Dieser Antrag ist ein untauglicher Versuch der Regierungskoalition, den gebeutelten Justizminister mit seiner Selbstbedienungsmentalität bei der Eintracht und angesichts niedriger Umfragewerte in ein gutes Licht zu stellen.
Es ist völlig daneben, den Vorsitz Hessens bei der Justizministerkonferenz besonders hervorzuheben oder ihn gar in besonderes Licht zu stellen; denn die Ergebnisse in diesem Jahr des Vorsitzes waren wirklich kein Ruhmesblatt, sondern sehr dünn.
Ich kann nur eines konstatieren: dass Sie hier viel heiße Luft produziert haben. Aber das ist wahrscheinlich das Einzige, was Sie noch können.
Ein Beispiel haben Sie selbst angeführt, dass mit viel Tamtamtam die Tochter von Frau Timoschenko einflogen worden ist. Es kam fast zu einem Eklat bei der Justizministerkonferenz. Eines muss man Ihnen lassen: Die PR war ganz nett. Aber zentrale Fragen der Menschenrechte, der Sicherung von Demokratie und Rechtsstaat haben Sie mit dieser Aktion nicht beantwortet.
Nun zu den Themen, bei denen wir uns in der Tat fragen: Was haben Sie in diesem Jahr nicht bewegt, oder wo hätte etwas geschehen müssen? Wie sieht es etwa aus mit Ihrer Initiative aus der Justizministerkonferenz zum Anstieg der Betreuungskosten? Wir bräuchten endlich neue Regelungen, um die immer weiter steigenden Betreuungskosten zu begrenzen. Wo bleibt da Ihre Initiative? Wo bleibt Ihre Initiative unter Wahrung des Zugangs des Rechts, die Einnahmesituation der Justiz endlich zu verbessern? Das sind drängende Fragen, Herr Müller, und keine anderen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Gerichtsmodernisierung, das ist genau das Thema!)
Wo bleibt Ihre Initiative, die Wirtschaftskriminalität effektiv zu bekämpfen? Sie sind doch der Bremser bei der Reform des Wirtschaftsstrafrechts. Da ist Hessen doch der Bremser.
Genauso sind Sie der Bremsklotz bei der Regelung der Abgeordnetenbestechung. Das wollen Sie doch nicht.
Nun zu den inhaltlichen Aspekten Ihres Antrags. Es ist unbestritten, dass die Fahndung in sozialen Netzwerken enorme Chancen für die Arbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden bietet. Die sozialen Netzwerke – ich
glaube, das ist Usus – gehören für viele Menschen wie selbstverständlich zum Alltag. Die gehören zur Kommunikation der Menschen untereinander. Bereits heute betreibt die Polizei auf Facebook ein eigenes Profil, und regelmäßig wird dies von 2.200 Nutzern besucht.
Auch wir sind der Auffassung, dass es sinnvoll ist, im Rahmen polizeilicher Fahndungsmaßnahmen die neuen Medien mit sozialen Netzwerken einzubeziehen, aber unter rechtsstaatlichen und datenschutzrechtlichen Aspekten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Dann können Sie dem Antrag doch zustimmen!)
Meine Damen und Herren, Hessen ist hier aber nicht vorne. Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Wir wissen, dass die Facebook-Fahndung schon seit Langem erfolgreich in Niedersachsen praktiziert wird. Da sind Sie nicht vorne, sondern vollziehen nur eine Entwicklung nach. Sie haben jetzt eine Arbeitsgruppe gegründet, die entsprechende Regelungen überprüfen soll.
Es ist auch wichtig, dass wir uns die rechtlichen Rahmenbedingungen einer solchen Facebook-Fahndung genauer anschauen und etwa auch problematisieren, was passiert, wenn jemand zu Unrecht an den Pranger gestellt wird. Wir wissen, dass entsprechende Daten sich in den Netzwerken im Internet viel schneller verbreiten und eine ganz andere Dynamik haben als bei anderen Kommunikationswegen. Was ist mit den Fällen der Selbstjustiz? Auf gar keinen Fall wollen wir Lynchjustiz. Solche tragischen Fälle gibt es leider schon in den USA.
Meine Damen und Herren, Pannen müssen natürlich vermieden werden, etwa wie beim Fallbeispiel aus Niedersachsen, wo die Internetadresse einer Kinderpornoseite publiziert worden ist. All dies zeigt, was ich eben schon gesagt habe: Wir müssen hier entsprechend sensibel vorgehen, Datenschutz, rechtsstaatliche und persönlichkeitsrechtliche Bestimmungen ganz klar normieren und festhalten.
Ich möchte hier drei zentrale Punkte benennen, die ich eigentlich von Ihnen, Herr Müller, wenn Sie schon solch einen Antrag geschrieben haben, erwartet hätte.
So ist die Schaltung einer Internetseite der Polizei vorrangig vor der Nutzung sozialer Netzwerke privater Betreiber zu prüfen. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die hessische Polizei schon heute technisch Sorge dafür trägt, dass die Fahndungsdaten auf dem Server der Polizei verbleiben und weder manuell noch durch automatisierte Kopiervorgänge unkontrollierbar vervielfältigt werden können.
Zweiter Punkt. Die Wahrnehmung der datenschutzrechtlichen Verantwortung der Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften muss gewährleistet bleiben. Diese Behörden müssen Herrin des Verfahrens bleiben, auch was die weitere Behandlung dieser Daten anbelangt.
Dritter Punkt. Wenn die mögliche Datenverarbeitung beim Anbieter eines Datennetzwerkes nicht vollständig erkannt werden kann, sollte diese aus unserer Sicht unterbleiben.
Lassen Sie mich diesen Aspekt zusammenfassen. Wir sind auch der Auffassung, dass wir eine klarstellende eigengesetzliche Lösung brauchen; denn Sie alle wissen,
Meine Damen und Herren, ein letzter Aspekt. Keinen Grund zum Feiern gibt es auch bei Ihrer Initiative, die Strafbarkeitslücke bei der Datenhehlerei zu schließen. Bisher sind nur der Diebstahl von Daten und deren Nutzung strafbar, aber nicht deren Handel. Diese Strafbarkeitslücke muss geschlossen werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Hartmut Honka (CDU): Dolle Erkenntnis!)
Herr Hahn, gut ist, dass Sie bei Ihrem Vorhaben ausgebremst worden sind. Wir kennen natürlich die Genese dieses Gesetzentwurfs, dass unter diese Straftatbestände auch der Ankauf von Steuersünder-CDs fallen soll.
Wir kennen die Geschichte. Sie sind dabei auch von ihren Justizministerkollegen ausgebremst worden. Denn damit hätten Sie Steuerfahndern die Möglichkeit genommen, kriminelle Aktivitäten von Steuerhinterziehern aufzudecken, und sogar diese noch selbst kriminalisiert.
So kennen wir Sie eben. Sie machen FDP-Klientelpolitik für kriminelle Reiche, die auf Kosten der Allgemeinheit ihr Geld am Fiskus vorbei ins Ausland schaffen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Das ist doch wider besseres Wissen! – Weitere Zurufe von der FDP)
Glücklicherweise sind Sie bei diesen Bestrebungen ausgebremst worden. Dieses Vorhaben, das Steuerabkommen mit der Schweiz, liegt glücklicherweise nun auf Eis. Und das ist gut so.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hofmann. – Als nächster Redner hat sich Herr Dr. Wilken von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Dr. Wilken.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle haben uns schon einmal dem Problem gestellt, dass in der Öffentlichkeit – selbst in der interessierten Öffentlichkeit – viel zu wenig von dem wahrgenommen wird, über was wir uns hier im Landtag eigentlich streiten. Wir haben gerade wieder ein Beispiel, wo ich sehr froh bin, dass es niemand mitbekommt und niemanden interessiert, was Sie hier diskutieren wollen.
Ich habe diese Woche eine persönliche Hitliste, welche Tagesordnungspunkte uns in unsinnigsten Dingen die meiste Zeit klauen.
Es wird immer noch angeführt von der Regierungserklärung des Staatsministers Rhein, aber hart gefolgt von Ihrem Setzpunkt heute. Schauen wir uns kurz an, worum es eigentlich geht. Der Vorsitz in der Justizministerkonferenz wird bekanntlich nicht nach Qualifikation, auch nicht nach Schönheit vergeben, sondern wechselt periodisch.
Sie sagen: Dieses Jahr ist Hessen dran, dieses Jahr ist es Staatsminister Hahn, und er arbeitet da. – Da sage ich: Genau, er arbeitet da. Ende der Durchsage.
Zweitens. Es ist von meinen Vorrednern schon angesprochen worden, was Sie alles nicht erwähnen. Ich erspare mir, das jetzt zu wiederholen. Herr Müller, wenn Sie eben die Frage gestellt haben, wie peinlich das eigentlich ist, was ein Vorredner gemacht hat, kann ich Ihnen nur sagen: angemessen peinlich bei Ihrem Antrag.