Protocol of the Session on February 27, 2013

(Petra Fuhrmann (SPD): Unglaublich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es tut mir leid, dass ich Ihnen das jetzt unterstellen muss. Aber ich traue das Schwarz-Gelb in Hessen auch zu. Ich traue Ihnen das zu.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Sie haben die Chance, heute hier Position zu beziehen. Sie haben die Chance, diesen dürftigen Gesetzentwurf in Berlin zu stoppen. Hessen sollte im Interesse der Menschen, insbesondere in Nordhessen, wo es ein riesengroßes Thema ist, seine Möglichkeiten nutzen, vor der Wahl Fakten zu schaffen. Nach der Wahl werden Sie dazu nicht mehr die Chance haben. Dann wird es Rot-Grün übernehmen, im Sinne der Menschen, der Umwelt und einer Energiewende hin zu erneuerbaren Energien. Denn das ist die Antwort auf die Frage, und nicht Fracking. – Danke.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Gremmels. – Als nächster Redner hat sich Kollege Landau von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Landau, Sie haben das Wort.

Guten Morgen, Frau Präsidentin, guten Morgen, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Guten Morgen, Kollege Landau!)

Frau Präsidentin, zunächst bitte ich um die Erlaubnis, eine Grafik zeigen zu dürfen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der hier zu diskutierende Antrag von SPD und GRÜNEN bezieht sich auf ein Thema, das zurzeit viele beschäftigt, kontrovers diskutiert wird sowie Befürchtungen vieler Menschen und auch deren Erwartungen an die Politik berührt. Damit hat dieses Thema eine intensive Betrachtung verdient und macht auch Handlungen der Politik notwendig.

So richtig die Thematisierung der unkonventionellen Erdgasförderung und des Frackingvorgangs als Teil davon durch die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN in einer Landtagsdebatte ist, so falsch ist bereits die Überschrift Ihres Antrags. Diese ist Ausdruck einer – vielleicht bewussten – Fehlinterpretation. Ich sage Ihnen auch, warum. Derzeit gibt es nämlich keine passenden gesetzlichen Regelungen für die relativ neue Technologie des Frackings; das anwendbare Bergrecht ist darauf nicht ausgelegt. Deshalb hat die Bundesregierung angekündigt, die Gesetze anzupassen, damit sie für diesen Bereich vernünftig anwendbar sind. Hierbei wird es, anders als von Ihnen vorgetragen, zu einer Erschwerung und Einschränkung von Fracking im Vergleich zur jetzigen rechtlichen Situation kommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Timon Grem- mels (SPD): Das sieht Herr Rösler anders!)

Der gemeinsame Antrag von SPD und GRÜNEN spricht hingegen von Fracking-Erleichterungen – eine Einschätzung, die von der Fachwelt so nicht geteilt wird. Ich hätte Verständnis dafür, wenn Sie sagen, dass Ihnen das, was jetzt in Berlin geschieht, nicht weit genug geht.

(Timon Gremmels (SPD): Wo ist denn der schwarzgelbe Antrag im Landtag?)

Herr Gremmels, rufen Sie nicht laufend dazwischen. Es wird nicht besser. – Wenn Sie anführen würden, dass es Ihnen in Berlin nicht weit genug ginge, könnte ich das noch nachvollziehen. Aber die Schürung von Ängsten mit falschen Behauptungen sollte kein Politikansatz sein, liebe Sozialdemokraten und liebe GRÜNE.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Brigitte Hof- meyer (SPD))

Mit Blick auf die Umwelt und die Sorgen der Menschen sagen wir: Es ist richtig, wenn nun enge Rahmenbedingungen für das Fracking erarbeitet werden. Wir stimmen dem Bundesumweltminister aus voller Überzeugung zu, dass auch in Zukunft keine Förderung in Wasserschutzgebieten stattfinden kann.

(Timon Gremmels (SPD): Das ist doch selbstverständlich! – Petra Fuhrmann (SPD): Was denn noch?)

Dabei rege ich an, die Heilquellenschutzgebiete ebenfalls namentlich in dem Ausschluss aufzuführen. Wir sehen ebenfalls wie Herr Altmaier eine Umweltverträglichkeitsprüfung bei jedem Frackingvorhaben als zwingend an.

Der Berliner Gesetzentwurf wird dafür Sorge tragen, dass Schiefergasgewinnung, so sie überhaupt unter der Erwartung ausreichender Fördermengen, diesen gesetzlichen Bedingungen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll erscheint, sicher und umweltverträglich durchgeführt werden kann und auch muss.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie glauben auch noch an den Weihnachtsmann!)

Die von der Industrie ins Auge gefasste umfangreiche Anwendung dieser Fördertechnik bringt neue Herausforderungen mit sich und wirft neue Fragen auf. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass es sich um eine sogenannte Risikotechnik handelt. Die politische Entscheidungsfindung muss vielerlei Punkte berücksichtigen. Die Abläufe der Verwaltungspraxis sind zu beachten. Weiterhin sind Abwägungen hinsichtlich Rohstoffabhängigkeit, Versorgungssicherheit und der Beschäftigungssicherung einzubeziehen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, fest steht aber auch: Fracking gibt es in Deutschland seit 50 Jahren. Bereits knapp 300 Fracks sind in Deutschland und 1,2 Millionen weltweit durchgeführt worden, ohne gravierende Vorfälle.

(Zurufe der Abg. Timon Gremmels (SPD) und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Man muss auch einmal deutlich machen: Die rechtlichen Anforderungen an das Fracking sind in Deutschland schon heute enorm hoch und mit denen in den USA nicht zu vergleichen.

(Timon Gremmels (SPD): Weil es eine andere Gesteinsart ist!)

Im Zusammenhang mit der Beantragung einer Erlaubnis für das Aufsuchen von Erdgasquellen muss die Bergbaubehörde eingespannt werden. Die Wasserbehörden erhalten Mitsprache. Und es muss abgewogen werden, ob das beantragende Unternehmen zuverlässig ist und entgegenstehende Allgemeininteressen nicht überwiegen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Also ja!)

Bei der Bewältigung der Förderung ist es genauso. Auch hier verfügt die Bergbaubehörde über ein ganz klares Regularium, nach dem geprüft werden muss. Da geht es um Gefahrenvorsorge und Abfallbeseitigung. Die Zulassung für eine Förderung erfolgt letztlich unter Anwendung des Bergrechts im Einvernehmen mit der Wasserbehörde und den Kommunen als Planungsträgern.

Das alles verschärfen wir durch das, was jetzt in Berlin erarbeitet wird. Nach der geltenden Rechtslage ist es beispielsweise so, dass erst bei einer Förderung – das ist einer der Unterschiede – von mehr als 500.000 m³ pro Tag eine Umweltverträglichkeitsprüfung obligatorisch vorgeschrieben ist. Die Bundesregierung weitet das jetzt aus. Worin Sie da eine Aufweichung und Erleichterung sehen, das bleibt Ihr Geheimnis.

Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist für uns wichtig und steht nicht zur Disposition. Wirtschaftliche Überlegungen, das sage ich hier auch ganz deutlich, haben sich diesem Punkt stets unterzuordnen. Das gilt erst recht beim Fracking. Ich kann mich nur wiederholen: Für uns, die CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, steht fest, dass die Frackingtechnologie im Umfeld von Trinkwasser-, Mineralwasser- und Heilquellen nichts zu suchen hat,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wäre ja noch schöner!)

weder oben in Schutzzonen, noch unter diesen Gebieten tief in der Erde. Der Schutz des Wassers geht eindeutig und ohne Einschränkung vor. Deshalb wird in Hessen

nichts entschieden, genehmigt oder erlaubt, solange nicht eine ausreichende wissenschaftliche Basis vorhanden ist. Dies glaubhaft aufzuzeigen kann keinerlei Gefahr bedeuten. Diese Haltung findet sich auch ganz klar im hessischen Umweltministerium wieder.

Zum Stichwort „Moratorium“ in Ihrem Antrag. Wir in Hessen haben ein echtes Moratorium, wenngleich es nicht mit diesem Namen in Zusammenhang gebracht wird. In Nordrhein-Westfalen hingegen, das Sie immer gerne zitieren, wird von einem grünen Minister zwar ein Moratorium verkündet, doch die Realität sieht anders aus.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Da haben Sie recht!)

Denn die einzelnen Bezirke stellen munter Erlaubnisse aus. Die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die gleichzeitig Koordinatorin der SPD-geführten Bundesländer ist, zeigt sich im Hinblick auf eine Einigung im Bundesrat offen. Sie sagt:

Fracking ist für Nordrhein-Westfalen ein sehr bedeutsames Thema, da hier große Vorkommen an Schiefergas vermutet werden.

(Timon Gremmels (SPD): Lesen Sie einmal weiter!)

Sie stellt Forderungen für die Durchführung von Fracking auf, deren Aufnahme in den Gesetzentwurf der Bundesregierung von ihrem Wirtschaftsminister Garrelt Duin als „gut“ bezeichnet wird.

(Zurufe von der CDU: Aha! – Hört, hört!)

Insofern stelle ich fest, dass die SPD in Düsseldorf glaubwürdiger mit dem Thema umgeht als die SPD in Wiesbaden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zum Thema „unabhängige Gutachten“ kann ich Folgendes sagen. Wir haben mehrere Gutachten in Auftrag gegeben. Jetzt warten wir die Ergebnisse und die damit einhergehenden wissenschaftlichen Erkenntnisse ab. Sollten diese ergeben, dass für die Umwelt in der Region keinerlei Gefahr besteht, dann – und nur dann – kann man weiter darüber nachdenken, ob die Anwendung dieser Technik in Zukunft infrage kommt. Es bleibt abzuwarten, ob das in der Entwicklung befindliche Green Fracking das hält, was es verspricht. Der aktuelle Ansatz, einen Großteil der eingesetzten Fluide durch Maisstärke zu ersetzen, zeigt aber, dass auch hier im Zuge von Weiterentwicklungen neue Wege beschritten werden könnten.

Akzeptanz – um auch darauf zu sprechen zu kommen – kann nur durch ein hohes Maß an Transparenz geschaffen werden. Das ist die Antwort auf die Sorgen der vor Ort betroffenen Bürgerinnen und Bürger und ebenso Voraussetzung für den möglichen Einsatz der Frackingtechnologie.

Ich persönlich glaube, dass die Frackingtechnologie in einem dicht besiedelten Raum, wie wir ihn hier haben, nur schwer machbar sein wird. Auch ein Blick auf die Karte Nordhessens, wo sich das Explorationsgebiet „Adler South“ erstreckt, macht deutlich: Nach Abzug sämtlicher wasserrechtlicher Schutzzonen bleiben nur wenige, in ihrer Dimensionierung zu kleine Gebiete, um Fracking überhaupt profitabel durchzuführen.

(Brigitte Hofmeyer (SPD): Auch das ist schon zu viel!)

Ich habe Ihnen hier eine Karte mitgebracht.

(Der Redner hält ein Schaubild hoch.)

Ich glaube, darauf können Sie erkennen, wie viele Gebiete in Nordhessen von einer solchen Nutzung ausgeschlossen sind. Es bleibt wirklich nur noch sehr wenig übrig, eigentlich gar nichts, sodass wir wahrscheinlich eine Phantomdiskussion führen. Von „Saudis in Nordhessen“ zu reden bleibt Wunschdenken.

Fazit: Wir von der CDU-Fraktion sehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Möglichkeit zur Anwendung von Fracking. Dafür gibt es zu viele Fragen, die erst geklärt werden müssen. Es muss definitiv ausgeschlossen werden, dass bekannte, aber auch vermutete Risiken und Problemstellungen auftreten können. Erst dann – das ist der Unterschied zu Ihnen – zeigen wir uns offen dafür, dass Fracking in der Zukunft zum Zuge kommen kann. Aber bis dahin ist eine Menge zu klären. Am heutigen Tage ist zu sagen: Fracking wird hier in Hessen nicht zum Zuge kommen.