Protocol of the Session on April 25, 2013

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich halte fest: Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich gegen diese Landesregierung ihr Recht erstreiten. Die Personalbesetzungsverfahren in den Spitzenpositionen des Innenministeriums erfolgen eigentlich fast nie mehr rechtmäßig. Die Verfassung wurde mehrfach gebrochen. Die hessischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen eventuell an RWE Schadenersatz in Höhe von bis zu 200 Millionen € bezahlen.

(Zurufe von der CDU)

Wir hoffen sehr, dass das nicht der Fall sein wird. Wir hoffen sehr, dass sich Ihr Fehler nicht so auswirken wird.

Ich stelle fest: Diese Landesregierung ist erschöpft und verbraucht. Hessen will den Wechsel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Wagner, schönen Dank. – Für die Fraktion DIE LINKE erhält Frau Wissler jetzt das Wort. Frau Wissler, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist in der Tat zu befürchten, dass heute noch gar nicht absehbar ist, welchen Schaden diese Landesregierung während ihrer Amtszeit angerichtet hat und wie teuer diese Landesregierung letztendlich die Steuerzahlerinnen und die Steuerzahler noch zu stehen kommt. Das Problem ist, dass Sie bei Ihrem Regierungshandeln immer wieder in Kauf nehmen, gegen Recht und Verfassung zu verstoßen. Am Ende verlieren Sie dann auf Kosten der Steuerzahler vor Gericht.

Herr Kollege Wagner hat das bereits ausgeführt. Die Landesregierung hat die Aufgabe, sich an Recht und Verfassung zu halten, diese zu schützen und nicht ständig gegen sie zu verstoßen. Bürgerinnen und Bürger können sich nicht auf diese Landesregierung verlassen, dass ihre Rechte eingehalten werden. Die Bürgerinnen und Bürger sind vielmehr gezwungen, vor Gericht zu gehen und ihre Rechte einzuklagen. Das ist immer mit Kosten und Risiken verbunden. Das ist auch mit einem ganz enormen Aufwand verbunden.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich meine Zweifel habe, ob das alles nur Stümperei ist und ob das alles nur handwerkliche Fehler sind. Denn zum einen muss man sagen, dass die Juristendichte in den Ministerien relativ hoch ist. Das gilt ebenso für die Reihen der Koalitionsfraktionen.

Es ist auch so, dass bei vielen Fragestellungen, wie Herr Kollege Wagner ausgeführt hat, immer wieder gewarnt wurde. Es ist nicht so, dass die Landesregierung sagen könnte, das seien alles Bedenken, die man im Rahmen der Anhörungen oder im Rahmen der Gesetzgebungsverfahren nie gehört hätte.

Ein Teil des Problems besteht darin, dass Anhörungen für Sie völlige Alibiveranstaltungen sind. Sie hören überhaupt nicht zu, was die Sachverständigen und die Anzuhörenden Ihnen sagen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): So ist es!)

Deshalb sind Sie vollkommen beratungsresistent und schießen die Warnungen immer in den Wind.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie peitschen Ihre eigene Agenda durch. Sie peitschen Ihre politischen Ziele ohne Rücksicht auf Verluste durch.

Ich glaube, da ist teilweise Größenwahn vorhanden. Sie haben wirklich das Gefühl, über den Dingen zu stehen und tun und lassen zu können, was Sie wollen. Offensichtlich fühlen Sie sich in Teilen an die Verfassung und die Gesetze nicht gebunden.

Ich glaube, das ist nicht nur Stümperei. Vielmehr wollen Sie Ihre Agenda durchziehen. Sie wollen Ihre politischen Ziele durchsetzen. Dabei stört es natürlich, wenn man die Bürgerrechte und die Arbeitnehmerrechte einhalten muss. Denn das verlangsamt und behindert vielleicht sogar die Verfahren.

Das Thema Atomkraftwerke Biblis wurde angesprochen. Da ist damals die Abschaltverfügung des Umweltministeriums ergangen. Es wurde mehrfach in Ausschusssitzungen nachgefragt, ob RWE daraus ein Entschädigungsanspruch erwächst. Damals wurde auch von namhaften Verfassungsrechtlern mehrfach darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, nicht ein Moratorium auf Bundesebene zu machen, sondern ein Abschaltgesetz zu beschließen.

In Hessen war die Frage der Abschaltverfügung immer wieder explizit ein Thema, und zwar mit den ganzen Fragen und den ganzen offenen Punkten. Aber davon wollten Sie nichts hören.

Sie hätten die Atomkraftwerke in Biblis rechtlich sauber abschalten können, wenn Sie das mit Sicherheitsaspekten begründet hätten. Das Problem war aber, dass Sie da ein Dilemma hatten. Sie haben bis zwei Tage vor dem Unfall in Fukushima erzählt, die Nutzung der Atomkraft und die Atomkraftwerke in Biblis seien sicher. Frau Ministerin, wenn man plötzlich so eine Kehrtwende wie Sie und die gesamte Landesregierung machen muss, dann hat man natürlich ein Problem.

Sie wollten nicht eingestehen, dass die Nutzung der Atomkraft nicht sicher ist. Sie hätten genug Sicherheitsrisiken in den Atomkraftwerken in Biblis gehabt, die man hätte anführen können, um die Betriebsgenehmigung zu entziehen. Das haben Sie nicht getan. Vielmehr haben Sie es so gemacht, dass für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jetzt ein Risiko in vielleicht dreistelliger Millionen-EuroHöhe entstanden ist.

Ich habe es schon einmal angemerkt: Dann haben Sie auch noch einen Anwalt mit der Verteidigung der Landesregierung beauftragt, der in der Öffentlichkeit die Position der Gegenseite vertritt und gegenüber den Medien entsprechende Kommentare abgibt.

Das kann den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Deshalb ist dieses Verfahren zur Abschaltung von Biblis wirklich ein Desaster. Was könnte man mit diesem dreistelligen Millionenbetrag nicht alles machen: in der Kinderbetreuung, in der Schule, im sozialen Bereich? Ich finde es wirklich eine schreckliche Vorstellung, jetzt noch RWE einen dreistelligen Millionenbetrag an Steuergeldern in den Rachen zu werfen – die in den letzten Jahren sowieso Milliarden gescheffelt haben.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Das ist ja völlig verquer, was Sie da erzählen!)

Dann kommen wir zum Thema Nachtflugverbot. Da ist es wirklich eine Besonderheit, dass Sie gegen Ihr eigenes Versprechen vor Gericht gezogen sind. Damals gab es das klare Versprechen, auch von Roland Koch: kein Flughafenausbau ohne Nachtflugverbot. Aus dem strikten Nachtflugverbot wurden dann 17 Nachtflüge – wohlgemerkt: im Durchschnitt; in einer Nacht hätten das nach Ihrem Planfeststellungsbeschluss auch viel mehr sein können.

(Manfred Pentz (CDU): Weniger!)

Sie ziehen dann vor Gericht, um gegen Ihr eigenes Versprechen zu klagen. Dann ist es doch vollkommen klar, dass auf diese Weise Vertrauen in der Region zerstört wird. Deswegen kann ich es auch persönlich verstehen, wenn Herr Minister Wintermeyer gestern in seinem Heimatwahlkreis in Flörsheim nicht besonders freundlich empfangen wurde. Es sind wohl eine ganze Menge Leute gekommen. Es war schon fast lustig,

(Nancy Faeser (SPD): Ich glaube, es war nicht lustig!)

dass Sie in Flörsheim eine Unterführung einweihen und in der Presseerklärung der Staatskanzlei nachzulesen ist, dass Sie das tun, um Schadstoffe zu reduzieren und die Lebensqualität in Flörsheim zu erhöhen;

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

und gleichzeitig brettert alle drei Minuten in 300 m Höhe ein Flugzeug über die Stadt. Ich kann schon verstehen, dass sich die Flörsheimer da einigermaßen verhöhnt fühlen und Sie auch so empfangen haben, wie sie Sie empfangen haben. Ich habe versucht, einen Teil Ihrer Rede zu verstehen. Das ist mir aber leider nicht gelungen, weil die Proteste gegen Sie doch sehr laut waren.

Meine Damen und Herren, im Zuge der Blockupy-Proteste – auch das will ich nochmals ansprechen, denn auch die stehen in diesem Jahr wieder an – bestand die besondere Situation, dass dort die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht eingeschränkt wurden. Auch hier haben Menschen am Ende vor Gericht gegen diese Landesregierung gewonnen – 500 € Schmerzensgeld pro Person –, weil Menschen im Zuge der Blockupy-Proteste stundenlang eingekesselt wurden.

Sie haben im Fall der Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg gegen die Verfassung verstoßen. Wir fanden es immer politisch falsch, diese Universitätsklinik zu privatisieren. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass das in Teilen auch verfassungswidrig war, weil Sie Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten haben. Sie haben den Beschäftigten kein Widerspruchsrecht eingeräumt, sondern Sie haben sich per Gesetz Ihrer Arbeitgeberrolle entledigt.

Auch in diesem Fall können Sie nicht überrascht sein; denn in der Anhörung im Jahr 2005, als es um die Privatisierung des Uniklinikums ging, wurde schon darauf hingewiesen, dass – wenn man Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem öffentlichen Arbeitgeber zu einem privaten versetzt – man ein Widerspruchsrecht einräumen muss. Darüber haben Sie einfach hinweggesehen. Das war Ihnen nicht wichtig. Sie wussten, dass es diese Bedenken gibt, Sie wussten auch, dass Sie Gefahr laufen, hier gegen Recht zu verstoßen – aber Sie haben es trotzdem so gemacht; denn die Einhaltung von im Grundgesetz garantierten Arbeitnehmerrechten hätte diese Privatisierung vielleicht gefährdet, zumindest aber behindert. Sie wollten Ihre sogenannten Leuchtturmprojekte gegen sämtliche Widerstände durchziehen – jetzt brechen die eines nach dem anderen in sich zusammen. Das dicke Ende kommt später.

Sie haben in Kauf genommen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Uniklinikum über Jahre hinweg eine Situation der Unsicherheit hatten, dass es langwierige Verfahren geben musste und dass jetzt auch eine ganze Menge zum Land zurückkehren – was das Land wiederum eine ganze Menge Geld kosten wird.

Generell ist der Umgang dieser Landesregierung mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu bemängeln. Die Personalbesetzungsverfahren sind schon angesprochen worden. Bei dem Chaos, das im Innenministerium herrscht, kann man wirklich davon sprechen, dass geradezu jede Stelle quasi rechtswidrig besetzt wurde. Darauf will ich im Einzelnen gar nicht eingehen. Um die Personalien des Innenministeriums zu diskutieren, reichen zehn Minuten leider überhaupt nicht aus.

(Peter Seyffardt (CDU): Das ist eine Unverschämtheit! – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Das ist unglaublich!)

Die Landesregierung ist vor Gericht mit dem Versuch gescheitert, die Kosten für die Umsetzung der Mindestverordnung zur Kinderbetreuung den Kommunen aufzubürden. Auch das ist ein Verfahren, das Sie in letzter Zeit verloren haben.

Meine Damen und Herren, ich finde Ihr Verhalten besonders dreist. Wenn man verliert, könnte man sich wenigstens einmal hierhin stellen und sagen: Wir haben da einen Fehler gemacht. – Wenn Sie einmal einen Fehler eingestehen würden, dann wäre das wenigstens eine Grundlage. Ihre Position ist aber: Im Zweifelsfall ist die Opposition schuld.

So haben Sie im Fall von Biblis argumentiert – da hätten wir Sie besser darauf hinweisen müssen. Ebenso in der Debatte um das Neonazinetzwerk in hessischen Knästen, da stellen Sie sich hin und sagen, wenn wir Erkenntnisse gehabt hätten, hätten wir die ihnen mitteilen müssen. – Sind wir die Ermittlungsbehörden, oder wie ist das?

(Holger Bellino (CDU): Das ist normale Bürgerpflicht!)

Das ist doch keine Bringschuld der Opposition. – Bürgerpflicht? Herr Bellino, zuerst einmal ist es Pflicht der Regierung, Recht, Gesetz und die Verfassung einzuhalten. Es muss doch nicht die Opposition dafür Sorge tragen, dass es ein rechtmäßiges Regierungshandeln gibt.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Widerspruch des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Schönen Dank, Frau Wissler. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Bellino das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Abermals präsentiert die rot-rot-grüne Opposition einen Setzpunkt, der überflüssig ist, an der Realität vorbeigeht und deshalb konsequenterweise auch gleich versenkt wurde.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Die christlich-liberale Regierung schadet den Bürgerinnen und Bürgern in Hessen nicht – sie dient den Bürgern. Sie ist erfolgreich, und sie bringt unser Land nach vorne.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Denn sie regiert, wo andere Klamauk machen. Sie greift drängende Probleme auf, wo Sie sich wegducken. Sie liefert Lösungsansätze, wo andere fabulieren – wie das eben auch hier wieder zu verzeichnen war. Deshalb geht es den Menschen dort gut, wo CDU und FDP regieren:

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)