leistet, indem wir diese Unternehmen verzahnen, vernetzen, durch die Cluster, die wir in den letzten Jahren aufgebaut haben. Gerade das House of Logistics and Mobility am Frankfurter Flughafen, das sich einer unglaublichen Nachfrage von deutschen Hochschulen und Unternehmen, aber auch von internationalen Universitäten erfreut, zeigt, dass wir da auf einem richtigen Weg sind, wenn es um Technologie und Technologiepartnerschaften geht.
Wir wollen natürlich auch die Industrie weiterhin stärken. Friedrich Merz hat einmal gesagt – auch das ist ein schöner Satz –: Wir können nicht davon leben, dass wir uns jeden Tag gegenseitig die Haare schneiden. So viel Dienstleistung verträgt dieses Land nicht.
Mit dem, was Friedrich Merz gesagt hat, ist die Absage an die Forderung des Regionalverbands Frankfurt-RheinMain zu begründen, der eine Ausgestaltung des RheinMain-Gebiets als klimaneutrale Dienstleistungsregion plant.
Die Industrie, die wir in Hessen haben, ist einer der Hauptbestandteile des Rückgrats unserer Wirtschaft. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Industrie gestärkt und nicht geschwächt wird. Wir wollen nicht in eine Situation wie in Großbritannien kommen, wo man eine theoretische Diskussion über einer Reindustrialisierung führen muss, weil die industriellen Kerne in den letzten Jahren und Jahrzehnten kaputtgegangen sind. Wir wollen unsere industriellen Kerne erhalten. Deshalb waren wir – der Ministerpräsident, der die Hauptrede gehalten hat, und ich – bei Sanofi-Aventis, eine der wesentlichen Unternehmungen, einer der wesentlichen Industriepartner der Region. Dort sitzt die Wertschöpfung, die wir brauchen. Sanofi-Aventis ist der größte Steuerzahler in der Region Frankfurt. Es sind nicht die Banken, sondern es ist die Industrie, die die Wertschöpfung erhält. Daher wollen wir die Industrie erhalten. Sie von der Opposition wollen sie vertreiben.
Meine Damen und Herren, Ludwig Erhard hatte recht, als er sagte: „Wir laufen Gefahr, dass der produktive Elan unserer Gesellschaft zunehmend dem Genuss des Erreichten weichen will.“ – Das sagte er 1963, und dieser Satz ist heute genauso richtig wie damals.
Ich will Ihnen zum Schluss etwas ganz Persönliches sagen. Ich hatte vor einigen Wochen das Vergnügen – das sage ich ganz bewusst –, gemeinsam mit Wolfgang Clement von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ interviewt zu werden. Wolfgang Clement ist unbestritten ein kantiger Typ, ein Mann, der als Ministerpräsident, aber auch als Wirtschaftsminister auf der Bundesebene große Verantwortung für diese Gesellschaft übernommen hat. Ich sage als Liberaler – und ich glaube, auch die Kolleginnen und Kollegen der Union stimmen mir zu –: Wir würden heute nicht dort stehen, wo wir stehen, wenn wir Wolfgang Clement und die Agenda 2010 nicht gehabt hätten.
Die Agenda war als Reformkompass die Grundlage dafür, dass wir im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern so gut durch die Krise gekommen sind. Der Unterschied zwischen uns ist nur, dass wir diese Politik fortsetzen wollen, während Sie sich von Wolfgang Clement und seiner Politik distanzieren.
Für uns gilt: Wir wollen diese Reformpolitik für den Standort Hessen weiterhin betreiben. Wir wollen, dass der Standort Hessen international weiterhin erfolgreich ist. Wir wollen, dass der Standort Hessen wachsen kann, damit Arbeitsplätze und Wohlstand in diesem Land erhalten bleiben. Wenn wir das schaffen, dann war das eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, und die Menschen in Deutschland können sich den Unterschied zwischen den Ländern anschauen, die es so machen wie wir, und den Ländern, die auf das Thema Wirtschaft nur einen Pfifferling geben. Wir setzen weiterhin auf die Wirtschaft und auf den Erfolg des Standorts Hessen. Unterstützen Sie uns dabei!
Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Aussprache. Den Oppositionsfraktionen ist eine zusätzliche Redezeit von einer Minute zugewachsen. Lieber Herr SchäferGümbel, Sie haben das Wort und können versuchen, diese Minute zu nutzen.
zwischenzeitlich habe ich mir ein bisschen Sorgen gemacht, dass du hier abhebst – wegen der vielen fremden Federn, mit denen du dich in deiner Regierungserklärung geschmückt hast.
Ich werde dazu an verschiedenen Stellen etwas sagen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir heute die Gelegenheit haben, über die Wirtschaftspolitik des Landes zu reden, über die Rahmenbedingungen und Zielsetzungen, weil es eine Vielzahl von Dingen gibt, die in diesem Kontext zu besprechen sind. Deswegen zunächst herzlichen Dank, lieber Florian, dass du uns mit deiner Regierungserklärung diese Möglichkeit eingeräumt hast.
„Respektlos“ ist etwas anderes, Herr Beuth, beispielsweise die Bemerkung von Herrn Rentsch vom Wochenende, als er wörtlich feststellte: „Man merkt bei der Union, dass die Wirtschaftskompetenz nicht mehr vorhanden ist.“ Herr Rentsch hat recht.
Herr Beuth, das ist doch nicht mein Zitat, doch nicht meine Anmerkung, sondern eine Anmerkung von Wirtschaftsminister Rentsch, dem Wirtschaftsminister der schwarz-gelben Koalition hier in Hessen. Er hat festgehalten: „Man merkt bei der Union, dass die Wirtschaftskompetenz nicht mehr vorhanden ist.“ Ich finde, er hat recht.
Die Frage ist aber – das werden Sie sich heute an ein paar Stellen anhören müssen –, ob ein Vertreter der Liberalen, der ganz offensichtlich im Glashaus sitzt, mit Steinen werfen sollte.
Genau das ist das Thema dieser Regierungserklärung. In dieser Regierungserklärung ist nämlich deutlich geworden, dass diese Koalition und der Wirtschaftsminister keinen Kompass mehr haben. Herr Rentsch, Sie haben hier ein paar Textbausteine zu verschiedenen Themen, zu denen man unterschiedliche Auffassungen haben kann, vorgetragen, aber Sie haben zu den eigentlichen Fragen, die die Ausrichtung, das Ziel und den Zweck der Wirtschaftspolitik eines Landes ausmachen, nichts gesagt. Sie haben eine Vielzahl von Statistiken zitiert, die darauf hinweisen, dass das Bundesland Hessen erfolgreich ist – aber leider nur Durchschnitt. Das ist ein Thema, über das wir hier schon einmal diskutiert haben.
Sie haben weniger darüber geredet, dass Hessen in den letzten Jahren im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern hinsichtlich der Beschäftigungs- und Wachstumsdynamik zurückgefallen ist. Das heißt: Das Land lebt von seiner Substanz.
Unser Land lebt von seiner Substanz. Es ist wie bei vielen anderen Themen: Sie nehmen die Wirklichkeit nicht mehr wahr. Das Land erfreut sich einer guten Grundstruktur, aber Sie tun entschieden zu wenig, um diese Grundstruktur zukunftsfest zu machen.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Beuth (CDU): Sie haben offensichtlich keine Ahnung!)
Jenseits aller Zwischenrufe von Herrn Hahn: Der eigentliche Erfolg dieses Landes beruht darauf, dass „da draußen“ Hunderttausende von Menschen jeden Tag hart arbeiten – die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das Handwerk, der Mittelstand, die Unternehmen, die Verwaltungen und auch die Politik. Deswegen geht unser Dank zuallererst an die „da draußen“, weil sie es sind, die den Erfolg garantieren.
Herr Rentsch, vielleicht denken Sie einmal darüber nach, ob die Erfolge in diesem Land an vielen Stellen vielleicht nicht wegen Ihnen, sondern trotz Ihnen erzielt worden sind.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU und der FDP)
Eine der Grundlagen dafür, dass dieses Land erfolgreich durch die Krise gekommen ist, ist z. B. die in vielen Unternehmen funktionierende Sozialpartnerschaft.
Ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass viele Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertreter, Belegschaftsvertreterinnen und -vertreter in der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise in den Gremien von Unternehmen Verantwortung dafür übernommen haben, dass diese Unternehmen überlebt haben – an vielen Stellen in Zusammenarbeit mit einem engagierten Management, mit Unternehmensvertre
tern und Unternehmern, an anderen Stellen aber eben auch gegen den teilweise erbitterten Widerstand derer, die nichts Besseres zu tun hatten, als sich möglichst schnell aus der Verantwortung zu stehlen. Wir haben hier über eine Reihe solcher Beispiele gesprochen. Herr Dr. Wagner, ich will an die gemeinsamen Anstrengungen bei Opel erinnern. Ich will aber auch an die Anstrengungen bei SEL erinnern, wo die Eigentümer dafür gesorgt haben, dass das Unternehmen trotz voller Auftragsbücher gegen die Wand gefahren wurde. Es war gerade die Belegschaft, die dafür gesorgt hat – Herr Reif müsste das eigentlich wissen –, dass das Unternehmen die Krise gut überstanden hat.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Clemens Reif und Peter Beuth (CDU))
(Peter Beuth (CDU): Kehren Sie erst einmal vor Ihrem Haus! Was ist denn mit der „Rundschau“? – Judith Lannert (CDU): Vor der eigenen Türe kehren!)
Denn wenn Sie über Wirtschaft reden, dann reden Sie nur über einen Teil. Ich sage Ihnen: Wirtschaft als Erfolgsmodell in diesem Land ist immer auch das Ergebnis von Sozialpartnerschaften, von dem gemeinsamen Miteinander von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Unternehmern.
Herr Beuth, ich wiederhole mich: Dazu hat der Wirtschaftsminister keinen einzigen Ton gesagt. Sozialpartnerschaft, Gewerkschaften gibt es für die FDP und die schwarz-gelbe Landesregierung nicht, wenn wir über Wirtschaftspolitik reden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Peter Beuth (CDU): Wie bei der „Frankfurter Rundschau“! Herr Schäfer-Gümbel, jetzt erklären Sie sich doch einmal dazu! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident, stellen Sie den Baby-Boddenberg ab!)
Meine Damen und Herren, bitte. Lieber Herr Al-Wazir, diese Ausdrucksweise kann ich mir nicht erlauben. Das gilt auch für die Zwischenrufe, also beides nicht. Ich bitte um Verständnis. – Das Wort hat Herr Schäfer-Gümbel, bitte.
Danke schön, Herr Präsident. – Ziel, Sinn und Zweck einer Wirtschaftspolitik, wie wir sie verstehen, Herr Wirtschaftsminister, ist ganz elementar und vor die Klammer gezogen: Wie schaffen wir Arbeit, wie sichern wir Arbeit, und zwar Arbeit, von deren Leistung Sie am Ende auch leben können?
Herr Rentsch, deswegen will ich sagen: Ihr erneutes Plädoyer am Wochenende für Armutslöhne, Ihr erneutes Plädoyer dafür, dass es keine Schutzregeln für diejenigen gibt,
die für weniger als 8 € die Stunde arbeiten, für all diejenigen, die in prekärer Beschäftigung arbeiten – das betrifft in Hessen beispielsweise jede dritte beschäftigte Frau. Jede dritte beschäftigte Frau in Hessen arbeitet im Niedriglohnsektor. Das sind Zahlen, an denen Sie eigentlich nicht vorbeikönnen. Aber dazu hören wir von Ihnen nichts. Stattdessen hören wir von Ihnen irgendwelche ideologischen Bekenntnisse dazu, dass sich der Staat am besten heraushalte.
Die Steigerung von alldem hat allerdings in der letzten Woche Herr Greilich geliefert, als er erklärt hat – ich will das hier wörtlich zitieren, weil es wirklich unglaublich ist –: