Das ist keine Eröffnung neuer Verschuldungsmöglichkeiten, sondern wir verhindern am Ende, dass die bestehenden Rücklagen dafür herangezogen werden. Wenn Sie genau gelesen haben, dann haben Sie in der Begründung den Hinweis gefunden, dass es das Ziel sein muss, die Zuführungen zur Versorgungsrücklage künftig aus strukturellen Überschüssen zu erwirtschaften.
Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung, zum Konjunkturbereinigungsverfahren. Herr Kaufmann sagt, das sei wieder ein Verfahren, dass nur von Schätzungen abhänge, und am Ende beschließe hier das Parlament mit einfacher Mehrheit. Vorsicht: Wir haben bewusst festgelegt, bei der ersten Komponente des Konjunkturabweichungsverfahrens auf das Europaverfahren zurückzugreifen, sodass im Grunde auf europäischer Ebene etwas festgelegt und vom Bund übernommen wird. Somit haben wir an der Stelle überhaupt keine eigenen Entscheidungsparameter, sondern können lediglich die sich daraus ergebenden Zahlen einsetzen – keinerlei Entscheidungsspielraum, keinerlei Manipulationsmöglichkeit.
Zweite Bemerkung. Der zweite Teil des Konjunkturbereinigungsverfahrens, das Steuertrendmodell – von vielen Bundesländern, die mit grüner Regierungsbeteiligung unterwegs sind, als ausschließliches Konjunkturbereinigungsverfahren genutzt, das sei am Rande bemerkt –, eröffnet ebenfalls keine Spielräume, weil es nämlich genau nachzeichenbare Entwicklungen, die man genau kontrollieren kann, nachvollzieht und keine Chance bietet, neue Korridore zu öffnen.
Wir wollen ein Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse, das die Verschuldung nach Möglichkeit eindämmt bzw. verhindert und nur unter den Ausnahmebedingungen, die die Verfassung zulässt, ermöglicht. Ich werde den Verdacht nicht los, dass Sie den Versuch machen, sich einen schlanken Fuß zu machen, um sich für die Zukunft andere Optionen zu eröffnen. Wir werden klar herausstellen, dass das nicht geht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, das ist genau der Punkt: Reden wir ehrlich miteinander, oder versuchen wir im Vorfeld des Wahlkampfes irgendwelche taktischen Spielchen? – Der Kollege Pentz hat
denn ich habe in allen interfraktionellen Beratungen von Anfang an immer gesagt: Wenn eine Zweidrittelmehrheit drinsteht, brauchen Sie mit uns nicht weiter zu reden. – Das ist für uns „kakfif“ was die Abkürzung von „kommt auf keinen Fall infrage“ ist. Dann wurde noch nachgefragt: „Hast du dafür überhaupt Prokura?“ – Ich habe geantwortet: Jawohl, das ist in der Fraktion abgestimmt.
Jetzt stellt sich Herr Pentz hierhin und sagt, dass sei neu und überraschend. Entschuldigen Sie bitte, das zeigt, dass Sie an einer qualitativen Debatte nicht interessiert sind.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf die Rede des Finanzministers eingehen. In der Tat, Sie haben es eben dankenswerterweise selbst angesprochen, man kann ein direktes oder ein indirektes Verfahren wählen, um die Konjunktureinflüsse zu ermitteln. Da sind wir in der Tat der Meinung, dass die Trendsteuereinnahmen deswegen der richtige Parameter sind – völlig unabhängig von Europa; nicht alles, was von Europa kommt, muss 1 : 1 übernommen werden –, weil bei diesem Verfahren ausschließlich empirisch gewonnene Zahlen verwendet werden. Man ermittelt über eine Reihe von Jahren – es ist von 30 Jahren die Rede, in Hamburg von 21 Jahren, auf jeden Fall von einem langen Zeitraum, der allemal über Konjunkturzyklen hinwegreicht – die tatsächlichen Steuereinnahmen und ermittelt mit statistisch korrekten Methoden daraus einen Trend. Danach legt man die Konjunkturkomponente fest. Das verhindert die Schätzungen, die über EU- und Bundesverfahren hier hineinrutschen, die dann doch große Ähnlichkeit mit der „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ – Gott habe es selig – aus der alten Verfassungsrechtslage haben und genau zu dem Ergebnis geführt haben, das wir nicht akzeptieren wollen.
Ich muss es leider wiederholen, Herr Staatsminister: Wird der Rechnungshof bislang am Verfahren beteiligt, wie es in unserem gemeinsam gefassten Beschluss steht? Das wird er nicht. Wir hätten ihn natürlich gerne gehört bzw. werden das jetzt in einem Anhörungsverfahren nachholen müssen. Was hätte uns – jenseits Ihrer Argumente, ich nenne Sie eher Ausflüchte, man habe erst die Entscheidung auf europäischer Ebene abwarten müssen, bevor man einen Gesetzentwurf einbringt – daran gehindert, frühzeitig Wissenschaftler zu hören, ein Symposion über genau die Fragen zu veranstalten, die hier anstehen, die unsere Zukunft so wesentlich beeinflussen werden: Wie machen wir uns alle ehrlich? Wie halten wir die Ziele, die wir mit der Schuldenbremse gemeinsam verfolgen, dann auch tatsächlich ein?
Nichts dergleichen, aber jetzt kommt ein Verfahren, das, wie ich glaube, weder der Kollege Pentz noch der Kollege Noll im Detail von diesem Pult aus erklären könnte. Auch ich würde es mir nicht zutrauen. Wir haben in unserem gemeinsamen Beschluss aber extra ein transparentes und
nachvollziehbares Verfahren festgelegt. Das ist nicht gewährleistet. Insofern müssten wir das noch leisten.
Wir haben in dem gemeinsamen Beschluss auch festgelegt, dass wir für die beiden Entscheidungen, sowohl nach Art. 141 Abs. 3 als auch nach Art. 141 Abs. 4, eine qualifizierte Mehrheit haben wollen. Wir haben zwar nicht explizit hineingeschrieben, dass wir in beiden Fällen eine qualifizierte Mehrheit haben möchten, das gebe ich zu, das war aber gedanklich so gemeint. Für die eine Entscheidung reicht Ihnen – per Haushaltsbeschluss – eine einfache Mehrheit, für die andere Entscheidung aber verlangen Sie eine Zweidrittelmehrheit – völlig neben dem hessischen Recht liegend und die notwendige Handlungsfähigkeit einer Regierung störend. Das soll noch irgendeiner verstehen und für rational halten? Das ist es nicht.
Deswegen drängt sich der Verdacht auf, dass es hier nicht um die Sache geht. Wir werden uns in der Ausschusssitzung überlegen, wie wir das Verfahren weiterführen können – Stichworte: Anhörung, Symposium –, und dann werden wir sehen, ob wir zu einem gemeinsamen Bemühen finden, die Sache gut zu regeln.
Schließlich ist es nicht so einfach. Die Deutsche Bundesbank hat bereits in ihrem Monatsbericht im Januar 2011 – das ist eine Weile her – deutlich gemacht, dass das, was in Ihrem Gesetzentwurf steht, nicht das Gelbe vom Ei ist, was die Konjunkturbereinigung angeht.
Ein Satz noch zum Kollegen van Ooyen – weil er mich so freundlich anschaut –: Wir stehen zur Schuldenbremse. Wir sind für eine nachhaltige Finanzpolitik. Da darf das Schuldenmachen nicht die Finanzquelle der Zukunft sein; denn es belastet die nächsten Generationen und beraubt sie ihrer Handlungsfähigkeit. Deswegen wollen wir – so steht es auch in der Verfassung – Einnahmen und Ausgaben ins Gleichgewicht bringen.
Herr Kollege Schmitt hat es angesprochen: Über die Einnahmen steht in diesem Gesetzentwurf gar nichts. Da es sich aber um einen Gesetzentwurf zur Ausführung der Bestimmungen des Art. 141 handelt, in dem alles steht, gehört das ebenfalls hinein. – Vielen Dank.
Wir überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Haushaltsausschuss. – Dem widerspricht keiner.
Tagesordnungspunkt 13 – zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Hessisches Mindestlohngesetz – wird auf die nächste Plenarsitzung verschoben. – Es gibt keinen Widerspruch.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches und zur Änderung und Aufhebung anderer Rechtsvorschriften – Hessisches Kinderförderungsgesetz (Hess- KiföG) – Drucks. 18/7231 zu Drucks. 18/6733 –
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Sozialpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 18/7208 anzunehmen.
Das war die Berichterstattung. – Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Abg. Wiesmann für die Fraktion der CDU das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach eingehenden Beratungen im Lichte der Anhörung und nach zahlreichen weiteren Gesprächen ist es heute meine Aufgabe, die zweite Lesung des Entwurfs für ein Kinderförderungsgesetz mit einem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP zu verbinden, der nach unserer Überzeugung jeden Zweifel an diesem Gesetz für mehr Geld, für mehr Qualität und für mehr Fördergerechtigkeit in der hessischen Kinderbetreuung ausräumen wird.
Was beinhaltet der Änderungsantrag? Eine Klarstellung, eine Ergänzung, eine Korrektur und eine Präzisierung sind die wesentlichen Teile.
Erstens. Klarstellung in Sachen Gruppengröße. Auch die Gruppen mit Zweijährigen dürfen künftig maximal zwölf Kinder umfassen. Das von der Opposition konstruierte Drohszenario,
Das habe ich immer gesagt. – Eine solche Gruppe hätte nur aus Zweijährigen bestehen dürfen und durch mindestens 3,7 Fachkräfte betreut werden müssen. Das ist ziemlich theoretisch und für den Träger nicht sehr attraktiv.
Umso leichter fällt es uns, klarzustellen, dass es bei einer Gruppengröße von maximal zehn Einjährigen oder maximal zwölf Kindern, wenn mehrere Zweijährige dabei sind, bleibt. Die Mindestpersonalausstattung verbessert sich in beiden Fällen: von 2,0 Fachkräften auf 2,3 bei den zehn Einjährigen und von 2,0 Fachkräften auf 2,8 bei den zwölf Ein- und Zweijährigen.
Zweitens. Ergänzung beim Betreuungsmittelwert. Alle Kinder mit besonders umfangreichen Betreuungsverträgen erhalten ihre Fachkraftanteile nun für eine Dauer von 50 Stunden pro Woche. Der entscheidende Qualitätsfaktor, nämlich die Zeit mit dem Kind, wird dadurch nochmals
verbessert. Auch wenn die Behauptung, das Gesetz begünstige bestimmte Öffnungszeiten, falsch war und bleibt – im Gesetzentwurf werden überhaupt keine Regelungen dazu getroffen –, so gilt doch: Die zusätzlichen Mindestpersonalstunden erleichtern das Abdecken langer bzw. flexibler Öffnungszeiten, wenn diese gewünscht werden. Die signifikant ansteigenden Fördermittel machen es leichter, dafür die Kosten zu tragen.
Drittens. Die Korrektur betrifft die Regelung in Bezug auf Fachfremde. Diese Regelung entfällt. Es wird nach dem Gesetz nicht zulässig sein, Personen über den erweiterten Fachkräftekatalog der MVO hinaus als Fachkräfte zur Mitarbeit einzusetzen. Uns ist sehr bewusst, dass dies die Chance nimmt, vielfältige Betreuerteams zu bilden oder Spezialisten für besondere Aufgaben einzusetzen. Wir haben aber zur Kenntnis genommen, dass die Öffnung bei vielen Erzieherinnen und Erziehern die Motivation für ihre schwierige Arbeit zu unterminieren drohte. Da wir die Erzieherinnen und Erzieher in höchstem Maße respektieren und wertschätzen, verzichten wir auf die Chancen, die diese Regelung geboten hätte. Die Zustimmung der Erzieherinnen und Erzieher ist uns wichtig, und wir möchten mit diesem Gesetz ihre Arbeit im Alltag erleichtern. Das wird auch so kommen, weil sich die Fachkraftstundenbilanz verbessert. Ich könnte das an vielen Zahlenbeispielen belegen.
Viertens. Die Präzisierung betrifft die Mittagessenpflicht für Einrichtungen, die länger als sechs Stunden am Tag geöffnet haben. Die zunächst als Mussbestimmung gefasste Regelung ist jetzt eine Sollbestimmung.
Bevor Sie Ihre Unterstellungen auspacken, wir wollten die Ganztagsbetreuung hintertreiben oder die Frauen an den Herd zurückschicken, lassen Sie mich einmal ausbuchstabieren, was das bedeutet. Die Träger vor Ort entscheiden frei über ihre Öffnungszeiten. Sie reagieren damit auf Elternwünsche und berücksichtigen dies auch bei ihren kommunalpolitischen Prioritätensetzungen. Daran ändert sich übrigens auch mit dem Rechtsanspruch nichts. Wenn sich z. B. ein Träger angesichts kultureller Besonderheiten, angesichts elterlicher Nachfragen und Wünsche oder auch angesichts anderer finanzieller Prioritäten dafür entscheidet, kein Ganztagsangebot zu machen und auch kein Mittagessen anzubieten, aber etwas länger als bis 13 Uhr oder bis 13:30 Uhr zu öffnen, hätte dies nach dem KiföG-Erstentwurf dazu geführt, dass er für diese Kita keine Förderung des Landes erhalten kann. In der Fassung, die wir jetzt zur Abstimmung stellen, führt das Gesetz dazu, dass der Träger die erheblichen Landesmittel erhalten kann und dass damit seine Möglichkeiten wachsen, das Betreuungsangebot auszubauen oder auf andere Weise zu verbessern.