Protocol of the Session on April 24, 2013

Es ist richtig, wir haben viele Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst, die Teilzeit arbeiten. Hier müssen wir auf die Bedürfnisse eingehen. Aber wir sollten auch die Frage stellen, warum wir so viele Teilzeitmitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst haben. – Vielleicht gerade weil er diese Möglichkeit bietet und Frauen bewusst diesen Arbeitsplatz wählen.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt erwähnen. Sie wollen eine neue selbstständige, weisungsunabhängige Abteilung in der Landesverwaltung – Sie haben es eben erwähnt – mit eigenem Haushalt.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es!)

Sie verursacht natürlich Kosten. Sie selbst geben 1,5 Millionen € an. Ich sage: per anno. Das sind Kosten, die durchdacht werden müssen.

(Timon Gremmels (SPD): Ja!)

Natürlich sind wir uns hier einig: Keiner soll wegen seines Geschlechts diskriminiert werden. Aber was ist mit den anderen Diskriminierungstatbeständen? Die klammern Sie aus. Ja, Frauen mit Behinderungen – das möchte ich ausdrücklich loben – sind erwähnt. Aber was ist mit den Männern mit Behinderungen?

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut! – Petra Fuhrmann (SPD): Ach du liebe Zeit!)

Was ist mit diesen Männern, die sich bei Ausschreibungen bewerben und dann gegen eine Frau teilnehmen? Ich finde, der Gesetzentwurf ist klar einseitig ausgerichtet.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ein wichtiger Punkt, den ich auch bedenklich finde als frauenpolitische Sprecherin: Ihr Gesetzentwurf ist geprägt von einem Misstrauen gegen die Vorgesetzten im gesamten öffentlichen Dienst. Sie sprechen den Frauen die Kompetenz ab, sich erfolgreich eigenständig zu bewerben.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

Wenn dieses Gesetz käme, stünde jede Frau in Führungsposition unter einem Generalverdacht, dass sie diese Stelle nur aufgrund des Gleichberechtigungsgesetzes bekommen hätte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn man diesen Gesetzentwurf nur als Oppositionsinitiative ansehen könnte, der ein Wunschkonzert verschiedenster Interessengruppen darstellt, dann könnte man das noch Populismus nennen. Wenn man aber Ihre Äußerungen hört, dass Sie wirklich glauben, die Wahl im September schon gewonnen zu haben,

(Petra Fuhrmann (SPD): Nein!)

und dann diesen Gesetzentwurf auch noch umsetzen wollen, dann kann ich nur sagen: Das ist unverantwortlich, nicht zu bezahlen, ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und schon gar nicht im Sinne der Frauen, die durch das Hessische Gleichberechtigungsgesetz eigentlich unterstützt werden sollen. Das jedenfalls leistet dieser aufgeblähte Gesetzentwurf nicht. Sie verursachen stattdessen einen riesigen bürokratischen Akt.

Wenn Frau Gnadl in ihrer Presseerklärung darauf hinweist, dass die SPD auf Kooperation der Dienststellen mit den Frauenbeauftragten setzt, dann kann ich nur sagen: Dann machen Sie das auch und ziehen diesen Gesetzentwurf schnell wieder zurück.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danke schön, Frau Kollegin. – Für eine Kurzintervention hat sich Frau Kollegin Gnadl von der SPD-Fraktion noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben zwei Minuten Zeit, bitte schön.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lass Gnadl vor Recht ergehen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ravensburg, ich finde es wirklich ein starkes Stück, dass Sie sich heute hierhin stellen, nachdem Sie selbst über Jahre hinweg

nichts am HGlG novelliert haben, und den von uns eingebrachten Gesetzentwurf von Anfang bis Ende nur kritisieren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Sie haben nichts getan für die Gleichberechtigung von Frau und Mann. Der Zustand in der öffentlichen Verwaltung hat in den Jahren, in denen Sie hier tätig sind, zu einem absoluten Stillstand geführt.

(Holger Bellino (CDU): Regen Sie sich doch nicht so auf! Es wird dadurch nicht besser!)

Ich habe Ihnen vorhin die Grafik gezeigt, die aus dem Hause der Ministerin Schröder in Berlin kommt. Ich habe Ihnen den Atlas mit den Zahlen vorhin deutlich gezeigt. Hessen ist mit Thüringen absolutes Schlusslicht in Deutschland, was die Frauen in den obersten Landesbehörden angeht. Hessen ist mit 9 % absolutes Schlusslicht, wo der Durchschnitt bei 20 % in Deutschland liegt. Dann stellen Sie sich hin und sagen, es sei alles wunderbar mit dem jetzigen Hessischen Gleichberechtigungsgesetz. Das ist einfach unerträglich angesichts dieser Zahlen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Klagemöglichkeit heißt nicht, dass es am Ende nur Klagen hageln wird. Das sehen wir auch beim Bundesgleichstellungsgesetz. Alleine die Möglichkeit verschafft wiederum den Frauenbeauftragten mehr Durchsetzungskraft,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

weil sie das Klagerecht im Rücken haben und damit argumentieren können, wenn es um Verhandlungen geht.

Frau Ravensburg, wenn Sie sich mit den kommunalen Frauenbeauftragten unterhalten, lassen Sie sich die Situation vor Ort schildern, unter welchen Bedingungen sie arbeiten müssen.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen ist dieser Gesetzentwurf absolut notwendig, den wir Ihnen heute vorlegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gnadl. – Frau Ravensburg, Sie haben zwei Minuten für eine Erwiderung. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Gnadl, worin wir uns grundlegend unterscheiden, ist gar nicht in dem Ziel, dass wir die Gleichberechtigung für Frauen in der Landesverwaltung wünschen.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Was uns aber grundlegend unterscheidet, ist, dass wir sagen: Bei dem Gesetz, das wir vorliegen haben, sind wir auf dem richtigen Weg. Es ist sehr viel geschehen. Aber wir können das gerne in der Anhörung und in der Ausschusssitzung im Einzelnen diskutieren.

Ich habe gerade mit einem Kollegen gesprochen, der in Telearbeit arbeitet, und zwar einem männlichen Kollegen. Er findet das sehr gut. Seine Frau und er haben jetzt das dritte Kind bekommen, und er arbeitet zu Hause und teilweise im Ministerium. – Das ist der richtige Weg. Das sind pragmatische Umsetzungen, und auf diesem Weg befinden wir uns.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Frau Fuhrmann, Sie kritisieren immer die hohe Teilzeitquote. Wir waren immer der Meinung, dass gerade der öffentliche Dienst für die Frauen, die Familie und Beruf besonders gut vereinbaren wollen, die Teilzeitarbeitsplätze bereitstellen sollte. Aber wir wissen auch, dass viele dieser Frauen gar keine Führungspositionen anstreben.

(Lachen bei der SPD – Zurufe von der SPD)

Das ist eine grundlegende Unterscheidung. Das Beispiel des Regierungspräsidiums in Kassel zeigt sehr gut, dass man mit den Instrumenten des jetzigen Gesetzes durch die Budgetierung der Stellen sehr viel erreichen kann. Wir hatten dort einen Entgeltunterschied von 16 %. Wir sind jetzt nur noch bei 8 %.

Das zeigt doch, dass dieses Gesetz alles das auch erreicht, was Sie eben angesprochen haben. Ihr Gesetz aber bedeutet, dass die Frauenbeauftragten hinterher große Probleme mit der Akzeptanz haben. Das haben Sie beim Hessentag im Jahre 2011 in Oberursel selbst gesagt. Ich war bei der Sitzung dabei, wo es um das Thema „Klagerecht – ja oder nein“ ging. Sie können dort nicht mehr auf Augenhöhe arbeiten

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende?

sehr gern –, weil Sie immer mit der Brechstange Klagerecht kommen. Das ist keine einvernehmliche Zusammenarbeit, keine Kollegialität mehr in der Verwaltung. Und das ist nicht die Frauenpolitik für Hessen, die wir uns wünschen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danke, Frau Kollegin Ravensburg. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Monne Lentz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Petra Fuhrmann (SPD): Die Frauen wollen keine Führungspositionen mehr? – Horst Klee (CDU): Jetzt wird die Abschaffung der Männer gefordert!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ravensburg hat gerade darauf hingewiesen, dass sich die Frauenpolitik doch fundamental unterscheidet. Ich denke, da hat sie recht. Die CDU hält an den drei K fest: Kinder, Küche, Kirche, oder: komplett keine Karriere.

(Holger Bellino (CDU): Wovon träumen Sie denn nachts? Das ist doch unverantwortlich!)