Protocol of the Session on January 29, 2013

Diese Koalition hat entschieden – ich danke den Abgeordneten von CDU und FDP, die das getan haben –, in einer einmaligen großen Leistung ein Sonderprogramm in Höhe von 50 Millionen € zur Verfügung zu stellen. Wir haben damit die Sanierung von 100 Schwimmhallen angepackt. Das geht natürlich nur dann, wenn auch die Kommunen Geld in die Hand nehmen, wenn teilweise auch die Landkreise Geld in die Hand nehmen und wenn man es sich leisten kann. Es stellt sich doch auch die Frage, wie man mit den Generationen umgeht, die nach uns kommen, dass man eben nicht Berge über Berge an Schulden aufhäuft, die nicht mehr abgebaut werden können, durch die die finanziellen Handlungsspielräume kommender Generationen eingeschränkt werden.

Zusatzfrage, Herr Abg. Franz.

Zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinde Wildeck. Sie haben eben die Schulden in Höhe von 34 Millionen € erwähnt. Davon sind alleine 21 Millionen € in den Eigenbetrieb geflossen, sodass dort in großem Umfang „rentierliche“ Schulden gebucht sind.

Wenn Sie Ihre eben getätigte Äußerung zum Maßstab nehmen, frage ich Sie: Ist für die Landesregierung künftig der Maßstab, dass sich nur noch finanzstarke Kommunen ein sportliches Angebot in dieser Form leisten können, während insbesondere in ländlichen – und damit finanzschwachen – Regionen die Kommunen, Bürger und Vereine ein solches Angebot nicht mehr erhalten?

Herr Staatsminister Rhein.

Nein, Herr Abg. Franz. Die Frage ist vielmehr: Was ist verantwortbar, was kann sich eine verantwortungsvoll handelnde Gemeinde leisten, was kann sie stemmen, und wie

können wir sie dabei unterstützen? Deshalb haben wir 50 Millionen € in einer einmaligen Kraftanstrengung zur Verfügung gestellt, wie man deutlich hervorheben muss.

Die Frage ist immer: Welche Prioritäten setzt man? Die Schulden sind ja nicht „irgendwie“ aufgelaufen, sondern deshalb, weil man vor Ort offensichtlich andere Prioritäten als den Erhalt der Schwimmhalle gesetzt hat. Ihre Frage dürfen Sie also nicht mir, sondern müssen sie vor Ort den Gemeindevertretern und dem Bürgermeister stellen. Wir haben in den letzten Jahren Gelder in Höhe von 50 Millionen € zur Verfügung gestellt, damit Schwimmhallen saniert werden konnten.

Letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Warnecke.

Herr Innenminister Rhein, haben Sie eine Erklärung dafür, warum das von Ihnen ansonsten viel gepriesene Schutzschirmkonzept ausgerechnet für die Kommune im Landkreis Hersfeld-Rotenburg nicht gegriffen hat, die die höchste Pro-Kopf-Verschuldung und einen unausgeglichenen Haushalt hat, und stattdessen sechs andere Kommunen unter den Schutzschirm gekommen sind?

Herr Staatsminister Rhein.

Das wird damit zusammenhängen, dass man vor Ort in den Verhandlungen zu keinem Ergebnis gekommen ist, dass es offensichtlich nicht gereicht hat, zu sagen: „Wir wollen 500.000 € für eine zusätzliche Leistung aufnehmen“. Wie ich eben gesagt habe, ist immer die Frage, welche Prioritäten gesetzt werden und wo sie gesetzt werden. Offensichtlich sind sie vor Ort nicht für das Schwimmen, nicht für den Sport gesetzt worden, sondern für andere Maßnahmen. Deswegen sind auch andere Maßnahmen zuerst finanziert worden.

Als kein Geld mehr da gewesen ist, musste man Geld aufnehmen, um dann den offensichtlich zu kurz gekommenen Sport zu finanzieren, was dann aber nicht mehr möglich gewesen ist.

Ich rufe die Frage 788 auf. Herr Abg. Warnecke.

Ich frage die Landesregierung:

Wie hoch sind die jährlich geschätzten Steuermehreinnahmen im Lande Hessen, die aus der Nichtinanspruchnahme des Steuerfreibetrages – daraus resultierendem Verzicht des Rückzahlungsanspruchs – bei gezahlter Abgeltungsteuer entstehen?

Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Herr Abg. Warnecke, ich bedauere außerordentlich, Ihnen diese Frage nicht beantworten zu können. Sie wissen, dass die Quellensteuer auf Kapitalerträge in Form einer Abgeltungsteuer erhoben wird. Abgeltungsteuer bedeutet, dass die Zahlstelle, also in der Regel die Bank, die entsprechenden Steuerbeträge, die auf die Kapitalerträge anfallen, anonymisiert an die Finanzbehörden abführt, ohne die persönlichen Daten des Steuerpflichtigen mitzuteilen. Damit ist ein Rückschluss über die Höhe der gezahlten Kapitalerträge an Steuerpflichtige nur dann möglich, wenn die Beteiligten sie in ihrer Steuererklärung gesondert angeben, um den Sparerfreibetrag auszuschöpfen. Aber Sie wollten es ausgerechnet nicht von denjenigen wissen, die es sich durch die Steuererklärung wieder holen, sondern von den anderen. Die anderen können wir aus den genannten Gründen nicht ermitteln.

Dann rufe ich die Frage 789 des Kollegen Warnecke auf.

Ich frage die Landesregierung:

Wird allen Kommunen im Rahmen des „Kommunalen Schutzschirms“ ein jeweils genereller Investitionsrahmen zur Aufrechterhaltung der notwendigen Infrastruktur zugestanden?

Herr Staatsminister Dr. Schäfer.

Herr Abg. Warnecke, wie jede andere Kommune dürfen Schutzschirmkommunen selbstverständlich Investitionen tätigen. Dabei haben sie wie alle Kommunen die allgemeingültigen Vorgaben der Leitlinie zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte und Handhabung der kommunalen Finanzaufsicht über Landkreise, kreisfreie Städte und kreisangehörige Gemeinden und Städte des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 6. Mai 2010 zu beachten. Ich kann Ihnen auch noch die Fundstelle im Staatsanzeiger nennen, wenn gewünscht.

Gemäß Ziffer 4 der Leitlinie können selbst bei defizitären Haushalten im Rahmen der Erfüllung von Pflichtaufgaben im Einzelfall Investitionsmaßnahmen oder Investitionsfördermaßnahmen durchgeführt werden. Im Unterschied zu den übrigen Kommunen werden mit Schutzschirmkommunen individuelle jahresbezogene Betrachtungen auf der Basis der mit dem Land Hessen abgeschlossenen Konsolidierungsvereinbarung vorgenommen. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Kommune einen Konsolidierungspfad einhält und dafür die Hilfen des Landes erhält. Somit haben die Schutzschirmkommunen die Auswirkung entsprechender Investitionen auf das ordentliche Ergebnis, z. B. Abschreibung, Zinsaufwand, eventueller investitionsbedingter An

stieg von Personal- und Sachaufwand, durch Konsolidierungsmaßnahmen zu kompensieren.

Das heißt, die entsprechende Schutzschirmkommune darf sich bei ihrer zu tätigenden Investitionsentscheidung nicht nur, wie wir das in den vergangenen Jahrzehnten häufig im öffentlichen Bereich erlebt haben, auf die reinen Kosten der Investition konzentrieren, sondern muss die Folgekosten für die nächsten Jahre mit einpreisen. Wenn Folgekosten entstehen, die bisher im Konsolidierungsplan nicht enthalten sind, müssen die Folgekosten an anderer Stelle kompensiert werden, um die Investition genehmigt zu bekommen. Denn uns interessiert bei der Überwachung der Einhaltung des Konsolidierungspfades das, wie ein deutscher Bundeskanzler einmal gesagt hat, was hinten herauskommt, nämlich das jahresbezogene Defizit im ordentlichen Ergebnis in der Differenz von Aufwendungen und Erträgen.

Herr Warnecke, eine Zusatzfrage.

Herr Staatsminister, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sehen Sie die Verhandlungsposition von großen und kleinen Kommunen gleich und haben mit Ihrer Antwort klargemacht, dass Sie nicht umgekehrt sehen, dass sich größere Kommunen mit entsprechendem Investitionsrahmen von dem wegbewegen, was Sie kleinen Kommunen vorschreiben, die keinen entsprechenden Investitionsrahmen bekommen.

Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Herr Abg. Warnecke, ich will es wiederholen. Es gibt keinen fixierten Investitionsrahmen, sondern es gibt jeweils Vereinbarungen zwischen den Kommunen und dem Land, in denen klar die jahresbezogenen, zu reduzierenden Defizite benannt sind. Für die einzelnen Jahre sind die Konsolidierungsmaßnahmen benannt. Wenn sich die Dinge in dem Rahmen bewegen, also Investitionen und ihre Folgekosten aus Abschreibung, Zinsen und weitere Folgekosten in diesen Konsolidierungspfad eingepreist werden können, steht der Investition im Grundsatz nichts im Weg. Da gibt es keinen vorgegebenen Rahmen, weder für kleine noch für große Kommunen, sondern eine individuelle Betrachtung der Situation vor Ort.

Herr Warnecke, noch eine Zusatzfrage.

Vielleicht darf ich noch eine Zusatzfrage stellen, die sich indirekt mit der Antwort von Herrn Staatsminister Rhein beschäftigt, der, wie ich glaube, meine Frage nicht ganz richtig verstanden hat. Können Sie eine Erklärung liefern, warum ausgerechnet die Kommune im Landkreis Hersfeld

Rotenburg, nämlich Wildeck-Obersuhl, die die höchste Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen mit nicht ausgeglichenem Haushalt hat, angesichts der dramatischen Zahlen, die Ihr Kollege Innenminister genannt hat, nicht unter den Schutzschirm fallen kann?

Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Sehen Sie es mir nach, dass ich die Detailzahlen des Wildecker Haushalts nicht vollständig präsent habe. Aber wenn ich Ihre Nachfrage richtig verstanden habe: Die ProKopf-Gesamtverschuldung resultiert zu einem wesentlichen Teil aus Verschuldungen – ich glaube, Herr Franz war es – im Eigenbetrieb. Die Vereinbarung zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und dem Land hat als Orientierungsparameter für die Frage der Schutzschirmbedürftigkeit auf das ordentliche Ergebnis abgestellt. Das hat zu manchen Diskussionen geführt. Ich verstehe, dass mancher vor Ort sagt, dass die Eigenbetriebe nicht hineingerechnet worden sind – eine solche Diskussion hat es im Kreis Bergstraße gegeben –, sei schwierig.

Unser Problem war – das haben am Ende alle Spitzenverbände gemeinschaftlich mit uns entschieden –: Wenn Sie die Eigenbetriebe mit hineinnehmen, bekommen Sie die nächste Diskussion: Warum nehmen wir die städtische GmbH nicht mit hinein? Dann folgt die nächste Diskussion: Warum nehmen Sie die GmbH nicht mit hinein, die uns zwar nicht zu 100 %, aber vielleicht zu 51 % gehört? Sie bekommen keine abgeschlossenen vergleichbaren Parameter bei der Beurteilung der Konsolidierungsbedürftigkeit.

Deshalb haben wir am Ende, sehend, dass das im Einzelfall zu berechtigt empfundenen Enttäuschungen führen wird, die Eigenbetriebe bei der Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Schutzschirmbedürftigkeit nicht herangezogen. Aber wir wissen aus Gesprächen, dass es sich dabei um Einzelfälle handelt, wo die Eigenbetriebsverschuldung so dramatisch höher war als die Kernhaushaltsverschuldung. In aller Regel bildet sich die Verschuldung im Kernhaushalt ab, sodass dort die Defizite entstehen, die als Beurteilungsmaßstab herangezogen worden sind.

Frage 790, Frau Abg. Feldmayer.

Ich frage die Landesregierung:

Zu welchem Zweck wurde der „Zukunftspakt hessische Landwirtschaft“ zwischen der Hessischen Landesregierung und dem Hessischen Bauernverband e. V. verabschiedet?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Frau Abg. Feldmayer, die hessische Landwirtschaft leistet einen großen Beitrag zur Ernährungssicherung, zur Erhaltung der Kulturlandschaft und zur Stärkung des ländlichen Raums. Sie ist weiterhin ein wichtiger Partner bei der Umsetzung der Energiewende, übernimmt wichtige Funktionen für den Klimaschutz und trägt entscheidend zur Biodiversität bei. Landwirtschaftliche Betriebe erbringen Spitzenleistungen in Ackerbau und Tierhaltung unter Beachtung hoher Standards des Natur-, Tier- und Verbraucherschutzes.

Im „Zukunftspakt hessische Landwirtschaft“ haben die Landesregierung und der Bauernverband gemeinsame Positionen zu wichtigen agrarpolitischen Themen und der entsprechenden Finanzierung formuliert. Die Landesregierung will mit dem Pakt die heimische Landwirtschaft auf vielfältige Weise noch stärker unterstützen, beispielsweise durch Aufrechterhaltung des umfassenden, unabhängigen und flächendeckenden Bildungs- und Beratungsangebots für alle landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebe, die der Landesbetrieb Landwirtschaft bereitstellt.

Zusatzfrage, Frau Abg. Feldmayer.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Welche Fortschritte konnten Sie bei diesem Zukunftspakt bei artgerechter Nutztierhaltung, gentechnikfreier Landwirtschaft und ökologischer Landwirtschaft im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher in Hessen erreichen, die gerade in Ballungsräumen diese Lebensmittel immer mehr nachfragen?

Frau Staatsministerin Puttrich.

Der Pakt für Landwirtschaft beschäftigt sich mit einer innovativen und gleichzeitig nachhaltigen Form der Landwirtschaft, indem Landwirtschaft verantwortungsvoll ausgeübt wird und Landwirte selbstverständlich den Tierschutz als wichtige Aufgabe für sich sehen. Würden sie ihre Tiere nicht ordentlich schützen, könnten sie auch nicht richtig mit ihnen arbeiten und wirtschaften.

Zusatzfrage, Frau Abg. Feldmayer.

Vielen Dank. – Es gibt neben dem Hessischen Bauernverband noch andere Verbände in Hessen, die sich landwirtschaftlich betätigen und andere Landwirte vertreten. Wären Sie auch bereit, mit diesen in Kontakt zu treten und mit ihnen im Sinne einer ökologischen und nachhaltigen Land

wirtschaft zu verhandeln, oder reden Sie prinzipiell nur mit dem Hessischen Bauernverband?

Frau Ministerin Puttrich.