(Clemens Reif (CDU): Das habt ihr doch inszeniert! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Das können wir doch gar nicht!)
In der „Frankfurter Rundschau“ vom 27.10.2012 war zu lesen, der zuständige Wirtschaftsminister beschränkte sich auf die Feststellung, dass eine Fusion „nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs“ sei.
Der FDP-Wirtschaftspolitiker Jürgen Lenders sekundierte, es bestehe keine Absicht, an dem vorliegenden Gesetzentwurf etwas zu ändern.
Sein CDU-Kollege Walter Arnold sagte, von einer Fusion könne „beim jetzigen Stand des Gesetzentwurfs“ keinesfalls die Rede sein.
Das ist das Problem von CDU und FDP. Die Zwangsfusion ist immer noch in Ihren Köpfen. In Nordhessen nimmt Ihnen keiner mehr ab, dass Sie Ihre Pläne zur Zwangsfusion endgültig ad acta gelegt haben. Sie handeln hier nach dem Motto: Im Moment zwar aufgeschoben, aber für später aufgehoben. – Das ist der Unterschied. Für uns Sozialdemokraten haben sich RMV und NVV bewährt. Es waren Sozialdemokraten,
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss meiner Ausführungen aus der gemeinsamen Stellungnahme des NVV und der „Gebietskörperschaften“ zitieren:
Der Entwurf des ÖPNVG ist keine Antwort auf das Ergebnis der PwC-Risikoanalyse, in denen Kernbereiche der ÖPNV-Einsparungsbeträge formuliert sind. Im Gegenteil: Es werden … zusätzliche kostenintensive Verwaltungsebenen eingezogen.
Der Gesetzentwurf bedeutet „einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Wir werden uns bei der Abstimmung über die Änderungsanträge enthalten und den Entwurf ablehnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der öffentliche Personennahverkehr ist in Hessen außerordentlich gut aufgestellt.
Die rechtliche Grundlage dafür ist zum einen das Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr. Zum anderen können Sie in den Haushalt des Landes Hessen schauen und werden sehen: Für den öffentlichen Personennahverkehr werden im Jahr 2012 674 Millionen € ausgegeben. An der Tatsache, dass diese Mittel dem öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung gestellt werden, können Sie sehen, welche Bedeutung der öffentliche Personennahverkehr für uns hat.
Was mich etwas wundert, ist, dass einige Fraktionen hier erklären, sie würden dem Gesetzentwurf der Landesregierung nicht zustimmen. Man stelle sich nur vor, auch CDU und FDP würden sich der Verantwortung für den öffentlichen Nahverkehr so entziehen, wie Sie das tun. Das jetzige Gesetz läuft am 31.12. dieses Jahres aus. Wenn sich CDU und FDP genauso verhalten würden wie die Opposition, würde das bedeuten, dass es keine Rechtsgrundlage mehr für den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen geben würde.
Ich finde, ausgerechnet die GRÜNEN, die immer von der Bedeutung des öffentlichen Personennahverkehrs erzählen, sollten doch einmal darüber nachdenken, wie sie sich hier positionieren, dass sie dem öffentlichen Personennahverkehr die rechtliche Grundlage entziehen wollen.
Damit gäbe es für die Verbünde und die Nahverkehrsorganisationen keine rechtliche Grundlage mehr. Das ist etwas, was wir in Hessen nicht zulassen wollen. Wir brauchen neben vielen Infrastrukturprojekten, die für die Mobilität in
unserem Land wichtig sind, einen gut aufgestellten öffentlichen Personennahverkehr. Deswegen unterstützen wir als CDU-Fraktion ausdrücklich diesen Gesetzentwurf.
In der Anhörung wurden verschiedene Anregungen gegeben seitens der kommunalen Aufgabenträger, aber auch von den Verbünden oder den Nahverkehrsorganisationen. Deswegen haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, in dem verschiedene dieser Anregungen aufgenommen wurden.
Man muss doch feststellen: Die Verbünde sind mit dem, was jetzt als Gesetzentwurf vorliegt, ausgesprochen zufrieden. Die lokalen Nahverkehrsorganisationen sind damit zufrieden, auch die kommunale Seite. Insoweit möchte ich der Landesregierung ausdrücklich dafür danken, insbesondere Ihnen, Herr Minister Rentsch und Herr Staatssekretär Saebisch, die Sie sich sehr engagiert haben, mit der kommunalen Seite, den Verbünden und den lokalen Nahverkehrsorganisationen zu einem Konzept zu kommen, das eine breite Unterstützung findet und das so ist, dass wir damit, glaube ich, den öffentlichen Nahverkehr in eine gute und sichere Zukunft bringen können.
Schon zu erwähnen ist, dass die Mittel, die dort zur Verfügung gestellt werden, wichtig sind. Wir haben auch in Zukunft noch Infrastrukturprojekte, die wir für wichtig und erforderlich halten. Ich nenne dazu nur die Gleiserweiterungen von zwei auf vier Gleise in der Verbindung zwischen Frankfurt und Friedberg, die Anbindung des Terminals 3 am Flughafen, die Regionaltangente West, die S-Bahn-Anbindung von Gateway Gardens.
Sie sehen, dass wir weiterhin viele Aufgaben haben. Mit diesem Gesetz, das wir dann verabschieden werden, ist es möglich, dass der öffentliche Nahverkehr in guten Verhältnissen weitergeführt werden kann. Hessen ist gut aufgestellt; der öffentliche Nahverkehr ist gut aufgestellt, und von der Opposition kommt wieder einmal keine vernünftige Alternative. Insoweit sollten Sie sich überlegen, ob Sie nicht doch dem Gesetzentwurf der Landesregierung mit unserem Änderungsantrag zustimmen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer die Debatte verfolgt hat, kann, glaube ich, feststellen – Herr Kollege Grüttner fährt selbst gern ÖPNV; er ist auch einer derjenigen, die das Thema hochhalten –, dass wir zum Thema ÖPNV-Gesetz einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, dessen Diskussion – das will ich noch einmal betonen; auch vielen Dank an die Kollegen Caspar und Müller, aber auch an Frau Müller; Sie haben das selbst gesagt – wir wirklich sehr breit angelegt und den wir mit denjenigen, die es betrifft, sehr intensiv diskutiert haben. Zum Schluss müssen wir aber natürlich auch Entscheidungen treffen. Zum Schluss muss die Landesregierung gemeinsam mit dem Parlament eine Entscheidung darüber treffen, was wir wollen.
Herr Kollege Frankenberger, kein ÖPNV-Gesetz Deutschlands regelt die Finanzierung, sondern ÖPNV-Gesetze in Deutschland regeln nur Strukturen und Aufgabenverteilungen. Deshalb geht die heutige Debatte nicht über die Frage: „Was finanzieren wir?“, denn das steht im Haushalt, sondern welche Strukturen wir für unseren ÖPNV haben wollen. Diese Strukturen sehen vor: Wir wollen eben auch weiterhin dafür Sorge tragen, dass es in der Fläche möglich ist, einen guten ÖPNV zu haben, der Menschen morgens zur Arbeit bringt, der junge Menschen zur Schule und zu ihren Sportvereinen bringt, aber natürlich auch, das ist eines der zentralen Themen, im Rahmen des demografischen Wandels notwendige strukturelle Änderungen durchführt.
Herr Kollege Caspar hat es gerade gesagt, es gibt eine unzählige Anzahl von Projekten, die sich die verschiedenen Akteure in der Fläche wünschen, wo sozusagen noch ÖPNV hin soll, was gemacht werden soll und wo noch Aktivitäten entfaltet werden sollen. Wenn wir in Zukunft auf der einen Seite nicht mehr als die große Summe, die wir schon zur Verfügung stellen, zur Verfügung haben werden, dann müssen wir auf der anderen Seite auch über Strukturveränderungen nachdenken.
Ich will es kurz machen – Frau Kollegin Müller, Sie haben gerade das Gutachten genannt, auch Frau Wissler hat es gesagt –: Wir haben Ihnen das Gutachten, das auch uns vorlag, übersandt, weil wir da überhaupt nichts zu verheimlichen haben. Ich halte es ganz im Gegenteil für richtig, dass sich die Verbünde in Hessen die Mühe gemacht haben, gemeinsam mit PwC – Frau Kollegin Wissler, die Verbünde – zu eruieren: Wenn man das, was auf der einen Seite an Wünschen vorhanden ist und was auf der anderen Seite als Bedarf steht, mit den Finanzmitteln zusammenbringt, dann gibt es eine Fehlsumme von 140 Millionen €. – Das heißt nicht, dass diese Summe fehlt. Es heißt aber, dass diese Summe in Zukunft als Vision fehlt, wenn es sozusagen bei den Wünschen aus der Fläche bleibt, die wir diskutieren.
Es ist deshalb ein völlig richtiger Schritt, hier Transparenz walten zu lassen, aber natürlich im ÖPNV-Gesetz auch Strukturveränderungen vorzunehmen, damit wir das Geld nicht in Strukturen versenken, sondern den Menschen zur Beförderung von A nach B übertragen können. Das war unser Ziel, und das haben wir mit diesem Gesetzentwurf aus meiner Sicht sehr gut erreicht.
Herr Kollege Frankenberger, Sie haben mehr über eine Zwangsfusion gesprochen – davon habe ich in den letzten Wochen gar nichts mehr gehört, außer heute von Ihnen, und dass ich es in der Zeitung gelesen habe – als über Ihre Vorstellung, wie Sie denn den ÖPNV strukturieren wollen. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir brauchen in Hessen doch keine Zwangsfusion, wenn wir ein so gutes Gesetz haben wie das hessische ÖPNV-Gesetz, das wir heute diskutieren und das so viele Anreize zur Kooperation gibt. Man muss doch keinen Zwang ausüben, wenn man durch freiwillige Anreize Strukturen schafft, die effizient sind, die das Geld nicht verplempern, sondern dafür Sorge tragen, dass das Geld dort ankommt, wo es hingehört: bei den Menschen in diesem Land.
Deshalb ist das für uns kein Thema. Wir wollen effiziente Strukturen; wir wollen mit dem Geld – knapp 600 Millionen € –, das wir dort ausgeben, sorgsam umgehen. Das ist
ein Riesenbetrag; den wollen wir sorgsam einsetzen, und das tun wir mit dem ÖPNV-Gesetz. Wir haben zahlreiche Änderungen aus der Anhörung übernommen. Der Gesetzentwurf ist übrigens auch dem Personenbeförderungsgesetz auf Bundesebene angepasst. Das ist klar, weil von uns nicht erst mit dem Abschluss des Gesetzes, sondern schon mit seiner Einbringung wichtige Termini übernommen worden sind. Auch das haben wir erfüllt. Frau Kollegin Müller, Sie haben für grüne Verhältnisse fast eine lobende Rede gehalten; darüber freuen wir uns. Wenn Sie jetzt noch zustimmen, dann wären wir auf dem richtigen Weg. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Rentsch. – Damit ist die Aussprache beendet. Ich rufe zunächst den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/6522, auf. Wer stimmt dem zu? – CDU, FDP, GRÜNE. Wer ist dagegen? – Keiner. Wer enthält sich? – SPD und LINKE. Damit ist der Änderungsantrag einstimmig beschlossen.
Dann kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen in der jetzt geänderten Form. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, FDP. Wer ist dagegen? – SPD, GRÜNE und LINKE. Damit ist der Gesetzentwurf beschlossen und zum Gesetz erhoben.
Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 59 auf: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend zukünftige Finanzierung des ÖPNV nachhaltig sichern – ÖPNV-Gesetzentwurf dringend veränderungsbedürftig, Drucks. 18/6393 zu Drucks. 18/6295. Wer der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, FDP. Dagegen? – GRÜNE und LINKE. Enthaltungen? – SPD. Damit ist die Beschlussempfehlung beschlossen.
Meine Damen und Herren, bevor wir zum letzten Punkt der Tagesordnung kommen, kommt am späten Abend noch etwas Sonne ins Haus. Sie wissen, dass Bürstadt die Solarstadt ist, und aus der Solarstadt Bürstadt begrüße ich jetzt Jasmin I. auf der Tribüne, die Sonnenbotschafterin. – Herzlich willkommen. Stell dich einmal; schaut einmal, was für ein schönes Mädchen.