Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit wird verletzt, wenn Staatsorgane als solche Partei ergreifend zugunsten oder zulasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern in den Wahlkampf einwirken.
Ich zitiere jetzt etwas, was ich noch nicht zitiert habe. Es steht auf der ersten Seite Ihres Abgeordnetenbriefes.
Ich will Ihnen weitere Passagen ersparen und mich lieber konkreten Beispielen im Bereich der Steuerpolitik widmen. Ich bin überzeugt, damit können Sie als Abgeordnete den Wählerinnen und Wählern am besten klarmachen, was ihnen mit Rot-Grün droht.
Die Unterschrift lautet: „Thomas Schäfer, Staatsminister“. Wenn Sie sich angesichts eines solchen Briefs und angesichts der glasklaren Verfassungslage hierhin stellen und weiterhin keinerlei Unrechtsbewusstsein zeigen, sondern sogar sagen, dass Sie eigentlich der Auffassung sind, das sei alles in Ordnung, und Sie würden auch so weitermachen, dann zeigen Sie damit, dass Sie offensichtlich nicht verstanden haben, dass Sie nicht Mitglied einer Staatspartei sind.
Frau Kollegin Wissler hatte das schon angesprochen. Ich habe bisher gedacht, dass das, was wir uns seit heute Morgen hier anhören müssen, wenigstens in den Wahlkampfbriefen Peter Beuths gestanden hat. Ich muss feststellen, dass es noch nicht einmal von da herkommt, sondern es ist die Regierung, die die Satzbausteine für die Wahlkampfreden schreibt, die die Mitglieder der CDU und der FDP im Wahlkampf einsetzen wollen.
Herr Staatsminister, an keiner einzigen Stelle dieses Abgeordnetenbriefes informieren Sie über die Arbeit des hessischen Finanzministeriums. Das tun Sie an keiner Stelle.
Das geschieht an keiner Stelle, nirgendwo. An keiner Stelle beschäftigen Sie sich mit Vorstellungen zur Zukunft des Kommunalen Finanzausgleichs. Das Einzige, was Sie tun, ist, Beschlüsse der Parteien der SPD und der GRÜNEN auf Bundesebene zu nehmen und dazu Beispielrechnungen zu machen. Herr Staatsminister, im Übrigen möchte ich sagen, dass ich schon ein paar sachliche Fehler darin gefunden habe. Aber das liegt vielleicht am Wahlkampfmodus.
An keiner einzigen Stelle werden Sie damit Ihrer Öffentlichkeitsarbeit oder Informationspflicht gegenüber den Abgeordneten gerecht. Im Übrigen haben Sie diese Informationspflicht nicht nur gegenüber der Hälfte der Mitglieder
des Landtags. In der Verfassung steht vielmehr, dass die Regierung den Landtag zu informieren hat. Herr Staatsminister, die Worte „die Regierung tragenden Fraktionen“ gibt es in der Hessischen Verfassung nicht.
Herr Kollege Al-Wazir, vielen Dank. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Dr. Wagner für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen seit langer Zeit, dass die Vertreter der Oppositionsfraktionen in diesem Parlament Meister der Verdrehungen sind.
Vorweg frage ich mich: Wie jämmerlich muss inzwischen Ihre innerliche politische Verfassung sein, dass Sie Abgeordnetenbriefe – es waren mehrere, das ist völlig richtig – zum Gegenstand eines solchen Klamauks machen? Das reicht bis hin zu der Frage, ob da die Straftatbestände des Meineids und der Untreue erfüllt sein sollen.
Ich will Ihnen den Sachverhalt im Einzelnen erklären. Es ist das Normalste der Welt, dass die Minister dieses Kabinetts, die der CDU angehören, an den Sitzungen der CDULandtagsfraktion teilnehmen. Sie werden von mir weiterhin ausdrücklich gebeten, an diesen Sitzungen, wie in den vergangenen Jahren auch, teilzunehmen und mit zu beraten. Damit sind sie dann auch Teil der politischen Willensbildung innerhalb unserer Fraktion. Das ist das Normalste der Welt. Das hat während Ihrer Regierungszeit stattgefunden. Das ist auch während unserer Regierungszeit der Fall.
In diesen Diskussionen spielen natürlich auch die politischen Ansichten der Opposition eine Rolle. Wir setzen uns mit Ihren Argumenten auseinander, wenn es denn welche sind. Wir setzen uns mit Ihren sehr weitreichenden – das sage ich in Anführungsstrichen – „Reformvorstellungen“ auseinander, was die Steuererhöhungen und ihre schlimmen Folgen angeht. An diesen Beratungen nehmen unsere Minister natürlich auch teil.
Das, was unsere Minister wie Ihre Minister seit Jahrzehnten praktizieren, hat Herr Minister Schäfer dann zum Gegenstand der Briefe gemacht und diese nicht an die Parteien, wie Sie es jetzt verdrehen, sondern an die Abgeordneten der Koalition geschickt, die ihn tragen. Meine Damen und Herren, worin besteht eigentlich der Unterschied, wenn sich Finanzminister Schäfer in einer Fraktionssitzung mit Ihren steuerpolitischen Vorstellungen auseinandersetzt und wenn er anschließend das, was er mündlich vorgetragen hat, noch einmal schriftlich an dieselben Abgeordneten schickt?
(Beifall bei der CDU und der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Da werden keine Beamten beschäftigt!)
Da gibt es keinen Unterschied. Wie kann man denn da auf die Idee kommen, dass da der Straftatbestand der Untreue oder der Straftatbestand des Meineides erfüllt wäre? Ich muss Ihnen sagen: Sie sind inzwischen in Ihrer Verkrampftheit und Verbissenheit, diese Regierung in jeder Beziehung zu bekämpfen, wenn es denn irgend geht, sie polemisch niederzumachen, so weit, dass Sie gar nicht mehr merken, dass Sie jede Verhältnismäßigkeit inzwischen verlassen haben. Sie haben jedes Niveau und jede realistische Beurteilung des Sachverhaltes verlassen.
Meine Damen und Herren, deshalb sage ich klar und deutlich: Es ist ein Unterschied, ob ein Mitglied dieses Kabinetts die Abgeordneten, die es politisch tragen, informiert und sich mit ihnen argumentativ auseinandersetzt oder ob etwa eine Partei im Einzelnen mit Sachverhalten ausgestattet wird. Das ist ein großer Unterschied. Sie tun aber so, als ob das Letztere der Fall gewesen sei. Das ist es eben nicht.
Meine Damen und Herren, das ist kein Wahlkampf. Das ist ein völlig normaler Vorgang, den wir in dieser Wahlperiode praktiziert haben und auch weiterhin praktizieren werden.
Jawohl, unsere Minister nehmen weiterhin an der politischen Meinungsbildung dieser Koalitionsfraktionen teil, wie sie das immer getan haben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss sagen: Es ist wirklich erschreckend, welches Klamaukniveau wir mit den Beiträgen der Opposition inzwischen erreicht haben. Das Verhalten des Ministers ist nicht nur kein Wahlkampf, das ist der normalste Vorgang von gemeinsamer Regierung und Beratung
innerhalb der Koalitionsfraktionen. Ich bleibe bei dem, was ich schon das letzte Mal gesagt habe: Wenn ich die Auftritte von Minister Schäfer und die Auftritte des Oppositionsführers Schäfer-Gümbel sehe: Es bleibt ein riesengroßer Unterschied zwischen Schäfer und Gümbel.
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, zu Ihrer Information: Es kann nur eine Fraktion die Einberufung des Ältestenrats beantragen. Da das nicht geschehen ist, fahren wir in der Sitzung fort.
Es wurde die dritte Lesung beantragt. Das heißt, wir überweisen den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Anpassung des Kommunalen Finanzausgleichs an die Herausforderungen des demografischen Wandels und zur Stärkung des ländlichen Raums, Drucks. 18/7382 zu Drucks. 18/6887, zusammen mit dem Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend erfolgreiche Klagen gegen kommunalfeindliche Politik der Landesregierung und Steuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe erfordern komplettes Umsteuern in der Kommunal- und Finanzpolitik, Drucks. 18/7404, sowie dem Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD betreffend Staatsgerichtshof stoppt verfassungswidrigen Eingriff der Landesregierung in die kommunalen Finanzen, Drucks. 18/7408, zur Vorbereitung der dritten Lesung an den Haushaltsausschuss.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf. – Bitte schön, Herr Rudolph, Sie haben sich zur Geschäftsordnung gemeldet.
Frau Präsidentin, wir haben uns gerade bilateral verständigt – denn es gibt dann den Empfang der VhU –, dass wir jetzt noch über die Petitionen und über die Beschlussempfehlungen abstimmen und den Rest auf morgen vertagen und alle gemeinsam daran arbeiten, dass wir das morgen schaffen.
Das bedeutet, dass Tagesordnungspunkt 6, die erste Lesung, Drucks. 18/7352, sowie Tagesordnungspunkt 7, die erste Lesung, Drucks. 18/7364, morgen behandelt werden.