Dann muss man aber auch über die Frage sprechen, warum in Hessen auf den Autobahnen deutlich weniger Verkehrstote vorhanden sind. Dazu kann ich Ihnen sagen: Wir haben gemeinsam mit Hessen Mobil festgestellt, dass wir gerade in den Bereichen, wo wir mit Telematiksystemen arbeiten – ich habe gerade mit dem Kollegen Posch gesprochen, ca. zwei Drittel unserer Autobahnen werden mit elektronischen Systemen tempogesteuert –, wenn diese Systeme alle aktiv sind, wahrscheinlich auf zwei Dritteln unserer Autobahnen eine Tempobeschränkung haben.
Ich glaube, es ist der richtige Weg, Geschwindigkeit dann zu reduzieren, wenn es der Verkehrsfluss erfordert, ansonsten die Autobahnen frei in der Geschwindigkeit zu geben, weil das die Akzeptanz für Regelungen bei den Autofahrerinnen und Autofahrern deutlich erhöht. So versucht man, Verkehrspolitik zu machen.
Deshalb wird die Frage eine wichtige Rolle spielen: Wollen Rot, Rot-Grün, was will die SPD, im Wahljahr Tempo 120 auf allen deutschen Autobahnen? Oder setzen wir weiter auf moderne Technologie? Auch andere Länder, die starre Tempolimits haben, schauen auf unsere Technologie. Ist Telematik nicht die Zukunft? Gehören starre Tempolimits nicht der Vergangenheit an?
Frau Kollegin Wissler, aber ich will sagen, das ist das, was uns gemeinsam interessieren muss. Bei Landstraßen sieht die Situation anders aus. Das ist auch der Grund, warum ich dafür so gekämpft habe, dass der Landstraßenbauetat weiter 100 Millionen € beträgt, weil wir nicht nur in Fahrbahnen investieren, sondern auch an Gefahrenlagen in Sicherheitsvorkehrungen.
Wir haben im Rahmen der Konzepte, die Hessen Mobil entwickelt hat, die selbsterklärende Straße. Neben der selbsterklärenden Straße – die selbsterklärende Straße soll für den Autofahrer relativ frühzeitig auf Verkehrshindernisse, auf Gefahrenlagen hinweisen, die wir auch durch Maßnahmen nie vollständig ausschließen können – sollen natürlich auch die Landstraßen in Zukunft durch dieses System so gesteuert werden, dass Überholen sicherer wird, z. B. durch zusätzliche Überholfahrstreifen.
Das heißt, wir müssen in Infrastruktur investieren. Wir müssen Infrastruktur ausbauen. Seitenräume links und rechts von Fahrbahnen müssen frei von Hindernissen werden. Wir arbeiten bei Hindernissen, wo sie unvermeidbar sind, mit Leitplanken, um Verkehrsteilnehmer zu schützen – von der einen Fahrtrichtung in die andere.
Das zeigt, dass man natürlich durch zusätzliche Maßnahmen etwas erreichen kann. Das ist z. B. im Hochtaunuskreis ein Thema – wo Motorradfahrer in Richtung Feldberg häufig Unfälle erfahren, weil sie z. B. zu schnell sind –, mit speziellen Leitplanken zu agieren. Das sind alles Themen, um die wir uns kümmern.
Deshalb: Zu sagen, wir würden uns nicht darum kümmern, geht an der Realität vorbei. Aber Sie haben auch recht in der Frage, es gibt Bedarf, sich zu kümmern. Deshalb machen wir Verkehrspolitik auch mit voller Leidenschaft an dieser Stelle für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger.
Deshalb sage ich abschließend, ich glaube, es wird im Wahlkampf auch über die Frage entschieden werden: Wollen wir Tempo 120 oder weiterhin intelligente Systeme – ich würde mich für intelligente Systeme entscheiden –,
oder wollen wir auch einen Landesstraßenhaushalt wie damals mit 24 Millionen DM oder heute mit 100 Millionen €? Ich glaube, es lohnt sich, massiv in Infrastruktur zu investieren. Jeder Euro, den wir dort ausgeben, ist ein Stück mehr Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger – gut angelegtes Geld, meine Damen und Herren.
Schönen Dank, Herr Staatsminister. – Damit sind wir am Ende der Rednerliste. Die beiden Anträge sind Überweisungen an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr. – Das ist so.
Dann darf ich, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, noch einmal feststellen: Ihnen ist auf den Plätzen ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP zum Thema Bodenverkehrsdienste am Flughafen Frankfurt – weitere Lockerung durch EU-Verordnung verhindern verteilt worden. Er soll heute am Ende der Tagesordnung aufgerufen werden. Er wird somit Tagesordnungspunkt 58 und mit fünf Minuten Redezeit versehen.
Ohne, gut. – Eingegangen und verteilt ist noch ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Kabinett Merkel lehnt gesetzlichen Mindestlohn ab – Bundesregierung verweigert Menschen, die durch Dumpinglöhne arbeiten müssen, die Unterstützung, Drucks. 18/7176. Das wird Tagesordnungspunkt 59 und bekommt fünf Minuten Redezeit.
Auch ohne Aussprache. – Dann ist noch eingegangen und verteilt ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Bodenverkehrsdienste am Flughafen Frankfurt – weitere Lockerung durch EU-Verordnung verhindern. Der wird Tagesordnungspunkt 60 und mit Tagesordnungspunkt 58 am Ende der Sitzung aufgerufen, auch ohne Aussprache. – Somit haben wir das geregelt.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Milliarden für Merkel-Bahnhof in Stuttgart fehlen für Bahnhöfe in Hessen – Drucks. 18/7131 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Zukunftsinvestitionen schnell und transparent umsetzen – Drucks. 18/7157 –
Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Fraktionsvorsitzende, Herr Al-Wazir, gemeldet. Bitte schön, Herr Al-Wazir.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine Auseinandersetzung über einen Bahnhof im Südwesten der Republik auf die Tagesordnung des Hessischen Landtags gesetzt. Jetzt kann man die Frage stellen, was den Hessischen Landtag ein Bahnhof in Stutt
Wir GRÜNE sind schon sehr lange der Überzeugung, dass Stuttgart 21 oder – wie wir ihn nennen, seitdem die Bundeskanzlerin ihn zu ihrem Projekt gemacht hat – der Merkel-Bahnhof ein Wahnsinnsprojekt ist. Das ist uns schon länger klar. Aber ich finde, dass jetzt noch einmal eine Steigerung in der Debatte passiert ist, weil nämlich die Kosten für dieses Projekt, wie wir es seit Jahren prophezeit haben, ins Unermessliche gestiegen sind.
Die Bahn selbst geht jetzt von schwindelerregenden 6,5 Milliarden € aus, um einen Bahnhof zum Durchgangsbahnhof zu machen, bei dem nach unserer Kenntnis 80 % der Leute sowieso aussteigen. Insofern ist es ein Wahnsinnsprojekt, mit dem wir es zu tun haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es zeichnet sich jetzt schon ab, dass es noch viel schlimmer kommt. Am letzten Montag war im „Spiegel“ ein Streitgespräch zwischen dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten und dem Vorstandsvorsitzenden der Bahn AG zu lesen.
Die „Spiegel“-Redakteure haben die Frage gestellt: Herr Grube, vier Jahre später sind wir bei bis zu 6,5 Milliarden € angekommen. Ist Stuttgart 21 wenigstens jetzt das bestgeplante Projekt der Bahn? – Da sagt der Vorstandsvorsitzende der Bahn AG: Ich bin sehr vorsichtig geworden mit solchen Formulierungen. Man sagt ja nicht umsonst, vor der Hacke ist es dunkel.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist angesichts der jetzt schon geplanten Kosten von 6,5 Milliarden € eigentlich eine Wahnsinnsaussage.
Was hat das mit uns zu tun? – Das hat sehr viel mit uns zu tun. Denn diese 6,5 Milliarden € sind nicht nur Steuergelder oder Gelder eines zu 100 % im Staatsbesitz befindlichen Unternehmens. Sie werden unserer Ansicht nach dort völlig sinnlos vergraben. Dieses Geld fehlt an anderen Stellen.
Schauen Sie sich einmal an, wie das Projekt Stuttgart 21 finanziert wird. Einen Teil tragen das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart bei. Aber den viel größeren Teil trägt der Bund aus Mitteln des Bundesverkehrswegeplans, aus Mitteln der Europäischen Union, aus bundeseigenen Mitteln und aus bahneigenen Mitteln zu diesem Projekt bei.
Dieses Geld kann man nur einmal ausgeben. Wenn man es in Stuttgart sinnlos vergräbt, kann man es z. B. in Hessen nicht sinnvoll ausgeben. Genau das ist das Problem.
Drei Viertel des Personenfernverkehrs der Bahn geht durch Hessen. Die Hälfte des Güterfernverkehrs der Bahn geht durch Hessen. Trotzdem haben wir die Situation, dass weniger als 2 % der Infrastrukturmittel für die Schienen, die die Bahn ausgibt, in Hessen investiert werden.
Da sehen Sie eine dramatische Diskrepanz. Unglaublich viel Verkehr der Bahn läuft durch Hessen. Das ist viel mehr, als jemals im Südwesten der Republik durch Stuttgart fahren wird. Trotzdem wird fast kein Geld in die Infra
Spätestens jetzt müsste eine verantwortungsbewusste Hessische Landesregierung intervenieren und sagen: Bundesregierung und Bahn AG, stoppt dieses irrsinnige Projekt Stuttgart 21, denn das ist ein Fass ohne Boden. Das Geld, das wir da hineinschütten müssen, wird am Ende genau da fehlen, wo es gebraucht wird, nämlich da, wo der Verkehr auf der Schiene stattfindet. Das ist in Hessen.
Eines kommt hinsichtlich des Ballungsraums Rhein-Main hinzu. Verkehrsminister Dieter Posch hatte damals die richtige Entscheidung getroffen. Damals kam jemand und hat gesagt: Wir machen Frankfurt 21. – Da hat er gesagt: um Gottes Willen nicht.
Es bleibt aber dabei, dass wir in dem wachsenden Ballungsraum Rhein-Main-Gebiet wahnsinnige Engpässe auf der Schiene haben. Ich nenne Ihnen die Nordmainische S-Bahn. Ich nenne Ihnen die Regionaltangente West. Ich nenne Ihnen das vierte Gleis nach Bad Vilbel. Ich nenne Ihnen im Fernverkehr die Strecke Frankfurt – Mannheim. Ich nenne Ihnen im Fernverkehr die Strecke Hanau – Fulda.
Das alles sind große Projekte, die in den letzten Jahren nicht nach vorne gekommen sind. Teilweise ist dies der Fall, weil nicht geplant wurde. Teilweise geschah das aber auch, weil das Geld gefehlt hat. Die Stichworte dazu lauten Nordmainische S-Bahn und, ein kleineres Projekt, S-Bahn nach Gateway Gardens. Genau damit wird das Projekt Stuttgart 21 zu einer zutiefst hessischen Frage.
Wir wissen, dass die Landesregierung in den letzten 14 Jahren ganz oft gesagt hat, sie wolle viel für die Verkehrsinfrastruktur tun. Unter dem Strich kann man sagen, dass viel über Flughäfen geredet wurde. Leider wurde auch viel, wie wir finden, sinnlos in Flughäfen investiert. Sie wollen sich in zwei Wochen für den Flughafen Kassel-Calden feiern lassen, obwohl von da aus keiner fliegen will.
Es wurde viel über die Straßen und die Autobahnen geredet. In die Schieneninfrastruktur wurde nicht investiert. Die Schieneninfrastruktur ist leider eines der Stiefkinder der Verkehrspolitik der Hessischen Landesregierung in den letzten 14 Jahren.
In diesem Zusammenhang will ich Folgendes sagen: Wenn Sie wirklich verantwortungsvolle Verkehrspolitik für Hessen machen wollen – bis zum 17. Januar 2014 können Sie das noch –, dann müssen Sie jetzt auf Ihre Parteifreunde in der Bundesregierung einwirken. Denn wenn man immer mehr Geld sinnlos in Stuttgart verballert, hat man es am Ende nicht mehr da, wo es hingehört, nämlich an den Orten, an denen die Not am größten ist und die Engpässe auf der Schiene am größten sind.
Völlig jenseits der Frage, ob sich das Land Baden-Württemberg mit einer zusätzlichen Summe beteiligen wird, wird es auf jeden Fall, wenn dieses irrsinnige Projekt weitergeführt wird, dazu kommen, dass eigene Mittel der Bahn in erheblichem Umfang in dieses Projekt fließen werden. Ich will Ihnen sagen: Auch das ist eine zutiefst hessische Frage, die nicht nur etwas mit dem Ballungsraum Rhein-Main zu tun hat. Sie sollten sich einmal anschauen,
wie der Zustand der Bahnhöfe in Hessen ist. Uns fallen viele Stellen ein, an denen die Bahn AG sinnvoll investieren könnte.