Ministerpräsident Bouffier hat es geschafft, dass mit der Initiative alle Beteiligten in Chemie und Pharma zusammengeführt worden sind. Ziel der Initiative ist es, die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern und neue, hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen, Hessens Attraktivität für Investitionen in Forschung, Entwicklung und Produktion weiter zu steigern, die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern, die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbaren, qualitativ hochwertigen Arzneimitteln und Medizinprodukten zu sichern.
Meine Damen und Herren, die CDU-Landtagsfraktion unterstützt die Initiative Gesundheitsindustrie Hessen ausdrücklich.
Die Initiative bildet ein geeignetes Forum, in dem die wesentlichen Fragestellungen zur zukünftigen Entwicklung der Branche interdisziplinär diskutiert werden können. Wir wollen, dass diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen zusammengeführt werden und die erfolgreiche Entwicklung Hessens als Pharmastandort fortgesetzt wird.
Es ist die Aufgabe der Politik in Bund und Ländern, die Rahmenbedingungen für die Chemie- und Pharmaindustrie so zu gestalten, dass sie forschen und produzieren können, ohne zu stark reglementiert zu werden. Wir müssen die Bürokratie dort abbauen und reduzieren, wo wir es können. Wir müssen gemeinsam mit Industrie und der Wirtschaft den Bildungsstandort Hessen stärken, um die Fachkräfte der kommenden Jahre auszubilden.
Meine Damen und Herren, die Forschung bei Arzneimitteln hat dazu beigetragen, dass heute viele Krankheiten geheilt und Symptome gemildert werden können. Aber es gibt noch viele Krankheitsbilder, für die weiter geforscht werden muss. Von der Entwicklung von Innovationen hängt es entscheidend ab, wie Krankheitsbilder besser behandelt und möglicherweise auch geheilt werden können. Viele kleine und mittelständische Unternehmen investieren viel Geld in die Forschung zu einem bestimmten Krankheitsbild.
Daher ist die steuerliche Absetzbarkeit von Forschungsund Entwicklungskosten für Arzneimittel unerlässlich. Nur durch die Absetzbarkeit werden wir Erfolge dabei haben, bezahlbare und wirksame Arzneimittel herzustellen. Daher bitten wir die Landesregierung, sich auf der Bundesebene weiter aktiv für die Absetzbarkeit von Forschungs- und Entwicklungskosten einzusetzen. Ebenfalls müssen kleine und mittelständische Unternehmen in die Projektförderung für die Innovationen eingebunden werden.
Daher ist es richtig, dass sich die Hessische Landesregierung für den Bürokratieabbau bei der Projektförderung für die kleinen und mittelständischen Unternehmen einsetzt. Forschungskosten sollen schließlich der Entwicklung von Innovationen dienen und nicht nur der Bürokratie.
Meine Damen und Herren, ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist es, die Rahmenbedingungen für die hessische Industrie insgesamt weiter zu verbessern. Wir brauchen den Ausbau und den Erhalt der vorhandenen Infrastruktur. Das geht von den Verkehrswegen Straße, Schiene, Flughafen über die Bildung von Netzwerken und Clustern. Diese werden von der Hessischen Landesregierung stets mit dem notwendigen Augenmaß weiter vorangetrieben. Dabei wollen wir die Landesregierung auch weiter unterstützen und diesen Weg bekräftigen. Meine Damen und Herren, mit der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen haben wir ein neues Kapitel für den Pharmastandort Hessen aufgebaut. Sorgen wir also gemeinsam dafür, dass Hessen auch in Zukunft die Apotheke Deutschlands bleibt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist Wahlkampfzeit, und die Regierungsfraktionen legen einmal wieder einen Selbstbeweihräucherungsantrag vor. Diesmal geht es um die Chemieindustrie. Sonst betont insbesondere die FDP ja immer sehr gerne die strikte Trennung zwischen Wirtschaft und Staat, und dass sich die Politik aus der Wirtschaft heraushalten soll. Jetzt bejubeln Sie sich für die Arbeit anderer Leute.
Für Hessen ist zweifelsohne die chemische Industrie von besonders hoher Bedeutung. Das bestreitet, glaube ich, niemand. Immerhin geht ein Viertel der Bruttowertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes in Hessen auf die Pharmaund Chemiebranche zurück – unbestritten, Herr Pentz. Mit fast 60.000 Arbeitsplätzen ist die Branche einer der wichtigsten Arbeitgeber im Land.
Meine Damen und Herren, aber dass diese Branche erfolgreich ist, ist nun nicht Verdienst der Landesregierung, sondern – das will ich an der Stelle einmal sagen – zuerst einmal ein Verdienst der Beschäftigten, die einer harten Arbeit, und das oftmals im Schichtdienst, nachgehen. Ich finde, das muss man hier schon einmal feststellen.
Die Branche stellt sicher viele wichtige und nützliche Produkte her. Hier werden zahlreiche neue Materialien und
Baustoffe entwickelt, die an den unterschiedlichsten Stellen zum Einsatz kommen, ob das im Bereich der erneuerbaren Energien ist, ob das im Bereich der Gebäudeisolierung oder im Bereich der Verpackung ist.
Selbstverständlich kommen auch die pharmazeutischen Produkte aus der Chemiebranche. Herr Pentz, aber dass Sie jetzt den gesamten Bereich der Chemie quasi als Dienst an der Gesundheit verstehen, das halte ich schon für eine etwas gewagte These; denn bei Weitem nicht alle Produkte der Chemiebranche stehen im Dienste der Gesundheit, einige sogar im Gegenteil.
Sie erfüllen teilweise ganz andere Zwecke und haben erhebliche Nebenwirkungen. Die kann man nicht einfach verschweigen. Der Kollege Klose hat das sehr richtig ausgeführt. Die Fragen Chemikaliensicherheit, Gentechnik, Schadstoffausstoß, aber auch die hohen Energiekosten und der hohe Energieverbrauch, die diese Branche hat – ich glaube, dass man dafür das eine oder andere kritische Wort finden kann und muss. Man sollte hier nicht einfach eine Branche verklären.
Herr Pentz, ich will zur Pharmaindustrie sagen: Bei allen wichtigen Innovationen und sicher sehr vielen wichtigen Forschungsergebnissen dieser Branche wollen wir hier die Pharmaindustrie nicht zur Heiligen ernennen. Wir sollten nicht vergessen, dass sich gerade die Pharmaindustrie eine goldene Nase auf Kosten der Versicherten verdient und dass gerade nicht jedes Medikament innovativ und sinnvoll ist.
Von daher halte ich es schon für sinnvoll, durchaus auch die Pharmaindustrie einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, statt das einfach abzujubeln, wie Sie das hier tun, Herr Pentz.
Es ist nicht nur die Aufgabe der Politik auf Landes- wie auf Bundesebene, diese Branche zu stärken und zu unterstützen, sondern es ist auch unsere Aufgabe, sie auf den Schutz von Natur und Gesundheit zu verpflichten.
Nun feiern Sie sich einmal mehr für die wirtschaftliche Stärke Hessens. Sie haben sicherlich alle die Konjunkturprognose 2013 des Hessischen Statistischen Landesamtes gelesen, die in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur, der Industrie und Handelskammer und anderen erstellt wurde. Dort ist zu lesen, dass für die Konjunktur in Hessen einiges an Risiken besteht, weil die europäische Krise auch auf Hessen ihre Schatten wirft.
Der Export in den Euroraum hat sich abgeschwächt. Ebenso schwächeln die Schwellenländer. Das hat Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum in Hessen. Dieses hat sich nach der letzten Erholung 2011 – Zitat – „spürbar verlangsamt“.
Die Investitionen schrumpfen, und das ist immer ein sicheres Zeichen für pessimistische Aussichten. Das sehen auch die Unternehmen so. Positive Erwartungen an das kommende Jahr haben nur 18 % der Unternehmen. Dem entgegen haben 23 % eher negative Erwartungen. Der Rest geht davon aus, dass sich nicht so viel ändern wird.
Die Industrie insgesamt wird nach der gemeinsamen Konjunkturprognose im laufenden Jahr – Zitat – „kaum noch zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum“ beitragen. Die Regierungsfraktionen schreiben in ihrem Antrag, dass gerade die Chemiebranche eine besonders hohe Exportquote hat. Von daher will ich nur sagen, dass ich diese Euphorie vonseiten der Regierungsfraktionen nicht teilen kann, sondern glaube, man muss auch schauen, wo die Probleme sind, die in der Zukunft gerade auf ein exportorientiertes und zweifelsohne wirtschaftsstarkes Bundesland wie Hessen zukommen können, und wie man diese Probleme abwenden kann.
In Ihrem Antrag schreiben Sie wieder einmal, dass Bürokratieabbau nötig sei. Aber was ist denn mit Bürokratieabbau gemeint, Herr Pentz? Weniger Vorschriften betreffend den Umwelt- und Arbeitsschutz, weniger Steuern bzw. weniger Kontrollen durch die örtlichen Finanzämter, weniger Staat? Das ist immer die alte Formel. Hinter der Klausel „weniger Bürokratie, Bürokratieabbau“ verbergen sich meistens Deregulierung und Abbau von notwendigen Regelungen zum Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz.
Das mit dem Neue-Behörden-Schaffen überlassen wir der FDP. Dass wir heute ein Landesschulamt haben, ist die sinnloseste Behörde, die in den letzten Jahren hier geschaffen wurde.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ressourcenbündelung der FDP! – Gegenruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP))
Da haben Sie die Ressourcenbündelung. Die Ressourcen haben Sie gebündelt und dem einen oder anderen FDPler vielleicht eine Anschlussverwendung garantiert.
In Ihrem Antrag benennen Sie das Problem des Bürokratieabbaus als wichtigen Punkt. Aber die großen Gefahren, die auf die Konjunktur zulaufen, sind doch nicht der Frage der Bürokratie geschuldet. Das ist doch nicht das Problem. Deswegen ist das hier auch der falsche Ansatz. Die fortschreitende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen hat auch in Hessen nicht haltgemacht. Ich will sagen, dass es in der Pharma- und Chemieindustrie zweifelsohne ein vergleichsweises hohes Lohnniveau gibt. Aber es ist auch nicht so, als ob die Beschäftigten dieser Branche keine Sorgen hätten.
Trotz der relativ stabilen Lage der Branche gibt es eine Welle der Restrukturierungen und Entlassungen. Die großen Firmenübernahmen und Fusionen der letzten Jahre sind immer mit einem deutlichen Stellenabbau einhergegangen.
Die Darmstädter Firma Merck beispielsweise durchläuft gerade eine umfassende Umstrukturierung, der jeder zehnte Arbeitsplatz zum Opfer fallen soll. Mitarbeiter des Schweizer Tochterunternehmens Merck Serono waren voriges Jahr hier, um gegen die komplette Schließung ihres Werks in Genf zu demonstrieren, und sie erhielten auch Unterstützung von den Kolleginnen und Kollegen in Darmstadt. Auch bei anderen Unternehmen in dieser Branche fallen Arbeitsplätze weg. Bayer baut Hunderte Stellen ab, ebenso BASF und DuPont.
Das Chemieunternehmen Clariant, in Hessen ansässig, will 700 Stellen in Deutschland abbauen. Stada Arzneimittel – hat seinen Sitz in Bad Vilbel – will bis Mitte 2013 800 Stellen abbauen.
Die will 800 Arbeitsplätze abbauen. Dafür können Sie sich einmal einsetzen, dass das nicht passiert, Herr Hahn.
(Beifall bei der LINKEN – Minister Jörg-Uwe Hahn: Das mache ich! – Petra Fuhrmann (SPD): Schon wieder ein Zwischenruf von der Regierungsbank!)
Herr Hahn, vielleicht gebe ich Ihnen noch die Zusatzinformation, dass das Unternehmen diese 800 Arbeitsplätze abbaut oder ins billigere Ausland verlagern möchte, obwohl das Unternehmen einen Jahresgewinn von 200 Millionen € anpeilt. Das zeigt, dass es den Unternehmen der Branche zweifelsohne nicht schlecht geht.
Die Massenentlassungen in diesen Bereichen sollen die Branche offenbar nicht vor dem Ruin retten, sondern im Gegenteil noch die Gewinnmargen erhöhen. Ich vermisse schon den geringsten Hinweis in dieser Debatte, dass Sie diese Praxis kritisieren.
Immer reden Sie davon, dass Ihnen die Arbeitsplätze am Herzen liegen. Wenn Ihnen die Arbeitsplätze am Herzen liegen, dann setzen Sie sich doch dafür ein, dass Arbeitsplatzabbau nicht stattfindet. Dann solidarisieren Sie sich doch mit den Kolleginnen und Kollegen, die davon betroffen sind.