenkung des Kommunalen Finanzausgleichs um 400 Millionen c ab 2011.

Alle drei Punkte halten wir für berechtigt und auch für diskussionswürdig. Wir müssen aber darauf hinweisen – meine Damen und Herren von der SPD, das kann ich Ihnen an dieser Stelle leider nicht ersparen –, dass die Kommunen auch schon zu SPD-Zeiten in Hessen über schlechte Finanzierungsbedingungen geklagt haben, dass es in anderen Bundesländern auch entsprechende Klagen gibt und dass insbesondere auch die Bundesgesetzgebung im vergangenen Jahrzehnt sehr zulasten der Kommunen ging. Es gehört in einer solchen Diskussion zur Redlichkeit dazu, dass die Gesetzgebung, die von der SPD, aber auch von der rot-grünen und der schwarz-roten Regierung mitverantwortet wurde, insbesondere in der Steuerpolitik zu zusätzlichen Steuerausfällen in Milliardenhöhe bei den Kommunen geführt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Durch die rot-grüne Arbeitsmarktpolitik kam noch hinzu, dass starke finanzielle Mehrbelastungen im Sozialbereich von den Kommunen aufgefangen und finanziert werden mussten und dass Aufgaben auf die Kommunen übertragen wurden, ohne dass auch von Bundesseite entsprechende finanzielle Entlastung vorgenommen wurde.

Folglich: Die Kommunen standen schon vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise an einem finanziellen Ab

grund und in vielen Fällen – in Hessen ist das bei mehr als zwei Dritteln der Fall – unter einem Finanzierungsvorbehalt durch den RP bzw. die Aufsichtsbehörde. Die Kommunen werden nach wie vor gezwungen, ihr Tafelsilber zu verscherbeln, Leistungen zu kürzen und zu privatisieren. Das ist aus unserer Sicht unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Christian Ude, der ehemalige Präsident des Deutschen Städtetages, hat auf der diesjährigen Konferenz des Städtetages Folgendes gesagt:

Als ich das Präsidentenamt beim Deutschen Städtetag vor vier Jahren übernahm, war die Zukunft der Kommunalfinanzen völlig unsicher.Die Gewerbesteuer war praktisch totgesagt.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

An anderer Stelle des gleichen Beitrags sagte er:

Die Sozialausgaben der Städte dagegen stiegen immer weiter.

Fakt ist: In der Zeit zwischen 2005 und 2007, in der eine leichte wirtschaftliche und finanzielle Erholung stattgefunden hat, konnten die Steuerausfälle und Mehrbelastungen aus den Zeiten zwischen 2002 und 2005 nicht ausgeglichen werden.

Meine Damen und Herren, dennoch finden wir den Antrag der SPD richtig und werden ihm und dem Änderungsantrag der GRÜNEN zustimmen – wobei allerdings bei dem Änderungsantrag der GRÜNEN der letzte Spiegelstrich für uns fraglich ist, wo es heißt, eine „größere Anreizwirkung insbesondere für die finanzschwächeren Kommunen, sich um eigene Einnahmen zu bemühen“, soll hier vorgenommen werden.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was habt ihr denn dagegen?)

Frau Enslin hat darauf hingewiesen. Was Sie unter „größerer Anreizwirkung“ verstehen, das hört sich für mich eher so an wie bei Hartz IV: fördern und fordern.

(Zurufe der Abg. Mathias Wagner (Taunus) und Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Ich hoffe nicht, dass Sie das gemeint haben. Das wäre aus unserer Sicht noch zu klären. Dennoch denken wir, dass der Antrag und der Ergänzungsantrag in die richtige Richtung gehen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Einen neuen Textbaustein!)

Der CDU/FDP-Abfangjäger hingegen verharmlost die grundsätzlichen strukturellen Finanzprobleme, in denen sich die Kommunen seit vielen Jahren befinden, wenn Sie schreiben,dass „bis ins Jahr 2008...die Lücke zwischen öffentlichen Einnahmen und Ausgaben... nahezu geschlossen werden“ konnte und nur die globale Finanz- und Wirtschaftskrise an allem schuld sei.

Meine Damen und Herren, da stellt sich doch die Frage: Wo kommen denn die Altschulden der Kommunen her? Der Landesrechnungshof weist im Bericht des Jahres 2008 eine kommunale Verschuldung in den Kernhaushalten in Hessen von rund 12 Milliarden c aus. Die Verschuldung der kommunalen Eigenbetriebe beträgt 16 Milliarden c.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))