Protocol of the Session on January 31, 2013

(Beifall des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Aber Sie haben es eingeräumt; das empfinde ich sozusagen als ersten Punkt, mit dem ich umgehen kann.

Der zweite Punkt ist, dass Sie davon sprachen, bei diesem Letter of Intent handle es sich um einen Kompromiss und – auch das finde ich eine beachtliche Formulierung – dass es eine Glanztat unter den bestehenden Bedingungen sei, ein solches Ergebnis zu erreichen. An der Stelle möchte ich ausdrücklich sagen, dass Sie damit sogar recht haben.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir dieselben Gründe anführen würden, Herr Dr. Müller. Aber Sie haben mit dieser Formulierung ausdrücklich recht; denn ganz offensichtlich ist die Verhandlungsposition auf Grundlage der bestehenden Verträge für das Land so bescheiden, dass Sie sozusagen weitgehende Zugeständnisse der anderen Seite gar nicht erreichen konnten, weil die Druckposition nicht ausreicht. Das ist es doch, was uns auch seit Jahren beschäftigt.

Deswegen – es gibt ein paar Hinweise über Zitate von einzelnen Betroffenen in den letzten Monaten – ist es schon erstaunlich, mit welcher Sprache teilweise auch die Landesregierung, insbesondere der Ministerpräsident, versucht hat, die andere Seite zu Zugeständnissen zu bewegen. Ihre Formulierung, dass Sie sich ärgern würden, auch die Bemerkung der Ministerin zur Frage, alles sei besser als Rhön, und manch andere Bemerkung sprechen dafür, dass wir offensichtlich einen Verhandlungspartner auf der anderen Seite haben, der es nicht so richtig gut mit dem Land gemeint hat, da man ansonsten in den letzten Jahren partnerschaftlich miteinander umgegangen wäre.

(Beifall bei der SPD)

Insofern teile ich Ihre Bemerkung, es sei eine Glanztat unter bestehenden Bedingungen gewesen.

Ausdrücklich nicht teile ich allerdings die Bemerkung zur Partikeltherapie. Sie hätten in diesem Letter of Intent auch ohne Weiteres schreiben können, dass Sie vom Rhön-Klinikum erwarten, dass die 107 Millionen € ans Land überwiesen werden; denn dass der Vertrag nicht erfüllt ist, sollte zumindest in diesem Parlament unstrittig sein,

(Beifall bei der SPD)

und dass das Land für den Fall ankündigt, dass das jetzt funktioniert – und sozusagen nicht nur ein Manöver ist, um über den Wahltermin zu kommen –, dann die 107 Millionen € zurückzuzahlen.

Frau Ministerin, ich bin da in guter Gesellschaft, weil es wenige Wochen vor dem 31. Dezember 2012 – jetzt würde ich den Kollegen Seyffardt bitten, kurz zuzuhören – eine Podiumsdiskussion in Marburg gab, an der wohl auch Herr Büger teilgenommen hat. Dort hat Herr Seyffardt dezidiert auf die Frage, was denn am 31. Dezember 2012 passiere, wenn Rhön nicht liefern würde, erwidert: Dann werden wir unmittelbar nach dem 31. Dezember 2012 Klage einreichen und uns das Geld holen.

Das ist keine Erfindung allein der Oppositionsfraktionen, sondern Herr Seyffardt hat diese Position in Marburg ausdrücklich für die Regierungsfraktionen formuliert. Sehe ich das falsch? – So war es. Danke schön, Herr Seyffardt. Ich will es nur gesagt haben.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Ja, vielleicht kann er sich auch nicht erinnern. Das hatten wir heute schon ein paar Mal.

Eine letzte Bemerkung zur Frage der Hochschulen. Herr Dr. Müller, die Frage, wen ich in ein Kabinett berufen würde, wenn wir das Mandat der Wähler bekämen, die ent

scheiden wir dann. Ich will aber ausdrücklich sagen und habe es bereits gestern gesagt, dass die Hochschulpräsidenten unter massivem Druck stehen, nicht politischem Druck – das kann ich nicht beurteilen –, sondern faktischem. Die Kolleginnen und Kollegen an den Hochschulleitungen laufen weg. Deswegen haben sich ja auch alle bemüht.

Darum sage ich, dass es der eigentliche Schildbürgerstreich in diesem Letter of Intent ist, dass Sie auf der einen Seite vorrechnen und vormachen, dass 3 Millionen € als Zinsausgleich für die 107 Millionen € eingeholt werden, aber gleichzeitig für einen Strukturausgleich, für eine Verabredung, die seit vielen Jahren gilt – nämlich, dass beide Standorte erhalten werden –, jetzt jährlich 3 Millionen € an Rhön zahlen. Das halte ich für völlig abenteuerlich, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, Ihre Redezeit geht zu Ende.

Ich komme zum letzten Satz. – Dass sich die Hochschulen darüber freuen, ist selbstverständlich. Fakt bleibt aber auch, dass Sie mit dieser Vereinbarung über den Wahltermin zu kommen versuchen, weil die eigentlichen Probleme formal alle nicht gelöst sind. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Wissler, Fraktion DIE LINKE.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, es ist alles in Ordnung und im grünen Bereich. Frau Wissler hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss sagen, ich finde es geradezu absurd, wie Sie diesen Kuhhandel zwischen der Landesregierung und der Rhön-Klinikum AG schönzureden versuchen.

Herr Büger, wenn Sie sich hierhin stellen und auch noch eine Anlage feiern, die existiert, aber nicht eingesetzt wird, ist das wirklich absurd und grotesk. Sie sagen, ohne Privatisierung hätte es die Anlage nicht gegeben. Toll, jetzt gibt es die Anlage, aber sie wird nicht eingesetzt. Wo ist denn da der Fortschritt?

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Mat- thias Büger (FDP))

Frau Ministerin, wenn Sie sagen, es gehe der Opposition nur um die Frage des Geldes und überhaupt nicht darum, dass die Partikeltherapie wirklich in Betrieb genommen werde, dann will ich dazu erst einmal feststellen, dass DIE LINKE in den Haushaltsanträgen kein Geld in den Landeshaushalt aus der Rückzahlung der Partikeltherapie eingestellt hat.

Zweitens frage ich Sie, Frau Ministerin: Ist es denn wirklich zu viel verlangt, dass Verträge eingehalten werden?

(Petra Fuhrmann (SPD): Genau!)

Jetzt schließen Sie gerade eine neue Vereinbarung wieder mit dem Unternehmen, das schon den alten Vertrag nicht eingehalten hat. Da frage ich Sie: Warum soll es denn diesmal anders sein? Warum soll die Rhön-Klinikum AG nach der Erfahrung, die sie mit Ihnen macht – dass nämlich überhaupt nichts passiert, wenn sie die Vereinbarung nicht einhält –, sich jetzt anders verhalten als bisher? Deswegen frage ich mich auch, woher Sie eigentlich die Hoffnung nehmen.

Es stellt sich doch gar nicht die Frage, ob Geld oder Partikeltherapie. Im Moment ist es so, dass Sie auf beides verzichten und beides nicht bekommen. Da frage ich mich, warum Sie nicht ein Druckmittel einsetzen. Warum legt man Vertragsstrafen fest, wenn man am Ende darauf verzichtet, sie geltend zu machen, Frau Ministerin? Darum finde ich, dass Ihr Handel, den Sie mit der Rhön-Klinikum AG gemacht haben, überhaupt nicht erfolgversprechend ist. Die Frage ist, warum sich die Rhön-Klinikum AG jetzt anders verhalten soll als bisher.

Frau Ministerin, wir haben Sie bzw. den Herrn Staatssekretär immer wieder gefragt – als Erstes in den kursorischen Lesung, als wir gesehen haben, dass im Einzelplan 15 des Haushalts die 13 Millionen € Investitionskostenzuschuss für das UKGM eingestellt und mit einem Finanzierungsvorbehalt versehen waren –, wann diese 13 Millionen € ausgezahlt würden und was die Bedingungen dafür seien. Dazu hat Ihr Staatssekretär gesagt, Bedingung sei natürlich die Vertragserfüllung.

Wir haben explizit noch einmal nachgefragt, ob zur Vertragserfüllung auch gehöre, dass dieses Partikeltherapiezentrum in Betrieb gehe. Ihr Staatssekretär hat das bejaht. Ich habe es Sie auch in einer der letzten Sitzungen des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst gefragt. Dort haben Sie explizit gesagt: Ja, wenn die Vertragsvereinbarungen nicht erfüllt sind, wenn das Partikeltherapiezentrum nicht in Betrieb geht, werden diese 13 Millionen € definitiv nicht ausgezahlt. – Das ist jetzt offensichtlich alles nicht mehr gültig. Da frage ich mich: Kann man sich eigentlich auf irgendetwas verlassen, was diese Wissenschaftsministerin sagt?

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der SPD: Nein!)

Ich habe das Gefühl, es geht Ihnen im Moment einfach nur darum, die eingestürzten kochschen Leuchttürme nicht vor der Landtagswahl zuzugeben und einzugestehen, welchen Schaden Sie damit eigentlich angerichtet haben. Sie wollen es bis nach der Wahl verschleppen; das ist Ihr eigentliches Ziel.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ansonsten hätten Sie doch jetzt mit der Rhön-Klinikum AG wenigstens in der Vereinbarung so etwas wie Zwischenschritte oder Etappenziele bzw. irgendwelche Möglichkeiten zur Umsetzung festgehalten und nicht einfach um eine Frist von einem Jahr verlängert und zusätzlich hineingeschrieben, dass sich das Land bis Februar 2014 – genau der Zeitpunkt, zu dem die Landesregierung nicht mehr im Amt wäre, wenn es bei der Wahl nicht für SchwarzGelb reichen und eine neue Landesregierung ihre Arbeit

antreten würde – dazu verpflichtet, darauf zu verzichten, seine Rechtsansprüche geltend zu machen.

Frau Ministerin, nach uns die Sintflut – das ist einfach keine verantwortungsvolle Politik. Sie haben das versemmelt, Sie haben diese Privatisierung gegen alle Widerstände durchgesetzt. Deshalb haben Sie eine Verantwortung für das Partikeltherapiezentrum, für die Patienten, für die Beschäftigten. Nehmen Sie diese Verantwortung wahr und verschleppen Sie das nicht einfach bis nach der Landtagswahl, damit Sie nichts mehr damit zu tun haben.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abg. Schulz-Asche, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was Sie als Glanzleistung bezeichnet haben, ist der Versuch, die Probleme des Universitätsklinikums Gießen-Marburg hinter die Landtagswahl zu retten. Ich kann das an einem konkreten Beispiel festmachen. Der Strahlenforscher Dahm-Daphi, der das Klinikum im letzten Jahr frustriert verlassen hat, hat gesagt: Um ein Partikeltherapiezentrum in Betrieb zu nehmen, braucht man einen Vorlauf von zwei Jahren. – Sie haben den Vertrag zur Inbetriebnahme mit Rhön jetzt um ein Jahr verlängert. Wenn Herr Dahm-Daphi damals recht hatte, dann ist jetzt schon klar, dass das Rhön-Klinikum ihn nicht einhalten kann. Diesen Punkt werfe ich Ihnen vor. Das ist eindeutig klar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- ruf der Abg. Karin Wolff (CDU))

Ich sage Ihnen, dass es mir darauf ankommt, dass wir zu einem vernünftigen Verfahren kommen, wie Wissenschaft und Forschung vorangetrieben werden können.

Hier kam zu Recht der Vorwurf, dass ausschließlich juristisch argumentiert wird. Das ist genau die Argumentation, die die Wissenschaftsministerin vor Weihnachten und in allen letzten Sitzungen des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst vertreten hat. Sie hat sich ausschließlich auf juristische Argumentationen berufen und keinen einzigen inhaltlichen Versuch unternommen, sich für Wissenschaft und Forschung in Gießen und in diesem Fall in Marburg einzusetzen.

Das ist der Vorwurf: Sie haben seit dem Jahre 2011, als Rhön und Siemens angekündigt haben, dass keine breite Anwendung der Partikeltherapie stattfinden kann, nichts unternommen, außer juristisch zu argumentieren. Jetzt werfen Sie es den anderen vor, aber Sie haben kein hochschulwissenschaftliches Forschungskonzept, das vorangehen würde.

Deshalb fordere ich das ausdrücklich von Ihnen, und zwar sofort. Das ist keine Aufgabe von Rhön, weil Rhön alleine überhaupt nicht agieren kann. Es ist vielmehr die Aufgabe der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass alle Partner, die beim Partikeltherapiezentrum zusammensitzen, endlich in Bewegung kommen.

Wir wissen, dass Rhön einiges versucht hat, was die Inbetriebnahme angeht. Aber wenn wir uns die Besitzverhält

nisse anschauen, wird doch deutlich, dass das Problem nicht nur ein Problem von Rhön, sondern auch von Siemens und, wenn die Landesregierung sich nicht kümmert, vor allem auch der Landesregierung geworden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)