Protocol of the Session on June 25, 2013

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Schluss meiner Ausführungen.

(Manfred Pentz (CDU): Wo ist denn Ihr Änderungsantrag?)

Aus Sicht der SPD-Fraktion ist ein solches Gesetz nicht akzeptabel; unsere substanziellen Bedenken habe ich vorgetragen. Wir werden diesem Gesetz in zweiter Lesung nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Das Wort hat der Abg. Noll für die FDP-Fraktion.

(Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bis auf Abg. Mathias Wagner (Taunus) und die Fraktion DIE LINKE verlassen während der Rede des Abg. Alexander Noll (FDP) den Plenarsaal. – Zurufe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.

(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD): Man kann sich auch entschuldigen! – Weitere Zurufe)

Auf meiner Tagesordnung steht das Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse. Dazu möchte ich jetzt auch Stellung nehmen.

Ausgangslage war die überzeugende Abstimmung der Hessen über die Einführung der Schuldenbremse, wobei 70 % ihre Einführung befürwortet haben. Es schloss sich eine gemeinsame Diskussion mit den Fraktionen, die damals das Schuldenbremse-Gesetz getragen haben, darüber an, wie ein solches Ausführungsgesetz gestaltet werden könnte. Dazu gab es einen entsprechenden Entschließungsantrag, der eigentlich die Rahmenbedingungen für das noch aufzustellende Ausführungsgesetz enthielt.

Meine Damen und Herren, insbesondere Herr Schmitt: Auch die SPD hat diesem Entschließungsantrag zugestimmt, in dem in erster Linie Rahmenbedingungen für die Frage festgelegt wurden: Wie nehme ich Ausgaben vor, und wie wird dieser Mechanismus der Verschuldung oder möglicher Schulden gestaltet? An keiner Stelle waren – bis auf die Wiederholung des auch in der Verfassung verankerten Satzes – Mechanismen über Einnahmen, Steuergesetze oder Ähnliches geregelt. Das war die Ausgangslage, Herr Schmitt. Bei genau dieser Ausgangslage hat die Koalition, nachdem es eben nicht gelungen war, eine gemeinsame Basis für eine Zusammenarbeit zu finden, einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich gestehe es jedem zu, dass man ihn kritisieren kann. Aber die Anhörung hat doch ganz beeindruckend gezeigt, dass die weitaus überwiegende Zahl derjenigen, die eine Stellungnahme abgegeben haben – außer dem marxistischen Volkswirtschaftsprofessor, der bei dieser Gelegenheit eine separate Vorlesung hielt –, dem Gesetzentwurf in seiner Breite zugestimmt und sogar das Thema einer Zweidrittelregelung als Bestandteil dieses Gesetzes besonders hervorgehoben und als eine gute Einrichtung empfunden hat.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Nachdem während der Anhörung Herr Kaufmann von den GRÜNEN verzweifelt versucht hat, dieses Thema zu problematisieren und mit mehrfachen Redebeiträgen die Anzuhörenden draufzuheben, diese Zweidrittelregelung zu kritisieren, aber niemand darauf einging, hat er die Anhörung verlassen. Dies zeigt zumindest, dass die Zweidrittelregelung eine richtige ist. Sie führt auch nicht zu Erpressung. Das ist einer dieser Gedanken, die immer wieder angeführt werden: Eine Zweidrittelregelung würde dazu führen, dass sich die Regierung mit sachfremden Zugeständnissen in einem solchen Notfall erpressen ließe. – Meine Damen und Herren, allein der Umstand, dass jemand solche Überlegungen anstellt, zeigt, dass jemand auch so niederträchtig denkt, wenn er dieses Instrument in der Hand hätte.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir denken nicht so. Wir halten es für eine richtige Regelung, die die Hürden für eine mögliche Verschuldung des Landes in Notsituationen weit nach oben setzt; deswegen ist sie richtig. Da wir davon ausgehen, auch die kommende Legislaturperiode in diesem Land zu bestimmen, erlegen wir uns selbst eine ungeheure Bürde auf, uns sehr sorgsam zu verhalten. Natürlich werden wir Sie fragen, ob eine Notsituation entsteht bzw. vorliegt, damit wir dann, nach objektiver Beurteilung, auch mit Ihren Stimmen aus der Opposition in der nächsten Wahlperiode die richtigen Entscheidungen werden treffen können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das Anhörungsverfahren hat nicht zu dem von Ihnen prophezeiten Chaos geführt, als der Zeitraum festgelegt worden ist. Sie haben prophezeit, es würde nicht viele Stellungnahmen geben, es würde alles chaotisch, der Rechnungshof könne es nicht – das Gegenteil war der Fall. Von beinahe jedem, der angefragt worden ist, gab es fundierte, ausführliche Stellungnahmen. Insbesondere die Stellungnahme des Rechnungshofs hat uns als Regierungsfraktionen auch dazu bewogen, mit einem Änderungsantrag seinen Anliegen nachzukommen, weil wir die entsprechenden Inhalte in der Konsequenz nicht im Gesetz wiedergefunden haben. Ansonsten sind wir der Auffassung, dass mit diesem Gesetz alle für die Ausführung der Schuldenbremse wesentlichen Fragen geregelt sind.

Um auf das Konjunkturverfahren zurückzukommen: Auch das ist nichts Abenteuerliches. Das EU-Verfahren findet Anwendung, es hat sich bewährt, und es wird in diesem Gesetz um die Steuerabweichungskomponente bereichert.

Sie wissen, dass die Experten während der Anhörung durchaus von großen Problemen gesprochen haben, wenn das Steuertrendverfahren angewendet würde. Insofern greifen wir doch lieber auf ein bewährtes Verfahren zurück, das sich z. B. auch bei der Konsolidierungshilfe der Länder bewährt hat. Was sich bewährt hat, sollte man aufgreifen, statt Experimente zu beginnen, deren Ausgang man überhaupt nicht beurteilen kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will die gegenüber dem Steuertrendverfahren vorgebrachten Bedenken hier nicht im Detail wiederholen. Wer sich für solche Details voller Fachchinesisch interessiert, kann diese im Wortprotokoll des Haushaltsausschusses nachlesen.

Insbesondere die Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums war positiv, und auch der Staatssekretär – welcher im Übrigen Ihr Parteibuch trägt, Herr Schmitt – hat dieses Gesetz als besonders gut gelungen empfunden und ausdrücklich empfohlen, es so zu verabschieden. Eine bessere Leumundserklärung für dieses Gesetz kann man sich kaum ausdenken.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir werden diesem Gesetz zustimmen. Wir sind davon überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Die Bürger haben einen Anspruch darauf, dass nach der Schuldenbremse in der Verfassung auch das Ausführungsgesetz kommt. Wir werden dies umsetzen und es in der Überzeugung tun, ein gutes Gesetz gemacht zu haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das Wort hat der Abg. Kaufmann für die Fraktion der GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem heutigen Gesetzgebungsverfahren möchte ich einige – nicht mehr als zehn – einzelne Bemerkungen machen, die sich allerdings im Wesentlichen mit dem Gesetz und nicht mit Dingen drum herum befassen, wie der Kollege Pentz meinte uns erzählen zu müssen.

Erster Punkt. Schwarz-Gelb ist der größte Schuldenmacher der hessischen Geschichte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Hier und heute versuchen Sie, weil die Wahl nahe ist, sich als Konsolidierer zu inszenieren. Das heißt, Sie vertuschen, verstecken und verstellen sich. Das ganze Gesetzgebungsverfahren in dieser Form zu diesem Zeitpunkt ist ein gigantisches Täuschungsmanöver.

Meine Damen und Herren, wir hatten einmal einen Konsens. Den haben wir, von der LINKEN abgesehen, gemeinsam beschlossen, als wir die Verfassungsänderung auf den Weg gebracht haben. Sachliche Einwände werden jetzt schlicht ignoriert, selbst diejenigen, die man aufgrund des Konsenses von seinerzeit vorträgt.

Ich rege mich aber gar nicht auf. Nach Lage der Dinge sind wir sehr zuversichtlich, dass dieses Gesetz, das Sie heute verabschieden werden, nie in Kraft treten wird, da vor dem Inkrafttretenszeitpunkt zum 1. Januar 2015 eine neue Mehrheit nach der Wahl längst ein vernünftiges Gesetz daraus gemacht haben wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Manfred Pentz (CDU): Das ist ja unglaublich!)

Genau deshalb, Kollege Pentz, verzichten wir auch auf eine dritte Lesung. Etwas, was nicht wirksam wird, muss man auch nicht länger bekämpfen.

Meine Damen und Herren, ich hatte den im Dezember 2010 getroffenen Beschluss zum Thema, was unser Konsens war, schon angesprochen. Unser Konsens war z. B., an dem Verfahren der Formulierung der konkreten Regeln den Rechnungshof zu beteiligen. Was haben Sie gemacht? Sie haben es schlicht bleiben lassen. Der Rechnungshof durfte jetzt im Nachgang eine Stellungnahme vorlegen, was bekanntermaßen deutlich etwas anderes ist, als an einem Verfahren beteiligt zu werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nächster Punkt, Nr. 9 im damaligen Beschluss, falls Sie es nachlesen wollen: Wir hatten vereinbart, dass es für Abweichungen vom Kreditaufnahmeverbot eine qualifizierte Mehrheit braucht. Das haben Sie, was Abs. 4 in der Verfassung angeht, für Katastrophenfälle mit Ihrer Zweidrittelgeschichte gemacht. Was aber Abs. 3 angeht, die Konjunktur, haben Sie das nicht gemacht, sondern dort reicht die einfache Mehrheit aus. – Massiver kann man nicht gegen die vereinbarte Linie verstoßen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt schauen wir es uns konkret an. Machen wir einmal den Katastrophenpraxistest. Der Kollege Pentz hatte es schon angesprochen: die aktuelle Flutkatastrophe. Dies ist eine Katastrophe, darüber streiten wir nicht.

Erstens. Der Gesetzentwurf sagt: Die vollständige Tilgung eines in einem solchen Zusammenhang aufgenommenen Kredits soll regelmäßig über sieben Jahre erfolgen. Der Rechnungshof schlägt in seiner Stellungnahme vor, dies noch zu verdeutlichen, indem man sagt: Das soll nicht länger als sieben Jahre brauchen. – Beide sind etwas biblisch orientiert mit den sieben Jahren, aber sei es drum.

Die Landesregierung ist offensichtlich nicht so biblisch orientiert; denn sie hat gerade mit der Bundeskanzlerin einen Tilgungszeitraum von 20 Jahren vereinbart.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, merken Sie denn nicht, dass in der Situation, in der Sie das Gesetz verabschieden wollen, es in seinem ersten Praxistest, zumindest einem theoretischen Praxistest, schon komplett durchgefallen ist?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nehmen wir den zweiten Bereich, Konjunkturbereinigungsverfahren. Es ist schon angesprochen worden: Das Konjunkturbereinigungsverfahren ist vollständig intranspa

rent, was uns die allermeisten Anzuhörenden auch bestätigt haben.

Herr Kollege Pentz, ich glaube nicht, dass Sie in der Lage wären, das zu erläutern. In § 5 Abs. 3 des Gesetzentwurfs wird verwiesen auf Art. 115 Grundgesetz und zugleich auf das Gesetz zu Art. 115 Grundgesetz. Dort wird verwiesen auf die dazu ergangene Verordnung, und darin ist der § 2 Abs. 2, in dem von einer Schätzung über die Produktionsfunktion vom Typ Cobb-Douglas die Rede ist. Das wollen Sie sich selbst oder irgendjemandem sonst erklären? Das ist Black Box. – Herr Al-Wazir ist nicht da, da kann ich das sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)