Frau Präsidentin, ein Wahlplakat aus den Fünfzigerjahren: „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau!“
Ich teile ausdrücklich nicht die Thesen Willi van Ooyens, damit das auch klar ist. Er ist ja eher Bohemien und Kenner des guten Rotweins. Das ist auch alles kein Widerspruch. Aber dass er Angst verbreitet, nein, das würde ich an der Stelle nicht sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hier auch nicht um politische Sandkastenspiele von Herrn Beuth. Das ist eher das Problem der CDU, dass sie nicht in der
Die kommende Wahl ist noch nicht entschieden. Es gibt aber deutliche Signale, dass es Rot-Grün in Hessen geben kann. Wir wollen als Sozialdemokraten daran arbeiten, dass Thorsten Schäfer-Gümbel der nächste Ministerpräsident wird.
Da wird es um Fragen der Bildungsgerechtigkeit gehen, da wird es um Fragen der sozialen Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt gehen. Das sind Dinge, die nach Auffassung von Jörg-Uwe Hahn „Gelaber“ sind. Wir wollen, dass diese Gesellschaft nicht weiter auseinanderdriftet und gespalten wird, sondern zusammenrückt.
Das wird eine Aufgabe von Rot-Grün sein. Als Nordhesse bin ich eher bescheiden im Auftreten, wie man weiß.
Wir Sozialdemokraten wollen daran arbeiten, dass unser Anteil daran auch sehr groß wird, wenn es darum geht, Prozente beim Wähler zu erwerben. Eines bin ich aber bereit, heute zu machen. Herr Hahn, Sie haben in der Zeitung erklärt, Sie wetten, dass Sie der nächsten Landesregierung als FDP und auch Sie als Minister angehören. – Ich wette von diesem Pult aus dagegen: dass Jörg-Uwe Hahn nicht mehr der nächsten Landesregierung angehören wird.
Herr Beuth, vor solchen Generalsekretären müsste sich die CDU eigentlich fürchten. Wir fürchten uns nicht. Wir wollen die Regierung ablösen. Ich bin guter Hoffnung. Die Umfrage ermuntert uns. Das ist noch keine Garantie. Aber wir sind der Auffassung, und die Menschen im Lande merken das, es gibt eine Wechselstimmung; und ob die FDP da noch mitspielt mit 5,1 %, das spielt keine Rolle.
(Lebhafter Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Judith Lan- nert (CDU): Hochmut kommt vor dem Fall! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im G-Block!)
Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU nimmt die jüngste Umfrage in Hessen offenbar zum Anlass, über die Zusammensetzung der Regierung nach der nächsten Landtagswahl nachzudenken. Das ist ein Ausdruck von Realismus, den man bei der CDU sonst oft vermisst.
Nach dem hr-Hessentrend hat Schwarz-Gelb keine Mehrheit mehr. Offenbar rechnet die CDU auch nicht damit, dass sich das innerhalb des verbleibenden Jahres bis zur Landtagswahl noch ändern wird, denn nur so ist diese Aktuelle Stunde zu verstehen.
Statt sich einmal selbstkritisch zu fragen, wo diese Landesregierung eigentlich Fehler gemacht hat, erklärt der FDPFraktionsvorsitzende, Herr Greilich: „Wir müssen gar nichts ändern, das Bewusstsein der Wähler muss sich ändern“. – Herr Greilich, diese Arroganz ist es, die Ihnen auf die Füße fallen wird.
(Lebhafter Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weiter so!)
Für die Hessen-CDU ist Selbstkritik ohnehin ein Fremdwort. Sie startet jetzt eine Plakatkampagne mit dem Titel „Komm aus Deiner linken Ecke!“, nach dem Motto: entweder Bouffier oder Sozialismus. – Damit greift die CDU tief in die Mottenkiste. Der Slogan stammt aus dem CDUBundestagswahlkampf im Jahr 1976. Wir stellen ja immer wieder fest, dass die letzten 36 Jahre und mehr der gesellschaftlichen Entwicklung an den Ewiggestrigen der Hessen-CDU spurlos vorbeigegangen sind. Dass sie aber jetzt Plakate aus dem Jahr 1976 auspacken, ist schon etwas Neues.
Bekanntermaßen ging auch Helmut Kohl als Oppositionsführer aus der Bundestagswahl 1976 hervor. Dass die CDU ausgerechnet dieses Plakat jetzt neu auflegt, deuten wir als gutes Omen für die nächste Landtagswahl.
Gerade dieses Plakat jetzt neu aufzulegen, halte ich nicht nur rückwärtsgewandt, ich halte es politisch für ziemlich daneben, und ich halte es auch für ziemlich geschmacklos in einer Zeit, in der überall über rechte Gefahren diskutiert wird, wie wir es eben auch im Landtag getan haben. Auch in Hessen wurde ein Mensch von den NSU ermordet. Letzte Woche beschlossen die Ministerpräsidenten ein neues NPD-Verbotsverfahren. Was macht die Hessen-CDU? Sie startet eine Plakatkampagne gegen links. Das ist das, was Sie jetzt machen.
Ich sage Ihnen: Mit der Assoziation „Linke prügeln“ mobilisiert man bekanntermaßen ja auch gewisse Zielgruppen. Wie wäre es denn, wenn die Hessen-CDU einmal eine Plakatkampagne gegen Rassismus und rechte Gewalt starten würde? Das wäre eine gute Idee.
Der „Spiegel“ schreibt dazu: Die CDU-Hessen überwinde die engen Grenzen unseres Zeitverständnisses und begebe
sich direkt zurück in die Siebzigerjahre. Und weiter: „Hessen-CDU, komm aus deiner rechten Ecke!“ – Dem kann man nur zustimmen.
Meine Damen und Herren, Sie beschwören eine Gefahr von links herauf, weil der Vorsitzende der hessischen SPD eine rot-rot-grüne Regierung nicht ausgeschlossen hat, und wollen wissen, ob eine rot-rote Zusammenarbeit in Hessen oder im Bund nach den nächsten Wahlen denkbar ist. Auf Bundesebene kann ich Ihnen diese Angst gerne nehmen. Mit Merkels Finanzminister sind die Schnittmengen äußerst gering. Mir ist etwas schleierhaft, wie die SPD glaubt, mit Steinbrück glaubhaft für eine andere, eine soziale und gerechte Politik eintreten zu können. Herr Steinbrück steht bekanntermaßen für die Agenda 2010, für Hartz IV und für das Koch-Steinbrück-Papier mit Vorschlägen zum Abbau öffentlicher Leistungen und für Steuersenkungen, und er steht für die Deregulierung der Finanzmärkte.
Ich möchte aus einem Artikel zitieren, den Hermann Scheer im September 2010 über Steinbrück geschrieben hat. Der Titel lautet „Der Hochtrabende“:
Wie sehr stattdessen auch die rot-grüne Finanzpolitik die Lunte der Finanzkrise mit gelegt hat – stets von Steinbrück unterstützt und dann als Finanzminister aktiv betrieben, belegt die Serie entsprechender Gesetze: 2002 das Finanzmarktförderungsgesetz, das die Spielräume von Investmentfonds und Hypothekenbanken erweiterte; 2003 … wurden den Hedgefonds die Türen geöffnet; 2004 die Steuererleichterungen für Private-Equity-Firmen; 2006 die Steuerbefreiung der Gewinne, die Unternehmen eines Konzerns untereinander erwirtschaften; 2007 folgte … die Reduzierung der Körperschaftsteuer von 25 auf 15 %, …
Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich glaube, da haben Sie jetzt einiges zu tun, als Finanzmarktberater von Herrn Steinbrück, zu dem Sie gerade ernannt wurden. Inwieweit es Ihnen gelingt, im Team von Herrn Steinbrück glaubhaft für Mindestlöhne, gerechte Steuern und ökologische Belange einzutreten, das müssen Sie selbst beurteilen.
Ich finde es ohnehin erstaunlich, dass die hessische SPD die Kanzlerkandidatur von Peer Steinbrück so einhellig begrüßt. Schließlich war es ja Steinbrück, der der HessenSPD in der Vergangenheit alles andere als Loyalität und Unterstützung hat zukommen lassen. Als es um den Regierungswechsel in Hessen ging, erklärte Steinbrück, die SPD in Hessen stehe „zwischen Pest und Cholera“.
Damit hat sich Steinbrück über demokratische Parteitagsbeschlüsse eines Landesverbandes hinweggesetzt und diese konterkariert. Jetzt fordert er Beinfreiheit für seine Kandidatur. Das erinnert viele zu Recht an die Basta-Politik von Gerhard Schröder. Ich glaube, Steinbrück wird seine Beinfreiheit vor allem dazu nutzen, um dem linken Flügel der SPD vors Schienenbein zu treten.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, aus der Erfahrung auf Bundesebene wissen wir, dass Rot-Grün ohne LINKE Agenda 2010 und
Hartz IV bedeutet. Deshalb ist es ein gutes Signal, dass DIE LINKE nach dem hr-Hessentrend wieder in den Landtag einziehen wird. Hessen braucht eine starke LINKE, wenn es 2013 nicht nur zu einem Regierungs-, sondern auch zu einem Politikwechsel in Hessen kommen soll. Die Forderungen nach einem Mindestlohn oder einer Vermögensteuer lassen sich mit der CDU nicht umsetzen.