Lieber Gottfried Milde, das ist wirklich einmalig. Eine Versorgungsrücklage zu schaffen und zu sagen, wir wollen jetzt, dass in Zukunft für die Beamtinnen und Beamten nicht mehr nichts zurückgelegt wird, sondern dass es zum Prinzip erhoben wird, dass man für jeden, den man einstellt, etwas zurücklegt – dann aber zu sagen: „Im Jahr vor der Wahl setzen wir das aus“, das ist wirklich einmalig.
Das alles tun Sie, obwohl Sie in der Vergangenheit den Kommunen Geld entzogen haben, und zwar nicht in einem einmaligen Akt vor der Landtagswahl, nicht in einem einmaligen Ausrutscher, sondern als ein Markenzeichen von Schwarz-Gelb: Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können schlicht nicht mit Geld umgehen.
Das wird besonders deutlich, wenn man Hessen mit anderen Bundesländern vergleicht. Ich will Ihnen einmal zeigen, wie sich das entwickelt hat.
Das ist das letzte Jahr, 2011. Es ist schon abgeschlossen. Das sind die Anstiege der Verschuldung der Bundesländer, inklusive der Verschuldung der Kommunen, im letzten Jahr. Es gibt Bundesländer, die haben im letzten Jahr insgesamt Schulden reduziert. Es gibt Bundesländer, die sind so bei plus/minus null. Es gibt welche, die haben Schulden gemacht. – Wissen Sie, wo Hessen ist? Hier unten. Es gibt kein Bundesland, das inklusive seiner Kommunen seine Schulden im letzten Jahr derart erhöht hat wie das Bundesland Hessen. Sie aber stellen sich hierhin und sagen, Sie machen solide Finanzpolitik. – Herr Milde, wovon träumen Sie eigentlich nachts?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Ministers Boris Rhein)
Wir haben einen Spitzenplatz: Hessen ist spitze – beim Schuldenmachen. Aber darauf sollte man nicht stolz sein.
Niemand sollte denken, das sei im letzten Jahr ein Ausrutscher gewesen. Wir haben uns einmal in den Haushaltsentwürfen der anderen Bundesländer für das nächste Jahr umgeschaut. Wissen Sie, was wir da feststellen? Wir sind wieder auf einem unrühmlichen Siegertreppchen. Wir sind nämlich jetzt auf Platz 3 der Flächenländer; nur das Saarland und Rheinland-Pfalz wollen einen noch größeren Anteil ihres Haushalts im nächsten Jahr schuldenfinanzieren. Und da stellen Sie sich hierhin und sagen, Sie machen solide Finanzpolitik? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Wir wollten Bilanz ziehen. Wir ziehen jetzt Bilanz. Im Januar 2014, wenn der neue Landtag zusammentritt, werden Sie knapp 15 Jahre regiert haben. In dieser Zeit werden Sie die Schulden des Landes Hessen fast verdoppelt haben. Ich will Ihnen das einmal zeigen, so sieht das aus.
Das ist das Jahr 1998: 23 Milliarden € Schulden. Am Ende des Jahres sind wir schon über die 43 Milliarden € Schulden. Laut Ihrem Finanzplan sind wir im Jahr 2016 bei 45,4 Milliarden € Schulden, beinahe eine Verdoppelung in schlappen 15 Jahren. So sieht die Bilanz von SchwarzGelb in der Finanzpolitik aus. Das ist eine Bilanz, für die man sich schämen sollte, die sollte man nicht feiern.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel und Norbert Schmitt (SPD))
Herr Ministerpräsident, wie groß muss eigentlich die Not sein, wenn sich ein amtierender Ministerpräsident in der Haushaltsdebatte, in der Generaldebatte zum Haushalt des nächsten Jahres, hinstellt und über die Vorschläge der Opposition dermaßen die Unwahrheit erzählt wie über die Vorschläge, die die GRÜNEN-Fraktion zur Beihilfe der Beamtinnen und Beamten eingebracht hat? Wie groß muss eigentlich die Not bei Ihnen sein?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Volker Bouffier: Sie können es doch selbst vorlesen!)
Wir haben gesagt, wir wollen, dass die Beamtinnen und Beamten – so wie in den anderen Bundesländern und beim Bund auch; inzwischen ist es fast überall wieder so – 40 Stunden in der Woche arbeiten. Wir wissen, das kostet Geld. Wir wissen, das geht nicht auf einmal. Deswegen haben wir gesagt, wir wollen im ersten Jahr damit bei denen anfangen, die im Schichtdienst arbeiten.
Wir wissen, wir brauchen dann mehr Personal; und wir wissen, das Personal gibt es teilweise gar nicht. Man muss das erst ausbilden. Deswegen sagen wir: Jahr für Jahr wächst das auf – im ersten Jahr sind es 10 Millionen €, im zweiten Jahr 20 Millionen €. Am Ende werden wir zu einer Summe kommen, die an die 100 Millionen € heranreicht. Das wissen wir.
Wir haben uns aber auch die Mühe gemacht, zu überlegen, wo es auf der anderen Seite Einsparmöglichkeiten gibt. Da sind wir auf die Beihilfe gestoßen. Denn im Bundesland
Hessen existieren als inzwischen fast einzigem Bundesland noch Leistungen, die es beim Bund und in den anderen Ländern schon längst nicht mehr gibt.
Wenn Sie jetzt sagen, wenn man die Wahlleistung Chefarztbehandlung und die Wahlleistung Einzelzimmer streicht, so ist das ein Eingriff in das Menschenrecht der Beamtinnen und Beamten, dann wissen Sie überhaupt nicht, was in der Gesellschaft los ist, und beweisen eher, wie weit Sie von der Realität entfernt sind.
Ich lese es Ihnen jetzt einmal vor. Übrigens haben wir diese Zahlen aus dem hessischen Innenministerium unter Boris Rhein erhalten; denn der hatte das selbst vor, sich dann aber nicht mehr getraut. Das ist eine einmalige Ersparnis von 32 Millionen € – und zwar im ersten Jahr, im zweiten Jahr und im dritten Jahr. Das wird nicht mehr, das kann man nur einmal machen. Genauso steht es auch in unseren Haushaltsanträgen.
Herr Bouffier, wenn Sie sich jetzt hierhin stellen und einen solchen Unsinn erzählen, sollten Sie sich dafür schämen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Zuruf des Ministerpräsidenten Volker Bouffier)
Herr Ministerpräsident, was heißt denn das, das sei Unfug? Sie stellen sich hierhin und sagen, die SPD – ich weiß nicht, ob das stimmt, Sie behaupten das so – wolle Fraunhofer IWES Geld streichen.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Weil er nur über die eine Seite geredet hat, über die andere Seite nicht!)
Wer hat denn mit der „Operation düstere Zukunft“ dem Vorgänger von Fraunhofer IWES, nämlich dem ISET, das Geld gestrichen? Das waren doch Sie.
An diesem Punkt können Sie nicht ablenken. Sie haben die Finanzen des Landes Hessen in den letzten 15 Jahren ruiniert. Sie werden Ihren Nachfolgern eine gewaltige Erblast hinterlassen. In Hessen ist der endgültige Beweis erbracht: Schwarze und Gelbe können nicht mit Geld umgehen. – Wer das noch glaubt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann und daran, dass er die Ostereier bringt, Herr Kollege Krüger.
Herr Finanzminister Schäfer, es gab eine Haushaltsstrukturkommission. Es gab bei Ihnen Vorschläge zur Veränderung des Kommunalen Finanzausgleichs. Schon bei Ihrem Vorgänger gab es diese. Am Ende passiert immer nichts.
Diese Regierung ist verbraucht, sie ist erschöpft, sie hat keine Ideen mehr, was sie eigentlich will. Hessen braucht
Wir haben schon vor drei Jahren ein Konzept vorgelegt, wie man durch Einsparungen, durch Effizienzsteigerungen und durch Einnahmeerhöhungen einen Neuanfang hinbekommen könnte und gleichzeitig in die wichtigsten Zukunftsausgaben investieren könnte. Dazu braucht es politischen Willen. Dazu braucht es Mut. Dazu braucht es ein Ziel. Dazu braucht es die Abwahl einer Regierung, die gar nicht mehr weiß, weshalb sie eigentlich regiert.
Herr Ministerpräsident, ich bin dankbar, dass Sie den Länderfinanzausgleich angesprochen haben. Es ist richtig, das gegenwärtige System ist leistungs- und anreizfeindlich. Es gibt sowohl bei den Geberländern als auch bei den Nehmerländern keinen Anreiz dafür, mehr Geld in die Kasse zu bekommen. Wenn die Geberländer mehr Geld in die Kasse bekommen, müssen sie mehr an die anderen zahlen. Wenn die Nehmerländer mehr Geld einnehmen, bekommen sie weniger von den anderen. So weit, so richtig.
Was Sie vergessen haben, ist, dass der gegenwärtig geltende Länderfinanzausgleich unter Vorsitz von Roland Koch in der Ministerpräsidentenkonferenz im Jahr 2000 in Wiesbaden im Nassauer Hof von Ihnen beschlossen wurde.