Ich will noch ein, zwei Sätze zu der wohlfeilen Rücktrittsforderung sagen, die Frau Faeser versucht hat zu begründen. Sie konnte es nur damit begründen, dass sie wahrheitswidrig unterstellt hat, die friedlichen Demonstranten seien am Ausüben des Demonstrationsrechts gehindert worden.
Ich habe ausführlich dargelegt, dass das nicht so war. Frau Kollegin Faeser, ich habe den Eindruck, dass Sie es immer noch nicht verwunden haben, dass Sie sich damals bei der Frage der Kriminalstatistik zu Wohnungseinbrüchen vergaloppiert hatten. Sie können es nicht ertragen, dass Sie es in diesem Wahlkampf, der jetzt richtig entbrannt ist, mit einem erfolgreichen Innenminister und mit einer erfolgreichen Regierung zu tun haben.
Ich habe keine weiteren Wortmeldungen, damit ist die Debatte – – Der Ministerpräsident hat sich gemeldet. Bitte sehr.
Meine Damen, meine Herren, Herr Präsident! Es war immer erkennbar, das Ganze ist offenkundig inszeniert. Herr Rudolph hat nun den Rednerzettel, ich nehme an, von Herrn Schäfer-Gümbel, nach vorne getragen. Das Ganze ist eine Inszenierung und sonst nichts.
Ich will Ihnen kein Wort schuldig bleiben. Kollege Greilich hat Ihnen aus meiner Sicht alle Punkte vorgetragen.
Meine Damen, meine Herren, wenn ich das richtig verfolgt habe, haben wir allein in dieser Woche eine öffentliche Sitzung des Innenausschusses über siebeneinhalb Stunden gehabt. Völlig überraschend ist das Ergebnis dieser Innenausschusssitzung von den Parteien unterschiedlich bewertet
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil ihr die Wahrheit nicht sehen wollt! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Nach meiner Zählung haben wir im Plenum bereits mindestens dreimal über diese Demonstration beraten. Was kann jetzt eigentlich noch Neues vorgetragen werden? In der Sache habe ich kein einziges neues Argument gehört. Sie haben eine parteipolitische Bewertung vorgenommen, das ist zulässig.
Aber das ersetzt noch nicht eine Aufarbeitung, die nach meiner Zählung in dieser Woche schon viermal parlamentarisch geschehen ist. Am Ende haben Sie versucht, ein Schema noch einmal hochzuziehen, indem Sie keine neuen Erkenntnisse vorgelegt haben, indem Sie auch keine neuen Begründungen vorgelegt haben, sondern indem Sie vergleichsweise stur dasselbe vortragen, was Sie seit einigen Tagen immer wieder vortragen. Das ist Ihnen unbenommen. Unbenommen ist aber auch, dass die Fraktionen von CDU und FDP ihre Bewertung vortragen. Unbenommen ist auch, dass der Innenminister detailliert vorgetragen hat.
Ich habe eben sehr genau zugehört. Ich habe nicht gehört, dass irgendjemand dem Innenminister vorgeworfen hätte, er hätte irgendetwas Falsches behauptet.
Es geht hier um die Sache und nicht um Ihre Ableitung. Ich komme gleich dazu. Sie stellen ein Ergebnis fest, dass Ihnen parteipolitisch in den Kram passt. Sie verweigern bis heute die Anerkennung dieser zentralen Frage, die Kollege Greilich eben gestellt hat. Einem Innenminister, der fast zwölf Jahre im Amt war, muss man doch nicht das Brokdorf-Urteil erklären. Die zentrale Frage ist: Ist hier verhältnismäßig gehandelt worden oder nicht?
Da behaupten Sie: Nein. – Kollege Greilich hat, ich glaube, zum fünften Mal vorgetragen: Der Großteil der Demonstrierenden hätte die Demonstration fortsetzen können.
(Nancy Faeser (SPD): Das stimmt nicht! – Janine Wissler (DIE LINKE): Das können Sie ja überprüfen, wenn Sie so sicher sind!)
Wenn das so ist, dann ist dieses Urteil an dieser Stelle nicht einschlägig. Dann ist es in der Sache nicht richtig, dem Innenminister Vorwürfe zu machen. Es ist Ihr durchsichtiger Versuch, hier Stimmung zu machen. Es hilft weder dem Demonstrationsrecht in Hessen, in Frankfurt oder sonst wo, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, wenigstens noch die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Das müssen wir auch einmal sagen.
Herr Kollege Frömmrich, Sie haben eben formuliert, an der Demonstration hätten welche teilgenommen, die sich nicht sachgerecht und ordnungsgemäß verhalten haben. Im Grundgesetz steht ganz klar: „Alle … haben das Recht, sich … friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Es wäre schön, wenn alle in diesem Haus, vielleicht am Ende sogar DIE LINKE, wenigstens zu diesem Satz noch stehen
könnten. Ganz offensichtlich waren dort viele, die weder friedlich noch ohne Waffen dort waren. Das ist eben nicht die Ausübung des Demonstrationsrechts, das ist ein Missbrauch des Demonstrationsrechts.
Diesen Missbrauch zu unterbinden, ist die Aufgabe der Polizei. Gleichzeitig hat die Polizei zu gewährleisten, dass diejenigen, die friedlich demonstrieren, dieses Demonstrationsrecht auch ausüben können. Genau das hat der Innenminister zigmal vorgetragen.
Aus diesem Grund sehe ich auch nicht ansatzweise einen Grund, warum man dem Innenminister ein Fehlverhalten vorwerfen oder ihm das Vertrauen für die Amtsführung entziehen soll. Deswegen sage ich ganz klar: Herr Boris Rhein hat mein Vertrauen. Herr Boris Rhein hat von Ihnen bisher noch nicht in einem einzigen Punkt dargelegt bekommen, dass das hohe Gut des Demonstrationsrechts von diesem Innenminister nicht geschützt wird. Das Gegenteil ist der Fall, und deswegen bleibt Boris Rhein im Amt.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Das Wort hat der Kollege Schäfer-Gümbel, Fraktionsvorsitzender der SPD.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, Sie haben eben einen entscheidenden Satz gesagt, den ich teile: dass seitens der Opposition zumindest in Teilen nichts Neues vorgetragen wurde. Namens meiner Fraktion ist das ausdrücklich richtig. In der Frage der Fakten ist nichts Neues vorgetragen worden. Auch wir sind der Auffassung, dass das, was aufzuklären war, aufgeklärt ist und man jetzt über die Konsequenzen daraus zu reden hat.
Ihr Versuch, sich aus der Debatte herauszuschlängeln – nachdem Sie ja erst gerufen werden mussten, um an dieser Debatte überhaupt teilzunehmen –, ist aus unserer Sicht gescheitert. Wenn Sie sagen, dass Innenminister Boris Rhein „bis zum jetzigen Zeitpunkt“ ihr Vertrauen hat – das ist die wörtliche Formulierung von eben –, dann ist das im Prinzip ein Abruf auf Raten.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ein Quatsch! Sie verdrehen die Worte des Ministerpräsidenten! – Weitere Zurufe von der CDU)
Ich will noch einen draufsetzen. Innenminister Boris Rhein ist offensichtlich nur noch deswegen im Amt, Herr Dr. Wagner, weil er dem Ministerpräsidenten in der Polizeichefaffäre den Rücken gestärkt hat.
In der Sache war die Amtsführung von Boris Rhein seit Beginn von Pannen, Pech und Pleiten begleitet. Der Höhepunkt waren die Ereignisse am 1. Juni 2013. Herr Ministerpräsident, das, was Sie behauptet haben, ist eben falsch. Aufgrund der Aussagen von Journalistinnen und Journalis
ten, von Demonstrationsbeobachtern und Teilen der Polizei ist inzwischen klar, dass der Einsatz der Polizei dazu geführt hat, dass die friedlichen Demonstranten nicht weiterziehen konnten. Die Schleusen wurden – nach dem, was wir bisher wissen – erst gegen 18 Uhr geöffnet.
Ich will in aller Klarheit sagen, weil der Innenminister gestern – wie immer in solchen Fällen – eine schauspielerische Meisterleistung auf den Weg zu bringen versucht hat: Herr Rhein, Belehrungen von Ihnen darüber, dass Polizistinnen und Polizisten im Auftrag des Ministeriums und im Rahmen der gesetzlichen Regelungen ihren Dienst tun und wir ihnen deshalb ein Grundvertrauen entgegenbringen müssen, dass sie ein Recht darauf haben, dass wir sie unterstützen, und dass sie ein Recht darauf haben, unversehrt aus jedem Einsatz herauszukommen, brauchen wir von Ihnen ausdrücklich nicht.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Judith Lannert (CDU): Das brauchen Sie, weil Sie davon keine Ahnung haben! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)
Herr Innenminister, Ihr Verhalten, sich am Montag in der Pressekonferenz hinzustellen nach dem Motto, es sei überhaupt nichts passiert, obwohl Journalistinnen und Journalisten – von der „FAZ“ bis zur „Bild“-Zeitung – aus eigenem Erleben darüber berichtet haben, und zwei Tage später die Verantwortung für mögliche Fehler auf die örtliche Polizeiführung abzuwälzen, ohne dass sich irgendeiner, der politisch die Verantwortung trägt, vor sie stellt, ist nach wie vor der schäbigste Vorgang in dieser Posse, die Sie hier veranstalten.
Damit will ich noch einmal auf den Ministerpräsidenten zu sprechen kommen, weil er sich beklagt hat, dass die Wortmeldung schon abgegeben worden ist. Ich will den Ministerpräsidenten an seine eigenen Maßstäbe erinnern und deshalb wiederholen, was er damals im Hessischen Landtag gesagt hat. Er sprach davon, dass es ihm nicht darum gehe, einzelne Polizeibeamte zur Verantwortung zu ziehen – das sei Sache der Dienstaufsicht –, sondern dass es ihm darum gehe, insgesamt Konsequenzen zu ziehen. Er sagte weiter: „Es stellen sich … grundsätzliche Fragen … der Leitung im Ministerium.“ Der Ministerpräsident hatte damals recht – es hat danach ebenfalls eine Wahl gegeben –, und der Maßstab, den dieser Ministerpräsident damals eingeführt hat, muss auch heute, im Jahre 2013 gelten.
Es ist so, wie es Ministerpräsident Volker Bouffier im Jahre 1993 formuliert hat: Sie, Herr Innenminister, tragen für die Vorgänge unmittelbar die Verantwortung. Deshalb ist die notwendige Konsequenz aus diesen Ereignissen, Herr Ministerpräsident, dass Sie Ihren überforderten Innenminister endlich aus dem Amt entlassen.