Nach der Ablehnung des Entwurfs durch CDU und FDP und Enthaltung der GRÜNEN in den Ausschüssen rechnet heute niemand mehr mit der Annahme des Entwurfs, und die Verbände sind sehr enttäuscht.
Wenn sie gleichwohl die große Hoffnung haben, dass sich in 2014 trotzdem wieder Tüchtige finden, die den Gegenstand mit den erwähnten Inhalten wieder im Hessischen
Landtag und dann im Ergebnis erfolgreicher aufrufen, dann, weil die über fast zwei Jahre geführte Debatte um das Thema selbstverständlich nicht ohne Wirkung in den Köpfen geblieben ist und natürlich auch Kollegen von CDU, FDP und GRÜNEN hinter vorgehaltener Hand davon sprechen, eigentlich selbst für den Entwurf und in der eigenen Fraktion nur überstimmt worden zu sein.
Während CDU und FDP meinen, die Bürger nur vor neun der über 420 Hunderassen schützen zu müssen, steht es im Interesse von Mensch und Tier, präventiv vor allen Hunden zu schützen, die vorsätzlich oder fahrlässig geführt werden.
Während CDU und FDP meinen, Hunde der 410 nicht gelisteten Rassen müssten erst gefährlich aufgefallen und angezeigt worden sein, ehe man dem Halter Auflagen zur Hundehaltung macht, wollen wir im Interesse der Bürger und aller ordentlichen Halter von Hunden die Pflichtaufklärung für jeden Neueinsteiger.
Während CDU und FDP meinen, nur angezeigte Bisse als von Hunden ausgehende Gefahr ansehen zu können, machen wir nicht die Augen zu vor den Schadensstatistiken der Versicherungen. Fahrradfahrer, Jogger und viele Familien wissen, Unfälle mit Hunden durch Anspringen, Erschrecken oder vor das Auto oder Fahrrad Laufen des Hundes sind nicht nur viel verbreiteter als der Bissunfall, sondern gelegentlich nicht weniger gefährlich.
Während CDU und FDP meinen, die Bürger sollten die Halter gefährlicher Hunde erst einmal privat anzeigen müssen, wollen wir einen präventiven Teamtest, bevor etwas passieren muss.
Nur so kann, wo unbedingt nötig, mit Auflagen reagiert werden, wo der Halter in seiner Hundeführung noch nicht kompetent genug ist. Und Sie dürfen uns glauben, die hessischen Praktiker werden sich beim kleinen Teamtest sehr gut auf die brisanten Teams zu konzentrieren wissen und sehr wohl in der Lage sein, Bagatell-Hundehalter durchzuwinken.
Während CDU und FDP meinen, nur auf spektakuläre, durch die Medien gehende Hundebisse bzw. mit der Aufnahme von in den Medien gerne genannten Hunderassen in eine Rasseliste sogenannter gefährlicher Hunde reagieren zu müssen, wollen wir auch nicht die Augen davor verschließen, dass Berufsverbände der Kinderärzte jährlich bundesweit manches Jahr bis zu 40.000 Bisse mit im Blick haben. Auf Hessen statistisch heruntergerechnet sind das rund 2.900 Bisse an Menschen insgesamt, davon 60 %, also rund 1.700 geschätzte Bisse an Kindern.
Während CDU und FDP meinen, dass Tierschutz in Hundeverordnungen oder Gesetzen nicht mit bedacht werden muss, nehmen wir die Staatszielbestimmung Tierschutz so ernst, wie sie das Grundgesetz meint.
Wir sind der Auffassung, dass Halter, die sich für die Unversehrtheit ihres Hundes interessieren, mindestens Eigentumsschutz geltend machen können.
Während CDU und FDP meinen, im Jahr 2012 noch einmal auf Freiwilligkeit setzen und sich ansonsten mit einem Satzungsappell an die Kommunen aus der Affäre ziehen zu können, sind wir der Auffassung, dass sie besser an ihrem CDU-Innenminister der letzten Legislaturperiode in Niedersachsen Maß nehmen sollten.
Aber nicht deshalb, Herr Kollege. – Dieser war nicht nur in der Lage, ein modernes Hundegesetz durchzusetzen. Er wusste sich auch politisch des Einvernehmens mit seinen Kommunen zu versichern.
Während CDU und FDP meinen, eine Haftpflichtversicherung für nur neun Hunderassen vorschreiben zu müssen, denken wir ganz praktisch an die Mehrheit der durch ungelistete Hunde mit verursachten Personen- oder Sachschäden. Insbesondere sollte uns auch vor Augen stehen, wie derzeit Hundehalter, Leute mit kleinem Einkommen, dastehen, wenn ihnen niemand die Behandlung ihres zusammengebissenen Hundes bezahlt. Da heißt es, privat Schulden machen, beim Tierarzt abstottern oder gar den Hund ins Tierheim bringen zu müssen.
Während CDU und FDP den Menschen die Scheinsicherheit einer Neunerliste vortäuschen, benennen wir, was die eigene statistische Buchführung des hessischen Innenministers belegt und keine noch so kunstvolle Proportionsrechnung verhüllen kann: Es beißen mehr ungelistete Hunde als Listenhunde. Von jährlich 1.500 geprüften Hunden wird ungefähr 1.499 bescheinigt, dass die Hunde, gelistet oder ungelistet, in Ordnung sind, ihr Halter aber verantwortungslos oder unkundig geführt hat.
Oben habe ich von Fachleuten geschätzte Bisszahlen genannt. Da fragt sich doch jeder vernünftig denkende Mensch nach der Geeignetheit der geltenden Hundeverordnung.
Ich frage Sie: Was muss eigentlich erst passieren, um endlich auch in Hessen Prävention durchzusetzen? – Die SPD dieses Hauses ist der Auffassung, dass das Aussitzen dieses offenkundigen und klaren Regelungsbedarfs den rund 2,5 Millionen Hundefreunden in Hessen in keiner Weise gerecht wird. Diese Menschen haben es verdient, dass in kluger Weise für die Akzeptanz ihres Hobbys Sorge getragen wird.
Die Politik ist gut beraten, zu sehen, dass dieses Hobby soziale Leistungen erbringt, die kein Sozialstaat der Welt entgeltlich organisieren kann und dass nicht zuletzt das Tierschutzehrenamt zu seiner Unterstützung mehr politisches Handeln für Prävention erwarten darf. Aber auch und gerade die noch viel größere Gruppe der entschiedenen Nichthundehalter hat es verdient, dass die Dinge nicht anstehen und sich die politischen Ebenen nicht ausschließlich über Zuständigkeiten beharken.
Meine Damen und Herren, wer sich als Abgeordneter heute zurücklehnt und hier politisch verweigert, kann in seinem öffentlichen Verantwortungsbereich eventuell noch diesen Winter eine Unterhaltspatenschaft für einen der derzeit über 800 Hunde in Hessen eingehen, die eindeutig wegen wie auch immer gearteter Überforderung des Halters ins Tierheim abgeschoben wurden.
Für die Tierheime ist das pro Fall nicht ganz billig. Pro Hund und Jahr sind es 5.300 €. Auch für die oftmals recht jungen Tiere ist es gar kein Spaß, wie wir Ihnen in mehreren Ausschüssen vor Augen gehalten haben. Auf ganz Hessen zusammengerechnet sind es mittlerweile rund 3 Millionen € für den karitativen Tierschutz pro Jahr, die die Ehrenamtlichen aus ihren privaten, nicht selten gar nicht so hohen Einkommen aufbringen sollen.
Summa summarum: Das Argument der Überregulierung, das im Ausschuss stark gegen den Entwurf bemüht wurde, überzeugt gar nicht. Die Rasseliste, die der seinerzeitige hessische Innenminister verordnet hat, stellte und stellt eine besonders brachiale Form der Regulierung dar. Wir halten an der damals verwirklichten Idee der Regulierung fest, halten aber erhebliche Verbesserungen für dringend erforderlich, um die Sache überhaupt geeignet zu machen.
Wir müssen deshalb auch nicht selbstgerecht über die damaligen Bemühungen des Ministers die Nase rümpfen. Es geht um Selbstüberprüfung. Wir haben die Pflicht, unsere Normgebung stets und ständig à jour zu halten. Nur dann werden wir unserer Aufgabe gerecht. Das ist bei den großen Themen so und bei den vermeintlich kleinen Themen, die das alltägliche Leben der Menschen sehr betreffen, ist es nicht anders.
Mit den hessischen Verbänden hoffen wir aufrichtig, dass sich in der kommenden Legislaturperiode in allen Fraktionen diejenigen Vernünftigen durchsetzen mögen, die heute gerne mit uns gestimmt hätten.
Insbesondere wird es darauf ankommen, dass noch einmal die Zeit zur Verfügung gestellt wird, die nötig ist, einen Kompromiss über die sicher notwendigen Übergangsregelungen zu finden. Das muss man wollen, und dann geht es auch.
Die hessischen Verbände stehen zur Zusammenarbeit nicht nur bereit, sie dürfen auch erwarten, dass unsere Volksvertretung dieses Alltagsthema nicht gering schätzt, sondern mit dem Willen für eine überzeugende und praktikable Lösung angeht, meine Damen und Herren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Man könnte meinen, wir seien auf den Hund gekommen. Die SPD legt ein Gesetz vor, das niemand braucht, weil es die wirklichen Probleme in unserem Land nicht regelt.
Meine Damen und Herren, wir brauchen ein Hundegesetz, das Kinder besser vor Beißattacken schützt und auch praktikabel ist. Beides regelt der SPD-Gesetzentwurf nur unzureichend und wird deshalb von uns abgelehnt.
Dass beißkräftige Vierbeiner in den Händen gewissenloser Halter zu einer Gefahr für Leib und Leben werden können, dürfte unbestritten sein. Immer wieder sorgen Beißattacken aggressiver Hunde für traurige Schlagzeilen, vor allem,
wenn Kinder auf grausame Weise verletzt oder gar getötet werden. Nicht selten ist die falsche Erziehung des Tieres Grund für solche Vorfälle. Mitunter wird der Hund sogar ganz bewusst darauf trainiert, Menschen anzugreifen oder zu verletzen.
Meine Damen und Herren, viele deutsche Bundesländer führen Rasseliste für Hunderassen, die rassebedingt als gefährlich aufgeführt oder deren Gefährlichkeit vermutet wird. Auch wir haben in Hessen eine Rasseliste für gefährliche Hunde, die Rassen und Gruppen aufführt. Sie ist nicht unumstritten, hat sich aber nach unserer Auffassung bewährt. Für solche Listenhunde gelten dann bestimmte Regelungen, die die Gefährlichkeit einzuschränken versuchen.
Die Befürworter einer Rasseliste vertreten den Standpunkt, mit der Auflistung von Hunderassen würden gefährliche Hunde besser kontrollierbar, und die Sicherheit der Bevölkerung vor Hundeangriffen würde erhöht. Ebenfalls werden Rasselisten vom Deutschen Kinderschutzbund und vom Verein Deutsche Kinderhilfe Direkt e.V. befürwortet. Tierschutzverbände kritisieren zwar, dass die Definition von gefährlichen Rassen problematisch sei und sprechen sogar von einer Diskriminierung und Ungleichbehandlung gegenüber nicht gelisteten Rassen. Gleichwohl hat das Bundesverfassungsgericht schon in seinem Urteil aus dem Jahr 2004 die Zulässigkeit von Rasselisten bejaht. Ich darf daraus zitieren:
Auch wenn die Fachwissenschaft offenbar darin übereinstimmt, dass das aggressive Verhalten eines Hundes und seine darauf beruhende Gefährlichkeit nicht allein genetisch bedingt sind, schließt sie doch auch nicht generell aus, dass die Gefährlichkeit genetische Ursachen haben kann.
Im Hinblick darauf, welch hohes Gut der Schutz des menschlichen Lebens und die menschliche Gesundheit sind, und angesichts der schwerwiegenden Folgen von Attacken durch Hunde mit einer besonderen Stärke und Beißkraft hält es das Bundesverfassungsgericht geradezu für zulässig, dass der Gesetzgeber Vorkehrungen gegen den Eintritt von Schädigungen durch Hunde bestimmter Rassen trifft.
Wir haben deshalb eine Gefährlichkeitsklassifizierung, und wir halten diese auch für zweckdienlich. Wir wollen daher eine praktikable Weiterentwicklung der Rasseliste.
Meine Damen und Herren, Sie wollen mit diesem Gesetzentwurf eine Abschaffung der Rasseliste. Wir halten das für falsch und können es deshalb nicht mittragen. Eine allgemeine Chip-Pflicht ist durchaus bedenkenswert. Sie sollte freilich bundesweit bei einem bundesweit tätigen privaten Träger erfolgen.
Auch der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für alle Hundehalter, um auftretende Personen- oder Sachschäden zuverlässig beheben zu können, ist nicht falsch. Aber nach Angaben der Versicherungswirtschaft hat bereits jetzt die überwiegende Mehrheit der verantwortungsbewussten Hundehalter in Deutschland eine Haftpflichtversicherung für ihre Vierbeiner. Auch hier ist die Versicherungswirtschaft selbst gefordert, attraktive Angebote zu machen, die beispielsweise bei der Preisgestaltung auch eine freiwillig erworbene Sachkunde im Tarif berücksichtigen könnte.
Leider ist im Entwurf der SPD bei dem Vorhaben, ein eigenes Gesetz für die hessischen Vierbeiner zu schaffen, durchaus eine gewisse Regelungswut festzustellen. Wenn Sie etwa Kindern unter 14 Jahren verbieten wollen, allein und ohne Aufsicht eines Erwachsenen einen Hund zu führen, ist das doch lebensfremd.