Jetzt kommt Ihnen das vielleicht vor, als sei das alles ziemlich lange her. Aber tatsächlich stellt sich die Frage, was davon zu halten ist, dass die hessische SPD, ihrem Kanzlerkandidaten folgend, nun ein Aktionsprogramm für mehr Steuerehrlichkeit fordert. Ich habe mich da ein wenig gewundert, dass die SPD hier Vorschläge macht, die ausschließlich für mehr Steuerehrlichkeit sorgen sollen. Das ist, wie gesagt, zweifellos richtig. Aber es reicht nicht aus.
Denn dieses Land ist in eine Schieflage bei der Verteilung des Reichtums geraten. Und da ist es nur richtig, zu fordern, dass die, die viel haben, auch ihre Steuern ordentlich bezahlen. Allerdings, und das scheint mit ein wenig Wahlkampftaktik zu sein, beschäftigen Sie sich in dem Papier lediglich mit der Steuergerechtigkeit.
Sie wollen jetzt eine Gerechtigkeitsdebatte im Wahlkampf betreiben – immerhin. Die Gerechtigkeitslücke hat die SPD gemeinsam mit der CDU bzw. den GRÜNEN in der Bundesregierung gerissen. Es bleibt politisch wichtig, besonders die Gerechtigkeitslücke zu thematisieren, die Agenda-Politiker wie Peer Steinbrück verursacht haben.
Aber dann reicht es eben nicht, über Steuerehrlichkeit zu reden. Dann brauchen wir auch endlich wieder Steuergerechtigkeit. Dann brauchen wir wieder eine Vermögensteuer. Wir brauchen einen deutlich höheren Spitzensteuersatz, der weit über dem liegt, was die Agenda 2010 und die nachfolgenden Steuerrechtsänderungen eingebracht haben.
Aber darüber will die SPD im Wahlkampf besser nicht zu laut reden, auch wenn vieles davon in der Beschlusslage der Sozialdemokraten schon in die richtige Richtung geht. Mit einem Kanzlerkandidaten Steinbrück glaubwürdig für höhere Steuern einzutreten, ist schwierig.
Das Gerede von der Kavallerie, die in die Schweiz einrückt, war ja bisher auch eher folgenlos. Meine Damen und Herren, deshalb stimmen wir diesem Antrag zwar zu, aber sagen mit unserem Änderungsantrag auch: Es reicht nicht aus, nur über den Vollzug ungenügender Steuergesetzgebung für mehr Ehrlichkeit zu sorgen. Nein, wir brauchen auch ein anderes Steuerrecht – ein Steuerrecht, das die Verhältnisse in diesem Land wieder zurechtrückt.
Wir wollen wirklich umverteilen. Fair soll es zugehen. Kurz gesagt: Eine ordentliche Steuerfahndung ist wichtig für Steuerehrlichkeit, ein anderes Steuerrecht ist aber genauso wichtig für die Steuergerechtigkeit.
Um das durchzusetzen, werden wir hier im Hause, aber auch mit vielen Aktionen in Hessen aktiv bleiben. Und Sie werden es sicherlich von den Straßen noch hören, dass wir weiterhin für eine gerechte Steuerpolitik und mehr Gerechtigkeit in diesem Land sind. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Darüber muss der Hessische Landtag auch nicht entscheiden, denn dies ist längst geklärt. Es ist ein Straftatbestand, der mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet wird.
Herr Schäfer-Gümbel, wenn Sie in diesem Antrag ein Aktionsprogramm vorstellen, das konkret und einfach ist, dann bleibt vielleicht von diesen beiden Begriffen: „einfach“, aber „konkret“ ist daran gar nichts.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Michael Siebel (SPD): Sagen Sie doch mal was zu den Vorschlägen!)
Es ist doch ein Fehlschluss, zu glauben, je mehr Steuerfahnder oder Betriebsprüfer man einsetze, umso höher seien die Steuereinnahmen. Auch hier gibt es eine Nutzenschwelle. Mit dem Antrag werden Sie nur bei einer einzigen Zahl konkret, indem Sie 100 zusätzliche Stellen fordern. Aber Sie erklären nicht, welche Effekte Sie damit erzielen wollen und wann möglicherweise – das knüpft an Ihren Zwischenruf an, Herr van Ooyen – eine Grenze erreicht ist. Am Ende muss dem Land durch den Einsatz von Betriebs- und Steuerprüfern auch ein Nutzen durch Mehreinnahmen entstehen. Diese konkrete Bemerkung bleiben Sie schuldig.
Herr Caspar hat in seinem Redebeitrag bereits darauf hingewiesen, dass wir einen deutlichen Personalaufwuchs im Bereich der Betriebsprüfer und Steuerfahnder haben. Dies allein zeigt, dass die Landesregierung handelt und den Bedürfnissen konkret nachkommt. Wir müssen immer auch die Gesamtheit aller Kosten im Haushalt berücksichtigen. Da stellt sich schon die Frage, wie weit Sie mit der Personalausdehnung im Verhältnis zu den finanziellen Ressourcen, die am Ende zur Verfügung stehen, gehen wollen.
Sie fordern „eine sachgerechte personelle und sächliche Ausstattung der zuständigen Staatsanwaltschaften, um Steuerstrafverfahren angemessen einleiten zu können“. Das klingt gut.
Nur, Herr Schäfer-Gümbel, warum verschweigen Sie an der Stelle, dass im Jahre 2010 in Frankfurt eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität eingerichtet worden ist,
Das sind konkrete Maßnahmen, die Sie in Ihrem Redebeitrag bewusst vergessen, um das Bild zu stellen, die Landesregierung handele nicht, und – das ist der Gipfel der Bemerkungen – man wolle Steuerflüchtlingen helfen, Steuern zu hinterziehen. Herr Schäfer-Gümbel, es ist derart unmäßig, Teile des Hauses zu Gehilfen von Steuerhinterziehern zu erklären. Das ist bodenlos.
Zweifelhaft wird es, wenn Sie daran glauben, dass man mit dem Ankauf von Steuer-CDs das Problem von hinterzogenen Steuereinnahmen lösen könnte. Was machen Sie denn? Damit haben Sie eine Grauzone erreicht, in der man Datenhehlern das Wohl und Wehe des Staates überlässt, ob wir Steuereinnahmen tätigen oder nicht.
Deswegen hat die Landesregierung gemeinsam mit der Bundesregierung den Abschluss des Steuerabkommens mit der Schweiz unterstützt. Sie erklären, man hätte dort zu wenig Transparenz, und die Steuerflüchtlinge würden in
der Anonymität bleiben. Nur, meine Damen und Herren von der SPD, Sie verschweigen, dass mit jedem Tag, der nicht von dieser Regelung erfasst wird, erstens Verjährungstatbestände eintreten, sodass Steuerstraftatbestände nicht mehr verfolgt werden können, und zweitens dem Land und dem Bund Steuern in Millionenhöhe – auf längere Frist gesehen, in Milliardenhöhe – verloren gehen, die auch durch Steuer-CDs nicht wieder hereingeholt werden können.
Mit dem Steuerabkommen mit der Schweiz hätten wir das Verfahren der Besteuerung von Vermögen und Einlagen im Ausland auf legale Beine gestellt – natürlich auch um den Preis einer teilweisen Steueramnestie.
Dass das Instrument gerade den Sozialdemokraten nicht unbekannt sein dürfte, zeigt doch Ihre eigene Vergangenheit in der Bundesregierung. Sie haben gemeinsam mit den Kollegen der GRÜNEN-Fraktion das sogenannte Strafbefreiungserklärungsgesetz beschlossen. Und siehe da, Sie haben dies in der ausdrücklichen Absicht getan, eine „Brücke in die Steuerehrlichkeit“ zu schaffen. Die hat auch gewirkt.
Der Bund hatte in den zwei Jahren 1,24 Milliarden € Mehreinnahmen zu verzeichnen. Nach meiner Rechnung, Herr Al-Wazir, sind 1,24 Milliarden € deutlich mehr als null. Sie wollen doch nicht etwa erklären, dass das keine Wirkung erzielt hätte.
Wenn Sie natürlich Wunschträume äußern, es hätten auch 10 Milliarden € sein können, gar 100 Milliarden €, dann können Sie das machen. Nur, damit lenken Sie doch von dem Tatbestand ab, dass Instrumente wie dieses dazu beitragen, Steuerflüchtlinge, aber auch Steuerstraftäter wieder in die legale Wirklichkeit zurückzuholen, dass es einen Anreiz darstellt, damit Menschen von dem eingeschlagenen Weg, der Allgemeinheit Steuern zu hinterziehen, wieder zur allgemeinen Steuerehrlichkeit und in die Gemeinschaft der Steuerzahlenden zurückfinden.
Deswegen tun Sie doch nicht so, als gäbe es keine Instrumente. Steuerflüchtlinge sind ein Schaden für die Gesellschaft, darüber besteht Einigkeit. Steuern zu zahlen, ist eine Ehrenpflicht des Bürgers.
Sie müssen von der Leistungsfähigkeit des Einzelnen abhängig sein und sind damit ein entsprechender Anteil an der Aufgabenerfüllung der Allgemeinheit. Wenn Sie, meine Damen und Herren von den LINKEN, diese Gerechtigkeit durch die Begriffe „Umverteilung“, „Verteilung des Reichtums“ ersetzen, dann machen Sie doch nichts anderes – im Übrigen auch diejenigen, die kräftig in den Begriff einstimmen –, als wieder Klamotten hervorzuholen. Das ist doch nichts anderes als Kommunismus.