Protocol of the Session on May 14, 2009

Insgesamt müssen Finanzprodukte wieder einfacher und verständlicher gestaltet sein. Es gilt der ganz einfache Lehrsatz der Ökonomie: je höher die Rendite, desto höher das Risiko. In den letzten Jahren wurden leider viele sogenannte Finanzinnovationen auf den Markt gebracht, die genau diesen Zusammenhang durch merkwürdigste Konstruktionen verschleiern sollten. Nicht zuletzt muss die zivilrechtliche Haftung für Anlagen auf dem grauen Kapitalmarkt verbessert werden, sodass der Anleger seine Ansprüche auch im Falle einer Insolvenz oder Vermögensveruntreuung geltend machen kann.

Es heißt, jetzt zu handeln, und nicht nur Willensbekundungen von sich zu geben. Lassen Sie uns unseren Einfluss auf die Bundespolitik dahin gehend geltend machen. Lassen Sie uns innerhalb unserer hessischen Zuständigkeit als Vorbild vorangehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Krüger für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erst die Entschuldigung für die Politik der letzten 20 Jahre!)

Herr Al-Wazir, wenn Sie Ihre Politik meinen, dann muss ich mich nicht dafür entschuldigen.

(Beifall bei der FDP)

Die Politik, die wir gemacht haben, ist, glaube ich, erfolgreich.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das sieht man an der Finanzkrise! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe heute früh doch einen Fehler gemacht. Ich habe mir extra eine rote Krawatte angezogen, um die Kollegen dort etwas zu beruhigen. Ich hätte doch eine grüne umlegen sollen. Das wäre besser gewesen.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Mit der Farbwahl wollten Sie zur Kommunistischen Plattform!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch einmal auf zwei wesentliche Punkte zu sprechen kommen, und es wäre wünschenswert, wenn Sie vielleicht einmal die Aufmerksamkeit auf das lenken würden, was ich sage, anstatt zu versuchen, mit Zwischenrufen abzulenken. Der Antrag von CDU und FDP lautet „Finanzmarktaufsicht bündeln – Finanzplatz Frankfurt stärken“. Das ist das Ziel dieses Antrags.

Natürlich sagen wir dazu auch etwas. Vorhin gab es eine sehr interessante Bemerkung, insbesondere von meiner Vorrednerin von den GRÜNEN, dass nämlich die Kontrolle und die Aufsicht so sehr in den Vordergrund gestellt werden. Dagegen ist niemand.Auch die FDP ist nicht dagegen. Aber wir reden immer noch über Finanzmärkte. Das, was in einigen Anträgen, zumindest in einigen Passagen, steht, hat den Eindruck hinterlassen – jedenfalls bei mir und bei uns –,dass es Ihnen doch in einigen Fragen um etwas anderes geht.

Aber lassen Sie mich zunächst einmal auf den großen Punkt der Gemeinsamkeit zurückkommen. Der große Punkt der Gemeinsamkeit wird hier offensichtlich von allen getragen, außer von den LINKEN. Gestatten Sie mir nur einen Klammersatz zu dem, was wir dort als Antrag haben. Mehr möchte ich dazu nicht sagen, denn wer hier eine Vergesellschaftung und Verstaatlichung verlangt, der hat sich aus dem Spiel herausgekegelt. Da kann man nicht mehr sachlich über irgendetwas reden. Ich warte bei den LINKEN eigentlich nur noch darauf, dass sie irgendwann zu diesem Thema einmal mit dem Antrag kommen: zurück zur Tauschwirtschaft. Irgendwelche Zentralkomitees legen dann fest, welches die Tauschwerte sind. Das ist in etwa das, was Sie wollen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von der CDU: Zurück zur Steinzeit!)

Meine Damen und Herren, das ist alles, was wir zu der ganz linken Ecke zu sagen haben.

Kommen wir aber nun zurück zu dem ganz großen Punkt der Gemeinsamkeit. Der große Punkt der Gemeinsamkeit ist offensichtlich – das ist ein ureigenstes Thema dieses Hauses, insofern sollten wir uns da auch nicht auseinanderdividieren lassen –, eine Finanzmarktaufsicht, alles einschließend, in Frankfurt zu bündeln.

Ich will das im Einzelnen nicht wiederholen,aber der Sinn liegt auf der Hand. Wir haben hier die Europäische Zentralbank.Wir haben die größte Ansiedlung von Banken in Frankfurt. Wir haben alles, was dazugehört. Das braucht nicht noch einmal wiederholt zu werden.Als Ziel wäre es

wünschenswert, eine Finanzmarktaufsicht zu haben, die die Aufgaben von BaFin, Bundesbank und EZB verknüpft. Das wäre natürlich auch eine weitere Stärkung – mehr braucht man dazu nicht zu sagen – der Rhein-MainRegion und des Landes Hessen.

Meine Damen und Herren, es gibt aber einen Punkt, den habe ich etwas vermisst, und bei dem unterscheiden uns zu dem, was ich bisher gehört habe, ganz erheblich:Wenn man das so sieht und wenn man diese Gemeinsamkeit auch so trägt, dann muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass es erst mal darum geht, die nationale Finanzmarktaufsicht – verknüpft mit der europäischen Finanzmarktaufsicht – in Frankfurt zu bündeln. Man muss aber auch logischerweise zu dem Schluss kommen, dass letztendlich eine Globalisierung dieses Marktes bedeutet, dass sie das nur in einem internationalen Verbund und Netzwerk machen können.

Das heißt, dass man zwar vor der eigenen Tür kehren kann – das meine ich nicht abwertend, sondern sehr positiv –, aber dann ist man auf europäische und internationale Regelungen angewiesen. Das wird natürlich in Ihren Anträgen teilweise – ich sage bewusst: teilweise – wesentlich vernachlässigt.

Darüber hinaus vermisse ich eine wesentliche zusätzliche Säule.Das ist insbesondere hier bei der SPD zu erwähnen. Da wird dann zwar von der Gewährträgerhaftung geredet und davon, das im Bereich der Sparkassen noch einmal einzuführen. Das ist ein klarer Verstoß gegen das, was heute in der EU gang und gäbe und Rechtsetzung ist.Was mich aber insbesondere daran stört, ist, dass eine zusätzliche wesentliche Säule unseres deutschen Bankensystems, nämlich die Genossenschaftsbanken, überhaupt nicht erwähnt wird. Oder wollen Sie sie etwa unter öffentlichrechtlichen Banken einordnen? Ich glaube kaum.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Bei uns sind sie erwähnt!)

Bei Ihnen wissen wir, um was es geht. Darüber brauchen wir uns nicht weiter zu unterhalten.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber von der SPD bin ich schon etwas enttäuscht darüber, dass dieser Hinweis hier gefehlt hat. Das spielt natürlich auch eine wesentliche Rolle. Das spielt insofern eine Rolle, als Sie natürlich – und da ist auch wieder die Übereinkunft in Ihrem Antrag mit der Bündelung dieser Aktivitäten der Finanzmarktaufsicht in Frankfurt – auch ein paar Aussagen treffen, auf die man sich durchaus verständigen kann. Da lese ich in dem Antrag Drucks. 18/364, dass das unter anderem Sinn macht, weil es eine erstklassige Anbindung an das internationale Verkehrsnetz in Frankfurt gibt. Ich vermute einmal, dass Sie damit auch ausdrücken wollen,dass der Ausbau des Frankfurter Flughafens und der Ausbau von Straßen gemeint sind. Daher bedanke ich mich ausdrücklich für diesen Hinweis bei der SPD.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Welche neue Autobahn wollen Sie um Frankfurt bauen?)

Darüber hinaus muss man sich auch über das Thema Börsenaufsicht unterhalten.Da kann man sich schon gar nicht mehr sachlich unterhalten, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Bei so viel Lob und Vertrauen in unseren Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung muss man eigentlich aus lauter Dankbarkeit dafür, dass Sie diesen Antrag stellen, gar

nicht mehr in der Sache darüber reden,die Börsenaufsicht dort zu versammeln, sondern das muss man eigentlich schon aus Dankbarkeit positiv annehmen. Wie wir das dann diskutieren, ist noch eine andere Frage.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Prinzip der Zuwendung!)

Aber es ist ja schön, dass Sie lernfähig sind, was das internationale Verkehrsnetz in Frankfurt angeht und was das Vertrauen in unsere Landesregierung anbelangt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So weit wollen wir nicht gehen!)

Aber ich möchte auch nicht vergessen, auf die Trennlinie hinzuweisen. Ich habe schon gesagt: Wir und auch die CDU gehen nach wie vor davon aus, dass wir zwar zusätzliche Regulierungen brauchen, aber dass es dort eine scharfe Grenze zu dem gibt, was Eingriffe in den Markt sind, die nicht zulässig sind.

Ich habe Ihre Anträge sehr aufmerksam gelesen. Ich muss natürlich feststellen, dass da schon in der Sprache Dinge enthalten sind, bei denen die Befürchtung besteht – wenn man weiterliest, sieht man das auch –, die so einfach nicht akzeptabel sind.

(Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Es geht schon mit der Verwendung der Begriffe los. Sie mischen Hedgefonds, Private Equity und Ratingagenturen munter durcheinander. Meine Damen und Herren insbesondere vonseiten der SPD, ich habe nicht die Gnade, unbeleckt über das Thema Private Equity zu reden. Ich will Ihnen nur einmal Folgendes sagen.

Herr Kollege Krüger, ich darf Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit bereits abgelaufen ist. Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Wissen Sie eigentlich, dass in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa die Mehrzahl – nämlich über 90 % – der Private-Equity-Gesellschaften erstens mittelständisch orientiert ist und zweitens ausschließlich und intensiv die Geschäftsmodelle, die Nachfolgeregelungen, Geschäftserweiterungen und Internationalität verfolgt? Da ist die Grenze, wo Sie auch einsehen müssen, dass Sie nicht die drei oder vier großen Hedgefonds mit dem ganzen Finanzmarkt und allen Instrumenten, die da sind, verwechseln dürfen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Kollege Krüger, ich darf Sie noch einmal auffordern, zum Schluss zu kommen.Ihre Redezeit ist bereits deutlich überschritten.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Ein letzter Satz. – Deswegen das Angebot, dass wir über den Kernpunkt durchaus Gemeinsamkeit finden werden, aber wir werden uns auch über die Trennlinien in Ihren

Anträgen in den Ausschüssen unterhalten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Krüger. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE.

(Clemens Reif (CDU): Jetzt kommt das VenezuelaModell!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben in diesen Tagen häufig darüber gesprochen: Die Weltwirtschaft befindet sich in der tiefsten Krise seit 1929. Es sind die Banken und die Finanzinstitute, die im Zentrum dieses Sturms stehen, der weltweit mit mittlerweile geschätzten 5 bis 7 Billionen $ an Steuergeldern bekämpft wird.

In diesem Sturm haben sich die Sparkassen und die genossenschaftlichen Banken – das ist sehr richtig – als ein Rettungsanker erwiesen. Sie sind ein Stabilisator für das gesamte Bankensystem. Das zeigt deutlich, wie wichtig ein starker und stabiler öffentlich-rechtlicher Bankensektor ist. Denn im Gegensatz zu den privaten Banken sind die Sparkassen dem Gemeinwohl und nicht der Gewinnerwirtschaftung verpflichtet.

Angesichts von Hunderten von Milliarden, die jeden Tag auf den Finanzmärkten gehandelt werden und zu enormer Instabilität beitragen, brauchen die Märkte Regeln, die ihre Tätigkeit einschränken. Die Geldblasen, die dort wabern, sind zu groß, und sie werden zu schnell hin- und hergeschoben, als dass die Notenbanken und die Realwirtschaft da mitkommen würden. Im Antrag der SPD habe ich gesehen,dass die SPD als mutigen Schritt aus der Krise Regeln vorschlägt, die „manchmal restriktiv“ sein sollten, aber auf jeden Fall „behutsam“. Was auf keinen Fall zu tun sei, so die SPD, sei das wilde Treiben an den Börsen und Devisenmärkten zu „strangulieren“.

Ich bin der Meinung, eine solche Art der Regulierung kann man dann auch auf Hedgefonds ausweiten, international verankern und auf Wahlplakate kleben. Sie werden nämlich keine realen Auswirkungen haben. Eine wirkliche Verschärfung der Kontrolle, eine echte Einschränkung der Mechanismen, die in diese Krise geführt haben und die sich als so verheerend erwiesen haben, kann ich derzeit nicht entdecken. Noch schlimmer: Bevor überhaupt erst einmal angefangen wird, auf Bundesebene Regularien einzuführen, sind die ersten schon wieder auf der Hut und warnen vor zu viel Regulierung, obwohl noch gar nichts passiert ist.