wobei die Beihilferückstellungen noch gar nicht eingeflossen sind. Wenn man also über die Übernahme von Tarifabschlüssen redet, dann muss man das in den Gesamtkontext, in den Finanzrahmen des Landes Hessen einfügen.
Wir gönnen den Beschäftigten des Landes eine Einkommensverbesserung. Wir weisen aber auch auf die Belastung für künftige Haushalte hin. Das sind wir, wie ich finde, den zukünftigen Generationen schuldig.
Wenn man den Vorschlag der CDU und der FDP genau betrachtet, wird man feststellen, dass dieser Vorschlag eine soziale Schieflage enthält.
Sie setzen zwar die prozentuale Komponente um, aber die soziale Komponente, nämlich die Einmalzahlungen, lassen Sie außen vor. Gerade die Einmalzahlungen hat der Innenminister, der heute abwesend ist, am Tarifabschluss besonders gelobt. Damals hat er gesagt:
Nur so konnten wir mit den beiden relativ hohen Einmalzahlungen eine besondere soziale Komponente in den Tarifvertrag aufnehmen. Das kommt insbesondere den unteren Entgeltgruppen zugute.
Wenn man sich Ihren Vorschlag anschaut, muss man also feststellen: Die unteren Besoldungsgruppen sind Ihnen egal.
Wir haben im einfachen und im mittleren Dienst noch ca. 8.000 Beschäftigte. Wenn man die Beschäftigten bis zur Besoldungsgruppe A 11 hinzunimmt, sind es noch mal rund 20.000 Beschäftigte. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Für die unteren Lohngruppen sind 675 € viel Geld. Das ist viel Geld für jemanden, der zwischen 2.000 und 2.500 € verdient.
An Ihrem Vorschlag kann man sehen, dass Sie offensichtlich in den Kategorien der B-Besoldung denken, also Einkommen zwischen 5.600 bis 12.000 €. Da kann man auf 675 € verzichten – aber nicht, wenn man ein Gehalt von 2.000 € hat. Hinsichtlich der sozialen Komponente ist bei Ihnen also Fehlanzeige zu melden.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie einen Vorschlag vorlegen, der sozial deutlich ausgewogener ist, der – bei gleichem Volumen – die unteren Lohngruppen besonders im Blick hat und diesen gerecht wird. Das haben Sie nicht gemacht; das kritisieren wir ausdrücklich.
Sie nehmen bei der Vorstellung Ihres Entwurfs erst einmal die anderen Bundesländer in den Blick. „Ablenken vom eigenen Versagen“ nennt man das. Sie sollten Ihre eigenen Hausaufgaben machen, bevor Sie andere Bundesländer beschimpfen.
Natürlich haben Sie andere Bundesländer beschimpft. Sie gehen in der Pressemitteilung darauf ein, wie sich Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz gegenüber den Beschäftigten verhalten. Sie sollten nicht ablenken, sondern Ihre eigenen Hausaufgaben machen.
Innerhalb von 14 Jahren haben Sie die Schulden des Landes Hessen verdoppelt. Bei sprudelnden Steuereinnahmen machen Sie zusätzliche Schulden. Das Land Hessen hat auch in diesem Jahr die dritthöchste Pro-Kopf-Neuverschuldung. Sie sollten nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern Ihre eigenen Hausaufgaben machen.
Man kann die Beschäftigten des Landes verstehen, wenn sie sagen: Die fahren die Karre in den Dreck und appellieren an uns, dass wir Verzicht üben. – Herr Kollege Blechschmidt, das kann man gut nachvollziehen. Auf der einen Seite wird befördert, bis der Arzt kommt, wenn es für Sie darum geht, sozusagen die „Operation Abendsonne“ durchzuführen, und auf der anderen Seite stellen Sie sich hierhin und verlangen von denen, die 2.000 € pro Monat verdienen, dass sie auf eine Einmalzahlung verzichten.
Ich glaube, eine soziale Komponente und auch eine bessere Personalpolitik würden dem sehr guttun. Gute Personalpolitik hat nämlich nicht nur etwas mit Bezahlen zu tun, sondern auch etwas mit Wertschätzung, mit Einbindung in Entscheidungen, mit Abfragen von Kompetenzen sowie mit einem freundlichen und guten Umgang mit den Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern.
Das alles haben Sie nicht gemacht. Dann wird es Ihnen am Ende Ihrer Amtszeit nicht helfen, dass der Ministerpräsident dieses Landes einen Brief an alle Beschäftigten schreiben wird, in dem er die neuen Tariferhöhungen und auch die Erhöhungen für die Beamtinnen und Beamten verkündet. Das wird am Ende auch nicht helfen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man muss überprüfen dürfen, ob Wort und Tat in irgendeinem Zusammenhang stehen.
Deshalb muss man es beim Wort nehmen, wenn der Kollege von der SPD sagt, das sei kein Gnadenbrot; die Beamten hätten einen Anspruch auf eine angemessene Besoldung. Oder er sagt das Credo der Sozialdemokratie auf, das
Beamtenrecht solle dem Tarifrecht folgen. Man muss einmal nachschauen dürfen, ob Wort und Tat dort, wo Sie Verantwortung tragen, zusammenpassen. Deshalb müssen wir das, was wir in Hessen leisten – das ist eine gute Leistung –, ins Verhältnis zu dem setzen, was andere Bundesländer vorsehen. Die haben nämlich die gleichen finanziellen Probleme wie wir in Hessen.
Dann sprechen Sie hier von einer Einmalzahlung in Höhe von 600 € und vergessen dabei, dass in anderen Bundesländern die Beamten aufgrund Ihrer politischen Entscheidungen reale Einkommensverluste haben. Das ist die Wahrheit.
Sie sagen, es reiche nicht aus, und wir würden die unteren Besoldungsgruppen vergessen. Dabei vergessen Sie, dass sich in Rheinland-Pfalz alle Besoldungsgruppen, die niedrigen wie die hohen, bis zum Jahr 2016 mit 1 % begnügen müssen. Angesichts der Inflation ist das ein Einkommensverlust.
Nordrhein-Westfalen wurde schon genannt: Da wird der höhere Dienst komplett ausgenommen, und alle anderen bekommen, wie in Rheinland-Pfalz, eine 1-prozentige Erhöhung. Welche Reaktionen kommen, wenn Sie die Verantwortung für die Beamten tragen, will ich Ihnen zeigen, indem ich aus „Spiegel Online“ zitiere. Da heißt es nämlich:
Am Mittwochmorgen übergaben Polizeigewerkschafter dem Düsseldorfer Innenminister die Unterschriften von mehr als 19.000 wütenden Polizisten – damit hat sich fast jeder zweite Ordnungshüter in NRW gegen den Finanzkurs der Landesregierung ausgesprochen. Der Richterbund drohte bereits mit einer Klage. Und die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW tönte zuletzt: „Wir sind nicht das Sparschwein der Landesregierung.“
Wie sieht es denn in Hessen aus? Es sieht hier viel besser aus als in Ländern, in denen Sie die Verantwortung tragen.
Es kommt dazu, dass es nicht nur darum geht, dass die Beamtinnen und Beamten anderweitig schlechter behandelt werden. Davon wollen wir nicht ablenken; es ist aber noch schlimmer, weil damit eine Stellenkürzung und eine Arbeitsverdichtung einhergehen. Was glauben Sie, wie sich ein Schulsystem verändert, wenn man, wie in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz, die Zahl der Lehrerstellen um 11.000 bzw. um 2.000 kürzt? Wer macht dann die Arbeit? Das machen die anderen Kollegen. Die Arbeit wird auf weniger Schultern verteilt. Das ist keine sinnvolle Politik und auch nicht beamtenfreundlich.
Beamte in Ländern mit einer rot-grünen Regierung sind nicht zu beneiden. Dass ihre Leistung nicht wertgeschätzt wird, sehen sie bei einem Blick in ihr Portemonnaie. Wir können auch nicht mit dem Füllhorn durch das Land gehen. Aber die hessischen Beamtinnen und Beamten können
froh sein, dass wir die politische Verantwortung tragen; denn die Ergebnisse werden weitestgehend übernommen.
Auch wir haben es mit finanziellen Zwängen zu tun, über die wir nicht hinwegkommen können. Deshalb wird der Tarifbeschluss an das angelehnt, was die entsprechenden Tarifbeschäftigten bekommen. Der Gehaltszuwachs ist schon genannt worden: 2,8 %. Das ist ein spürbarer Unterschied. Das Land hat die Mehrausgaben in Höhe von 580 Millionen € zu schultern.
Meine Damen und Herren, 580 Millionen € sind eine nicht unbedeutende Summe für einen noch immer defizitären Landeshaushalt. Deshalb sind den Ausgaben Grenzen gesetzt. Der Tarifabschluss ist daher ein tragfähiger und maßvoller Kompromiss zwischen den Zielen der Haushaltskonsolidierung und den Interessen der Landesbeschäftigten. Es ist ein guter Kompromiss.
Ich will das einmal an einem Beispiel deutlich machen: Die meisten Beamtinnen und Beamten arbeiten im Schuldienst. Was kommt denn dabei rüber? Nach unserem hessischen Modell hat ein hessischer Studienrat, wie wir feststellen, wenn wir die Gehaltserhöhungen addieren, am Ende rund 110 € pro Monat mehr in der Tasche, im Gegensatz zu seinem Kollegen in Nordrhein-Westfalen. Wenn Sie das für die zwei Jahre addieren, stellen Sie fest, dass ein hessischer Beamter jeden Monat rund 220 € mehr bekommt.
Natürlich, das kommt dazu; das gleicht es doch ein Stück weit aus. Die müssen mehr arbeiten, bekommen aber auch mehr Geld dafür. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit.