Protocol of the Session on November 22, 2012

Frau Kollegin Wissler, wer sich mit Verkehrsmanagement, aber auch mit Stauforschung beschäftigt – ich kann einen Besuch in der Zentrale von Hessen Mobil, die unsere Autobahnen und den Verkehr managen, nur sehr empfehlen –, wird feststellen, dass teilweise kleine Ereignisse in 20, 30 km Entfernung dafür Sorge tragen, dass Sie in 30 km Entfernung eine Stausituation bekommen, wenn Verkehr nicht mehr flüssig fließt, bis hin zu Unfällen.

Herr Kollege Frankenberger, zur Wahrheit gehört natürlich auch dazu, dass wir diese Beispiele, die Sie gerade genannt haben, nicht verhindern können. Natürlich ist es so, dass das zu Staus führt, wenn wir die Situation haben, dass schwere Unfälle gerade in Baustellen passieren, auch wenn wir alles tun, das zu vermeiden. Dass wir das als Maßstab dieser Debatte nehmen, zeigt auch ein bisschen, wie die SPD zurzeit aufgestellt ist. Ich glaube, das sollten wir uns gemeinsam nicht antun, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb ist es natürlich richtig, dass wir alles dafür tun, dass es mit intelligenten Systemen weitergeht, die wir schon jetzt haben, aber noch ausbauen wollen, nämlich dass Fahrzeuge untereinander kommunizieren und dass diese Daten genutzt werden, dass telematische Systeme den Verkehr steuern. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich bin selbst nicht damit zufrieden, wenn ich von Frankfurt nach Kassel fahre – ich bin wirklich den ganzen Tag in Hessen unterwegs –, dass wir teilweise Situationen haben, wo es zu Staus oder zu Verkehrsdichte kommt.

Es ist aber auch völlig klar, dass wir in dem Bereich eigentlich nur zwei Antworten haben, und da sollten wenigstens die Sozialdemokraten und die Landesregierung einer Meinung sein: Wir müssen alles daransetzen, die Kapazitäten auszubauen – deshalb sorgen wir auch dafür, dass die A 49 eine Entlastungsstrecke für die A 7 wird, das ist ein ganz zentraler Punkt –, aber dass auch Autobahnen wie die A 44 zu Ende gebaut werden. – Dass wir mittlerweile in dem Bereich deutlich weiter sind, hängt eben auch, trotz schwieriger planungsrechtlicher Umstände, damit zusammen, dass wir in der Aufgabenstellung dort einen Schwerpunkt gesetzt haben.

Einer der wichtigsten Punkte ist das Projekt SIMTD, Sichere Intelligente Mobilität – Testfeld Deutschland. Auch das habe ich in der Debatte ein bisschen vermisst, wenn es um die Frage geht, wie das Ganze letztendlich voranzutreiben ist, nämlich welche Optionen wir in Zukunft haben. Das, was wir hier machen, ist deutschlandweit einmalig, und es ist der Versuch, technologische Kommunikation und Verkehrssteuerung zu verbinden.

Ich sage Ihnen auch einmal, was beispielsweise der Unterschied zu Baden-Württemberg ist. Während Baden-Württemberg zurzeit – und wenn Sie sich einmal mit Experten unterhalten und ehrlich sind, ist es ein Rückfall in die Steinzeit – wieder auf statische Verkehrsbeschränkungsschilder, nämlich Tempolimits von 120 km/h, geht, setzen wir auf telematische Systeme, die den Verkehr dann abbremsen, wenn es nötig ist. Das ist der Unterschied zwischen Ideologie auf Ihrer Seite und Technologie auf unserer Seite.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich will ein bisschen appellieren im Zusammenhang mit dem, was auch Kollegin Wissler gesagt hat. Frau Kollegin Wissler, wir haben es ja schon relativ engagiert diskutiert im Zusammenhang mit der Frage, welche Verkehrsmittel Bürgerinnen und Bürger nutzen dürfen. Sie hatten den intelligenten Vorschlag gemacht, den Verkehr in Frankfurt zu verbieten, sodass beispielsweise keine Kurzstreckenflüge mehr genutzt werden könnten, sondern zwangsweise auf andere Verkehrsmittel umgestiegen werden sollte. Das ist auch ein Unterschied: Wir wollen europäischen Bürgern auf den Eingangsstraßen zu Hessen nicht sagen, dass sie nicht mehr durchfahren dürften, weil wir keine Straßen mehr ausbauen, weswegen sie die Bahn oder irgendetwas anderes benutzen müssten. In Hessen gibt es freie Fahrt für verantwortungsvolle freie Bürger. Wir sorgen dafür, dass die Kapazitäten in diesen Bereichen auch vorhanden sind. Wir werden den Menschen nicht vorschreiben, welches Verkehrsmittel sie in diesem Land zu nutzen haben. Das werden wir ihnen nicht vorschreiben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Herr Minister, ich will nur darauf hinweisen, dass die vereinbarte Redezeit abgelaufen ist.

Vielen Dank. – Ich will noch ein Beispiel aus Baden-Württemberg nennen, da Sie gerade darüber gesprochen haben. Fritz Kuhn – einige kennen ihn noch, ich glaube, Mathias Wagner hat einmal für ihn gearbeitet – hat als neuer grüner Oberbürgermeister das gemacht, was GRÜNE eigentlich immer machen: Er hat sozusagen versucht, ideologische Schilder aufzustellen, wie man Verkehrspolitik betreibt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er hat Wahlergebnisse, von denen die FDP nur träumen kann!)

Eine seiner ersten Maßnahmen bestand darin, anzukündigen, dass in der Stuttgarter Innenstadt Parkplätze abgebaut würden, damit die Menschen nicht mehr mit dem Pkw in die Stadt fahren, sondern endlich den ÖPNV benutzen.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Das mag ja sein, dass er gewählt worden ist. Aber vielleicht wussten die Leute nicht, auf was sie sich eingelassen haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lieber Herr Kollege Wagner, wenn Sie immer sagen würden, was Sie nach der Wahl machen, sähen Ihre Wahlergebnisse definitiv anders aus; das kann ich Ihnen sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie war das noch mit den Steuersenkungen, Herr Rentsch? – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das zeigt erneut den Unterschied. Wir setzen auf technologische Intelligenz, auf aussagekräftige technologische Kapazität, und wir setzen auch darauf, die Straßen in Hessen in einem guten Zustand zu halten und ihre Kapazitäten zu erweitern.

Ich glaube, dass die Menschen sehen, mit wie viel Nachdruck wir an diesem Thema arbeiten und welche Priorität es auch in dieser Landesregierung hat. Ansonsten wäre der Landesstraßenbauetat in diesem Land nicht so hoch. Wir werden alles dafür tun, dass sich die Verkehrsverhältnisse in diesem Land weiter verbessern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vielen Dank, Herr Staatsminister Rentsch. – In der zweiten Runde hat sich Herr Kaufmann gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es scheint bei Ihnen auf der rechten Seite des Hauses keine besondere Begeisterung hervorzurufen, dennoch will ich noch einige Bemerkungen machen.

Herr Staatsminister, Sie sprachen von statischen und dynamischen Lösungen, was das Tempolimit angeht, und haben die Kollegen in Baden-Württemberg wieder einmal geschimpft.

(Zuruf von der FDP: Zu Recht!)

Ich möchte Sie auf das Begriffspaar „präventiv“ und „kurativ“ aufmerksam machen. Es ist nachgewiesen, dass eine stabile Geschwindigkeitsbegrenzung von z. B. 130 km/h auf der Autobahn dort Unfälle in der Zahl deutlich verringern kann; vom Spritverbrauch und anderen ökologischen Effekten einmal ganz abgesehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sagen, den Verkehr nur dann drosseln zu wollen, wenn es nötig ist, dann ist das eine rein kurative Maßnahme, nämlich wenn es irgendwo geknallt hat und deshalb ein Stau entsteht. Dann wollen Sie versuchen, ihn möglichst gut zu managen. Wäre es nicht vernünftig, wenn man über beide Aspekte gemeinsam nachdenkt und Prävention betreibt, aber trotzdem die Telematik einsetzt, um diverse Steuerungsmöglichkeiten zu nutzen, Herr Staatsminister? Genau dafür stehen wir.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das geht allerdings nur, wenn man sich nicht ideologisch festgelegt hat nach dem Motto: Auf der einen Seite sind die Klugen und auf der anderen Seite die Dummen und Rückwärtsgewandten.

Eine zweite Bemerkung. Sie schauen immer so gern über die Landesgrenzen hinweg, nicht nur im Falle von BadenWürttemberg nach Süden, sondern auch im Falle von Rheinland-Pfalz nach Westen. Zu einer Zeit, als Sie noch Fraktionsvorsitzender und nicht Staatsminister gewesen sind, haben wir das hier schon einmal diskutiert, nämlich als in Rheinland-Pfalz die Koalitionsvereinbarung geschlossen worden war. Es ging um die Frage, wie es mit der A 643, der Rheinquerung nach dem Schiersteiner Kreuz und den Folgen davon aussieht, dass auf rheinlandpfälzischer Seite ein dreispuriger Ausbau verweigert wird. Jetzt steht es wohl auch fest, dass er dort verweigert wird. Dann haben Sie mich auch als Person übel beschimpft, ich sei so arrogant.

(Zuruf von der CDU: Oh! – Zuruf des Ministers Jörg-Uwe Hahn)

Ich wiederhole es: Ich kann damit gut leben. – Ihre Arroganz werde ich ohnehin nie erreichen, Herr Hahn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber angesichts der Tatsache – man kann es jeden Morgen und jeden Abend sehen –, dass sich die Staus auf hessischer Seite befinden und insbesondere durch die nicht ausgebaute A 66 verursacht werden – wenn man schon in diesem System denken will und sagt, es würde helfen, das tun Sie ja –, ist der Vorwurf an Rheinland-Pfalz völlig falsch, weil gerade bei der Fahrt in Richtung Westen ein wesentlicher Teil des Verkehrs – sehen Sie es sich einmal an – an der Anschlussstelle Mombach abfährt, sich verteilt und den weiteren Verkehrsverlauf nicht so belastet, wie Sie es gern behaupten. Sich also erst einmal um die eigenen Probleme zu kümmern, bevor Sie anderen Ratschläge erteilen, das wäre sehr gut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen darf ich daran erinnern, Herr Staatsminister Rentsch: Schon im Wahlkampf in Rheinland-Pfalz hat die hessische FDP Wahlhilfe zu leisten versucht und immer wieder auf unsere bzw. die schlimmen Forderungen der GRÜNEN in Rheinland-Pfalz im Verkehrsbereich hingewiesen. Ich habe schon einmal gesagt, dass das Ergebnis war, dass die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer uns gewählt und die FDP aus dem Landtag rausgewählt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es könnte doch sein, dass die Menschen, die zur Wahlurne gehen, erstens wissen, was wir Ihnen sagen, was wir machen wollen, und sie es zweitens auch noch gut finden und uns deshalb wählen. Deswegen würde ich es außerordentlich begrüßen, wenn die FDP im uns bevorstehenden Landtagswahlkampf in Hessen den Menschen überall deutlich sagt, was die grüne Verkehrspolitik anstrebt, nämlich mehr Mobilität ohne ständiges Wachstum des Verkehrs und vor allem auch des Verkehrslärms. Tun Sie es, nur tun Sie es bitte so, dass Sie die Leute nicht belügen, wozu Sie in diesem Haus manchmal Tendenzen erkennen lassen, sondern indem Sie ihnen die Wahrheit sagen, nämlich das, was wir tatsächlich betreiben.

Damit sind wir noch mit einem kleinen Schlenker beim letzten Punkt angekommen, der A 44. In der Tat versuchen Sie als verantwortlicher Minister – entsprechend Ihren Vorgängern –, eine Autobahn durch ein hochsensibles Gebiet zu schlagen, wo man vernünftigerweise sagen wird:

Davon lasse ich lieber die Finger. – Da diese Intelligenz, auch einmal auf einen Unsinn zu verzichten, auf Ihrer Seite nicht vorhanden war und offensichtlich auch nicht ist,

(Zuruf von der CDU)

versuchen Sie jetzt, diejenigen, die davor gewarnt haben, dafür zu beschimpfen. Im Übrigen lassen Sie sich darüber aus, dass es viel zu langsam geht und die Kosten irrsinnig hoch sind. Beides ist richtig. Aber die Ursache ist der Fehler, an der falschen Stelle eine Autobahn bauen zu wollen und nicht dem Rechnung zu tragen, dass Leute und insbesondere Situationen so sind, dass man sie beachten und mit einer klugen Planung bedenken muss. Wenn man dann mit dem Bulldozer einfach durch will, dann fährt man eben ins Loch und bleibt hängen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Kaufmann. – Für die Landesregierung, Herr Staatsminister Rentsch.

Herr Kaufmann, nur zur Einleitung: Ich glaube nicht, dass das Abgeordnetenprivileg jedes Verhalten rechtfertigt, das Sie gelegentlich an den Tag legen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber Sie müssen dann auch damit leben können, dass es jemand bewertet, Herr Kollege Frömmrich. Wer so in den Wald hineinruft, muss auch gelegentlich mit dem Echo leben können.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will nur noch zwei Punkte ansprechen, die mir wichtig sind. Wir werden uns gerne gemeinsam anschauen – auch aus hessischer Sicht –, wie die Verkehrsverhältnisse an der A 643 sind, gerade wenn es darum geht, dass dort mehr Kapazität geschaffen wird.