Protocol of the Session on April 25, 2013

Deswegen kann ich Sie in dem Zusammenhang nur fragen: Wo ist das Problem – wenn man es wirklich ernst meint?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Schork, ich danke Ihnen aber ausdrücklich dafür, dass Sie diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Denn jetzt haben Sie ein Problem. Sie haben gesagt, solche Forderungen nach getrenntem Sportunterricht würden nur von „radikalen Islamisten“ erhoben. Jetzt will ich Ihnen einmal die Erlasslage im Bundesland Bayern vorlesen.

Die Fachlehrpläne Sport aller weiterführenden Schulen Bayerns sehen vor, dass der sogenannte Basissportunterricht – d. h. die erste und zweite Sportstunde – nicht koedukativ erteilt wird. Der Fachlehrplan Sport für das Gymnasium beispielsweise weist im Fachprofil explizit darauf hin, dass der Basissportunterricht geschlechtsspezifisch erteilt wird. Das heißt zudem, dass grundsätzlich Mädchen von weiblichen und Buben – Sie sehen: bayerischer Erlass –

(Aloys Lenz (CDU): Knaben!)

von männlichen Sportlehrkräften unterrichtet werden. Nach Ihrer Logik ist also Horst Seehofer ein radikaler Islamist. – Liebe Leute,

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der SPD und der LINKEN – Heiterkeit)

Sie sind so etwas von ratlos, von fertig. Sie haben keinerlei eigene Vorstellungen mehr, wie Sie eigentlich Politik im Lande Hessen gestalten wollen, sondern notgedrungen greifen Sie nach dem letzten Strohhalm: Die „Bild“-Zeitung macht eine Überschrift, schon beantragt die hessische CDU eine Aktuelle Stunde und offenbart damit, Herr Schork, dass sie keine Ahnung von dem hat, was Gesetzesund Erlasslage im Lande Hessen und in der Bundesrepublik Deutschland ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Weil ich mich gerade auf einen Münchner Ministerpräsidenten bezogen habe, würde ich in diesem Zusammenhang gerne einen ehemaligen Trainer von Bayern München etwas abwandeln: CDU und FDP in Hessen haben gespielt wie Flasche leer. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Al-Wazir. – Als nächster Redner hat sich von der FDP Herr Kollege Döweling zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Jetzt könnte man natürlich fragen: Was erlauben Al-Wazir? Das liegt ja sehr nahe.

Ich glaube, man merkt, der Wahlkampf rückt näher.

(Lachen und demonstrativer Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Nachdem sich bereits der SPD-Spitzenkandidat in bildungspolitischen Themen versucht hat, haben wir die Nr. 2 der GRÜNEN-Liste – der Spitzenkandidat ist es ja sozusagen nicht – heute ebenfalls zu bildungspolitischen Fragen gehört.

(Günter Rudolph (SPD): Sie haben Platz 13!)

Ich muss sagen: Das war ein bisschen besser als bei Herrn Schäfer-Gümbel, aber auch da ist noch viel Luft nach oben, Kollege Al-Wazir.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Klaus Dietz (CDU))

Bevor ich zum eigentlichen Thema komme – aus meiner Sicht ist das die Rolle des Landeselternbeirats –, möchte ich doch noch einen Satz zum Thema Sportunterricht sagen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Mehrfach wurde auf die Rechtslage hingewiesen. Die erlaubt unter Umständen auch einen getrennten Sportunterricht. Aus pädagogischen Gründen kann das durchaus sinnvoll sein,

(Beifall des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

wenn wir einmal an die schwierige Zeit der Pubertät denken, aber ich betone: kann.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich sage auch: Es ist besser, einen getrennten Sportunterricht abzuhalten – denn wir haben viele Probleme bei der Schülergesundheit –, statt gar keinen Sportunterricht abzuhalten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sollte doch der Grundsatz sein, der uns hier leitet. Ich sage Ihnen aber auch klar: Für mich gehört ein koedukativer Sportunterricht eigentlich zu einem modernen Unterricht, für mich ganz persönlich. Ich würde es als erstrebenswert finden, wenn wir das auch überall gewährleisten könnten. Ich sage ganz klar: Religiöse vorgeschobene Gründe gehören für mich nicht dazu.

(Heike Habermann (SPD): Sie haben nicht zugehört!)

Frau Kollegin, ich denke, das ist auch etwas, das wir als Anspruch an die Migranten in der Gesellschaft formulieren können. Für uns gehört ein solcher Sportunterricht dazu – aber wie gesagt: In Einzelfällen kann man es vielleicht auch anders handhaben.

Grundsätzlich sollten wir uns nochmals mit dem Gegenstand dieser Aktuellen Stunde beschäftigen. Das ist der Landeselternbeirat und seine Rolle. Der Landeselternbeirat – auch da hilft ein Blick in die Gesetzeslage – ist ein demokratisch gewähltes Gremium der Mitbestimmung aller Eltern im Lande Hessen. Seine Rolle ist in § 116 bis § 120 des Hessischen Schulgesetzes definiert. Ich sage ganz klar: Der Landeselternbeirat ist und war in der Vergangenheit stets ein kompetenter Ansprechpartner für die FDP-Fraktion in diesem Hause.

Wenn man sich jetzt noch anschaut, welche weiteren Regularien zu beachten sind, so ist auch ein Blick in die Geschäftsordnung des Landeselternbeirats durchaus hilfreich. Dort finden Sie unter anderem den Satz:

Die Mitglieder des Landeselternbeirats … führen ihr Amt in eigener Verantwortung und unparteiisch zum Wohle der Schülerinnen und Schüler und der Eltern.

Ich glaube, an diesem Grundsatz will und sollte keiner hier im Hause rütteln.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aber natürlich muss man sich immer persönlich hinterfragen. Da frage ich einmal ganz persönlich: Wer von uns kennt denn das nicht?

Wir alle sind aktiv in der Politik, und neben unserem hauptamtlichen Landtagsmandat haben wir alle das eine oder andere Ehrenamt, das wir bekleiden. Da muss doch jeder für sich ganz persönlich die Rolle definieren: Wie übe ich dieses Ehrenamt aus – häufig wird dabei eine Überparteilichkeit erwartet –, ohne dabei auch nur den Anschein zu erwecken, ich wäre parteiisch? Diese Rolle muss jeder für sich selbst definieren. Ich habe selbst ehrenamtliche Vorsitzämter inne, und dort wird auch von mir erwartet, dass ich dort keine FDP-Politik mache, sondern beispielsweise für den Verein, dem ich vorstehe, die Interessen seiner Mitglieder vertrete.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Das ist ein Anspruch, den auch der Landeselternbeirat ganz sicher an seine Vorsitzende hat. Ich kritisiere gar nicht, dass die Vorsitzende parteipolitisch aktiv ist; es ist häufig so, dass aktive Menschen auch parteipolitisch aktiv sind. Aber die Vorsitzende muss sich schon fragen, ob sie diesem Anspruch stets gerecht wird.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich frage mich da schon, ob ein ehrenamtliches Mandat im Stadtparlament damit vereinbar ist. Ich denke, das kann man bejahen. Aber ich frage mich auch, ob z. B. eine Kandidatur an herausgehobener Stelle für den Hessischen Landtag damit vereinbar ist. Das ist eine Frage, die ich so nicht beantworten kann und auch nicht will. Der Landeselternbeirat muss in seinem Vorstand die Frage beantworten, ob dort das Vertrauen in die Vorsitzende besteht. Die Vorsitzende muss für sich selbst beantworten, ob das miteinander vereinbar ist.

Ich sage Ihnen ganz klar: Für uns wird es keinerlei politische Einflussnahme geben. Wir hatten erst im letzten Jahr die Wahl zum Landeselternbeirat, und da habe ich Anrufe und Mails erhalten, ob wir nicht eine FDP-Liste aufstellen würden, um dort irgendwie Parteipolitik hineinzutragen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht nur die FDP!)

Allen, die in dieser Weise an mich herangetreten sind, habe ich geantwortet: Der Landeselternbeirat ist und bleibt für uns überparteilich. Dort geht es um die Interessen der Eltern und der Kinder in diesem Land, nicht um Parteipolitik. Diese Rolle muss er für sich definieren. Das muss auch jedes Mitglied des Landeselternbeirats für sich selbst entscheiden, auch die Vorsitzende.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Döweling.

Damit ist diese Aktuelle Stunde – –

(Wortmeldung der Ministerin Nicola Beer)

Oh, Entschuldigung. Frau Staatsministerin, Sie dürfen selbstverständlich noch reden. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will es hier ganz kurz machen. Ich halte es aber für sinnvoll, für die Landesregierung nochmals darauf hinzuweisen, dass wir jegliche Forderung nach einer generellen Abschaffung koedukativen Sportunterrichts aus religiösen Gründen zurückweisen. Dies wäre ein Rückschritt in der Erziehung unserer Jugendlichen, genauso aber ein Rückschritt in unseren integrationspolitischen Bestrebungen.

(Beifall der Abg. Heike Habermann (SPD))