Wir möchten Sie wissen lassen, dass es unter den Eltern der gegenwärtigen Fünftklässler auch deutlich andere Meinungen gibt. Einen sofortigen Wechsel zu G 9 auch für die bereits an Gymnasien eingeschulten Kinder halten wir unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und des Rückwirkungsver
bots für bedenklich. Wir möchten, dass unser Kind weiter ein G-8-Gymnasium besucht, und wir möchten nicht, dass es deshalb die Schule wechseln muss, nachdem es sich gerade in einer neuen Umgebung eingelebt hat.
Meine Damen und Herren, das sind Eltern von Schülern einer Schule, die sich momentan ganz groß auf die Fahnen geschrieben hat, die Resolutionen ans Ministerium geschickt hat, dass sie auch mit den laufenden Jahrgängen umsteigen möchte, und die entsprechend vorne an der Front kämpfen.
Ich komme sofort zum Schluss. – Ich glaube, dass wir recht daran tun, sehr sensibel in diesen Fragen vorzugehen, die Mobbingsituation, die wir in der Vergangenheit erlebt haben, an dieser Stelle zu vermeiden. Wir sollten dementsprechend auch die Minderheitenrechte dieser Kinder und ihrer Eltern schützen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich das am Ende betonen: Dementsprechend wird diese Landesregierung alle Schulen in der Ausnutzung ihrer Wahlfreiheiten unterstützen, sowohl die, die zu G 9 zurückkehren wollen, als auch die, die bei G 8 bleiben wollen. Anfang nächsten Jahres wird es entsprechende Regionalkonferenzen geben. Es wird entsprechend Ressourcen für Lernzeit- und Übungskonzepte geben.
Wir werden uns um das kümmern, was heute leider wieder nicht im Mittelpunkt der Debatte gestanden hat, nämlich um die Qualität des Unterrichts, der tatsächlich stattfindet, völlig unabhängig von der Schulform und völlig unabhängig davon, ob wir in acht oder in neun Jahren zum Abitur kommen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin, da Sie wegen Ihrer Erkrankung leider nicht die Gelegenheit hatten, am Mittwoch der Debatte zu folgen, erlaube ich mir, den einen oder anderen Hinweis zu wiederholen.
Sie sind einer der wenigen, die sich in der Frage auf der rechten Seite des Hauses treu bleiben. Das ist so, das akzeptiere ich ausdrücklich.
Frau Ministerin, der entscheidende Punkt ist – ich habe das am Mittwoch schon gesagt –: Welche Wahlfreiheit meinen Sie eigentlich? Meinen Sie die Wahlfreiheit der Kinder im Schuljahr 2013/2014, die Wahlfreiheit der Kinder und der Eltern im Schuljahr 2014/2015, die Wahlfreiheit der Eltern im Jahre 2016/2017? Der Zeitpunkt für die Einführung der Wahlfreiheit ist doch sehr willkürlich gesetzt, auch was die Frage der Schulorganisation angeht.
Wir führen heute die Debatte in dritter Lesung. Ich wiederhole, auch wenn sich andere darüber wieder echauffieren: G 8 ist durch und durch gescheitert.
Sie haben aber nicht die Kraft, diesen Fehler zuzugeben. Sie haben in den letzten Jahren flächendeckend Kinder zu Versuchskaninchen Ihrer ideologischen Schulpolitik gemacht.
Sie haben nach wie vor nicht die Kraft, das zu korrigieren. Unser Korrektur-Vorschlag ist sehr einfach: die Rückkehr zur sechsstufigen Mittelstufe, und zwar flächendeckend und durchgängig.
Die sechsjährige Mittelstufe hat für die Schulorganisation zwei Vorteile. Erstens gibt sie den Kindern Zeit und Raum in der schwierigsten Phase ihres Erwachsenwerdens.
Zweitens haben Sie mit einer sechsjährigen Mittelstufe die Chance, eine Schule zu bauen, in der am Ende die Persönlichkeitsentwicklung und die Leistungsfähigkeit eines Kindes darüber entscheiden, ob es das Abitur nach 12, 13 oder 14 Schuljahren macht. Das wäre echte Wahlfreiheit, wenn man sie vom Kind her denkt.
Sehr beachtlich fand ich Ihre Bemerkung, dass Wahlfreiheit nicht Elternwille bedeute. Ich wiederhole mich auch da aus der Debatte am Mittwochabend. Das war nämlich genau der Disput in der bildungspolitischen Runde „Schlossplatz 1“ vor einigen Wochen zwischen Herrn Dr. Wagner und Herrn Döweling auf der einen Seite und Herrn Wagner von den GRÜNEN und mir auf der anderen Seite. Kollege Wagner von den GRÜNEN und ich haben genau diese Frage vor dem Hintergrund des Schulversuchs aufgerufen. Herr Dr. Wagner hat auf zweimaliges Nachfragen des Moderators deutlich erklärt, dass die Eltern entscheiden.
Danach hielt Herr Döweling einen sehr ausführlichen, wortreichen und wolkenreichen Vortrag, warum die Schule entscheidet.
Es gibt innerhalb der Koalition immer noch einen Disput, weil zumindest ein Teil von Ihnen öffentlich erklärt, die Eltern sollen entscheiden. Herr Döweling hat erklärt, die Schule soll entscheiden. Auch Sie, Frau Ministerin, sagen, es seien nicht die Eltern, die entscheiden. Das will ich am heutigen Tage ausdrücklich noch einmal festhalten.
Heute dreht Herr Döweling das Ganze so, dass er die Eltern beschimpft. Aber seit gestern sind wir ja einiges gewohnt in diesem Hause, dass man nämlich die anderen beschimpft, wenn man nicht die Kraft hat, sich mit den eigenen Fehlern zu beschäftigen. Gestern hat Ministerin Kühne-Hörmann z. B. den Landesrechnungshof beschimpft; dazu kommen wir gleich noch. Es ist schon ein ziemlich abenteuerliches Stück, was hier gerade stattfindet. Deswegen will ich Sie noch einmal mit der Lebenswirklichkeit konfrontieren.
Frau Ministerin, Sie haben an einer Stelle einen Punkt, nämlich bei der Frage, was das für den Schutz des Vertrauens derer heißt, die G 8 für ihre Kinder wollten, auch wenn sie an vielen Stellen deutlich in der Minderheit sind. Was heißt das andererseits aber für die, die zu G 9 zurückkehren wollen? Frau Habermann hat eben darauf hingewiesen, dass die Online-Petition 2.046 Unterstützer hatte. Als ich zum Pult gegangen bin, waren es schon 2.083.
2.089. – Sie können das heute mit Ihrer Mehrheit durchstimmen. Sie werden die Debatte aber nicht beenden. Wir geben Ihnen mit unserem Antrag die Möglichkeit, heute zu sagen, dass Sie den Fünftklässlern die Chance zur Rückkehr geben. Deshalb beantrage ich namentliche Abstimmung über unseren Antrag.
Ich muss aber sagen: Die Diagnose bleibt. Man kann immer noch nicht sagen „A star is born“, man sieht noch nicht einmal einen Lichtschein am Horizont, sondern Sie kommen mit ideologischen schulpolitischen Parolen aus dem tiefsten Kohlekeller, wo kein Licht herrscht.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der CDU – Peter Beuth (CDU): Aus den Siebzigerjahren! – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist doch geradezu abenteuerlich, was Sie hier für einen Popanz aufbauen, zu sagen, G 8 sei gescheitert. Ich sage Ihnen ganz klar: Wenn wir der Meinung wären, dass dem so ist, wie Sie uns einreden wollen, wenn es nicht funktio
nieren und an den Schulen nicht gut umgesetzt würde, würden wir G 8 abschaffen. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Es gibt eine Reihe von Schulen, an denen G 8 ausgezeichnet funktioniert. Man kann G 8 natürlich noch optimieren. Das ist doch völlig klar. Das werden wir auch tun.
Wir gehen auf den Wunsch vieler Eltern ein. Frau Ministerin Beer hat es zutreffend ausgeführt. Wenn man das Projekt „selbstständige Schule“ konsequent zu Ende denkt – so etwas ist Ihnen völlig fremd –, ist es völlig richtig, den Schulen die Möglichkeit zu geben, zu G 9 zurückzukehren, wenn sie dies aus pädagogischen und aus profilbildenden Gründen für richtig halten.
Ich lasse mir doch von Ihnen nicht vorwerfen, ich würde die Eltern beschimpfen. Ich habe aus Zuschriften von Eltern zitiert und kritisch hinterfragt, ob die Vorstellungen, die dort geäußert werden, der Realität entsprechen. Das würde ich auch gern mit den betreffenden Leuten diskutieren. Ich werde sie anschreiben. Da können Sie sicher sein.