Zu dem Niveau „Prost“ könnte ich dann etwas in eine andere Richtung sagen, das sollten Sie sich und uns ersparen.
Zweitens. Drei Beispiele, weil Sie eben am Schluss von Heuchelei geredet haben. Nehmen wir die B 519 in Hofheim im schönen Main-Taunus-Kreis, Ortsumgehung: Seit 15 Jahren nichts passiert. Sie tragen die politische Verantwortung, niemand anders.
Zweites Beispiel. B 252, Marburg Richtung Frankenberg, Korbach: „Herr Koch, wir brauchen die Ortsumgehungen“. Herr Posch, Sie und andere sind politisch verantwortlich.
Drittes Beispiel. Ja, die A 49, da wird es besonders schön. Ich hatte das Vergnügen – nennen Sie es, wie Sie wollen –, neben einem Oppositionsführer namens Roland Koch in
Borken-Kerstenhausen auf einem Trecker zu stehen, das war wohl 1998. „Wenn wir drankommen,“ – ich glaube, das war, als wir abgewählt wurden – „dann rollen morgen die Bagger“. Seit 15 Jahren bewegt sich nichts, jetzt sind Sie mit dem Tunnel vor Schwalmstadt dabei. Das Grundproblem bei der A 49 auch in früheren Zeiten: Sie wurde nicht einmal bis zum Ende geplant. Das zweite Problem: Sagen Sie den Menschen doch bitte einmal ehrlich, ob die Finanzierung des Baus der A 49 bis zum Anschluss an die A 5 gesichert ist. Das ist die zentrale Frage, weil Menschen auch in Marburg-Biedenkopf im Vogelsbergkreis – auch CDU-geführte Gemeinden – Angst haben, dass die irgendwo endet und der ganze Durchgangsverkehr in diesen Städten und Gemeinden landet.
Bevor Sie hier wieder permanent die Verantwortung auf andere abwälzen: Seit 1999 tragen Sie und die Parteien von CDU und FDP Verantwortung auch für die Verkehrspolitik. Dann haben Sie doch wenigstens den Mumm in den Knochen, auch zu sagen: Wir haben es nicht umsetzen können oder wollen.
Wie arrogant Sie mit den Menschen umgehen, zeigt auch das Beispiel um die Diskussion zu Tempo-30-Zonen in der Stadt Frankfurt. Warum überlassen Sie es nicht der kommunalen Selbstverwaltung, vor Ort zu entscheiden?
Das kann man ja für falsch halten, darüber lässt sich reden. Aber dann sollen es die politisch Verantwortlichen in einer Stadt wie Frankfurt entscheiden. Tempo 30 kann in einer so stark befahrenen Stadt mit viel Verkehrsbelastung durchaus eine Alternative sein. Das müssen die Verantwortlichen in Frankfurt entscheiden, und dann wird sich zeigen, ob die Wählerinnen und Wähler das auch so sehen. Aber Sie lehnen es aus ideologisch fixierten Gründen ab. Das ist der völlig falsche Ansatz.
Der dritte Punkt. „Das werde ich machen bis zum Exzess“ – wer beim Thema Flughafen anderen vorwirft, sie würden die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen, muss zunächst dafür sorgen, dass wir wieder Vertrauen zurückgewinnen. Die Ergebnisse der unter Hans Eichel eingeführten Mediation beinhalteten unter anderem den Ausbau des Flughafens, ja. Es gibt welche in diesem Haus, die dagegen sind. Das halten wir für falsch. Wir Sozialdemokraten stehen dazu.
Aber wir stehen auch zu dem Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr, Herr Boddenberg. Ich erinnere mich an Ihre politische Agitation in den Jahren 2008 und den folgenden Jahren, das gehe alles nicht. Da haben Sie Märchen erzählt. Sie haben bewusst das Vertrauen der Menschen gebrochen, weil Sie ihnen ideologisch motiviert erklärt haben, wirtschaftliche Interessen der Airlines gingen vor berechtigten Interessen der Menschen.
Damit haben Sie einen schweren Vertrauensverlust bei den Menschen erzielt. Das Vertrauen müssen wir mühevoll zurückgewinnen. Wir wollen es angehen, die Lärmbelastungen zu reduzieren und einzuschränken. Ein „Weiter so“ ist ähnlich platt wie der Spruch „Freie Fahrt für freie Bürger“ im „FAZ“-Interview und das Credo Ihrer ganzen Politik. Es gibt auch eine Verantwortung der Politik. Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.
Deshalb machen Sie ruhig so weiter, Herr Wirtschafts- und Verkehrsminister Rentsch. Sie wollen sich ja auch bewusst ein Stück weit von der CDU absetzen. – Es wird nicht reichen. Intelligente Verkehrspolitik muss Menschen mit einbeziehen. Das wollen und werden wir ändern. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gar nicht vor, mich noch einmal zu Wort zu melden. Ich habe es aber getan, weil ich es schon ein starkes Stück finde, wie Sie hier die Umweltverbände angegriffen haben, Herr Rentsch. Ehrlich gesagt, finde ich es für einen Wirtschaftsminister unangebracht, die Umweltverbände hier derartig anzugreifen.
in dem Menschen und auch Verbände natürlich die Möglichkeit haben – und das ist gut so –, gegen geplante Verkehrsprojekte auch juristisch vorzugehen. Sich hierhin zu stellen und zu sagen, die Umweltverbände – Sie sagten sogar „sogenannte“ Umweltverbände – seien Steuermittelverschwender, die nur um des Blockierens willen blockieren würden: Diese Umweltinitiativen und Umweltverbände haben in den meisten Fällen sehr gute Argumente dafür, das zu tun, was sie tun. Erkennen Sie das an. Ich finde es für einen Wirtschaftsminister wirklich unangebracht, so etwas derartig abzutun.
Ich finde, an der Stelle kann man ein bisschen selbstkritisch sein und fragen: Warum gibt es so viele Klagen? – Das kann einmal daran liegen, dass Sie die Menschen überhaupt nicht einbeziehen, wenn Sie Großprojekte oder
Schauen Sie einmal, was beispielsweise am Frankfurter Flughafen passiert ist, wogegen sich die Menschen zu Recht gewehrt haben. Schauen Sie, wie die Situation in Flörsheim ist, wo die Menschen völlig verlärmt werden. Wenn Ihre Politik derartig fatale Auswirkungen auf die Menschen hat, müssen Sie sich nicht wundern, dass es Menschen gibt, die dagegen vorgehen und versuchen, das zu verhindern.
Noch einmal: Diese Möglichkeiten sind in einem Rechtsstaat ausdrücklich vorgesehen. Das mag Ihnen nicht passen, Herr Rentsch, aber die Menschen haben die Möglichkeit, sich auch durch Klageverfahren zu wehren und durch Klageverfahren Dinge zu hinterfragen. Das ist gut so. Demokratie braucht eben auch Zeit, und das ist dann eben so. Ich finde, das kann man nicht derart abtun.
Das ist Ihre ganze Rede hier: Schuld sind immer die anderen. Schuld sind die Umweltinitiativen. Schuld ist der Kammmolch – bei Ihrem Vorgänger, Herrn Posch, war es immer der Kammmolch, der daran schuld war –, oder schuld ist die Opposition.
Wenn jetzt der Flughafen Kassel-Calden im wahrsten Sinne des Wortes nicht abhebt, dann ist natürlich auch nicht etwa das Konzept daran schuld, sondern die Opposition ist daran schuld, weil wir das Projekt schlechtredeten. – Was für ein Käse. Das ist vorne und hinten nicht wahr. Sie reden sich die Welt, wie sie Ihnen gefällt, Hauptsache, Sie müssen sich keiner Kritik stellen.
Das Letzte. Sie haben eben ein Plädoyer für die Freiheit der Menschen gehalten, dass sie selbst entscheiden sollen, welche Verkehrsart sie nutzen. Da kann ich nur sagen: Sie Scherzkeks. Erzählen Sie einmal jemandem im Vogelsbergkreis, dass er die freie Wahl des Verkehrsmittels hat, das er gerade benutzen möchte.
Welche Wahl haben die Menschen, wenn vielleicht der letzte Bus irgendwann um 19 Uhr fährt, wenn die Bahnverbindung stillgelegt wurde, wenn Busverbindungen eingestellt wurden? Welche Wahlmöglichkeiten haben dann die Menschen?
Sie machen hier doch etwas vor. Sie bauen den ÖPNV ab. Sie verschlechtern das Angebot in der Fläche. Dann, wenn die Opposition fordert, den ÖPNV wieder auszubauen,
stellen Sie sich hin und sagen, Sie wollen für die Menschen eine Wahlmöglichkeit, die diese Menschen gar nicht haben.
Fakt ist, in weiten Teilen des ländlichen Raums ist man heute abgehängt, wenn man kein eigenes Auto hat. Aber es gibt Menschen, die kein eigenes Auto haben, weil sie es sich nicht leisten können, weil sie noch nicht volljährig sind und noch keinen Führerschein haben oder, mit Blick auf den demografischen Wandel, weil sie nicht mehr in der Lage sind, sich mit dem Auto fortzubewegen. An diese Menschen sollten Sie auch denken und sie nicht abhängen.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, es gibt jetzt noch eine erneute letzte Wortmeldung. Das ist der Kollege Döweling von der FDP. Bitte sehr.
Nein, Frau Kollegin, ich hatte mich schon gemeldet, bevor Sie den Vogelsberg ins Spiel gebracht haben. Das Zitat „Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“ haben Sie dem Wirtschaftsminister vorgeworfen. Aber das trifft genau auf Sie zu.
Ich will Ihnen sagen, die Kritik an den Naturschutzverbänden ist berechtigt. Wir haben in diesem Land Demokratie, und Demokratie bedeutet immer einen Kompromiss. Das bedeutet auch immer, dass die Mehrheit etwas entscheidet. Genau dieses Prinzip wird bei Bauverfahren, wie bei der A 49 zu sehen war, völlig ins Gegenteil verkehrt, wenn Naturschutzverbände dort über Jahre, über Jahrzehnte
mit abstrusen Dokumenten, mit Kammmolchen, die dort gefunden werden, und anderen Tieren, die herhalten müssen, Bauvorhaben blockieren. Das ist ein wahrer Schildbürgerstreich. Das kann man der Bevölkerung vor Ort auch nicht mehr vermitteln. Deswegen brauchen wir die Änderungen im Planungsrecht, die der Kollege Rentsch angesprochen hat.