Protocol of the Session on June 25, 2013

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der einzige Grund, warum Sie das machen – nach dem Motto: „Verstehen wollen wir nichts, brauchen wir auch nicht“ –, ist, weil Bund und EU das angeblich so ähnlich machen. Dass dann der Vertreter des Bundesfinanzministeriums das Verfahren gut findet, das er selbst nicht durchblickt, aber bei sich anwendet, ist wohl auch nicht verwunderlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Man- fred Pentz (CDU))

Wir sollten einmal zur Kenntnis nehmen, dass kein Bundesland, das sich frei entscheiden konnte, bisher dieses Verfahren gewählt hat. Einzig die drei Länder, die Konsolidierungshilfenempfänger sind, mussten, vom Bund aufgedrückt, dieses Verfahren nehmen. Alle, die es bisher angepackt haben, das Schuldenbremse-Gesetz umzusetzen, haben nicht dieses Verfahren, sondern das Verfahren der Betrachtung der steuerlichen Entwicklung verwendet.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen noch etwas vorhalten. Im alten Grundgesetz stand: „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ als Erlaubnis zur Schuldenaufnahme. – Die Konsequenz kennen wir: Alle sind der Meinung, es gibt zu viele Schulden.

Jetzt steht im Gesetzentwurf: „eine von der Normallage abweichende … konjunkturelle Entwicklung“. – Was ist da der Unterschied? Oder welches ist vielleicht sogar die noch engere Formulierung? Doch diejenige von früher, die offensichtlich nichts bewirkt hat.

Damit sind wir am Kern der Sache. Sie wollen auch gar nicht. Ich sprach schon vom Täuschungsmanöver. Sie reden laut über die Zweidrittelhürde bei Katastrophen, aber nicht über die Neuverschuldung aus Konjunkturgründen. Die können Sie mit einfacher Mehrheit im Haushaltsverfahren allen unterjubeln und trotzdem so tun, als ob das richtig wäre.

Nein, wir sind für das Steuertrendverfahren als eines, das von Schätzungen weggeht und das sich auf Realdaten stützt. Wir wollen im Gegensatz zu Ihrer Falschbehauptung die Schuldentür tatsächlich verriegeln.

Meine Damen und Herren, Ihr Gesetz regelt eigentlich nur, wie man trotz unseres neuen Art. 141 in der Verfassung fröhlich weiter Schulden machen kann und gleichzeitig so tut, als ob man ganz streng, mit hohen Hürden für Ausnahmen, konsolidieren wolle. Wie gesagt, ich nenne es Täuschung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich sagte es schon: Sie merken daran, wir werden nicht zustimmen, und wir sind sehr zuversichtlich, dass dieses Gesetz nie in Kraft kommt. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir stehen offenbar am Ende der parlamentarischen Beratungen des Ausführungsgesetzes zur Schuldenbremse, da, wie ich der Debatte entnommen habe, eine dritte Lesung des Gesetzentwurfs nicht beabsichtigt ist. Deshalb will ich zunächst die Gelegenheit nutzen, mich bei allen Beteiligten für die schleunige, aber – da gehen möglicherweise die Einschätzungen ein Stück auseinander – dennoch gründliche Auseinandersetzung mit den Inhalten bedanken.

Ich finde, wir hatten eine ausgesprochen eindrucksvolle Anhörung zu dem Thema, bei dem es durchaus, verglichen mit den Erwartungen Einzelner im Vorfeld, interessante Abweichungen von den Erwartungen gegeben hat. Die Erwartung der Opposition, dass die Frage der Zweidrittelmehrheit von der Mehrheit der Anzuhörenden in der Luft zerrissen würde, hat sich, um es vorsichtig zu formulieren, nicht erfüllt, sondern es gab eine sehr ausgewogene Einschätzung. Mein Eindruck war, dass sich die Mehrheit der danach Gefragten eher vorsichtig positiv zu der Zweidrittelfrage geäußert hat. Aber das ist immer eine Frage, die man so oder so entscheiden wird.

Ich hatte auch nicht den Eindruck, Herr Kollege Kaufmann, dass sich in der Anhörung ein größerer Fanklub für das von Ihnen favorisierte Steuertrendverfahren in der Konjunkturbereinigung gefunden hat, sondern die allermeisten Anzuhörenden hielten mit unterschiedlichen Differenzierungen aber doch dieses von Hessen entwickelte Modell der Kombination des EU-Verfahrens, das auf der nationalen Ebene und von einer Reihe von Bundesländern angewandt wird und als Korrekturparameter im Aufstellungsverfahren die weitere Steuerentwicklung, also Ist-Parameter, heranzieht, für einen durchaus interessanten Lösungsvorschlag für dieses Problem.

Wir alle wissen gemeinschaftlich nicht, welches dieser Bereinigungsverfahren am Ende in einer Evaluierung, meinetwegen zehn Jahre nach Gebrauch, den Erwartungen gerecht geworden ist, die wir im Vorfeld an sie hatten. Deshalb wird man sich auf den Weg machen müssen, eines dieser Verfahren in den Marsch zu setzen und dann bei der nächsten Evaluierung zu schauen, ob die entsprechenden Verfahren ihren Zweck erfüllt haben.

Auf jeden Fall ist es nicht so – da muss ich Herrn Kaufmann entschieden widersprechen –, dass es sicher wäre, dass das jetzt gewählte Verfahren nur den Weg in die Verschuldung öffnen würde. Das ist einfach nur unsachliche Polemik, Herr Kaufmann.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich noch zwei, drei Anmerkungen zu einzelnen Diskussionsbeiträgen machen. Stichwort: Die Einnah

meverantwortung fehle. Herr Kollege Schmitt, mir fällt beim besten Willen nicht ein,

(Norbert Schmitt (SPD): Das glaube ich!)

an welcher Stelle des Ausführungsgesetzes, das weitestgehend Technik ist, die Frage der Einnahmeverantwortung jenseits von deklaratorischen Wiederholungen der Verfassung hätte etabliert werden können. Ihnen ist es offensichtlich auch nicht eingefallen, denn ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion dieses Inhalts ist mir jedenfalls nicht erinnerlich, Herr Schmitt.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Manfred Pentz (CDU): So sieht es aus, genau so ist es!)

Nächste Frage: Wäre ein Konjunkturprogramm dergestalt, wie wir es nach der großen Krise gemacht haben, möglich? – Da ist die Antwort: Ja, aber unter den Kautelen, wie wir es auch diskutiert haben, als wir über die Verfassungsänderung gesprochen haben – eines solchen Konjunkturprogramms unter den Bedingungen einer extremen Notlage, wo die wirtschaftliche Notlage der Naturkatastrophe vergleichbar ist. Dem Klassiker in der politischen Debatte: „Es geht uns wirtschaftlich etwas schlechter, lasst den Staat mehr Geld ausgeben“, wird ein Riegel vorgeschoben. Und das ist gut so, Herr Kollege Schmitt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Sie haben kritisiert, dass im laufenden Verfahren eintretende Veränderungen auf der steuerlichen Ebene eingearbeitet werden müssen. Das ist aber keine wesentliche Veränderung zum gegenwärtigen Zustand. Nehmen Sie einmal unser jetziges Haushaltsaufstellungsverfahren. Der Kabinettsbeschluss zum Haushalt basiert in der Regel auf der MaiSteuerschätzung.

Wenn im zweiten Halbjahr des Jahres steuerrechtliche Änderungen beschlossen werden, die wiederum Eingang in die November-Steuerschätzung finden, dann wollte ich einmal die Reaktion der Opposition gesehen haben, wenn die November-Steuerschätzung niedrigere Steuereinnahmen wegen Steuerrechtsänderung bringt, wenn wir die nicht eingearbeitet hätten mit der Begründung: Was der Bund da oben macht, ist uns reichlich egal; wir machen unseren Haushalt. – In Wahrheit vollzieht dieses Verfahren in einem Schuldenbremse-Ausführungsgesetz eigentlich nur das nach, was wir in den letzten Jahren immer im Aufstel

lungsverfahren gemacht haben. Und ich glaube, das ist auch richtig so.

Lassen Sie mich ein Letztes sagen. Herr Kollege Schmitt, Ihr Einstieg in die Debatte war rhetorisch geschickt geplant.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD – Holger Belli- no (CDU): Geplant!)

Gute Planung kann man immer noch optimieren. Sie begannen mit dem Regierungsprogramm im Jahre 1995. Dass in dieser Legislaturperiode der Abbau der Verschuldung nicht gelungen ist, da haben Sie recht. Das war nämlich die letzte Legislaturperiode, als Sozialdemokraten dieses Land regiert haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung über das Gesetz in zweiter Lesung.

Wer dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Ausführung von Artikel 141 der Verfassung des Landes Hessen (Artikel 141-Gesetz) sowie zur Änderung der Hessischen Landeshaushaltsverordnung in der vorgelegten Fassung in zweiter Lesung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Dann darf ich feststellen, dass der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE angenommen und zum Gesetz erhoben worden ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie kennen die Termine heute Abend: Ausschusssitzung in 510 W, Empfang der evangelischen Kirche hier in Wiesbaden. – Bis morgen früh, einen schönen Abend.

(Schluss: 19:14 Uhr)