Protocol of the Session on April 25, 2013

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich bin stolz darauf, selbstständiger Rechtsanwalt und Notar zu sein, diesen wunderbaren Beruf ausüben zu dürfen

(Beifall bei der FDP und der CDU)

und von diesem Beruf auch gut leben und meine Familie ernähren zu können. Versuchen Sie nur, mich weiter zu diskreditieren – es wird auf Sie zurückfallen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie diskreditieren sich schon selbst! – Weiterer Zuruf: Was hatte das mit dem Landesschulamt zu tun?)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Das Wort hat Frau Kollegin Barbara Cárdenas, DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Landesschulamt – dieses Thema nervt mich inzwischen unglaublich. Es nervt wohl auch den Kollegen Greilich. Wenn wir seine lustlose Rede gehört haben, können wir jedenfalls darauf schließen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es wird Sie nicht überraschen, dass wir von unserer uneingeschränkt ablehnenden Haltung kein Stück abgewichen sind: Diese Behörde war, ist und bleibt unsinnig.

(Beifall bei der LINKEN)

Schon in der Anhörung ist klar geworden, dass außer Ihnen, meine Damen und Herren der Landesregierung, niemand solch ein Landesschulamt will. Die stattfindenden Entwicklungen geben dem recht.

Zum neuen Landesschulamt gab es nun bereits zwei Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden. Mitinitiator war der Personalrat des Kultusministeriums, der von Beginn an ebenfalls äußerst kritisch das Landschulamt und seine Umsetzung begleitet hat.

Konkret ging es um eine Zwangsversetzung eines Personalratsmitglieds, das gegen seinen Willen und ohne Zustimmung durch den Personalrat in das Landesschulamt versetzt werden sollte. Das Gericht hat erklärt, dass so nicht verfahren werden dürfe.

Meine Damen und Herren, auch aus rein menschlicher Sicht ist es verständlich, wenn Personen sich nicht in eine Behörde versetzen lassen wollen, die a) keinen Sinn macht und b) vielleicht nicht einmal ein Jahr existieren wird, sollte es hier einen Regierungswechsel geben.

Doch nicht nur diese Zwangsversetzung sorgte für Aufruhr. Ein anderer Punkt war die Stellenausschreibung zur Besetzung der Stelle des Präsidenten oder der Präsidentin des Landesschulamtes. Kollegin Habermann ist darauf auch schon eingegangen. Als wir die Stellenausschreibung erstmalig sahen, dachten wir, es müsse sich um ein Verse

hen handeln. Die Anforderungen waren fachlich nicht nachvollziehbar.

Selbst in dieser Ausschreibung einer mit B 6 hoch dotierten Stelle kommt vor allem eines zum Ausdruck: Ihre unerträgliche neoliberale Ausrichtung, die die gesamte schwarz-gelbe Bildungspolitik hier in Hessen durchzieht. Anstelle eines Pädagogen suchen Sie einen Juristen oder eine Juristin, die – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident – „Affinität zu Fragen des Bildungswesens“ hat. Das reicht schon. Zur Leitung des Landesschulamtes, welches die zentralen bildungspolitischen Prozesse koordinieren soll, reicht die Affinität zu Fragen des Bildungswesens.

(Petra Fuhrmann (SPD): Wie ist es mit der Affinität zur FDP?)

In all diesen Planungen geht eines völlig verloren – hier schließen wir uns der GEW an –: die Bildungspolitik an sich.

Worum sollte es Ihnen gehen, wenn Sie schon Hals über Kopf mit Reformen vorpreschen, die von keinem der Beteiligten verstanden werden oder gar gewollt sind? Wenn dieser Eifer schon da ist, warum konzentriert er sich dann nicht auf die zentralen bildungspolitischen Fragen dieses Landes? Was ist denn mit der chronischen Unterfinanzierung des Bildungswesens? Was ist mit der sozialen Ungerechtigkeit des Bildungswesens? Was ist mit der Schaffung eines inklusiven Schulwesens?

Frau Ministerin, diese Fragen hätten Sie angehen sollen, statt hier eine Stelle zu schaffen, von der hinter vorgehaltener Hand gemurmelt wird, sie diene auch der Postenschacherei, von der keiner, aber wirklich keiner einen Nutzen zieht – vielleicht doch – und die allem Anschein nach nicht auf die Schaffung einer gerechteren und guten Bildungspolitik aus ist, sondern, und auch hier zitiere ich mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, „optimalen Service“ schaffen soll.

Service? Ja, worum geht es denn an unseren Schulen überhaupt? Ich frage mich wirklich, welchen Stellenwert Bildung, also die Bildung zu selbstbewussten, fähigen Menschen, bei Ihnen hat.

Ich wiederhole mich, und das liegt auch daran, dass seit Beginn der Diskussion um das Landesschulamt von Ihnen keinerlei nennenswerte Änderung oder Neuerung auf den Tisch gebracht wurde, und das trotz der vehementen Kritik, die Ihnen sowohl von der Opposition als auch von sämtlichen Anzuhörenden entgegengebracht wurde. Selbst der Personalrat im Kultusministerium wird übergangen – und trotzdem zwingen Sie uns, uns ständig zu wiederholen, da Sie nichts, aber auch rein gar nichts von Experten und Betroffen angenommen haben.

Dies – das wird meine letzte Wiederholung in dieser Debatte sein – hat mit demokratischem Politikverständnis nichts zu tun. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Cárdenas. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Beer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke für die Gelegenheit, noch einmal in den Mittelpunkt der Diskussion stellen zu können, welch ausgezeichnet geeignetes Instrument das Landesschulamt dafür ist, in unserem Land die Kinder in den Mittelpunkt der Bildungspolitik zu stellen. Denn das Landesschulamt ist die Unterstützungsstruktur, die den Wechsel bringt von der hoheitlichen Eingriffsverwaltung hin zu Dienstleistung, zu Beratung, zu Innovation und Qualitätsentwicklung für selbstständiger werdende Schulen in unserem Land. Es wird damit essenziell sein für besseren Unterricht vor Ort, der unseren Kindern, und zwar jedem einzelnen Schüler und jeder einzelnen Schülerin, zugutekommen wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen lagert diese Unterstützungsstruktur des Landesschulamts auf fünf Grundpfeilern. Die Neuorganisation des Landesschulamts bringt mit sich, dass die Bildungsverwaltung näher herankommt an die Bedürfnisse von Schulen, ihrer Schülerinnen und Schüler, ihrer Lehrkräfte und auch der Eltern, und zwar im regionalen Umfeld vor Ort. Es geht darum, die Dienste der hier verschmolzenen Institutionen zu koordinieren und einheitlich abgestimmt auf die bildungspolitischen Vorgaben umzusetzen.

Das Landesschulamt wird gemeinsam mit den Schulen als Motor für Innovation genutzt werden, um wissenschaftliche Erkenntnisse sehr direkt möglichst schnell in schulisches Handeln umzusetzen. Wir werden durch die Schaffung eines Querschnittbereichs Effizienzen freisetzen, die wir in Bildung vor Ort in unseren Schulen reinvestieren können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich schon früher einmal mit Organisationsveränderungen auseinandergesetzt hätten, dann wüssten Sie, dass dies allein mit einer gesetzlichen Grundlage, die nicht nur 17 Behörden, sondern auch eine gesamte Abteilung des Ministeriums umorganisiert und verschmilzt, nicht innerhalb eines Vierteljahres zu leisten ist. Es geht hier letztendlich nicht nur um eine Organisationsveränderung – das ist es auch –, sondern es geht vor allem um einen Einstellungs- und Mentalitätswechsel – die Debatte hier hat gezeigt, wie dringend notwendig das ist, weil Rot-Rot-Grün das immer noch nicht verstanden hat –: Das Kind, der gute Unterricht und die Schule gehören in den Mittelpunkt, und die Verwaltung hat eine dienende und unterstützende Funktion.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich kann Ihnen verraten, dies ist eine durchaus große Herausforderung, diesen Umstellungsprozess nicht nur in der Organisation, sondern auch in den Köpfen parallel zum Tagesgeschäft durchzuziehen. Deswegen danke ich von dieser Stelle ganz besonders den engagierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich genau dieser Herausforderung stellen, vor Ort schon beste Qualität zu liefern und gleichzeitig diese Organisationsveränderung in Angriff zu nehmen. Ich glaube, das wichtigste Lob, das diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der letzten Zeit erlangt haben, ist das ihrer Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der Lehrkräfte in den Schulen vor Ort,

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

die jetzt schon merken, dass das engere Zusammenarbeiten von Schulaufsicht, Lehreraus- und -fortbildung sowie Qualitätsentwicklung eine neue Qualität mit sich bringt, die auf die Verbesserungen von Lernbedingungen vor Ort in unseren Schulen setzt.

Genau darauf kommt es an. Das Landesschulamt ist Teil einer Qualitätsoffensive dieser Landesregierung, einer Qualitätsoffensive, die mit dem Landesschulamt eine durchschnittliche Lehrerversorgung von 105 % umsetzt, die einen Sozialindex umsetzt, die ein inklusives Bildungswesen umsetzt, die insbesondere die Lehrerfortbildung und die Schulberatung konsolidiert, die unsere Schulen entlastet von administrativen Aufgaben, damit sie sich auf den Unterricht, auf die Förderung von Schülerinnen und Schülern konzentrieren können, und die gemeinsam mit den Schulen Innovationen entwickelt wie das neue Leseförderprojekt, das sich hier zum allerersten Mal nicht nur fächerübergreifend, sondern auch schulformübergreifend aufstellt, also den Bogen zieht von der Entwicklung des Kindes in der Grundschule hin in die weiterführenden Schulen und dementsprechend positiv von den Lehrkräften beurteilt wird.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das heißt summa summarum eine gute Struktur, um Schulen vor Ort zu unterstützen und endlich die Kinder in den Mittelpunkt der Bildungspolitik zu stellen. Denn es geht um die Kinder, um ihre Zukunft. Genau deswegen wollen wir sie hiermit optimal fördern. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Damit sind wir am Ende dieser Debatte.

Ich rufe dann Punkt 53 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Tragische Anschläge beim Boston-Marathon nicht für Wahlkampf missbrauchen – extremistische Einzeltäter dürfen Freiheit der Hessinnen und Hessen nicht beschneiden) – Drucks. 18/7272 –

Das Wort hat der Kollege Dr. Blechschmidt, FDP.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ich persönlich habe am Wochenende länger überlegt, ob das ein Tagesordnungspunkt für die Aktuelle Stunde ist,

(Demonstrativer Beifall bei der SPD)

und habe auch mehrfach nachgedacht, ob das geeignet ist. Ich fühle mich und meine Fraktion fühlt sich auch durch die Diskussion der letzten Tage bestätigt, dass das dramatische Ereignis Boston-Marathon unbedingt eine Diskussion ist, die es wert ist, auch im Landtag geführt zu werden, weil es deutlich macht, wohin die Innenpolitik in Deutschland geht oder auch nicht gehen soll, wo die Grenzen sind, wo gleichwohl ein Handlungsbedarf besteht. Ich sage das eingangs, weil einen der Arbeitstitel in der Tat erst einmal zum Stocken bringt und man sich dann darauf konzentrieren muss, was innenpolitisch auch in diesem Landtag zu diskutieren ist.

Am Montag, dem 15.04.2013, explodierten in Boston, Massachusetts, zwei Sprengsätze in der Nähe der Zielgeraden des Marathonlaufs. Die Explosionen forderten drei Menschenleben. 183 Menschen wurden verletzt. Bei mindestens 14 Verletzten wurden aufgrund der Splitterwirkung Amputationen von Gliedmaßen notwendig.

Als ich das gehört habe, als ich die Bilder gesehen habe, ging es mir genauso wie wahrscheinlich Ihnen: Ich war sprachlos über diese verachtenswerte Tat, die ausgerechnet im Kontext zum Sport geführt worden ist. Ich möchte das ausdrücklich am Eingang meiner Rede betonen.

Die Bundesbehörden der Vereinigten Staaten stuften den Anschlag als terroristischen Angriff ein. Aufgrund von Videoaufzeichnungen wurden binnen kurzer Zeit zahlreiche Verdächtige ausgemacht und zum Teil auch befragt. Es wurden dann zwei Brüder festgestellt. Der eine wurde getötet, der andere am nächsten Tag festgenommen.

Meine Damen und Herren, nach dem Bombenanschlag von Boston werden wieder einmal mehr Forderungen nach schärferen Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland und die Ausweitung der Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen laut, da – so die Behauptung – durch die Videoüberwachung die Bekämpfung von Terrorismus oder politisch religiös motivierter Gewalttaten einfacher, schneller oder qualitativ besser erfolgen könne.