Protocol of the Session on January 31, 2013

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Gestern Abend gab es noch ein Beispiel dafür. Der Herr Ministerpräsident hat beim hessischen Handwerk gesagt, er trete für einen starken Staat ein; dafür sei er bekannt. Er steht für einen starken Staat; das wissen wir. Er steht auch für Law and Order; das wissen wir ebenfalls. Nur wenn es um seine Verantwortung geht, wenn er die Rechte anderer verletzt und gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verstößt, bedeuten ihm Law and Order und ein starker Staat offensichtlich nichts mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Herr Ministerpräsident und ehemaliger Innenminister, wenn Sie politischen Anstand hätten, würden Sie daraus Ihre Konsequenzen ziehen und zurücktreten.

(Peter Beuth (CDU): So ein Stuss! – Ismail Tipi (CDU): Ohne Anstand!)

Das, was Sie immer von anderen gefordert haben, sollten Sie selbst machen und den politischen Anstand in Hessen wieder etwas mehr zur Geltung bringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Da Sie das aber wahrscheinlich nicht machen werden, kann ich Ihnen nur sagen: Das wird am 22. September hoffentlich der Wähler in Hessen erledigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Schönen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Für die FDPFraktion hat ihr Vorsitzender, Herr Greilich, das Wort. Bitte schön, Herr Greilich.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will vorab eines klarstellen, da das hier mehrfach anders dargestellt worden ist: Vor allem Kollege Frömmrich sprach von dem „amtierenden Vizepräsidenten der Hessischen Bereitschaftspolizei“. Wir sind drei Jahre weiter. Vor drei Jahren haben Sie angefangen, den Gaul zu reiten, der jetzt verendet ist. Mittlerweile sind alle Beteiligten im Ruhestand.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Untersuchungsauftrag, den wir am 25. März 2010 beschlossen haben, lautete: „Klärung der Umstände zur Besetzung der Position des Präsidenten des Hessischen Bereitschaftspolizeipräsidiums, der Durchführung eines zweiten Auswahlverfahrens vor dem Hintergrund eines Beschlusses des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Zeitpunkts der Informierung an den unterlegenen Bewerber“.

Diejenigen, die das nach drei Jahren nicht mehr so genau wissen, darf ich daran erinnern: Vorher hatten wir dieses Thema im Innenausschuss intensiv – vorwärts und rückwärts – erörtert. Im Innenministerium gab es Akteneinsicht für die Vertreter der Fraktionen, und am 25. März 2010 ha

ben wir den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses behandelt.

Meine Damen und Herren, bereits nach dem Bericht des Herrn Ministers im Innenausschuss habe ich festgestellt, dass die Personalentscheidung zur Besetzung des Chefpostens bei der Bereitschaftspolizei in einem zweiten, neuen Auswahlverfahren getroffen wurde, nachdem das vom VGH beanstandete Verfahren beendet worden war. Ich habe des Weiteren festgestellt, dass dieses Verfahren – damals habe ich gesagt: möglicherweise – nicht in dem wünschenswerten Umfang schriftlich dokumentiert, im Ergebnis aber nicht zu beanstanden sei.

Ich habe weiterhin darauf hingewiesen, offenkundig bestreitet niemand, dass mit Herrn Langecker ein hervorragender Polizeifachmann an die Spitze der Hessischen Bereitschaftspolizei berufen wurde. Ich darf rückblickend hinzufügen: Am Anfang wurde auch das noch von Ihnen bestritten, mittlerweile aber erfreulicherweise nicht mehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Ihnen hat das nicht gereicht. Sie wollten damals Einsicht in weitere Akten haben; die haben Sie bekommen. Dabei gab es nichts Neues. Vielmehr konnten Sie nur das nachlesen, was sich schon aus dem Bericht des Herrn Ministers im Innenausschuss ergeben hatte, und das hat meine Bewertung bestätigt: Es gab ein zweites Verfahren, das im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Allerdings war nach der Akteneinsicht offenkundig, dass die Aktenführung verbesserungswürdig ist.

Meine Herren von der Opposition – es waren damals die Kollegen Rudolph und Frömmrich –, Sie wussten schon beim Betreten des Aktenraums, was sie anschließend vor den Kameras sagen wollten. Der Akteninhalt war für sie völlig unerheblich, so, wie sie es schon bei der Erörterung der Ernennung des Polizeivizepräsidenten im Innenausschuss dokumentiert hatten.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es war ja nichts da!)

Herr Kollege Rudolph, Ihr Verhalten machte schon damals jedem unbefangenen Beobachter klar, dass es Ihnen nur darum ging, das von Ihnen inszenierte Theaterstück noch über einige Längen zu retten. Ihr Aufklärungsinteresse war und ist geheuchelt. Es gab nichts mehr aufzuklären, weil alle Fakten auf dem Tisch lagen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): Unglaublich! Die FDP ist so auf den Hund gekommen! Das tut weh! Das tut mir beinahe schon leid!)

Frau Kollegin Fuhrmann, Sie wollten einen Untersuchungsausschuss; Sie haben ihn bekommen. Wir haben ihn miteinander durchlitten. Wir haben Ihre immer wieder gleichen Aussagen vor den Kameras mit der immer wieder neuen Empörung über dieselben Sachverhalte überstanden.

Aber das Ergebnis des Untersuchungsausschusses ist unverändert das, was wir schon damals wussten: Nach der Auswertung des VGH-Urteils durch die Fachabteilung stand fest, dass es faktisch unmöglich war, den Anforderungen des Gerichts in dem begonnenen Auswahlverfahren gerecht zu werden; denn von zehn nachträglich heranzuziehenden Beurteilern befanden sich sieben bereits im Ruhestand.

Deshalb wurde seinerzeit im Ministerium entschieden, ein neues Auswahlverfahren ohne Ausschreibung durchzuführen – zulässigerweise ohne Ausschreibung. Es führte zu der gleichen Personalauswahl wie im ersten Verfahren. So wurde der neue Präsident der hessischen Bereitschaftspolizei im Juli 2009 ernannt und später in Anwesenheit vieler Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und insbesondere auch hochrangiger Oppositionsvertreter in sein Amt eingeführt, das er beanstandungsfrei bis zu seiner Pensionierung geführt hat.

Wichtig für die Bewertung dieses Auswahlverfahrens ist in rechtlicher Hinsicht, dass der nicht berücksichtigte Bewerber – das ist immer wieder ein wesentlicher Teil der Erörterungen auch im Untersuchungsausschuss gewesen – am 19. Mai 2009 durch Staatssekretär Boris Rhein erfuhr, dass er es nicht wird, wie das so schön hieß, dass der Bewerber seinen Anwalt über dieses Gespräch informierte und sieben Wochen Zeit hatte, Rechtsmittel einzulegen, das aber nicht tat. Allgemein üblich – das will ich dazusagen – und verbindlich ist lediglich eine Frist von zwei Wochen. Hier waren es sieben Wochen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind die Fakten. Die mögen Sie anders bewerten.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Rechtsstaatspartei!)

Auch das war damals schon so, dass Sie diese Fakten anders bewerten können. Aber es sind keine Fakten hinzugekommen. Frau Kollegin Faeser hat heute noch die eine oder andere Fußnote hinzugefügt.

(Nancy Faeser und Timon Gremmels (SPD): Fußnote? – Nancy Faeser (SPD): Das ist ein Rechtsgutachten! Das müssten Sie wissen! – Timon Gremmels (SPD): Die Einhaltung der Verfassung ist keine Fußnote!)

Fußnoten haben wir in der Tat noch einige gefunden. Aber der Grundsachverhalt ist genau der gleiche, wie er sich schon damals darstellte.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Worum es Ihnen ging und worum es Ihnen geht – das ist ein Stück weit das legitime Recht der Opposition –:

(Günter Rudolph (SPD): Großzügig!)

Sie wollten die Attacke gegen den damaligen Innenminister, der Ihnen zu erfolgreich war. Sie wollen jetzt die Attacke gegen den Ministerpräsidenten fortsetzen, der Ihnen zu erfolgreich ist.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das mag alles sein. Das ist teilweise nicht fein, wie Sie das machen. Das ist aber legitim. Insofern habe ich da nichts zu beanstanden. Was aber nicht okay ist, Frau Kollegin Fuhrmann – das sage ich in aller Deutlichkeit, wie ich es Ihnen schon vor drei Jahren gesagt habe –: Lassen Sie bei Ihren Bemühungen, den Minister zu attackieren, der Regierung zu schaden, die Menschen aus dem Spiel, die sich jeden Tag für die Sicherheit von uns Hessen einsetzen und mit Ihren Ränkespielen wahrhaftig nichts zu tun haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): Diese Plattitüde!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie noch einmal nachlesen wollen, was ich gesagt habe, müssen Sie nicht auf das Protokoll warten.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich schlage Ihnen vor: Nehmen Sie das Protokoll der 40. Plenarsitzung vom 25. März 2010. Das meiste können Sie auf den S. 2779 und 2780 nachlesen. In den drei Jahren dazwischen lautet die Bilanz: Außer Spesen nichts gewesen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es wirklich! – Günter Rudolph (SPD): Das war es? Das entspricht dem Stimmenanteil der FDP: 5 %! – Norbert Schmitt (SPD): Die Fußnote der Geschichte! – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Schönen Dank, Herr Greilich. – Für eine Kurzintervention hat sich Frau Faeser gemeldet. Bitte schön, Frau Faeser.

Herr Präsident, Herr Greilich! Sie geben mir noch einmal Gelegenheit, über die damalige Sitzung des Innenausschusses im Jahr 2010 zu reden. Denn Sie sagten, das sei alles bekannt. Ich will einen Umstand ansprechen, den ich ungeheuerlich finde. Wir haben damals den damaligen Innenminister Volker Bouffier im Innenausschuss gehört und haben ihn dezidiert gefragt, ob Schadensersatzansprüche vom unterlegenen Bewerber Ritter vorliegen. Was hat der jetzt amtierende Ministerpräsident dazu gesagt? „Nein, nach seinem Wissen nicht.“ Heute wissen wir durch den Untersuchungsausschuss, dass Volker Bouffier zum damaligen Zeitpunkt wenige Tage zuvor über seine Fachabteilung Informationen darüber bekommen hat, dass Schadensersatzansprüche vorliegen. – Das war glatt gelogen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Abgezeichnet!)

Wir können auch gern noch über andere Dinge reden, die im Untersuchungsausschuss herausgekommen sind. Herr Kollege Greilich, wir waren sehr erstaunt, als plötzlich E-Mails aus dem Jahr 2008 von Herrn Langecker auftauchten, die an das Landespolizeipräsidium gerichtet waren, unter denen stand – ich zitiere –: „PS: Diese E-Mail existiert nicht!“

(Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das ist wirklich ein Nachweis für ein sehr ordentliches Verfahren in Ihrem Sinne, Herr Greilich. Es ist unerhört, was in diesem Verfahren insgesamt passiert ist.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

In Ihrer Verteidigungsstrategie ziehen Sie immer gern den heutigen Innenminister Boris Rhein heran. Ich werde Ihnen hier einmal vortragen, was er im Untersuchungsausschuss zu der Frage gesagt hat, wer das vermeintlich zweite Auswahlverfahren überhaupt geleitet hat. Ich zitiere:

Abg. Nancy Faeser: Herr Staatssekretär Rhein, wer hat denn das vermeintlich zweite Verfahren im Ministerium geleitet? Waren Sie das?