Protocol of the Session on June 27, 2013

(Heiterkeit)

Es ist doch gut, ein bisschen Menschlichkeit hineinzubringen. – Der Kollege Kaufmann bekommt jetzt auf jeden Fall das Wort. Erst konnte er nicht sitzen, jetzt konnte er kaum noch stehen, jetzt bekommt er das Wort, ganz egal, wer sich wie gemeldet hat. Bitte sehr, Herr Kollege Kaufmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon bezeichnend, wenn man die Ausführungen des Finanzministers als „lieb“ empfindet. In Wahrheit haben wir es bei ihm mit dem Rekordschuldenmacher der hessischen Geschichte zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Finanzplanung setzt genau diesen Kurs fort. Meine Damen und Herren, nach Ende der Finanzplanung, die heute hier mit dem Plan vorgelegt wird, wird das Land 45 Milliarden € Schulden ausgewiesen haben. Der Finanzplan, wir erinnern uns daran mehr oder minder gern, mancher auch mit Schaudern, wurde früher vom Amtsvorgänger des Finanzministers als das weimarsche Märchenbuch tituliert. Er selbst hat diese Bezeichnung sogar in die Welt gesetzt. Der jetzt amtierende Finanzminister macht daraus eher einen Fortsetzungsroman in Schundqualität; denn statt planvoll das zu machen, was er uns hier weismachen will, nämlich tatsächlich den Haushalt zu konsolidieren, enthält der Finanzplan in Wahrheit nur Beliebigkeiten.

Etliche Haushaltsrisiken werden ignoriert, oder es wird verweigert, anstehende Ausgaben, die das Land durch Be

schlüsse der Landesregierung längst übernommen hat, auch durch Gesetze, die wir hier beschlossen haben, tatsächlich in den Plan einzustellen. Besonders charakterisierend ist doch: Herr Schäfer hat uns gerade klargemacht, dass der Abbaupfad der Neuverschuldung – wir reden nicht etwa über Schuldenabbau, sondern wir reden über geringere Mehrverschuldung – 250 Millionen € betrifft. Das ist exakt derselbe Betrag, den er nur als Luftbuchung im Finanzplan hat, nämlich als globale Mehreinnahmen und globale Minderausgaben. Meine Damen und Herren, kann man noch deutlicher klarmachen, dass man Konsolidierung überhaupt nicht betreibt, sondern nur so tut, als ob?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Insoweit können wir klar und deutlich feststellen: Die Finanzlage entspricht der Lage der Regierung: Die Rücklagen sind verbraucht. Die Ressourcen sind erschöpft. Ein neuer Ansatz ist notwendig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Dieser neue Ansatz sollte eigentlich die Schuldenbremse sein. Das wird die Schuldenbremse, vor allem wenn man in den Plan hineinschaut, den Sie uns vorgelegt haben, nun wahrlich nicht leisten können. Der Text, der dort über die Schuldenbremse nachzulesen ist, hat in der Tat eine erbärmliche Qualität.

Da das eines meiner Herzensthemen ist, will ich nur eine besondere Abstrusität – das ist ein winziges Pünktchen – in diesem Finanzplan erwähnen. Machen Sie all den Leuten, die rund um den Flughafen in Frankfurt an Fluglärm leiden, klar, dass der Regionalfonds als Investitionsmaßnahme des Landes in dem Finanzplan gebucht wird. Da kann man in der Tat nur den Kopf schütteln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich möchte noch einmal die Kolleginnen und Kollegen der CDU ansprechen und zart daran erinnern, was bereits in der ersten Lesung zum Haushalt gesagt wurde, nämlich, dass der Vorgänger des Finanzplans, also der vor einem Jahr, völlig unbrauchbar war.

Ich hatte Sie damals aufgefordert, ihn zur Überarbeitung an Ihre Regierung zurückzugeben. Genau dasselbe steht auch heute an. Diesen Finanzplan – Sie entnehmen es unserem Antrag; darin stehen auch genügend Begründungen dafür – kann man so nicht mit machen. Deswegen werden ihm auch nicht zustimmen. Selbst wenn eine Zustimmung gar nicht erforderlich ist, auch bei einer Kenntnisnahme werden wir mit Nein stimmen, weil wir damit ausdrücken wollen, dass dieser Finanzplan in die falsche Richtung führt.

Eine letzte Bemerkung sei mir noch gestattet. Wir haben jetzt drei komplette Jahresabschlüsse in der Doppik. Meine Damen und Herren, die Doppik findet sich in diesem Finanzplan geistig-gedanklich überhaupt nicht wieder. Nun kann man sagen, das sei systembedingt. Lediglich an einer Stelle am Ende des Textes kann dies gelten, die allerdings sehr bemerkenswert ist, weil sie eigentlich deprimierend ist. Dort wird, sozusagen im letzten Absatz, schamhaft eingeräumt:

Am Ende der Finanzplanungsperiode wird der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag des Landes die Summe von 78 Milliarden € erreicht haben.

Soweit zur Ehrlichkeit dieses Finanzministers. Von Konsolidierung ist da überhaupt nichts zu sehen. Wenn man diese betreibt, Herr Finanzminister, muss man sich sehr viel mehr Gedanken auch über Einnahmen machen. Darüber haben Sie keinen Satz verloren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das stimmt!)

Vielen Dank, Herr Abg. Kaufmann. – Das Wort hat Herr Abg. Pentz von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Hessische Landesregierung hat mit der mittelfristigen Finanzplanung 2013 bis 2017 eine grundsolide Vorlage für den Finanzbedarf in den nächsten fünf Jahren vorgelegt.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Beifall des Abg. Holger Bellino (CDU))

Die CDU-FDP-geführte Landesregierung mit Volker Bouffier an der Spitze und Thomas Schäfer als Finanzminister setzt den bereits 2010 begonnen Abbaupfad der Staatsverschuldung konsequent und erfolgreich fort.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Helau!)

Seit 2009 wurde die Neuverschuldung damit um über die Hälfte reduziert.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, mit der Aufnahme der Schuldenbremse haben wir das finanzpolitische Schiff fit gemacht. Mit dem Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse sind die Segel gesetzt, und mit dem Finanzplan und dem Abbau der Nettoneuverschuldung

(Marius Weiß (SPD): Wird die Luft produziert!)

bekommen wir den nötigen Wind in die Segel, damit wir Hessen weiter auf Kurs bringen.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, die Gesamtausgaben werden vom Jahr 2013 mit 23,1 Milliarden € auf 24,9 Milliarden € im Jahr 2017 steigen, das sind im Jahresdurchschnitt 1,9 %. Nach zuverlässiger Schätzung der Steuermehreinnahmen können wir im gleichen Zeitraum einen Jahresdurchschnitt von 3,5 % an Steuermehreinnahmen erzielen. Meine Damen und Herren, die Steuermehreinnahmen der nächsten Jahre sind nur ein Teil des Weges. Wir müssen, das hat der Finanzminister klar gesagt, weiterhin kräftig sparen.

Wie unterschiedlich die Ansätze zwischen Ihnen und uns sind, sieht man eindrucksvoll, wenn man sich anschaut, wohin Sie finanzpolitisch wollen. So will Rot-Grün für den laufenden Doppelhaushalt gut 1,5 Milliarden € mehr aus

geben. Solide gegenfinanziert ist das aber nicht. Das wissen Sie auch.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ein Wort noch zu Herrn Kaufmann und den GRÜNEN.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Sie kommen immer mit der Leier: Ihr seid die Schuldenmacher, wir wissen alles besser.

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Natürlich!)

Ja, ja. Genau. Dann kommt der Einwurf: „Aber wir haben doch unser Konzept mit Nr. 3 Abs. d linker Teil vorgelegt …“ Ich will Ihnen einmal etwas sagen. Das Konzept ist genauso viel Wert wie wir eintreten für Transparenz. Wenn es darauf ankommt, scheitern Sie an den Lebenswirklichkeiten. Ihr Engagement für Transparenz kann man besichtigen bei dem Thema Offenlegung der Karten für Windkraftanlagen im Regionalverband, meine Damen und Herren.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Alexander Bauer (CDU): Getroffene Hunde bellen!)

Ja, das wollen Sie nicht, Herr Kaufmann, und Sie wollen die Leute an dieser Stelle vernebeln. Aber zurück zum Finanzplan.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie doch einmal, wie viele Schulden Sie zusätzlich gemacht haben!)

Meine Damen und Herren, die konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen sind für uns unerlässlich, um die Nettoneuverschuldung auf null zu senken.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schuldenkönig!)

Das setzt aber voraus, dass man die Konjunktur fördert und unterstützt. Steuererhöhungen, wie sie jetzt von SPD und GRÜNEN gefordert werden, sind pures Gift für die Konjunktur und die Entwicklung unseres Landes, lieber Herr Schmitt.

(Norbert Schmitt (SPD): Meinen Sie die Grunderwerbsteuer, die Sie erhöht haben?)

SPD und GRÜNE wollen mehr als zehn Steuerschrauben anziehen: die Einkommensteuer, die Erbschaftsteuer, die Kapitalertragsteuer wollen Sie erhöhen. Einen Wassercent wollen Sie einführen. Baustoffsteuern sollen eingeführt werden. Das Ehegattensplitting soll abgeschafft werden. Die Kinderfreibeträge sollen reduziert werden. Die Beitragsbemessungsgrenze soll angehoben werden, und Minijobs sollen gestrichen werden.

(Norbert Schmitt (SPD): Grunderwerbsteuer! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie viele Schulden haben Sie genau gemacht?)

Damit vernichten Sie Wohlstand und Arbeitsplätze. Sie treffen die Mitte unserer Gesellschaft. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Kurt Biedenkopf sagte über die Staatsverschuldung: Ein Staat, der seine Zukunft mit Krediten finanziert, der hat keine Zukunft.