Ein letztes Argument, welches ebenfalls stichhaltig ist, bezieht sich darauf, dass dieses Praxissemester gleichzeitig als eine Art Assessment bzw. Selbsteignungsüberprüfung für die zukünftigen Lehrkräfte angesehen wird. Auch dazu haben alle Fachleute gesagt, diese gleichzeitige Überfrachtung – schulpraktische Studien und Vertiefung des an der Universität Gelernten in der Praxis und zusätzlich eine Selbstüberprüfung der Eignung – ist in dieser Form nicht möglich.
Aber ich will Ihnen nicht vorenthalten, warum ich gesagt habe, es sei falsch, was die Kultusministerin erklärt hat. Die Fachdidaktiker der Universität Kassel haben eine eindeutige Stellungnahme abgegeben, die ich Ihnen gern vorlesen möchte. Die unterzeichnenden Fachdidaktiker erklären, dass aus den genannten Gründen eine Mitwirkung am Modellprojekt Praxissemester auf der Grundlage des vorliegenden Gesetzentwurfs und des Änderungsantrags ausgeschlossen sei. Zur Mitwirkung an der Entwicklung eines sinnvollen Modells für ein Praxissemester – dafür müssten zunächst einmal etwaige Defizite des existierenden Modells der konsekutiven Praktika sorgfältig herausgearbeitet und nachgewiesen werden – sei man gerne bereit.
So viel zur Bereitschaft der Universitäten, das Praxissemester in der vorgelegten Form durchzuführen, und zur Sinnhaftigkeit dieses Modellversuchs. Ich hoffe, dass das, was die Fachleute Ihnen mit auf den Weg geben, doch noch zu der Überlegung führt, dass es mit ihnen in einem gemeinsamen Diskurs besser gemacht werden könnte, als Sie es hier vorgelegt haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein Praxissemester kann ein wesentlicher Baustein einer verbesserten Lehrerausbildung sein. Mit einem Praxissemester können wir es schaffen, dass angehende Lehrerinnen und Lehrer sehr früh Erfahrungen über die schulische Wirklichkeit gewinnen und auch eine Rückmeldung an ihre Hochschulen geben können, was sie für die Ausbildung dieses verantwortungsvollen und wichtigen Berufs in unserer Gesellschaft brauchen.
Ein Praxissemester kann auch für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer wichtige Hinweise darüber geben, ob dieser Beruf der richtige für sie ist und ob der Beruf tatsächlich so ist, wie sie ihn sich vorgestellt haben.
Deshalb hält meine Fraktion Praxissemester für einen guten und richtigen Schritt. Allerdings – das hat die Anhörung zu diesem konkreten Vorschlag gezeigt – muss ein Praxissemester auch praxistauglich umgesetzt sein. Hier haben wir erhebliche Zweifel, ob das mit diesem Gesetzentwurf gelingt. Deshalb werden wir uns bei diesem Gesetzentwurf enthalten. Wir sind weiter für Praxissemester, aber man muss sie auch richtig umsetzen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Wesentlichen sind die Argumente zum Praxissemester ausgetauscht. Dem, was Kollege Irmer noch einmal umfassend vorgetragen hat, was uns bei diesem Praxissemester und der Änderung des Lehrerbildungsgesetzes wichtig war, ist grundsätzlich nichts hinzuzufügen.
Ich möchte allerdings doch noch meine Verwunderung zum Ausdruck bringen: Nachdem es anders kommuniziert war, hat die SPD-Fraktion überraschenderweise eine dritte Lesung beantragt. Ich hatte erwartet, dass man, wenn man eine dritte Lesung beantragt, im Kulturpolitischen Ausschuss möglicherweise mit Änderungsvorschlägen oder einem eigenen Gesetzentwurf kommt – aber nichts dergleichen. Auch heute verstehe ich noch immer nicht, was die SPD-Fraktion – was natürlich ihr gutes Recht ist – zu dieser Aufhaltetaktik durch eine dritte Lesung bewogen hat. Da drängt sich fast der Verdacht auf, Sie haben so lange gewartet, bis eine kritische Stellungnahme von einer Uni kam, um diese hier zitieren zu können. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Für mich jedenfalls gilt weiterhin das, was ich schon in der ersten und zweiten Lesung gesagt habe. Wir glauben auch nicht, mit dem jetzt vorgelegten Entwurf den Stein der Weisen gefunden zu haben; sonst hätten wir das Ganze nicht auf Versuchsbasis angelegt und würden es nicht in Ruhe wissenschaftlich evaluieren. Aber wir glauben, dass
dies ein guter Weg sein kann, in Hessen verschiedene Probleme in der Lehrerbildung anzupacken, zu mehr Praxis zu kommen und den jungen angehenden Lehrerinnen und Lehrern einen Weg aufzuzeigen, sich in einer frühzeitigen Phase des Studiums selbst zu reflektieren und zu überlegen, ob das eigentlich der richtige Beruf ist.
Deswegen sollten wir diesen Weg gehen. Ich finde es ein bisschen schade, dass die GRÜNEN nur mit einer kraftlosen Enthaltung mitgehen wollen, aber gut. Wir beschließen es mit unserer Mehrheit, dafür haben wir sie, und dafür sind wir gewählt. Wir glauben, dies ist der richtige Weg. – Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Döweling. – Frau Cárdenas, ich darf Ihnen für die Fraktion DIE LINKE das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kultusministerin, obwohl seit der ersten Lesung nunmehr fünf Monate vergangen sind und wir eine Anhörung zu dem Praxissemester hatten, haben Sie diese Zeit nicht genutzt, um sich mit der Kritik an dem Vorhaben auseinanderzusetzen.
Das ist nichts Neues, Anhörungen haben hier mittlerweile reinen Unterhaltungscharakter. Von dem, was seitens der Expertinnen und Experten in Anhörungen an Sie herangetragen wird, wird in der Regel wenig angenommen. Vielmehr stellen Sie sich nach den Anhörungen hin und behaupten sogar, Ihre Vorhaben seien auf große Zustimmung getroffen.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass die unmittelbar Betroffenen, die Studierenden und somit die Studierendenvertretungen, zu dieser Anhörung nicht einmal eingeladen waren. Das ist beispielhaft für das, was Sie in letzter Zeit bildungspolitisch präsentieren. Sie machen Politik an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei, Politik über die Köpfe hinweg.
Von Betroffenen und Experten wollen Sie, wie wir eben von Frau Habermann gehört haben, sich nichts sagen lassen, und dies aus gutem Grund. Sie würden Ihnen dann nämlich sagen, dass das, was Sie machen, im Großen und Ganzen Murks ist.
Ich will kurz in Erinnerung rufen, warum dieser Gesetzentwurf abzulehnen ist. Es ist erstens nach wie vor nicht geklärt, welche Aufgaben die Studierenden an den Schulen aufgetragen bekommen sollen. Sie können nicht ernsthaft erwägen, die Studierenden zu so einem frühen Zeitpunkt in ihrer Ausbildung Unterricht geben zu lassen. Zu einem so frühen Zeitpunkt kann die fachdidaktische und fachliche Kompetenz überhaupt noch nicht erworben sein. Aber wenn sie nicht unterrichten sollen, was sollen sie dann an Praxis gewinnen?
Die Praxis soll, wohlgemerkt, das Ziel haben, ihnen die Möglichkeit zu geben, selbst einzuschätzen, ob sie für den Lehrerberuf geeignet sind.
Zweitens. Seit Jahren klagen die Mentorinnen und Mentoren zu Recht über die stetig steigende Arbeitsbelastung. Das wollen Sie wahrscheinlich auch nicht hören. Denn statt sich dieses Problems anzunehmen, das auch seinen Teil zur Qualität der Lehrerbildung beiträgt, kommen Sie den Mentorinnen und Mentoren jetzt mit dem Praxissemester. Gespräche wurden meines Wissens nicht mit ihnen geführt.
Die Fragen, was genau mit den Praxissemestern auf sie zukommen wird, beantworten Sie nicht, vielleicht weil Sie es selbst noch nicht wissen. Denn durchdacht ist dieser Schnellschuss an vielen Stellen nicht.
Welche Entlastungen vorgesehen sind, auch das ist nicht klar; denn Sie haben wohl nicht ernsthaft vor, die Zulage für die Ausbildungsbeauftragten zu übertragen. Diese Zulage sieht einen Betrag von 76,69 € vor, und das wäre lächerlich.
Drittens. Welche Schulen sollen als Kooperationspartner für welche Fächer dienen? Sind diese für die Studierenden überhaupt erreichbar? Immerhin leben die Studierenden in ganz Hessen verteilt. Selbst die Hochschulen und Studienseminare merken an, dass sie außerordentliche organisatorische Bedenken haben.
Es wird Sie daher nicht überraschen, dass wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Es war ein netter Versuch, vor der Wahl den Eindruck zu erwecken, Sie hätten bildungspolitisch tatsächlich innovative Ideen. Aber genau wie der G-8-/G-9-Murks und das Theater um das unsinnige Landesschulamt ist auch das Praxissemester Unsinn und im Kern substanzlos. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es gut ist, dass wir heute beim Thema Praxissemester an die Umsetzung kommen. Das Thema ist lange diskutiert worden. Es ist an und für sich einhellige Meinung, dass die Praxisanteile auch in der ersten Phase der Lehrerausbildung erhöht werden sollen. Es gibt unterschiedliche Sichtweisen, wie diese Erhöhung stattfinden soll, zu welchem Zeitpunkt die Erhöhung stattfinden soll, ob es ein komplettes Semester oder ineinandergreifende Blockseminare sein sollen.
Da ist es gut, dass wir an dieser Stelle zu der Erprobung einer dieser in der Diskussion stehenden Formen kommen. Wir tun das an einzelnen Standorten. Wir erproben es mit wissenschaftlicher Begleitung. Das heißt, es wird entsprechend evaluiert werden, ob sich die Lage des Praktikums, ob sich die Ausgestaltung des Praktikums bewährt. Aus der Evaluation werden wir dann die Rückschlüsse darauf ziehen, wie wir in der Zukunft insgesamt die Lehrerausbil
Von daher bietet diese Erprobung eines Praxissemesters bei einem geringfügigen organisatorischen Aufwand und, Frau Kollegin Cárdenas, einer ganz bewussten Auswahl der jeweiligen Standorte, nämlich mit Blick auf die organisatorischen Umsetzungsmöglichkeiten und die große Zahl der Ausbildungsschulen im Umfeld dieser drei Hochschulen, und auch unter Einsatz der entsprechenden 1:1Mentorenbegleitung mit entsprechender Zulage – Sie haben es angesprochen – meines Erachtens Gewähr dafür, diesen Diskussionen aus der Theorie einen Schritt näher zu kommen.
Frau Habermann, auch wenn Sie hier den Brief einzelner Fachdidaktiker der Universität Kassel zitieren, kann ich Ihnen sagen, dass die Universität Kassel trotz kritischer Einlassungen – z. B. in der Anhörung – Wert darauf gelegt hat, an dieser Erprobung teilzunehmen. Es gab in einem ersten Stadium die Überlegung, zunächst nur mit der Universität Frankfurt in die Erprobung zu gehen. Die anderen beiden Hochschulen haben Wert darauf gelegt, bei der Erprobung nicht außen vor gelassen zu werden.
Insofern mag es eine unterschiedliche Sichtweise der von Ihnen zitierten Fachdidaktiker und des Zentrums für Lehrerbildung sowie der Universität als Ganzes geben. Aber ich glaube, dass die Universität und auch das Zentrum für Lehrerbildung Gewähr dafür bieten werden, wenn sie sich in diesen Prozess ganz bewusst eingeklinkt haben, dass die Erprobung auch bei ihnen mit allem Engagement angegangen wird.
Ich denke, dass es auch sinnvoll ist, darauf hinzuweisen, dass wir die Überlegungen zur Erprobung eines Praxissemesters einbinden in die Diskussionen, die es auf der Ebene der Kultusministerkonferenz gibt. Sie werden wahrscheinlich wissen, dass es dort eine Arbeitsgruppe gibt, die sich unter anderem auch mit der Frage der Eignungsabklärung befasst. In dieser Arbeitsgruppe ist Hessen neben einer Reihe von anderen Bundesländern beteiligt. Genau aus der Diskussion in dieser Arbeitsgruppe haben wir die Überlegungen aufgenommen, die jetzt zur Erprobung des Praxissemesters führen und die ergeben sollen, inwiefern hierdurch eine Professionalisierung der weiteren Entwicklung der Lehramtsstudierenden stattfinden kann.
Sicherlich ist es so, dass mit der Erprobung des Praxissemesters die Bemühungen des Kultusministeriums um die Weiterentwicklung und die Innovationen in den Lehramtsstudiengängen nicht beendet sind. Sie wissen, dass wir im Hinblick auf Inklusion, Sprach- und Schriftspracherwerb und Umfang der fachwissenschaftlichen Ausbildung weiter in der Diskussion sind. Auch die Qualitätssicherung der Abschlussprüfung wird in den künftigen Überlegungen sicherlich eine Rolle spielen. Aber ich bin froh, dass wir bei der sehr langen Diskussion in der Fachwelt über die Ausgestaltung und die Vorzüge eines Praxissemesters schlicht in die Erprobung kommen. Wir werden dann sehen, was bei der Fortführung der Lehramtsstudiengänge insgesamt in die Fläche zu übernehmen ist.
Deswegen danke ich vor allem all denen, die sich jetzt auf den Weg machen, dies zu erproben, die das unterstützen, die vor allem auch die Studierenden in dem Praxissemester unterstützen werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir
mit ihnen nachher eine sehr gute Lösung finden werden, wenn es darum geht, alle Lehramtsstudiengänge entsprechend umzuorganisieren. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Beer. – Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zur dritten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes.
Ich komme zur Abstimmung. Wer möchte zustimmen in der Fassung der Beschlussempfehlung? – Das sind CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Die SPD und DIE LINKE. Wer enthält sich? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen und wird zum Gesetz.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses – Drucks. 18/ 7516 –