Protocol of the Session on June 27, 2013

Der Ministerpräsident hat jetzt erklärt, es würde ein Moratorium beim Stellenabbau geben. Die Rhön-Klinikum AG schert sich überhaupt nicht darum. Das interessiert die Rhön-Klinikum AG überhaupt nicht. Sie betreibt den Personalabbau. Dabei, das muss man immer wieder sagen, ist die Personalsituation schon jetzt angespannt.

Frau Ministerin, die Privatisierung hat fatale Auswirkungen für die Beschäftigten und die Patienten. Die LINKE bleibt deshalb dabei: Universitätskliniken gehören in die öffentliche Hand. Das Universitätsklinikum Gießen-Marburg muss zurück zum Land. Es gehört nicht in die Hände von Aktiengesellschaften.

Vielleicht bietet sich jetzt durch einen Eigentümerwechsel die Möglichkeit, an den Vertrag heranzugehen und das Universitätsklinikum wieder an das Land anzugliedern. Ich erwarte von dieser Ministerin, dass sie den Beschluss des Landtags umsetzt und wenigstens einmal einen Plan oder ein Konzept vorlegt, wie eine Rückführung des Universitätsklinikums an das Land aussehen könnte.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort erhält Frau Abg. Wolff für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der erste Satz des Antrags der Fraktion der GRÜNEN lautet:

Der Landtag stellt fest, dass das Universitätsklinikum Gießen-Marburg (UKGM) geeignet ist, ein national und international anerkannter Standort für Forschung und Lehre zu sein und gleichzeitig eine regionale Patientenversorgung bester Qualität anzubieten.

Ich finde, diese Formulierung entspricht der Realität und ist ziemlich angemessen. Sie ist zweideutig gemeint. Aber sie ist zutreffend.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Matthias Bü- ger (FDP))

Der Wunsch, wie ihn Frau Wissler eben formuliert hat, ist ein völlig anderer. Denn sie wünscht sich ausdrücklich, dass das nicht der Fall ist. Das ist eine Autosuggestion, die der Tatsache geschuldet ist, dass sie grundsätzlich gegen private Einrichtungen ist.

Tatsache ist aber, dass dieses Klinikum hochleistungsfähig ist, und zwar sowohl bei der Patientenversorgung als auch in der Forschung. Es ist das drittgrößte Universitätsklinikum in Deutschland, und es ist erfolgreich.

Es sind Schritt für Schritt Investitionen in einer Größenordnung von Minimum 360 Millionen € geleistet worden. Damit wurden Gebäude errichtet. Damit wurden neue Forschungsschwerpunkte eingerichtet. Im Moment sind Investitionen in Gießen wie auch in Marburg bei der Erwachsenenpsychiatrie und bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Arbeit. Es wird eine Menge dessen geleistet, was in den Jahren zuvor nie geleistet wurde.

Zumindest eines nehme ich zur Kenntnis: Mit der Formulierung der Nr. 1 des Antrags wird zunächst einmal akzeptiert, dass der Zusammenschluss der beiden Klinika eine hoch professionelle, gute und wirkungsvolle Leistung gewesen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Entgegen manch anderem, was immer wieder behauptet wird, kommt dazu, dass dieses Klinikum seinen Personalbestand in gleicher Höhe gehalten hat. Das ist im Vergleich zu manch anderem staatlichen oder kommunalen Klinikum eine beachtliche Leistung.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es!)

Es gibt 60 Stellen mehr. Es sind also sogar geringfügig mehr. Wer die Zahlen anderer Klinika im Land oder bundesweit sieht, weiß, dass das eine enorme Leistung ist, die zu der Leistungsfähigkeit bei der Versorgung und der Forschung erheblich beiträgt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zur Leistungsfähigkeit muss allerdings in Zukunft auch die Partikeltherapie dazugehören. Da kann es überhaupt kein Missverständnis geben. Ich glaube auch, dass die RhönKlinikum AG das indirekt akzeptiert hat. Denn sie zahlt seit diesem Jahr die Pönale.

Das muss aber auch entsprechend weiterverhandelt werden. Wir wollen, dass die hohe Leistungsfähigkeit des Klinikteils in Marburg in diese Richtung ergänzt wird. Wir wollen, dass das, was in Darmstadt bei der GSI, später in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum in Heidelberg, vorbereitet und erbracht wurde, auch am Standort Marburg für die Patienten geleistet wird. Dann wird in der Tat das, was wir wollen, zu einem besonderen Alleinstellungsmerkmal in der Region Mittelhessen werden.

Allerdings hat nicht nur die LINKE, sondern auch die SPD die Partikeltherapie schon häufig für tot erklärt, und zwar nicht, weil sie deren Erfolg wollen, sondern weil sie einen Misserfolg der Landesregierung haben wollen. Aus keinem anderen Grund geschieht das.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir kämpfen in der Tat für diese Partikeltherapie am Standort Marburg. Das tut die Landesregierung in Verhandlungen, die sie immer und immer wieder im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst dargestellt hat. Die Ministerin hat dazu in jeder Sitzung vorgetragen.

Ich frage mich, warum das Thema Kündigung durch Siemens von der Fraktion der GRÜNEN in dieser Weise vorgetragen wird. Ich frage mich, warum die Fraktion der GRÜNEN das während des Verhandlungspokers macht, der im Moment ganz offensichtlich zwischen Siemens und der Rhön-Klinikum AG um die Fragen stattfindet: Wer hat wem was abgekauft oder gemietet? Wer ist zu was verpflichtet? – Das gibt es dann auch noch zwischen der Rhön-Klinikum AG und dem Land.

Es handelt sich um einen Verhandlungspoker, bei dem die Kündigung noch nicht mit dem Abbau identisch ist. Der Abbau erfordert einen Antrag. Dieser Antrag liegt nicht vor. Der Antrag müsste genehmigt werden.

Ich frage mich mittlerweile: Machen sich die Oppositionsparteien möglicherweise zum Werkzeug der Falschen,

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

indem sie Spekulationen, die nicht angemessen sind, mit Tatsachen verbinden?

Ich frage mich in der Tat, ob das nicht auch im zweiten Fall gilt. In einem anderen Punkt des Antrags wird erneut über eine Übernahme spekuliert. Ich frage mich, ob das nicht möglicherweise im Sinne ganz anderer Verhandlungsführer ist. Denn das geschieht nicht im Sinne des Landes Hessen und im Sinne der Landesregierung.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Und der Menschen!)

Ich frage mich gelegentlich, ob Sie solche Themen möglicherweise nicht im Interesse der Patienten und des Klinikums, sondern als Werkzeug im Kampf gegen die Landesregierung benutzen. Das wäre schäbig.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Meine Damen und Herren, in der Tat muss sich mancher in Mittelhessen überlegen, ob er tatsächlich diejenigen unterstützt, die dieses Klinikum schlechtreden, die behaupten, es habe schlechte Arbeitsplätze, die Zweifel an der Qualität der Versorgung säen und die die Forschungsleistungen vorwiegend unterschlagen. Das Klinikum wie die Forschung, die Versorgung und die Region Mittelhessen brauchen anderes. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich gehe davon aus, dass der Antrag und der Dringliche Antrag dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst überwiesen werden. – Das ist so. Es ist damit beschlossen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 88 auf:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Landesregierung muss Verantwortung übernehmen: Taksim ist überall, auch in Bursa – Drucks. 18/7558 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. – Das Wort erhält Herr Abg. Willi van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zur späten Stunde doch noch ein Thema, das uns alle bewegt, durchaus gemeinsam und identisch. Ich habe den Antrag der vier anderen Fraktionen gesehen. Dem können wir natürlich zustimmen, es geht um die gleiche Sache. Unser Antrag geht aber ein bisschen weiter: Wir wollen ein Signal an die Bewegung in der Türkei senden. Wir sind als Landtag dort präsent, indem wir mit der Region Bursa eine ganz konkrete Partnerschaft haben. Da wäre es ganz sinnig, wenn wir uns dort auch zeigen würden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bilder vom Taksim-Platz aus den letzten Tagen, die Jagd auf Menschen, das Niederprügeln von friedlich Demonstrierenden, Tränengas und Knüppel gegen Kinder, Frauen, ältere Menschen – all diese Bilder sind uns sehr nahe.

Unsere Solidarität gilt jenen, die sich von der Polizeigewalt der türkischen Regierung nicht abschrecken lassen und für eine offene, tolerante Gesellschaft in der Türkei eintreten. Die Protestbewegung in der Türkei ist von einem Protest gegen die Zerstörung des Gezi-Parks im Herzen Istanbuls mittlerweile zu einer Bewegung gegen einen islamistischen Unterdrückungsstaat geworden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bewegung wehrt sich auch gegen die Selbstqualifizierung der AKP als islamisch-konservativ. Zu deutlich waren in den letzten Jahren die Züge eines autoritären Regimes, das mit islamistischem Tugendterror versucht, Kritikerinnen und Kritiker mundtot zu machen. In den vergangenen Jahren ging es immer schon gegen Kurden, gegen Andersdenkende, die im Grunde mundtot gemacht werden sollten.

Übrigens war dabei auch der Einsatz deutscher Panzer von Bedeutung, die mitgeholfen haben, den Unterdrückungsapparat in der Türkei gegen die Kurden zu bestärken.

Diese Bewegung richtet sich gleichzeitig gegen den autoritären Neoliberalismus der AKP. Sie ist in diesem Sinne soziale Protestbewegung, die sich besonders gegen die Umverteilung zugunsten islamistischer Eliten in der Türkei zur Wehr setzt.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Aktionen, von denen ich gesprochen habe, fanden auch in unserer Partnerstadt Bursa statt, wo ebenfalls Tausende Menschen von Wasserwerfern und Tränengasbomben malträtiert worden sind.

(Holger Bellino (CDU): Bursa ist eine Region und keine Stadt! So viel Sachkenntnis sollte man haben!)

Herr Bellino, in Bursa fanden Demonstrationen mit Tausenden Menschen statt, und es wurden dort Wasserwerfer eingesetzt und Tränengas –